Protokoll der Sitzung vom 16.11.2017

Warten Sie einmal bitte kurz, Herr Kollege Dr. Tietze. Sie hätten die Möglichkeit, diesen Dialog weiter fortzusetzen, weil Herr Kollege Vogel eine weitere Zwischenfrage an Sie stellen möchte. Gestatten Sie dies?

Herr Kollege Vogel kann sich ja für einen Dreiminutenbeitrag melden. Ich möchte jetzt die Zeit hier nicht über Gebühr beanspruchen. - Vielen Dank.

(Heiterkeit FDP - Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Das gestatten Sie nicht. Alles klar. - Vielen Dank.

Bevor wir zum nächsten Redner kommen: Es gab eben leichte Irritationen aufgrund der Tatsache, dass der Kollege Dr. Tietze hier gerade eine Karte das war von hinten etwas schwer zu sehen - hochgehalten hat. Unsere Geschäftsordnung verbietet ihm dies nicht; allerdings könnten die Fraktionen überlegen, sich in Eigenregie Gedanken zu machen, in welcher Form hier Reden vorgetragen werden sollen. Es gibt aber in der Geschäftsordnung keine Einschränkung, die dem Kollegen Herrn Dr. Tietze das untersagt, was er hier eben getan hat.

Wir haben jetzt neue Gäste auf der Besuchertribüne. Das sind Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer der Volkshochschule Leck sowie Absolventinnen und Absolventen des Paritätischen Freiwilligendienstes 27plus in Schleswig-Holstein. - Herzlich willkommen hier im Landtag!

(Beifall)

Wir wünschen Ihnen hier einen angenehmen und spannenden Aufenthalt.

Nun hat für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Christopher Vogt das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann Sie beruhigen: Ich habe keine Flipcharts oder Schaubilder mitgebracht. Ich werde versuchen, verbal deutlich zu machen, was mir bei diesem Thema am Herzen liegt.

Mit dem vorliegenden Antrag zur - vermeintlichen Stärkung des SPNV Lübeck und Umgebung gewährt uns die SPD-Fraktion einen tiefen Einblick in ihr neues, äußerst interessantes Verständnis von konstruktiver Oppositionsarbeit. Mit ihrem „Konzept“ - ich füge hinzu: das Wort Konzept setze ich in Anführungszeichen; Sie können das nicht sehen, deswegen sage ich es -, mit dem die SPD-Fraktion die Bäderbahn Ostholstein nun plötzlich weiterbetreiben will, erklärt sie selbst ihre Verkehrspolitik der letzten drei Jahre für gescheitert.

Herr Kollege Vogel, ich muss ganz ehrlich sagen: Ich finde es sehr gut, wenn man dazulernt. Die FDP hat das in den letzten Jahren umfangreich getan, und es hat sich gelohnt. Aber, Herr Kollege Vogel, Sie haben kürzlich in den „Lübecker Nachrichten“ allen Ernstes erklärt, das von Minister Buchholz verkündete Aus der Bäderbahn sei ein Schlag ins Gesicht der Bäderorte. Eine Nummer kleiner ging es offenbar an dieser Stelle nicht. Ich sage Ihnen nur einmal, wem die Faust dazu gehört. Die gehört Torsten Albig und der SPD-Landtagsfraktion.

(Beifall FDP)

Sie haben übrigens auch gesagt, das sei schlechter parlamentarischer Stil, dass Bernd Buchholz das Ergebnis der Prüfung auf einer Regionalkonferenz mitgeteilt hat. Ich verweise einmal auf das, was Sie im Jahr 2014 gemacht haben. Vielleicht erinnern Sie sich ja noch daran; für die anderen im Saal möchte ich es noch einmal kurz sagen: Im Oktober 2014 hat der Ministerpräsident zur Überraschung aller Beteiligten einen Deal mit der Bahn verkündet. Eigentlich war ja parteiübergreifend irgendwann schon klar: Wir wollen die 2+1-Lösung mit der Bäderbahnanbindung. Dann hat man gesagt: Nein, wir haben uns jetzt mit der Bahn zusammengesetzt. - Ich kann das Interesse der Bahn an dieser Stelle ja verstehen. Aber das Interesse des Landes war ein anderes. Man hat dann verkündet: Nein, wir machen jetzt eine 2+0-Lösung. Das heißt also, die Bäderbahn wird geschlossen, wenn die Hinterlandanbindung doppelgleisig kommt.

Dies war also keine fachliche, sondern eine politische Entscheidung. Es war ein Deal mit der Bahn, und die Vertreter der Bahn haben sich an dieser Stelle durchgesetzt.

Insofern hat diese Vereinbarung die Bäderbahn de facto beerdigt. Es war Torsten Albig, und es war die SPD-Fraktion; es waren nicht die Grünen, die damals, wie ich festgestellt habe, auch sehr überrascht waren.

Insofern haben wir auf Anregung - darauf beziehen Sie sich ja auch - des Kreises Ostholstein und der IHK zu Lübeck noch einmal gesagt: Mensch, Leute, lasst uns das doch noch einmal ernsthaft prüfen. - Das haben Sie immer abgelehnt, als Sie - bis vor ein paar Monaten - noch das Ministerium geführt haben. Da haben Sie immer gesagt: Nein, das wollen wir nicht. Jetzt, zu einem Zeitpunkt, zu wir das nochmals ernsthaft geprüft und festgestellt haben, dass dies gerade wegen Ihrer Vereinbarung nicht wirtschaftlich ist, sagen Sie auf einmal: Das ist ja eine Sauerei. - Ich finde es wirklich interessant, wie Sie Politik betreiben, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Ich finde es ebenfalls bedauerlich, dass die Bäderbahn in dieser Form keine Zukunft hat; denn ich finde, das ist ein gutes Verkehrsangebot. Aber ich finde, ehrlich gesagt, es ist eine große Heuchelei, die Sie an dieser Stelle betreiben.

Sie haben uns jetzt ein Konzept für die Regio-SBahn von Ratzeburg bis nach Fehmarn vorgestellt. Die vielen Pendlerinnen und Pendler, die jeden Morgen von Ratzeburg nach Puttgarden fahren, würden sich sicherlich freuen. Ich kenne zwar keinen, aber ich muss ganz ehrlich sagen: Sie sollten vielleicht auch einmal mit Ihren Genossen im Kreis Herzogtum Lauenburg - aus dem ich ja komme sprechen.

(Heiterkeit FDP)

Sie haben ja Bürgermeister in Mölln und in Büchen.

(Zuruf FDP: Genau!)

Das scheint Ihnen irgendwie nicht so wichtig zu sein - vielleicht, weil dort Genossen sind; ich weiß es nicht. Aber ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Sprechen Sie doch mal mit den Menschen im Kreis Herzogtum Lauenburg. Die wollen eine bessere Bahnanbindung an Hamburg haben.

(Zuruf: So sieht es aus!)

Sie wollen eine bessere Busanbindung nach Hamburg haben - und eben nicht in den Kreis Ostholstein.

(Beifall FDP)

Ich bin ja nun wirklich der Letzte hier im Saal, der Ihnen etwas Böses unterstellen würde. Aber ich muss ganz ehrlich sagen

(Oliver Kumbartzky [FDP]: Der Vorletzte! - Heiterkeit!)

(Christopher Vogt)

- na gut, der Vorletzte -: Ich würde Ihnen gern abnehmen, dass Sie Ihre eigene schlechte Verkehrspolitik der letzten Jahre überdenken möchten. Aber, ganz ehrlich: Ihr Antrag ist dünn. Zur Finanzierung sagen Sie nichts. Sie wollen Ihre eigene Verantwortung beim Aus der Bäderbahn vertuschen, und Sie wollen den SPD-Bürgermeisterwahlkampf in Lübeck flankieren.

(Zuruf: Ja!)

Ich sage Ihnen eines voraus - da muss man kein Prophet sein -: All das, was Sie hier beabsichtigen, wird Ihnen nicht gelingen. Es wird Ihnen nicht gelingen! Deswegen sage ich Ihnen: Wenn man das Thema ernsthaft behandeln will, muss man neu denken. Man muss den Schienenknotenpunkt Lübeck, der wichtig ist, genau analysieren. Man muss dort die Takte verbessern und muss das Umsteigen nach Möglichkeit vermeiden. Aber das ist nicht so einfach mal mit einem dürren, aus zwei Sätzen bestehenden Antrag gemacht, sondern das muss ein bisschen konkreter gemacht werden.

Bei der Bäderbahn haben wir jetzt gesagt: Wir wollen das 2+X-Konzept. Wir haben ja noch ein paar Jahre Zeit; das haben Sie zu Recht angesprochen. Aber da wollen wir vernünftige Konzepte, damit in Ostholstein und in Lübeck in Zukunft niemand schlechter angebunden ist, sondern damit viele besser angebunden sind. Das muss doch das Ziel sein. Dafür brauchen wir keine populistischen Anträge, sondern vernünftige Konzepte.

Wir könnten unserem Antrag heute in der Sache zustimmen und Ihren Antrag ablehnen. Wir können aber auch im Ausschuss noch einmal darüber reden. Da kann der Kollege Tietze, der Herr Ausschussvorsitzende, auch wieder seine Schaubilder herausholen. Dann können wir vielleicht sachlicher darüber reden. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Für die Fraktion der AfD hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch das Wort.

Meine Damen und Herren! Ja, darauf würde ich mich auch freuen, auf die Chance mit dem Vorsitzenden Dr. Tietze. Ich gehöre ebenfalls dem Wirtschaftsausschuss an, und auch ich würde mich freuen, wenn beide Anträge dort behandelt würden. Denn wir haben durch die Blockade der Marsch

bahn vor Kurzem ja gesehen, dass das Thema Regionalbahn nach wie vor schwierig ist.

Wir haben auch mit Freude vernommen, dass auf der Konferenz der Verkehrsminister der Länder, die vor Kurzem in Braunschweig stattfand, die Stimme Schleswig-Holsteins sehr deutlich erhoben worden ist und dass die Bahn aufgefordert wurde, dort Abhilfe zu schaffen.

Wir sehen das natürlich auch im Kontrast zu den Bemühungen der Deutschen Bahn, die Hochgeschwindigkeitsverbindungen mit dem ICE, zum Beispiel Berlin-München, auszubauen. Das ist eine gute Sache. Es kostet viel Geld, aber es kann nicht sein, dass Pendler, Schüler und auch unsere Urlaubsgäste hier darunter leiden, dass die regionalen Verbindungen so schlecht aussehen.

Wir haben, glaube ich, alle dasselbe Ziel: Wir wollen umweltfreundliche, gute Anbindungen der Räume in Schleswig-Holstein. Ich selbst wohne in Ostholstein und kann also viel von dem, was Herr Vogel gesagt hat, nachvollziehen. Ich sehe natürlich die Problematik nicht in der Verbindung zwischen Ratzeburg und Fehmarn, sondern durchaus in der Verbindung an der Küste, was die Bäderbahn betrifft.

Es ist das erste Mal, dass wir uns in puncto Infrastruktur und Verkehr auf der Seite der SPD sehen. Denn wir sehen durchaus die Möglichkeit, die Bäderbahn zu erhalten und fortzusetzen, solange es keine vernünftigen Alternativen gibt. Diese Alternative sehe ich im sogenannten Alternativantrag der regierungstragenden Fraktionen nicht. Dort ist von Car-Sharing die Rede, von Pendelbussen, von - ich muss es nachlesen - multimodalen Schnittstellen ich weiß wirklich nicht, was das bedeuten soll. Ich finde diesen Antrag doch sehr vage.

Hier wird dauernd gesagt, der SPD-Antrag sei unkonkret. Ich sehe es genau umgekehrt. Denn wir haben ja eine konkrete Verbindung; wir haben eine Bäderbahn, und diese sollten wir auch so lange nutzen, wie es geht. Sie ist sehr wichtig für den Kreis Ostholstein, für den Tourismus. Sie wissen alle, dass Umsteigeverbindungen gerade für unsere Feriengäste ein Graus sind, insbesondere für die älteren Feriengäste.

Es wurde gesagt, die Verbindung Neustadt-Fehmarn werde so schlecht genutzt. Das mag sein. Aber sie ist auch unattraktiv, weil sie so selten fährt. Wenn sie öfter fahren würde, würden auch mehr Leute in diese Bahn steigen, statt mit dem Auto auf der A 1 zu fahren.

(Christopher Vogt)

Meiner Ansicht nach müssen wir also über beides nachdenken. Zukunftskonzepte - schön und gut; das ist immer gut. Wir sollten auch versuchen, unsere heimische Wirtschaft an innovativen Verkehrskonzepten zu beteiligen. Aber solange wir die Bäderbahn haben, sollten wir versuchen, sie den Menschen vor Ort und unseren Gästen zu erhalten. Daher befürworten wir die Überweisung beider Anträge in den Ausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Wunsch nach einer Stärkung des SPNV in der Region Lübeck ist nicht neu. Mit dem Gutachten des LVS von 2011 wurde dies zugleich untermauert. Konkret wurde die Einführung von drei SPNV-Angeboten vorgeschlagen: die Linie 1 von Lübeck Hauptbahnhof nach Neustadt, die Linie 2 von Lübeck Hauptbahnhof nach Travemünde sowie die Linie 3 von Lübeck Hauptbahnhof nach Ratzeburg. Eine vierte Line nach Schlutup wurde von vornherein verworfen.

In der öffentlichen Diskussion hat sich seinerzeit der Begriff Regio-S-Bahn verfestigt. Für die Region Lübeck ist der Wunsch nach einer besseren SPNV-Anbindung durchaus nachvollziehbar; auch die Forderung, die bestehende Trasse der Bäderbahn zu erhalten, wird in der Region befürwortet.