Protokoll der Sitzung vom 16.11.2017

- So viel zum Thema progressiv, Herr Dr. Stegner.

(Martin Habersaat [SPD]: Aber Sie lernen, seit Sie mit den Grünen koalieren!)

Er sagte, die Landesregierung sei eine reine Arbeitgeberlobby. - Was für ein Nonsens, meine Damen und Herren. Das glauben Sie doch ernsthaft nicht! Herr Dr. Stegner, wenn man in der Sache nichts beizutragen hat, dann geht man auf die Form. Beim Fußball sagt man: Wer den Ball nicht spielen kann, der geht auf den Mann. - Das machen Sie, mehr fällt Ihnen nicht ein. Es wurde jetzt schon mehrfach gesagt, was der Mittelstandsbeirat eigentlich soll, was wir dort voranbringen wollen. Natürlich findet auch regelmäßig Austausch mit den verschiedenen Gewerkschaften statt.

Herr Dr. Stegner, ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich weiß, dass Sie die Welt anders wahrnehmen als ich. Das ist auch Ihr gutes Recht. Aber ich sage Ihnen und der schleswig-holsteinischen Öffentlichkeit ganz deutlich: Die FDP Schleswig-Holstein pflegt seit Ewigkeiten einen sehr intensiven und konstruktiven Austausch mit den Gewerkschaften. Herr Dr. Stegner, Ihre abgestandenen Vorurteile können Sie wirklich behalten.

(Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD] - Heiterkeit SPD)

Man macht ja eigentlich keine Witze über Namen, aber mir ist vorhin aufgefallen, dass der Name

(Bernd Voß)

Stegner ein Anagramm des Wortes „Gestern“ ist. Ich glaube, das ist kein Zufall mehr. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und CDU)

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Die AfD-Fraktion begrüßt ausdrücklich die Tatsache, dass sich hier im Oktober ein Mittelstandsbeirat konstituiert hat. Auf Bundesebene existiert ein solcher Beirat seit mehr als 60 Jahren und erfüllt dort eine wichtige Funktion zur Unterstützung einer effektiven Mittelstandspolitik. Für Schleswig-Holstein und seine zahlreichen kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie die freien Berufe sind daher wichtige Impulse durch diesen neuen Beirat zu erwarten.

Nicht angezeigt ist es dagegen aus unserer Sicht, in diesem Beirat eine Arbeitnehmervertretung zu installieren, denn es geht hier um Fragen, die sich für die mittelständische Wirtschaft aus strukturellen Veränderungen ergeben. Es geht nicht um das Austarieren von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanliegen. Dies verkennt die SPD ganz offenbar in ihrer Antragsbegründung, wenn sie es dort für erforderlich hält, dass im Mittelstandsbeirat neben Arbeitgeber- auch Arbeitnehmervertreter gehört werden sollen. Der Mittelstandsbeirat ist doch gerade nicht ein einseitiger Vertreter der Arbeitgeber, sondern ein Gremium, das aufgrund seiner Expertise und Praxisnähe zu strukturellen Verbesserungen für die mittelständische Wirtschaft beitragen soll.

(Zuruf Wolfgang Baasch [SPD])

Auf Bundesebene wird dies offenbar genauso gesehen, denn - wir haben es gerade gehört - auch dort sind im Mittelstandsbeirat spezielle Arbeitnehmervertretungen nicht vorgesehen.

Die SPD versteht sich mit dem Antrag offenbar als einzige Kämpferin der Arbeitnehmerrechte.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Das glauben ihnen nur die Arbeitnehmer nicht, sonst würde sie mehr als 20 % kriegen!)

Das ist ihr gutes Recht, doch sie sollte dieses wichtige Thema dort positionieren, wo es relevant ist. Der Mittelstandsbeirat ist nicht der richtige Ort dafür.

Wenn die Landesregierung die zukünftige Funktion des Beirats als Impulsgeber für Bürokratieabbau, für Fachkräftegewinnung, für Unternehmensnachfolge und den Ausbau der Infrastruktur definiert, handelt es sich hier in der Tat um die Kernbereiche einer mittelstandsfreundlichen Wirtschaftsstruktur, die wir dringend unterstützen.

Hier kommen wir nicht weiter, wenn in den Beirat ein konstruierter Gegensatz zwischen Arbeitgeberund Arbeitnehmerinteressen hineingetragen wird. Die AfD-Fraktion lehnt diesen Antrag daher ab und bittet um Abstimmung in der Sache. Der Beirat erfüllt seine Funktion, wenn er ein breites Spektrum der mittelständischen Wirtschaft repräsentiert und den Meinungsaustausch mit den bereits bestehenden Kammern und Verbänden ergänzt, so wie es im Alternativantrag der regierungstragenden Fraktionen formuliert wird. Die Gewerkschaften sind natürlich Bestandteil einer Debatte, ohne dass es dafür eines paritätisch besetzten Mittelstandsbeirates selbst bedarf. Deshalb findet der Alternativantrag unsere Zustimmung. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Kilian hat gerade eben gesagt, dass die Gewerkschaften deshalb nicht in diesem Mittelstandsbeirat vertreten seien, weil die Gewerkschaften einen offenen Zugang zum Ministerium hätten.

(Lukas Kilian [CDU]: Nein, das habe ich nicht gesagt!)

Das ist auch in Ordnung, ich glaube, das war auch schon immer so, das wird auch unter dem neuen Minister so sein, das ist überhaupt gar keine Frage.

Die Frage ist aber: Bedeutet das dann im Umkehrschluss, man müsse einen Mittelstandsbeirat haben, weil die Kammern und die Verbände der Arbeitnehmer da keinen Zugang mehr haben?

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Das würde mir dann doch sehr große Sorgen bereiten. Ich glaube nicht, dass das der Fall ist, das will ich durchaus auch sagen. Natürlich ist das nicht der Fall, alle können dort hinein, es wird keine Maut erhoben, um ins Ministerium einzutreten, sondern je

(Christopher Vogt)

der kann da kommen, und jeder kann dort seiner Arbeit nachgehen und versuchen, Einfluss auf die Politik dieser Regierung zu nehmen.

Die Frage ist: Wofür brauche ich jetzt wirklich einen Mittelstandsbeirat? Darüber müssen wir erst einmal diskutieren. Es ist ein Instrument, mit dem wir alle Erfahrungen haben, mit dem man insbesondere auf Bundesebene Erfahrung hat, weil man auf Bundesebene dieses Instrument seit 1956 nutzt. Was Herr Adenauer damals gemacht hat, scheint nicht falsch gewesen zu sein, weil es sonst schon längst abgeschafft wäre.

Was hat man da auf Bundesebene gemacht? - Das ist ein leichter Unterschied zu dem, was wir hier haben. Auf Bundesebene hat man gesagt: Der zuständige Wirtschaftsminister benennt bestimmte Personen, von denen er meint, dass diese Personen aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz geeignet sind, das Ministerium zu beraten. In dieses Gremium kommen dann auch noch Politiker aus dem Bundestag hinzu, um dann eben gemeinsam mit dem Ministerium diese Ideen umsetzen zu können. Es geht also bei den Personen nicht darum, dass sie von Verbänden benannt sind, sondern, wenn man so will, kraft ihrer Fähigkeiten und fachlichen Autorität dort einberufen werden. Darin sitzen Menschen, die sich mit Wirtschaft auskennen, die haben aber auch schon einmal geschaut, wie Wirtschaft und Ökologie zusammenpassen können, und die haben sich auch schon einmal darüber unterhalten, ob es möglich ist, Arbeitnehmerrechte einzubinden und so weiter und so fort, also voll die fachliche Qualität.

Hier ist es jetzt so, dass es eigentlich darum geht, dass bestimmte Verbände Menschen benennen können. Dann kann ich Sozialdemokraten schon verstehen, wenn sie sagen: Na gut, wenn es hier um Verbandsbenennung geht, dann sollen auch alle hinein. - Ich würde sogar fragen: Warum sind da eigentlich keine Umweltverbände vertreten? Das wäre auch einmal eine interessante Frage, um Ökologie und Ökonomie in Einklang zu bringen. Es geht hier ja nicht um ein Entscheidungsgremium, sondern um ein Beratungsgremium. Ich verstehe den Antrag der SPD so, dass man sagt: Wenn schon Verbände benannt werden, dann soll sich auch die gesellschaftliche Gesamtheit in diesem Gremium widerspiegeln.

(Vereinzelter Beifall SPD und Beifall Flem- ming Meyer [SSW])

Es geht, glaube ich, nicht darum - so sage ich einmal -, jetzt mit den roten Fahnen loszulaufen und

zu sagen: Jetzt werden die Arbeitnehmer wieder vergessen. Stattdessen geht es darum, so ist jedenfalls unser Verständnis, dass der Wirtschaftsminister und das Wirtschaftsministerium fachliche Expertise aus allen Bereichen der Gesellschaft bekommen können, um Wirtschaftspolitik hier vernünftig umsetzen zu können. Es geht nur um Ratschläge, es geht nicht darum, dass dieses Gremium irgendwelche Beschlüsse fasst, die dann der Minister umzusetzen hat.

Ich finde, deswegen ist es auch völlig gefahrlos, auch Menschen aus Organisationen einzubinden, die eine fachliche Expertise haben, die vielleicht nicht ausschließlich aus dem Arbeitgeberbereich kommen.

Vor dem Hintergrund ist es noch einmal zu überlegen, ob man für dieses Gremium - vielleicht macht man das nicht über die Verbände, sondern der Minister benennt selber - heraussucht, ob es da nicht noch andere Leute gibt, die auch fachlich qualifiziert sind, die möglicherweise sonst nicht von den Arbeitgeberverbänden entsandt werden würden. Diese Offenheit würde ich mir wünschen. Deshalb empfehle ich, diesen Antrag noch einmal dem Ausschuss zu überweisen, um zu schauen, ob diese Offenheit möglicherweise auch bei der Regierung besteht, vielleicht nicht formalrechtlich jemanden aus den Gewerkschaften zu benennen, aber die Möglichkeit zu schaffen, dass zwei oder drei andere kompetente Leute mit hineinrutschen können. Vielleicht hat jemand von denen auch einen Mitgliedsausweis in einer Gewerkschaft oder eines Umweltverbandes. Ich glaube, es wäre es wert, darüber noch einmal nachzudenken.

Einseitigkeit in allen Lebenslagen führt immer zu einer partiellen Blindheit. Das gilt für uns alle, wenn wir uns nur immer von einer Seite beraten lassen. Ich würde mir wünschen, dass wir uns darüber noch einmal im Ausschuss Gedanken machen könnten, ob es nicht sinnvoll ist, vielleicht noch den einen oder anderen mehr einzubinden. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, vereinzelt SPD und Beifall Aminata Touré [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Zu einem Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Ralf Stegner das Wort.

(Lars Harms)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unbeschadet dessen, was solche Beiräte besorgen oder nicht, war die Debatte doch sehr interessant, insbesondere was hier von dem Kollegen Kilian und anderen vorgetragen worden ist.

Wir haben einen anderen Blick auf die Wirtschaft. Mittelstandsfreundlichstes Bundesland heißt für uns vor allen Dingen, dass die Menschen gute Arbeit haben. Wissen Sie: Wer den Wohlstand erwirtschaftet, das sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Schleswig-Holstein. Das sind die, die den Wohlstand erwirtschaften.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Dieser Mittelstand besteht aus circa 120.000 Unternehmen. Wissen Sie, wie viele Menschen dort arbeiten? - Es sind ungefähr 680.000 Menschen. Dann sagen Sie, Mensch, die haben doch zumindest Zugang - das ist ja wunderbar; das ist wie in der Monarchie -, spätestens seit 1988 haben sie direkten Zugang. Dass das Herr Buchholz nicht ändern will, dafür bin ich dankbar, aber ich hätte bei Ihnen auch nicht erwartet, dass das passiert. Das ist aber doch kein Argument in der Frage, ob man diese Menschen, die den Wohlstand erwirtschaften und für die die Wirtschaft übrigens da ist - nämlich für die Menschen -, in der einen oder anderen Form anhört. Stattdessen geht es aber um etwas ganz anderes, nämlich sozusagen um den Lobbyeinfluss. Der soll da jeweils eine Rolle spielen. Das ist eine völlig andere Sicht der Dinge.

Herr Kollege Vogt, wenn Sie das abgestanden finden, die Sozialpartnerschaft,

(Christopher Vogt [FDP]: Nein, überhaupt nicht!)

dann muss ich Ihnen sagen: Die FDP war schon einmal weiter. Sie haben ja Scherze mit meinem Namen gemacht. Ich wollte das eigentlich in meiner Antwort darauf lassen, sage es aber doch: Sie haben sich hier wie ein „Land-Vogt“ aufgeführt.

(Vereinzelte Heiterkeit)

Da, bei Hofe, hatten die Landarbeiter in der Tat nichts zu suchen. Das ist wirklich wahr. Ich finde, so macht man das wirklich nicht.

Wirtschaft in Schleswig-Holstein heißt für uns, dass die Leute, die ihre Steuern und Beiträge bezahlen, weil sie hart arbeiten, dazu beitragen, dass es diesem Mittelstand gut geht. Die Politik trägt dazu schon ein ganzes Stück weniger bei. Wer ernsthaft glaubt, Arbeitgeber seien Arbeitgeber und Arbeit