Protokoll der Sitzung vom 16.11.2017

Wirtschaft in Schleswig-Holstein heißt für uns, dass die Leute, die ihre Steuern und Beiträge bezahlen, weil sie hart arbeiten, dazu beitragen, dass es diesem Mittelstand gut geht. Die Politik trägt dazu schon ein ganzes Stück weniger bei. Wer ernsthaft glaubt, Arbeitgeber seien Arbeitgeber und Arbeit

nehmer seien Arbeitnehmer, hat sich getäuscht. Denn die Arbeitnehmer geben ihre Arbeit und die Arbeitgeber nehmen sie, und dabei kommt dann etwas Gutes heraus. Das ist das, was man hier feststellen muss.

(Beifall SPD)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat Herr Abgeordneter Dr. Kai Dolgner das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich noch einmal zum Redebeitrag des Kollegen Voß zu Wort gemeldet. Denn ich war doch stark über den Duktus verwundert, den das hatte - um das einmal so auszudrücken. Ja, da haben wir wohl einen Dissens, den ich bisher ehrlich gesagt noch nicht gesehen hatte. Das Betriebsverfassungsgesetz sieht nicht umsonst in vielen Punkten die Gleichstellung der Arbeitnehmerschaft vor. Der Betriebsrat ist über alle betrieblichen Belange zu informieren.

Und ja, in Schleswig-Holstein sind wir Sozialdemokraten da besonders speziell, denn wir haben als einziges Land ein Mitbestimmungsgesetz - das haben wir damals gemacht -, dass die Allzuständigkeit der Personalräte vorsieht - im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern, auch zu den sozialdemokratisch regierten Bundesländern. Wir sprechen hier für unsere Politik.

(Beifall SPD)

Nebenbei - das geht jetzt nicht an Sie -: Zu sagen, man wolle nicht ablenken, aber im gleichen Redebeitrag darüber zu debattieren, wen wir möglicherweise zum stellvertretenden Parteivorsitzenden machen oder nicht - na ja. Man kann sich ja nicht alle Redebeiträge aussuchen, aber besonders stringent ist so eine Argumentation nicht.

(Christopher Vogt [FDP]: Ich interessiere mich eben für Ihre Partei!)

- Ja, aber ich glaube, das hat nichts damit zu tun, wie wir das in unserer Partei machen, die immerhin einen Grundpfeiler in den Arbeiterräten, der betrieblichen Mitbestimmung und der Betriebsdemokratie hat. Da waren übrigens die Kolleginnen und Kollegen der FDP in den 70er-Jahren deutlich weiter als beispielsweise ihr Ex-Vorsitzender, der ganz andere Worte für Gewerkschaften gefunden hat.

(Christopher Vogt [FDP]: Nicht ablenken, Herr Kollege!)

Ich möchte noch einmal auf die Kollegen von den Grünen zurückkommen. Die Arbeiter und Angestellten, die schon ab fünf Personen einen Betriebsrat wählen können und sollen - zumindest können sie es -, der dann ein weitgehendes Mitbestimmungsrecht hat, sind nicht irgendeine Gruppe, irgendein Detail.

(Beifall SPD - Dr. Ralf Stegner [SPD]: So ist das!)

Ich weiß, dass viele in der Gesellschaft das anders gesehen haben und anders sehen, aber wir sehen das so. Wir glauben immer noch an die Grundsätze der Betriebsdemokratie. Das derzeit gültige Betriebsverfassungsgesetz ist ja ein Kompromiss aus den 70er-Jahren gewesen.

(Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eigentlich ist das schon aus den 50er-Jahren. Aber in der derzeitigen Form, leicht novelliert 2001, ist das die Fassung, die wir einmal mit der FDP und einmal im Jahr 2001 mit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen haben. Das bedeutet nicht, dass das unsere Idealwelt darstellt, aber dieser Minimalkonsens - so dachte ich - existiere weiter, nämlich dass die Arbeitnehmer integraler Bestandteil der Betriebe sind, dass sie auch integraler Bestandteil des betrieblichen Wirtschaftens sind. Deshalb sind sie mitnichten -

(Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Ich habe nicht gesagt: kleines Detail. Sie können das ja gleich richtigstellen.

Deshalb ist das kein kleines Detail, ob Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmervertreter bei Wirtschaftsfragen, die man auf Verbandsebene bespricht - das hat Lars Harms ja herausgearbeitet mit dabei sind. Das ist dann nämlich eine Verbandsvertretung und nicht ein Expertengremium. Bei Verbandsvertretungen, wenn über die Wirtschaft geredet wird, muss man es einer Partei wie der SPD zugestehen - ich hätte das anderen Parteien auch zugestanden; der SSW steht in solchen Sachen ja fest an unserer Seite -, dass sie anmahnt, dass zu wirtschaftlichen Fragen die Arbeitnehmerseite fest dazugehört, und zwar in allen Bereichen, bei denen man die Verbände befragt - auch wenn bei dem einen Empfang die Schnittchen vielleicht etwas teurer sind als bei dem anderen.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Christopher Vogt?

Vielen Dank, Herr Kollege. - Ich hatte schon befürchtet, der Satz hat gar kein Ende mehr. Aber wir wollen uns ja ernsthaft miteinander auseinandersetzen.

Sie werfen hier sozusagen an der Frage der Zusammensetzung dieses Gremiums das große Ganze auf und sagen, alle, die Ihren Antrag ablehnten, hätten etwas gegen die Sozialpartnerschaft, arbeiteten gegen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Dann stellt sich doch nach wie vor die Frage, die Sie mir immer noch nicht beantwortet haben: Warum ist es denn in anderen SPD-geführten Bundesländern genauso wie hier bei Minister Buchholz? Warum ist es auf Bundesebene mit einem SPD-geführten Wirtschaftsministerium auch so, dass da keine Gewerkschaften drinsitzen? Werfen Sie jetzt diesen Sozialdemokraten auch vor, dass sie etwas gegen die Sozialpartnerschaft haben, das sie eine reine Arbeitgeberlobby sind? Das wäre ja logisch. Was Sie hier machen, ist, einen Popanzaufzubauen.

(Vereinzelter Beifall FDP und CDU)

- Also, wenn das eine Aufforderung zu einem sachlichen Beitrag ist, meine Begründung mit der Geschichte des Betriebsverfassungsgesetzes als Popanz zu bezeichnen, dann spricht das für sich.

(Beifall Birte Pauls [SPD] - Zurufe CDU)

- Ach, Sie wollen keine weitere Antwort hören, weil Sie bereits vom Mikrofon weggehen? - Herr Kollege Schlie, wir können uns auch gern über das Thema auseinandersetzen.

Ich habe explizit Bezug auf die Begründung genommen, die hier vom Kollegen Voß genannt worden ist. Ich habe explizit darauf Bezug genommen, dass ich bisher immer dachte, dass wir zu der Frage, welche Stellung die Arbeitnehmer bei Wirtschaftsfragen haben, bisher einen Konsens hatten. Dazu passt so etwas wie, das sei nur ein Detail, das könne man auch lassen, nicht.

(Dr. Kai Dolgner)

Die andere Frage, wie andere Mittelstandsräte, zum Beispiel im Bund, zusammengesetzt sind, hat der Kollege Harms schon für Sie beantwortet. Das möchte ich jetzt nicht noch einmal machen. Ich werde Ihre Geduld an der Stelle nicht strapazieren.

Außerdem - ob Sie es glauben oder nicht, Sie können das nächste Mal gern dazukommen, dann nehme ich Sie als Experten mit - streite ich mich auch leidenschaftlich gern mit Sozialdemokraten über diese Fragen. Ich streite mich auch leidenschaftlich gern mit Sozialdemokraten darüber, ob es gut ist, mit GmbH-Ausgründungen Tarifflucht zu betreiben. Denn ich bin ein eigenständig denkender Mensch und stelle gern meine Gedanken dazu vor.

Ich hatte nur bisher gedacht, dass wir in diesem Punkt mit der Grünen-Fraktion Schleswig-Holstein einer Meinung waren. Deshalb war ich ein wenig irritiert. Das habe ich hier zum Ausdruck gebracht.

Ja, ich streite mich auch leidenschaftlich gern mit Sozialdemokraten in Hamburg darüber, ob ihr Mitbestimmungsgesetz dem entspricht, was wir hier haben. Wir haben zweifellos beim Mitspracherecht von Personalräten den Goldstandard, den wir im Übrigen auch behalten wollen. Nur weil manche Sozialdemokraten das anders sehen oder anders sehen müssen, weil sie gerade mit der FDP in einer Koalition stecken, bedeutet das noch lange nicht, das ich deren Meinung übernehme. Das muss ich, glaube ich, auch nicht, Herr Kollege Vogt. Dann würde es auch etwas langweilig werden. Dann würden wir nämlich nur noch so antworten: Im Protokollauszug von Landtag XY hat irgendein Konservativer das und das gesagt. Ein Liberaler fragt: Was sagen Sie dazu? Dann sagen Sie: Protokollauszug von Landtag da und da.

Vielleicht unterhalten wir uns einmal über unsere grundsätzlichen Haltungen zum Thema Wirtschaft, Arbeitnehmerschaft und unsere Ableitungen dazu, und zwar über diejenigen, die wir dazu haben. Wir sind für Schleswig-Holstein gewählt - nicht Manuela Schwesig. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Bernd Voß.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich verstehe manchmal nicht, was Sie hier aufbauen. Sie tun so, als sähen wir Sozial

partnerschaften überhaupt nicht mehr; Sie tun so, als stellten wir mit diesem Beratungsgremium das Betriebsverfassungsgesetz infrage.

Der Kollege Harms hat sehr deutlich gemacht: Natürlich kann man sagen, die Umweltverbände sollen mit rein, die Eine-Welt-Verbände sollen mit rein, die Handelsvertretungen sollen mit rein

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Gewerkschaften!)

und die Gewerkschaften sollen mit rein.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Die Landfrauen! - Zurufe SPD)

Darüber kann man breit diskutieren. Natürlich - da haben Sie recht, da mag ich falsch formuliert haben - ist gute Arbeit nicht nur ein Detail. Nicht umsonst haben wir in Schleswig-Holstein die glücklichsten Menschen. Wir können nur so produktiv sein, wenn wir sie weiter zufrieden auch an den Arbeitsplätzen haben.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Dolgner?

Ja, natürlich. - Das habe ich doch schon gesagt.

Okay, ich werde alt, das hatte ich nicht so genau gehört. Ich bitte, das zu verzeihen. - Sie haben eben schon wieder eine ganze Menge andere Dinge aufgezählt. Das ist so ein bisschen What about is: Was ist mit den anderen und so weiter? Ich habe versucht klarzumachen - deshalb habe ich auf den Geist des Betriebsverfassungsgesetzes aufmerksam gemacht -, was gemeint ist: Da gibt es insgesamt zwei Vertretungen, die für die Wirtschaft zuständig sind. Das sind die der Arbeitgeber, und das sind die der Arbeitnehmer.

Alle anderen, die Sie aufgezählt haben, gehören nicht dazu. Deshalb habe ich auf das Betriebsverfassungsgesetz rekurriert. Natürlich - etwas anderes habe ich in meinem Redebeitrag auch nicht behauptet - können Sie einen Mittelstandsbeirat mit einer politischen Mehrheit so zusammensetzen, wie Sie es lustig finden. Nach unserer sozialdemokratischen Auffassung - das gehört zu den Dingen, die wir am längsten vertreten haben und die viele übernommen haben, 1952 sogar die CDU

(Dr. Kai Dolgner)

(Zurufe CDU)