Es ist so, dass die Gewerkschaften diese Verantwortung wahrnehmen und auf die Leute zugehen. Trotzdem: Wenn ein Gewerkschaftsvertreter auf mich zugeht und sagt: „Ich biete dir meine Hilfe an“, muss ich als Individuum entscheiden können, ob ich sie annehme.
Die weitere Zwischenfrage ist eher eine Bemerkung. - Sie wissen schon, dass Betriebsräte in den Betrieben für Leiharbeiter nicht zuständig sind, sich also auch nicht um die Arbeitsbedingungen der Leiharbeiter kümmern. Das können Sie zum Beispiel nachfragen, wenn Sie sich einmal in Flensburg auf der Werft umsehen und mit dem Betriebsrat darüber reden, dass er für die Leiharbeitskräfte dort keine Zuständigkeit hat. Das gilt übrigens auch für die fleischverarbeitende Industrie. Betriebsräte haben keine Zuständigkeit für die Mitarbeite
rinnen und Mitarbeiter, die über Leiharbeitsfirmen da hinkommen. Es gibt nicht einmal Kontrollmöglichkeiten für das soziale Umfeld. Insofern: Die Rechte, die die Gewerkschaften haben, die Sie denen - wenn das denn so wäre, wie Sie sagen - zugestehen wollen, würde ich sehr begrüßen, aber leider ist es nicht so.
- Sie werfen da zwei Dinge in einen Topf. Sie sagen, der Betriebsrat in dem beauftragenden Unternehmen sei nicht für die Werkvertragsarbeitnehmer zuständig. Das stimmt, da haben Sie vollkommen recht. Der Werkvertragsarbeitnehmer kann in diesem Fall einen eigenen Betriebsrat gründen. Aber: Die Gewerkschaft ist nicht gleichzeitig der Betriebsrat. Das heißt, die Gewerkschaftsmitglieder und die Gewerkschaftsvertreter vor Ort können ihre Hilfe sehr wohl auch den Leiharbeits- oder Werkvertragsarbeitnehmern anbieten. So ausschließlich stellt sich das nicht dar.
Herr Kollege Richert, weil die Frage war, wie die Situation ist, will ich gern mit einem konkreten Beispiel helfen, das uns gerade beide interessiert, nämlich die Werft. Um einfach einmal Zahlen zu nennen: Ende 2018 gab es 673 Stammbelegschaft, 300 Leiharbeiter und zwischen 1.300 und 1.500 Werkverträgler aus Rumänien, Bulgarien und so weiter. Um das einmal deutlich zu machen: Die Stammbelegschaft ist der deutlich kleinere Teil. Auch dieser Betrieb hat hauptsächlich mit Werkverträglern und Leiharbeitern zu tun. So weit - nur zur Information.
- Zu den 1.300 Leuten zählen nicht nur Werkvertragsarbeitnehmer, die auf dem Gelände der Werft Arbeiten versehen, also der klassische Werkvertragsarbeitnehmer, sondern es sind auch Zulieferer. Ansonsten gebe ich Ihnen natürlich recht. Ich frage mich nur, inwiefern das die Debatte bereichert.
Jawohl, das mache ich. - Abschließend möchte ich noch eine Bemerkung machen, weil das auch immer in einen Topf geworfen wird. Es heißt immer, die Bundesratsinitiative sage: Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung ist gut, und es muss jetzt geprüft werden, wie sie angewendet wird. - Das steht explizit nicht drin. Es steht drin, dass geprüft werden soll, ob die Allgemeinverbindlichkeitserklärung einen Effekt hat. Dann soll geguckt werden, ob dies angewendet werden kann. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde es eigentlich etwas schade, dass ein unverkennbar breiter Konsens, den es auch in diesem Haus pro Tarifbindung und dahinterstehende Werte gibt, jetzt möglicherweise zu kontrovers in den Mittelpunkt gestellt wird. Es besteht dort mehr Konsens, als die Debatte im Augenblick sichtbar machen könnte.
Es ist nicht so, dass durch die Bundesratsinitiative nichts geschähe. Ganz im Gegenteil: Wer ganz genau liest, wird feststellen, dass sich in einem vernünftig abgestimmten Prozess der Datenerhebung, der Prüfung der Rahmenbedingungen und gegebenenfalls auch anderer Vorschläge eine geordnete Herangehensweise an ein schwieriges Problem zeigt. Ich finde es besser, dass man erst einmal geordnet den Weg geht, als dass man von Anfang an eine Lösung hat, die möglicherweise gar nichts bringt.
Deswegen gebe ich zur Überlegung, ob eine solche Ablehnung wirklich gerechtfertigt ist. Ich sage das auch deswegen, weil das Tariftreuegesetz, das wir hatten, kein Beispiel dafür ist, dass Tarifbindungen geschwächt werden. Der Hauptgrund war schlichtweg die überbordende Bürokratie. Das muss man
Die andere große Frage, die uns bewegt, ist das Thema Gewerkschaften: Wir erleben auch in Parteien, dass die Zahlen der Mitglieder geringer werden. Wir erleben auch woanders Akzeptanzverluste. Wir wollen nicht so tun, als ob wir selbst diese Probleme nicht auch hätten. Auch bei den Gewerkschaften ist dies ein Thema. Was könnten wir Klügeres tun, statt in der Wunde zu bohren - das hat auch keiner gemacht -, als dass wir uns überlegen, was wir tun können, um das grundlegende, bewährte, richtige Instrument der Tarifautonomie und vor allen Dingen die dahinterstehenden Werte zu stärken?
Ich kann nur wiederholen: Lasst uns aus den letzten zwei, drei Jahren politische Folgerungen für dieses Thema ziehen, um, was sich bewährt hat und stabil ist, nicht leichtfertig in der Diskussion aufs Spiel zu setzen! Das ist auch in der Wirtschaft ein ganz wichtiger Punkt.
Lieber Kollege Lars Harms, aus dem, was Sie gesagt haben, könnten Sie auch die gegenteilige Folgerung ziehen und sagen, Sie stimmten unserem Antrag zu.
Das möchte ich ausdrücklich sagen. Sie haben sich in der ersten Runde für die SPD entschieden, aber es wäre doch überlegenswert, ob dies wirklich das letzte Wort sein muss. Denn eigentlich seid auch ihr im SSW ja offen für Entwicklungsmöglichkeiten.
Unser Antrag - das sage ich sehr ernsthaft - reiht sich positiv in die Inhalte der Bundesratsbeschlussfassung und damit des anlaufenden Prozesses ein. Ich fände es schön, wenn der tatsächlich bestehende Konsens, den es in vielen Fragen gibt, zum Ausdruck gebracht würde.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Tariftreuegesetz ist schon angesprochen worden. In der Tat haben wir uns da sehr stark ausgetauscht. Auf die Rede von dem Kollegen Kalinka folgend möchte ich darauf nicht näher eingehen, weil wir hier eigentlich ein anderes Thema haben, nämlich die Allgemeinverbindlichkeitserklärung.
Der Kollege Richert hat aber eben etwas gesagt, worauf ich unbedingt antworten möchte. Er hat gesagt: Es soll geprüft werden, ob die Allgemeinverbindlichkeitserklärung einen Effekt hat. Ich kann Ihnen jetzt schon sagen: Die Prüfung wird ergeben, dass es einen Effekt gibt. Die Menschen sind auf einmal sozial besser abgesichert. Auf einmal zahlen sie so viel in die Rente ein, dass sie als Rentner tatsächlich davon leben können. Sie zahlen auf einmal Steuern, und - das ist für mich das Allerwichtigste die Menschen können von ihrer eigenen Arbeit leben.
Herr Kollege, Sie sind der Meinung, dass die Allgemeinverbindlicherklärung einen positiven Effekt haben würde, das heißt, dass sich die Lebenssituation der Arbeitnehmer dadurch verbessern würde? Ist das richtig?
- Das ist eindeutig richtig. Denn wenn Menschen wenig verdienen und sich durch diese Allgemeinverbindlicherklärung ihr Verdienst erhöht,
dann ist das besser für die Menschen. Jedenfalls würde ich mich immer darüber freuen, wenn ich mehr Knete in der Tasche hätte.
Herr Abgeordneter Richert, ich erteile das Wort. Herr Abgeordneter Harms, gestatten Sie eine weitere Anmerkung oder Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Richert?