Protokoll der Sitzung vom 05.07.2018

Ja. - Ich bitte Sie daher, den Antrag der AfD abzulehnen und unserem Programm Ihre Zustimmung zu geben. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt CDU)

Das Wort für die Fraktion der AfD hat der Abgeordnete Claus Schaffer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! Die Position der AfDFraktion zur aktuellen Asyl- und Migrationspolitik hier im Land, aber auch im Bund dürfte wohl bekannt sein. Wir fordern seit Beginn der Flüchtlingskrise die Einhaltung und Umsetzung geltenden Rechts sowohl auf nationaler wie auf europäischer Ebene - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Dass ein Teil der Probleme in unserem Land eben auch darauf beruht, dass mit der Entscheidung der Noch-Kanzlerin Angelika Merkel

(Jan Marcus Rossa)

(Lars Harms [SSW]: Angela Merkel!)

- Angela, Entschuldigung - ein unkontrollierter Zustrom an Migranten begann und noch immer anhält, ist unbestritten. - Das ist der Name meiner Schwägerin, Entschuldigung.

Dass wir mit der Forderung nach Einhaltung und Umsetzung geltenden Rechts in dieser Thematik richtig liegen, zeigen repräsentative Umfragen, Herr Harms, die in der deutschen Bevölkerung den Wunsch nach einer Neuordnung in der Asylpolitik ergeben haben.

Geltendes Recht ist es in der Tat, wenn die Regelung des § 23 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz zur Anwendung kommen soll, um einer besonderen Gruppe an Schutzsuchenden den Aufenthalt in Deutschland zu gewähren. Vorausgesetzt werden jedoch völkerrechtliche oder humanitäre Gründe oder solche, die zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland dienen. Betroffen sein hiervon können Ausländer aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmbare Ausländergruppen. Frauen und Kinder, die vor Krieg und Verfolgung flüchten, sind ohne jeden Zweifel in besonderem Maße schutzbedürftig. Humanitäre Gründe drängen sich hier also auf.

Ihr Antrag fordert nun die Aufnahme von 500 Personen, vor allem Frauen und Kinder. Darüber hinaus lässt Ihr Antrag überhaupt nicht erkennen, anhand welcher Merkmale oder Kriterien eine Auswahl und Entscheidung der zuständigen Behörde getroffen werden soll.

Erstaunt hat mich zudem die Zahl 500, die an keiner Stelle nachvollziehbar begründet ist. Für eine Politik, die Obergrenzen und Kontingente rundweg problematisch sieht, erscheint mir diese Zahl doch reichlich willkürlich. Auch mit Blick auf aktuelle Ereignisse wie etwa in Malta lassen sich weder Personengruppen noch Anzahl der Betroffenen derart scharf fassen, wie das jetzt in Ihrem Antrag geschehen ist.

In Ihrem Koalitionsvertrag wird das dann doch etwas konkreter. Da wird beispielhaft Syrien als Herkunftsland für dieses Landesaufnahmeprogramm genannt. Auch wenn man dazu feststellen kann, dass auch in Syrien reichlich friedliche Gebiete existieren, in denen sich 500 Personen zusätzlich aufhalten könnten.

Nun gut. Frauen und Kinder sind unter den Migranten mit einem besonderen Auge zu betrachten. Wie bereits erklärt, steht auch die AfD für die Einhaltung und Umsetzung von Recht und Gesetz. Selbst

verständlich werden wir uns dem Schutz von Frauen und Kindern unter keinen Umständen verschließen. Aber wir möchten gern wissen, wer unter dieser Maßgabe in unser Land kommt und natürlich auch warum.

Mit dem vorliegenden Änderungsantrag folgen wir dem Schutzgedanken, verbinden damit aber zugleich auch die Bitte um Erläuterung der Entscheidung der obersten Landesbehörde sowie einer Evaluation der daraufhin erteilten Aufenthaltserlaubnisse. Es geht eben nicht nur darum, dass wir kontrollieren möchten, ob die Zahl 500 eingehalten wurde. Selbstverständlich ist es Aufgabe der Opposition in einem Landtag, auch die Regierung zu kontrollieren. Herr Rossa, insoweit muss ich Ihnen leider ein bisschen widersprechen. Es geht uns vielmehr darum: Welche Fluchtgründe werden angegeben? Welche Personen sind hier? Gerade weil Sie hier deutlich vorantragen, dass es vornehmlich um Frauen und Kinder geht, möchten wir dieses gern überprüft wissen.

Wir erhalten mit unserem Änderungsantrag damit die erforderliche Transparenz in der Entscheidungsfindung der Landesregierung und ebenso eine Transparenz, die dann für eine Akzeptanz in der Gesellschaft sorgen wird.

Herr Abgeordneter Schaffer, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Sehr gern.

Sehr geehrter Herr Kollege, ich habe vorhin vergessen, auch noch zu Ihrem Antrag Stellung zu nehmen. Ich hätte aber auch empfohlen, ihn abzulehnen.

Und jetzt komme ich zu meiner Frage: Sie sind Mitglied im Innen- und Rechtsausschuss. Haben Sie in dieser Zeit, in der Sie Mitglied dieses Landtags und Mitglied im Innen- und Rechtsausschuss sind, schon einmal erlebt, dass das Innenministerium nicht jederzeit, zu jedem Zeitpunkt bereit ist, im Innenund Rechtsausschuss zu laufenden Verfahren zur Umsetzung von Programmen Stellung zu nehmen?

- Ja, ich habe das Innenministerium

(Claus Schaffer)

(Lachen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Bei- fall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

und auch Herrn Innenminister Grote regelmäßig als sehr auskunftsfreudig erlebt. Ich habe allerdings auch schon erlebt, dass die Auskünfte, die erteilt wurden, nicht ganz mit dem übereinstimmten, was ich tatsächlich bei anderen Anhörungen erwartet hatte. Ich habe das an einem Fall auch tatsächlich einmal festgemacht. Insofern möchte ich ganz gern, dass der Landtag feststellt, dass die Landesregierung hier einem Controlling zustimmt. Der Begriff ist ja sehr passend, Herr Rossa. Ich halte das für den richtigen Weg.

(Beifall AfD)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Frage der Frau Abgeordneten Ostmeier?

(Zuruf Barbara Ostmeier [CDU])

Das hat sich erledigt.

Ich halte daher den von uns eingebrachten Änderungsantrag, der in dieser Sache ja exakt dasselbe Ziel verfolgt, für geboten und bitte daher um Zustimmung. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat Herr Abgeordneter Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich über diesen Antrag der Koalition, der ja auch eine Reaktion auf die von uns gestellte Kleine Anfrage zu diesem Thema ist. Wir hoffen natürlich jetzt auch, dass das Landesaufnahmeprogramm endlich kommt. Denn man fragt sich doch, warum so etwas Wichtiges, das im Koalitionsvertrag ja nun schon seit einem Jahr vereinbart war und tatsächlich gar nicht mal so viele Menschen betrifft, so lange dauert, bis es dann auf den Weg gebracht werden kann.

Während wir uns ablenken lassen von rechten Parolen aus Bayern und Berlin, laufen wir Gefahr, dass der Fokus der Debatte nicht darauf liegt, was sich tatsächlich beispielsweise immer noch auf dem Mittelmeer abspielt: Menschen versuchen, sich auf

nicht seetüchtigen Schlauchbooten nach Europa zu retten. Und das unter Einsatz ihres Lebens!

Wie dramatisch die Lage im Akutfall ist, haben wir alle zuletzt am Beispiel der „Lifeline“ mitverfolgen können. Italien, Malta und Spanien haben es abgelehnt, das Schiff in ihre Häfen einfahren zu lassen, und das, obwohl die Lage an Bord immer brenzliger wurde. Tagelang wurde das Schiff auf dem Mittelmeer blockiert.

Jetzt ist es so, dass das Schiff im Hafen von Malta festgehalten wird, während die maltesische Polizei bei Gericht die Beschlagnahme des Rettungsschiffs „Lifeline“ beantragt hat und deren Kapitän vor Gericht geladen wird. Die „Lifeline“ wird von der Polizei als Tatwerkzeug behandelt und darf den maltesischen Hafen seit dem 27. Juni 2018, als sie dort mit den rund 230 Menschen, die die Besatzung vor dem Ertrinken gerettet hat, ankam, nicht mehr verlassen. Der Kapitän muss sich allen Ernstes dafür rechtfertigen, Leben gerettet zu haben. Das finde ich völlig wahnsinnig, meine Damen und Herren!

(Beifall SSW und SPD)

Die Rechnung ist nämlich einfach: Je mehr Rettungsschiffe auf dem Wasser sind, desto weniger Tote gibt es. Seit die Schiffe festgesetzt worden sind, sind wieder mehr als 200 Menschen ertrunken. Egal welche Aufnahmeregelungen wir im Einzelnen hier in Europa treffen werden: Die Rettung der Menschen muss absoluten Vorrang haben.

Deswegen fand ich das Vorhaben des Landes Schleswig-Holstein, hier direkte Hilfe zuzusagen und zur Aufnahme Geflüchteter dieses Schiffes bereit zu sein, auch wirklich klasse. Es ist schade, dass das Bundesinnenministerium dem bisher einen Riegel vorgeschoben hat.

Die betroffenen Personengruppen bei den besonders Schutzbedürftigen sind ja schon von der EU vorgegeben, wenn es denn um Programme geht: Schwangere, unbegleitete Minderjährige, Menschen mit Behinderung oder mit schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen, Opfer des Menschenhandels, Menschen, die gefoltert worden sind und viele, viele andere wirklich problembehaftete Menschen mehr.

Ich werde immer wieder von Menschen aus der Flüchtlingshilfe darauf hingewiesen, dass auch Geflüchtete, die hier eigentlich gut integriert sind, irgendwann verzweifeln, weil sie ihre Familienmitglieder nicht nachholen können. Und wer versteht das nicht? Wenn nun 500 Menschen zusätzlich zu den sonstigen Aufnahmeverpflichtungen des Lan

(Claus Schaffer)

des nach Quote aufgenommen werden, wünschen wir uns vom SSW, besonders Familienzusammenführungen zu berücksichtigen. Damit meinen wir auch die Angehörigen subsidiär Geschützter, denn das Kontingent, das ab August für diese Personengruppe vorgesehen ist, reicht bei Weitem nicht aus.

Hier können wir wirklich etwas zur Integration beitragen, indem wir die Familienangehörigen von zu uns geflüchteten Menschen hierherholen und die Familien wieder zusammenführen. Da gibt es manchmal ganz simple Problemstellungen, die schier unüberwindlich scheinen, die aber mit ein bisschen Pragmatismus im Rahmen eines solchen Sonderprogramms gelöst werden können. Da gibt es Familien mit minderjährigen und volljährigen Kindern. Die Volljährigen dürfen dann nicht nach Deutschland. Was für ein Unsinn!

Solche Fälle schweben uns vor, wenn es darum geht, schnell zu helfen. Denn auch besonders gut integrierte Menschen, die hier beispielsweise schon in Ausbildung, Studium oder Arbeit sind, verlässt der Mut, wenn sie ohne ihre Familien bleiben müssen. Niemandem ist geholfen, wenn die Sorgen und die Angst um die Familie dazu führen, dass man hier irgendwann tatsächlich seine Zelte abbricht, um in ein Flüchtlingslager zu gehen, damit man endlich seine Familie wiedersehen kann. Das sollte eigentlich nicht sein, meine Damen und Herren.

Deshalb freuen wir uns, wenn das Landesaufnahmeprogramm möglichst offen ausgestaltet wird; das wäre unser Wunsch. Und wenn es dann schnell kommt, würden wir uns freuen, wenn den vielen Menschen, die es wirklich wert sind, hierhergeholt zu werden, dann auch wirklich geholfen wird. Vielen Dank.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil in dem Beitrag des Kollegen Harms ein Aspekt angesprochen worden ist, von dem ich glaube, dass er in der Öffentlichkeit zu wenig präsent ist.

Ich bin sehr erschreckt, wenn ich Nachrichtensendungen sehe, in denen inzwischen lakonisch über die ertrunkenen Menschen im Mittelmeer gespro