Protokoll der Sitzung vom 28.03.2019

Meine Damen und Herren, selbst Minister Buchholz hat - diesmal nicht zur S 4, sondern zur S 21 hier in diesem Hohen Haus und an diesem Pult gesagt: Wenn das mein Haus und meine Terrasse gewesen wäre, hätte ich wohl auch eine Bürgerinitiative gegründet. - Da war es die S 21. Ich fand das damals sehr empathisch. Wenn wir ehrlich sind, dann geht uns das genauso. Wenn wir betroffen sind, dann machen wir uns auf den Weg, und dann sagen wir: Wir sind mit dieser Planung nicht einverstanden.

(Kai Vogel)

(Zuruf Lars Harms [SSW])

Deshalb habe ich Verständnis dafür, dass sich Menschen bei den Planungen der S 4 einmischen und eine andere Position vertreten, als wir sie vertreten. Sie haben nicht nur ein Recht dazu, sondern sie sind im Planungsverfahren auch dazu aufgerufen.

An dieses Recht - und nur an dieses Recht - habe ich in dieser Veranstaltung erinnert und den Vergleich zur A 20 gezogen. Ich zitiere noch einmal das Gutachten zur A 20: Es müssen alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt werden. - So sinngemäß das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig vom 6. November 2013.

Zurück zur S 4. Der Vorschlag, die Trasse zu verlegen, ist eben auch nicht ohne Probleme möglich, sondern würde neue Probleme auslösen, nämlich in Barsbüttel.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Nicht nur da! - Wei- tere Zurufe CDU)

Ich kann den Menschen in Barsbüttel sagen: Es ist keine grüne Politik, die Probleme von der einen Ecke in die andere Ecke zu schieben.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Deshalb sage ich auch in Richtung Barsbüttel Kollege Kilian wohnt ja an der Trasse, Kollege Habersaat auch -: Wir werden auf der Bestandstrasse so schnell wie möglich weiterplanen. Ich sage aber auch: Wenn wir das tun, ist es nicht ausgeschlossen, dass Menschen, die an der Bahnstrecke Hamburg-Lübeck wohnen, klagen werden. Das wird höchstwahrscheinlich auch zu weiteren Verzögerungen führen.

Deshalb auch mein dringender Appell an die Bürgerinitiative Hamburg-Lübeck: Verzichten Sie im Sinne der Verkehrswende darauf, denn wir brauchen die S 4 schnell. Das sind Lasten, die zu tragen sind. Wir versprechen Ihnen: Wir in Jamaika und in diesem Haus werden alles dafür tun, dass es an dieser Strecke einen besseren passiven Lärmschutz gibt, beispielsweise Lärmschutzmaßnahmen wie Lärmschutzfenster an der Strecke. Wir werden uns aber auch dafür einsetzen, dass endlich aktiv an den Lärmquellen, nämlich an den Fahrzeugen, gearbeitet wird. Dazu gehören besonders leise Güterzüge.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen alles dafür tun, damit Lärm vermieden wird. Das ist das, was wir voranbringen wollen.

Ich sage auch für künftige Planungen: Lassen Sie uns gemeinsam weiter daran arbeiten, wie wir klug bei Planungen Menschen mitnehmen können, und zwar frühzeitig und rechtzeitig und nicht erst, wenn das Kind mit dem Bade ausgeschüttet ist.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Klaus Schlie [CDU])

Gestatten Sie mir zum Schluss noch ein persönliches Wort. Ich bedaure sehr, dass Irritationen entstanden sind. Das passiert jedem von uns, wenn wir an Veranstaltungen teilnehmen, dass wir dort Dinge aus der Situation heraus sagen, weil wir empathisch auf Positionen reagieren, die da vorgetragen werden. Das ist nicht populistisch, sondern das, was ich gesagt habe, entspricht meiner Auffassung, dass man Trassen prüfen sollte. Ich habe aber auch gesagt: Irritationen zu erzeugen, dass wir verzögerten, dass wir nicht das umsetzen wollten, was wir hier vereinbart haben, das war nicht meine Intention. Dafür entschuldige ich mich.

Ich hoffe, dass ich jetzt zur Klarheit beigetragen habe, dass die S 4 jetzt schnell kommt und dass sie zur Verkehrswende beiträgt. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und Martin Habersaat [SPD])

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Lukas Kilian.

(Zurufe CDU und SPD)

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine Damen und Herren! Wir wissen es alle: SchleswigHolstein ist keine Modelleisenbahnlandschaft, in der jeder Hobbyverkehrsminister in seinem Keller oder auf dem Dachboden Züge dort fahren lassen kann, wo er das gern möchte. Wir leben in einem Rechtsstaat und haben uns an die Vorgaben des Planungsrechts zu halten. Das schließt Bürgerbeteiligung und Alternativrouten nicht aus.

Ich sage aber ganz deutlich: Wir müssen irgendwann auch einmal Ergebnisse liefern.

(Lars Harms [SSW]: Sehr gut!)

Irgendwann muss man zu einer Trasse stehen und einen eingeschlagenen Weg gehen. Der SchleswigHolsteinische Landtag hat sich diverse Male - ganz nebenbei: auch die Hamburger Bürgerschaft - über die S 4 ausgetauscht, die Planungen begrüßt und

(Dr. Andreas Tietze)

Gelder zur Verfügung gestellt. Wir haben da eine Verantwortung übernommen, der wir auch gerecht werden müssen.

Dauerhaftes Abwägen, ohne zu einer Entscheidung zu kommen, bringt nichts. Gegenargumente und Druck von Betroffenen müssen wir im Zweifel aushalten. Wir müssen daher zu Entscheidungen stehen und Entscheidungen durchsetzen. Wer es allen recht machen will, wird in diesem Land weder eine Bahnstrecke noch eine Straße, geschweige denn ein Gewerbegebiet, einen Hafen oder einen Flughafen errichten oder erhalten können.

Mehrere Millionen sind in Planungen geflossen. Seit über 10 Jahren wird dieses Projekt in der Region vorangetrieben und diskutiert. Diverse Trassenverläufe wurden geprüft. Gerade hat der Landtag neue Mittel zur Realisierung bereitgestellt. Die politische Botschaft ist klar: Die S 4 wird auf der Vorzugstrasse, auf der sie geplant ist, gebaut werden.

Doch in Hamburg gibt es jetzt eine Bürgerinitiative - diese hat eine Podiumsdiskussion, auf der Kollege Dr. Tietze anwesend war, veranstaltet; darüber ist berichtet worden -, die davon spricht, dass es doch charmant wäre, den Güterzug abzukoppeln und entlang der Autobahn A 1 zu führen.

Der Güterzug weit weg von Wohnbebauung - das klingt auf den ersten Blick total nett, weil man denkt, davon sei gar keiner betroffen. Wie wir inzwischen alle wissen, sind davon sehr wohl auch Kommunen betroffen. Der Güterzug springt ja nicht an die Autobahn heran, sondern müsste durch die Gemeinde Barsbüttel geführt werden und die Gemeinde Großhansdorf queren - beides Gemeinden mit dichter Besiedelung. Ein Güterzug durch diese Wohngebiete hätte erhebliche andere Planungen zur Folge. Deshalb ist die Alternativtrasse, die angeblich ohne Beschwerden möglich wäre und von der diese eine Bürgerinitiative in Hamburg spricht, ein Traumschloss. Ich glaube, es ist klar geworden, dass die Jamaika-Koalition in dieses Traumschloss nicht einziehen wird.

(Beifall CDU, FDP und Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich danke dem Kollegen Dr. Tietze für die Klarstellung und die Aufklärung. Auch ich glaube, dass das kein Zurückrudern war, sondern dass eine Klarstellung der Position erfolgt ist, weil man sich natürlich auch immer mit Gegnern und Demonstranten über Probleme unterhalten darf.

Der Antrag, den wir als Alternativantrag eingereicht haben, ist fast identisch zu dem Antrag, den

die SPD-Landtagsfraktion eingebracht hat. Allerdings gibt es einen wesentlichen Unterschied: Wir sprechen uns nämlich dafür aus, dass wir die bestehende, das heißt die ausgewählte, Vorzugstrasse nehmen. Wir stellen fest, dass diese Trasse nach Bewertung verschiedener anderer Trassen als diese ermittelt wurde. Es ist eine Mär, dass nur eine einzige Trasse geprüft worden sei und man vor anderen Trassen die Augen verschlossen habe. Nein, ganz im Gegenteil: Der Aufgabenträger, die Deutsche Bahn, hat auch diverse andere Trassen geprüft und sich dann für diese entschieden. Es gab einen Abwägungsprozess. Ich glaube, es ist auch wichtig für das Planungsverfahren, dass wir das an dieser Stelle noch einmal deutlich machen.

(Beifall CDU und FDP)

Zu guter Letzt müssen wir aber auch festhalten: Wir hatten bisher im Landtag 49 Anträge zur S 4. Angesichts dessen verwundert es mich schon ein bisschen, dass ein Bericht in der Zeitung über eine Podiumsdiskussion die SPD derart aufgeschreckt hat, dass sie sofort einen Antrag in den Landtag einbringen musste.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Zurufe Birgit Herdejürgen [SPD] und Beate Raudies [SPD])

Aber ich begrüße ausdrücklich Ihre verkehrspolitischen Aktivitäten in letzter Zeit.

Ein anderes Thema, über das ich gern mit Ihnen gesprochen hätte, wäre der Baustellenkoordinator. Dazu haben Sie ja einen flotten Antrag gestellt, nachdem wir die Mittel schon eingestellt und die Stelle ausgeschrieben hatten. Das ist Ihnen, nachdem Sie gute Pressemitteilungen dazu hatten, auch aufgefallen; dann haben Sie ihn still und heimlich zurückgezogen. Im Endeffekt war es ein kleines Plagiat.

Aber ich möchte zum Schluss meiner Rede auch mit einer Art von Plagiat enden. Herr Dr. Stegner beendet seine Reden häufig mit einem Zitat; das möchte ich jetzt übernehmen. Helmut Glaßl, ein deutscher Dichter, hat einmal etwas gesagt, was auch zu Ihren verkehrspolitischen Aktivitäten passt:

„Wer sich mit fremden Federn schmückt, wird zum komischen Vogel.“

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU und FDP - Thomas Hölck [SPD]: Das war gerade richtig flach!)

(Lukas Kilian)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Kay Richert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Für eines ist die Jamaika-Koalition berühmt geworden, nämlich für das dynamische Vorantreiben der vielen, vielen Infrastrukturprojekte in unserem Land,

(Beifall FDP und CDU - Zurufe SPD: Oh!)

die bis zu unserer Verantwortungsübernahme ja eher schlecht als recht vor sich hindümpelten. Dabei sind viele Verfahren zu entwirren, Ressourcen strukturiert zu verplanen und Hindernisse zu überwinden.

Man muss immer aufpassen mit Lob, besonders dann, wenn derjenige, den man lobt, schon von sich aus ein gesundes Selbstbewusstsein hat. Andererseits macht er macht es ja richtig gut! Was bleibt uns da anderes übrig, als das zu sagen: Herr Dr. Buchholz, Sie machen es gut so!

(Beifall FDP und CDU - Widerspruch SPD)

Als ich Ihren Ausführungen zu diesem Antrag zu Anfang lauschte, Herr Vogel, dachte ich, es sei Sinn und Zweck Ihres Antrags, die Regierungsarbeit zu loben; aber dann kam noch etwas anderes hinterher. Wahrscheinlich war das trotzdem ein bisschen die Intention.