Es ist auch kein Geheimnis, dass sich die gesellschaftlichen Anforderungen an Schule nach PISA, durch die UN-Menschenrechtskonvention für Inklusion und eine insgesamt viel heterogenere Schülerschaft sehr geändert haben. Nicht nur die Schülerschaft, sondern auch die Elternschaft ist heterogener geworden, zum Teil deutlich anspruchsvoller, zum Teil von problematischer Unsichtbarkeit.
Es wird keine leichte Aufgabe sein, die Arbeitsbelastung zu erfassen, aber ich denke, dass wir auch von den Erfahrungen anderer Bundesländer profitieren können. In Niedersachsen beispielsweise beschäftigt sich ein Expertengremium seit über einem Jahr mit dieser Frage. Die Ergebnisse aus der Erhebung werden wir in das Konzept zur Verbesserung des Gesundheitsmanagements einfließen lassen.
Uns ist bewusst, dass wir die Verbesserungen nicht zum Nulltarif bekommen werden, aber allein über eine Reduzierung der Pflichtstunden wird das Problem nicht zu lösen sein. Lösungen könnten sein: mehr Teamarbeit, Fortbildungen nach individuellem Bedarf der Schulen, Entlastung bei Verwaltungstätigkeiten, Verzahnung der unterstützenden Systeme Schulbegleitung, Schulassistenz und Schulsozialarbeit, bessere Ausstattung der Lehrerarbeitsplätze und vieles mehr.
Zum Thema Gesundheitsmanagement gehört nicht nur die personelle Ausstattung. Auch die Schulträger sind zum Beispiel unter Lärmschutzaspekten gefragt.
Frau Kollegin Strehlau, wenn Sie sagen, allein über eine Reduzierung der Pflichtstunden werde das Arbeitsklima nicht zu verbessern sein - heißt das, dass eine Reduzierung der Pflichtstunden in dieser Legislaturperiode im Raum steht?
- Es gibt immer Denkmodelle, wie man die Arbeitssituation für die Lehrkräfte verbessern kann. Dazu gehört natürlich auch die Forderung nach einer Reduzierung der Pflichtstundenzahl. Das ist keine Festlegung darauf, ob wir die Pflichtstundenzahl reduzieren.
Die SPD hat einen Alternativantrag eingereicht, der schon den zweiten Schritt, das wissenschaftliche Konzept zur Verbesserung des Gesundheitsmanagements an Schulen, beinhaltet. Den Koalitionsfraktionen ist wichtig, erst eine Bestandsaufnahme zu machen, sich die Daten anzusehen und dann auf dieser Basis die Erarbeitung eines Konzepts auf den Weg zu bringen. Wir sind uns also im Ziel einig, gehen aber einen unterschiedlichen Weg. Die Regierungsfraktionen machen einen Schritt nach dem anderen, die SPD macht zwei Schritte auf einmal. Deshalb bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen. - Vielen Dank.
Wo ist der Rest? - Gute Frage. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Darüber, dass wir alle ein Interesse daran haben, dass unsere Lehrer nicht im Krankenbett liegen, sondern gesund und motiviert zur Schule gehen, dürfte ein Konsens nicht nur in diesem Haus bestehen - auch darüber, dass die Fürsorgepflicht des Landes für seine Bediensteten genau dies gewährleisten soll.
Gerade als ehemaliger Lehrer möchte ich mich ausdrücklich dafür bedanken, dass die Anträge in diesem Haus so früh eingebracht worden sind. Die bis
her erfolgten Maßnahmen und Aktivitäten zur Gesundheitsförderung durch das IQSH, den Arbeitsmedizinischen Dienst, den Schulpsychologischen Dienst müssen nämlich anerkannt werden. Sie sind alle richtig und sinnvoll, haben bis jetzt offensichtlich nicht ausgereicht, um das Ausmaß der psychischen und physischen Belastung der Lehrerkollegen zu erkennen.
Der Antrag, ein wissenschaftliches Konzept zur Verbesserung des Gesundheitsmanagements an unseren Schulen zu erstellen, ist daher absolut richtig. Es ist der richtige Denkansatz, denn die vorhandenen Belastungen können nur dann gezielt abgebaut werden, wenn eine aktuelle Situationsanalyse vorliegt, die den Verhältnissen in den Schulen gerecht wird und sie ganz klar aufzeigt.
Der Ausgangspunkt für die zu treffenden Maßnahmen muss in diesem Bereich also eine Auflistung aller Umstände sein, durch die unsere Lehrkräfte sich bei ihrer täglichen pädagogischen Arbeit belastet fühlen. Diese Auflistung kann nur dann ehrlich sein, wenn sie aus Sicht der Lehrkräfte vor Ort erfolgt.
Zur Verdeutlichung will ich ein Beispiel aus der Praxis anführen, das den alltäglichen Wahnsinn darstellt und nicht überspitzt ist. So finden sich in nicht wenigen Klassen nicht nur Schüler und Lehrer, sondern außerdem noch eine Schulassistenz, eine oder zwei Integrationshilfen, ein Praktikant oder Referendar und ein Förderschullehrer. Während man dann zwischen Individualisierung, Differenzierung und dem Treffen von Absprachen regelrecht rotiert, fragt einen die Schulleitung oft noch, ob man wegen des Krankheitsausfalles eines Kollegen nicht auch die Klasse im Nebenraum mit beaufsichtigen könnte.
Diese Schilderung ist nicht überspitzt. Deshalb wollen wir von der AfD wissen, wie die Wirklichkeit in den Schulklassen heute aussieht. Wir wollen wissen, wodurch der tägliche Stress bei den Lehrern entsteht, wie die Lehrer die Umgestaltung des Schulsystems wahrnehmen und wie der Stress entsteht. Dazu gehört auch eine valide Erhebung der Arbeitszeiten. Ich habe versucht, etwas nachzuforschen. Ich konnte nicht herausfinden, warum dies bis jetzt in diesem Haus nicht praktiziert wurde. Vielleicht kann mich da jemand aufklären.
Die AfD will außerdem wissen, ob die Inklusion und ich weiß hier sehr wohl zur Integration zu differenzieren - den Schülern auf ihrem Lebensweg tatsächlich hilft und dem sonderpädagogischen Förderbedarf entsprochen wird, oder ob es sich hierbei
vielleicht nur um ein wünschenswertes Ideal handelt, das zumindest in der jetzigen Schulwirklichkeit nicht umsetzbar ist.
Ein hinreichendes wissenschaftliches Konzept zu all diesen Fragen kann nicht einfach nebenbei aufgestellt werden. Ich halte den Zeitplan der Antragsteller - gelinde gesagt - für ambitioniert. Der SPDAlternativantrag ist hier tatsächlich realistischer. Wir brauchen Zeit, ein ganzes Schuljahr, wahrscheinlich sogar bis 2019. Es ist kein Geheimnis: Dass ich so schnell einem SPD-Antrag zustimmen würde, hätte ich tatsächlich nicht gedacht.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie sind doch ge- meinsam in der Opposition! Ist doch kein Thema! - Heiterkeit)
- Ich hätte es nicht gedacht. Es ist ja gut, wenn wir in diesem Haus auch noch sachlich argumentieren können.
Viel wichtiger wird aber sein, wie die neue Landesregierung mit den zu erwartenden Ergebnissen umgehen wird. Wird sie die entsprechenden Konsequenzen ziehen? Dazu gehören folgende Punkte, man muss hier kein Prophet sein: Es geht natürlich um die Reduzierung des Klassenteilers, um moderne Schulgebäude, eine zeitgemäße Ausstattung, um phasenweise räumlich differenzierten Unterricht und leistungsdifferenzierten Unterricht. Es muss um einen Verzicht auf permanente Schulreformen und ständig neue Erlasse gehen. Wünschenswert ist auch die durchgängige Besetzung von I-Klassen und Flexklassen mit zwei Lehrkräften. Es muss um Abminderungsstunden und Ausgleichsstunden gehen.
Das alles zeigt, dass es viel zu tun gibt. Wir stimmen dem vorliegenden Alternativantrag der SPD zu und kündigen an, dass wir uns mit dem geplanten wissenschaftlichen Konzept sehr intensiv auseinandersetzen werden.
Ganz zum Schluss möchte ich noch den Hinweis geben, dass wir in Schleswig-Holstein das Rad nicht neu erfinden müssen.
Ja. - In anderen Bundesländern liegen bereits wissenschaftliche Konzepte vor. Es werden sich mit Sicherheit Synergien finden lassen. Wir werden da
Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Grundsätzlich können wir sicher alle das Ziel dieses Antrags mittragen. Natürlich wollen wir unsere Lehrerinnen und Lehrer unterstützen. Selbstverständlich wollen wir alles tun, um ihre Gesundheit zu erhalten und zu fördern. Das muss aus unserer Sicht übrigens für alle Menschen gelten, die an unseren Schulen tätig sind. Keine Frage: Hierauf hinzuarbeiten, ist und bleibt wichtig. Denn die Arbeitsbelastung ist in den letzten Jahren - auch und gerade im Schulbereich - nachweislich gestiegen.
Vor diesem Hintergrund kann man natürlich nichts gegen ein wissenschaftlich basiertes Konzept zur Verbesserung des Gesundheitsmanagements an Schulen haben. Wenn man sich aber für diesen Weg entscheidet, muss man hier auch gründlich arbeiten. Für uns heißt das, dass wir die Situation der Lehrkräfte über mindestens ein gesamtes Schuljahr hinweg in den Blick nehmen. So ergibt sich ein wirklich aussagekräftiges Bild mit allen Facetten des Schulalltags. Nur ein solches umfassendes Bild ist aus meiner Sicht eine geeignete Grundlage, um dauerhaft wirksame Gegenmaßnahmen zu entwerfen und unsere Lehrerinnen und Lehrer noch besser zu unterstützen.
Ich will der Befragung unserer Lehrkräfte nicht vorgreifen, aus meinem ehemaligen Kollegenkreis weiß ich aber, dass es vor allem Unsicherheit und Überforderung sind, die zu gesundheitlichen Belastungen des Schulpersonals führen. Ein ganz gewichtiger Faktor ist in diesem Zusammenhang die Frage der Schulstruktur. Es sind also vor allem Debatten über die Struktur unserer Schulen - wie etwa aktuell über die Frage von G 8 oder G 9 an Gymnasien -, die zu großen Verunsicherungen und damit zu Stress führen. Gerade hier muten CDU, Grüne und FDP den Lehrkräften einiges zu. Ich denke, dass dieser Zusammenhang den allermeisten auch ohne wissenschaftlich basiertes Konzept klar ist.
Doch ganz ohne Frage gibt es weitere Gründe für die zunehmende Belastung unserer Lehrerinnen und Lehrer. Neben dem Dauerthema Lärmbelästigung zählen zum Beispiel veränderte Anforderungen durch den digitalen Wandel, das Ziel der inklusiven
Schule oder die Beschulung Geflüchteter dazu. Auch die fehlende Entlastung bei organisatorischen Aufgaben beziehungsweise die fehlende Würdigung derjenigen, die Zusatzaufgaben auf sich nehmen, spielt hier eine nicht unwichtige Rolle.
In jedem Fall muss uns allen eines klar sein: Die Ergebnisse der Befragung werden mit großer Wahrscheinlichkeit einen Mehrbedarf im Schulbereich ergeben.
Ich gehe jedenfalls stark davon aus, dass viele Lehrerinnen und Lehrer auf ihre zu hohe Unterrichtsverpflichtung und auf die fehlende Zeit für Zusatzund Führungsaufgaben hinweisen werden. Wir hoffen jedenfalls sehr, dass die Landesregierung dann die richtigen Schlüsse daraus zieht und vor allem die möglichen Gegenmaßnahmen darstellt - und zwar möglichst konkret und für uns alle nachvollziehbar.
Unabhängig davon ist für uns natürlich klar, dass wir ganz im Sinne der vorliegenden Anträge handeln und unsere Lehrkräfte noch umfassender unterstützen müssen. Unterstützung heißt für uns nicht zuletzt, dass wir die personelle Ausstattung unserer Schulen fortlaufend an die genannten Herausforderungen anpassen müssen.
Bekanntlich haben wir die damaligen Stellenabbaupläne von CDU und FDP abgemildert. Dies wurde zwar viel kritisiert, wir halten aber eine auskömmliche Personalausstattung für eine absolute Grundvoraussetzung für gesundes Arbeiten. Daran hat sich natürlich nichts geändert, schon gar nicht in Zeiten, in denen wachsende Schülerzahlen prognostiziert werden. Wer also gesunde Lehrerinnen und Lehrer will, sollte hieran genauso denken wie an das Thema Fort- und Weiterbildung, denn nur so geben wir den Lehrkräften die Möglichkeit, sich angemessen auf neue An- und Herausforderungen vorzubereiten. So beugen wir genau der strukturellen Überforderung vor, die häufig krank macht.
sagen, warum wir in unserem Antrag über eine doch deutliche Fristverlängerung sprechen. Auf den ersten Blick mag unsere Forderung verwundern, da die Aufgabe der Opposition eigentlich darin besteht, von der Landesregierung die Vorlage von Ergebnissen in kürzerer Frist zu verlangen. Der Grund für unseren Antrag: In meinem früheren Leben - das noch gar nicht so lange her ist - habe ich genau solche wissenschaftlichen Untersuchungen vorgenommen und auf dieser Grundlage Gutachten erstellt. Deshalb kann ich relativ genau beurteilen, wie viel Zeit man braucht, um so etwas richtig und vernünftig zu machen.
Wenn Sie es richtig und vernünftig machen wollen - davon gehe ich aus -, also ernsthaft und wissenschaftlich, dann werden Sie es in der kurzen Frist, von der in Ihrem Antrag die Rede ist, schlichtweg nicht schaffen. Kein ernsthafter Wissenschaftlicher wird das machen. Sie werden keinen ernsthaften Wissenschaftler finden, der in einem Viertel- oder einem halben Jahr ein solches Gutachten erstellt.
Ich will Ihnen auch sagen, warum dem so ist: Wer es ernsthaft betreiben will, der muss in die Schule gehen - genauer: in die Schulen; es sind nämlich mehrere Schultypen. Es wird nicht ausreichen, die Lehrkräfte, die Schulleiterinnen und -leiter und die anderen Gruppen in der Schule zu befragen. Der ernsthafte Wissenschaftler muss Beobachtungen machen. Die entsprechenden Methoden sind State of the Art. Das alles ist nicht originell, sondern kann nachgelesen werden.