arden € ermittelt. Allein im Jahre 2018 - dies zum Vergleich - gab es in Deutschland eine Gesamtsumme von 776 Milliarden € Steuereinnahmen. Dies nur, um die Dimension, über die gerade gesprochen wird, ein wenig in die richtige Ecke zu stellen.
Was wir wollen, ist ganz klar: Wir wollen eine faire Besteuerung für Unternehmen, egal, was sie verkaufen, egal, was sie tun. Wir wollen keine Sondersteuer für die Digitalwirtschaft; wir wollen ein Update für das internationale Körperschaftsteuerrecht. Wir wollen in der Tat über digitale Betriebsstätten mit ihnen sprechen. Wir wollen über Leistungsorte mit ihnen sprechen. Wir tun in Schleswig-Holstein gut daran, dieses Thema auch im Ausschuss noch einmal aufzugreifen, Frau Raudies.
Ich glaube an faires Wirtschaften, faire Spielregeln und faire Besteuerung. Wir Freie Demokraten stehen zu diesen Dingen auch als fundamentale Bestandteile einer sozialen Marktwirtschaft. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Worum geht es bei dem vorliegenden Antrag? Digitalunternehmen - wir sprechen über die Googles und Facebooks dieser Welt - zahlen in der EU deutlich weniger Steuern als herkömmliche Unternehmen. Das haben Sie ja ganz zutreffend im Antrag beschrieben.
Als Problemlösung schlagen Sie jetzt vor, anstelle der Betriebsstätte als physischem Anknüpfungspunkt für die Besteuerung eine digitale Betriebsstätte zu fingieren. Sie nehmen die Mechanismen der Steuererhebung aus dem 19. und 20 Jahrhundert und stülpen sie über die Geschäftsmodelle der digitalen Welt. Ihr Lösungsansatz, meine Damen und Herren, ist rückwärtsgewandt, er ist weder systemisch sinnvoll noch zielführend. Bei Umsetzung Ihres Vorschlags wird der Bürokratie in unserem Land weiter Vorschub geleistet, und Klagen betroffener Unternehmen mit ganz guten Erfolgsaussichten sind vorprogrammiert. Die Abgrenzung fiktiver digitaler Betriebsstätten wird regelmäßig schwierig oder gar unmöglich sein, jedenfalls nicht mit der aus rechtsstaatlichen Gründen notwendigen Bestimmtheit im Einzelfall.
Schon bei der Definition Ihrer digitalen Betriebsstätte und dem Ausblick auf potenzielle Anwendungsfälle wird die ganze Hybris Ihres Vorhabens deutlich. Eine digitale Steuerfahndung müsste weltweit das Internet nach Angeboten durchsuchen, die sich ganz oder auch nur zum Teil an deutsche Kunden richten. Dazu gehören natürlich sehr bekannte Unternehmen, da wird es wahrscheinlich noch nicht ganz so kompliziert sein. Wenn Sie bei Google Werbung schalten, erhalten Sie in der Regel eine Rechnung aus Irland, also einem EU-Mitgliedstaat. Etwas schwieriger wird es, wenn irgendwo in einer aufstrebenden chinesischen Provinz ein Unternehmen digitale Angebote auch für deutsche Abnehmer anpreist. Ich finde da die Vorstellung durchaus amüsant: Ein deutsches Finanzamt wird in einem solchen Fall einen Bescheid über die Fingierung einer digitalen Betriebsstätte in China zustellen wollen. - Für so etwas gibt es für alle, die sich ein wenig mit den Grundsätzen grenzübergreifender Besteuerung auskennen, Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung.
Diese Abkommen sind die Ansatzpunkte, nicht einseitige komplett unabgestimmte nationale Alleingänge.
Bei alledem darf natürlich kein Zweifel aufkommen: Durch trickreiche Steuergestaltung entgehen dem Fiskus jährlich beträchtliche Einnahmen. Das betrifft bei Weitem aber nicht nur Digitalunternehmen, sondern auch viele internationale Konzerne, die über Lizenzabgaben und andere Gestaltungen Gewinne in Steueroasen verschieben, manchmal legal, manchmal am Rande der Legalität, aber immer jenseits der Legitimität.
Wer in Deutschland Geschäfte macht, wer in Deutschland Angestellte hat und wer in Deutschland die Infrastruktur nutzt, muss hier auch in angemessener Höhe Steuern bezahlen. Diese Kriterien eignen sich, wie bereits dargestellt, nicht sonderlich für digitale Betriebe. Legen Sie also diese Augenwischereien beiseite, und lassen Sie uns darauf konzentrieren, zuerst die Probleme anzugehen, die im bestehenden System schon vorhanden sind, gerade auch bei den bereits angesprochenen international agierenden Konzernen.
Deutsche Unternehmen brauchen nicht mehr Steuern und keine neuen Steuerbehörden, sondern ganz im Gegenteil, niedrigere Steuern. Der Wirtschaftsstandort Deutschland leidet im internationalen Vergleich unter einer viel zu hohen Steuer- und Abgabenlast, Herr Plambeck.
Die Problematik digitaler Unternehmungen und der Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle sollte auf der Ebene der OECD angegangen werden, mein Vorredner hat das auch schon gesagt. Insofern schließen wir uns ganz klar der FDP an. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie Sie meinem Papierskript entnehmen können: Der digitale Wandel schreitet unaufhaltsam voran, außer bei mir natürlich.
Ganze Wirtschaftsbranchen durchleben grundlegende Veränderungen. Insgesamt profitieren wir alle von dieser Entwicklung.
Digitale Geschäftsmodelle sind ein echter Kassenschlager, und die dahinterstehenden Unternehmen genießen weithin viele Vorteile, so auch in puncto Besteuerung. Doch diese Bevorteilung ergibt sich aus einer schamlosen, allerdings legalen Ausnutzung der derzeit geltenden Steuervorschriften, die auf herkömmliche Unternehmen aus den klassischen Wirtschaftszweigen zugeschnitten sind. Es ist offensichtlich, dass das gegenwärtige Steuersystem den Anforderungen im digitalen Kontext nicht mehr genügt und an die sich wandelnde Wirtschaftsrealität angepasst werden muss. Der vorliegende Antrag der Regierungsfraktionen rückt dieses Thema nun also in den Fokus, und die darin enthaltenen Forderungen sind auch grundsätzlich zu begrüßen.
Denn Stand jetzt können Digitalunternehmen das Steuerrecht unterlaufen, indem sie ihre Steuerzahlungen durch geschickte Gewinnverlagerungen auf ein Minimum reduzieren. Die Praxis einer solchen „kreativen Steuergestaltung“ mag also bislang legal sein - gerecht ist sie allerdings nicht. Unter dieser Steuerungerechtigkeit und den damit verbundenen Wettbewerbsnachteilen haben insbesondere KMU und Start-ups zu leiden - solche Unternehmen also, die gerade auch hier in Schleswig-Holstein das
Rückgrat unserer Wirtschaft bilden. Während bei uns jede Kioskbesitzerin und jeder Cafébetreiber brav Umsatzsteuer zahlen muss, können die großen Tech-Unternehmen diese weiterhin legal umgehen.
Ich möchte die Diskussion an dieser Stelle allerdings nicht auf die populären Streitpunkte rund um reine Steuervermeidungsstrategien oder medienwirksame Razzien verkürzen. Die Digitalisierung wird die allermeisten Geschäftsmodelle nachhaltig verändern, und bislang gültige Wirtschafts- und Wertschöpfungsdefinitionen müssen entsprechend an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Die Reformierung des Besteuerungssystems ist daher eine Notwendigkeit wie auch ein Gebot der Gerechtigkeit.
Dass die Erarbeitung einer wasserdichten und nachhaltigen Lösung für diese komplexe Thematik eine Mammutaufgabe ist, können wir nun ja seit einigen Monaten verfolgen. Ehrlicherweise sind die bisherigen Ergebnisse frustrierend: Eine EU-weite Lösung ist vorerst gescheitert, selbst eine abgespeckte Form der Digitalsteuer war nicht konsensfähig. Stattdessen hat beispielsweise Frankreich einen nationalen Alleingang gestartet, während Deutschland selbst diese Maßnahme ablehnt. Der Bundesfinanzminister hofft nun, dass neue Regelungen der OECD das Problem schon irgendwann lösen werden. In der Tat ist die auch im Antrag erwähnte OECD-Initiative ambitioniert und unterstützenswert. Selbstverständlich ist ein multilateraler Ansatz einem solchen Szenario vorzuziehen, in dem jedes Land sein eigenes Süppchen kocht und mit einer einseitig eingeführten Steuer womöglich einen erheblichen Wettbewerbsnachteil in Kauf nehmen müsste. Allerdings, meine Damen und Herren, erledigt doch kaum etwas ehrgeizige Pläne so zuverlässig wie das Warten auf globale Einigungen.
Die Hintergründe der Überlegungen, wonach es für eine globale Lösung zwingend eine Verständigung mit den USA geben muss, wo schließlich die führenden Tech-Unternehmen der Welt ihren Sitz haben, sind absolut nachvollziehbar. Allerdings müssen sich in diesem Fall noch mehr Länder einig werden. Wenn wir realistisch sind, so sollten wir unsere Erwartungen diesbezüglich nicht allzu hochschrauben.
Wir vom SSW plädieren stattdessen dafür, dass man sich pragmatisch eins nach dem anderen vornimmt. Ganz nach der Devise: klein anfangen und groß aufhören. Eine Digitalsteuer auf nationaler Ebene wäre ein wichtiges Zeichen, eine Digitalsteu
er auf EU-Ebene ist jedoch das Mindestziel, das umgesetzt werden muss. Meine Damen und Herren, anschließend beziehungsweise parallel kann selbstverständlich weiterhin an einer globalen Lösung aller 190 Staaten gebastelt werden, aber wir sollten bei diesem Thema nicht noch mehr Zeit vergeuden und darauf warten, dass man sich global einigt. Wenn da nichts passiert, müssen wir auch regional handeln. Es braucht also insgesamt ein an die neuen Gegebenheiten angepasstes, faires Besteuerungssystem, das einheitliche Regeln schafft und für alle Unternehmen gleichermaßen gilt. Wir können den vorliegenden Antrag daher unterstützen, damit diese Angelegenheit möglichst zeitnah und effektiv auf den höheren Ebenen angegangen werden kann.
Aber, meine Damen und Herren, wenn wir ganz ehrlich sind, müssen wir uns darauf einstellen, dass möglicherweise auch die Bundesrepublik Deutschland allein - ähnlich wie Frankreich - eine solche Digitalsteuer einführen muss, wenn auf EU-Ebene oder gar auf globaler Ebene nichts passiert. Das ist alleine schon ein Gebot der Gerechtigkeit.
Bevor wir fortfahren, möchte ich Sie bitten, Ihre Gespräche nach draußen zu verlagern. Es ist hier im Saal sehr unruhig, und das ist gegenüber dem Redner nicht fair.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Problematik, die Herausforderung ist von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern umrissen worden. Es hat sich auch gezeigt, dass gar nicht viele Differenzen bestehen, sondern wir im Prinzip alle sehen, dass das derzeit geltende Steuerrecht - Frau Raudies hat es in ihrer Rede gesagt - der Entwicklung nicht mehr gerecht wird. Wir haben die digitalen Geschäftsmodelle, und wir brauchen entsprechend neue Antworten.
Alle haben auch gesagt - und es ist gut, dass es diesen Grundkonsens gibt -, dass eine faire Besteuerung für den Wettbewerb unserer Wirtschaft hier in Schleswig-Holstein, für unseren Mittelstand, für unsere Familienbetriebe zentral notwendig ist und dass wir natürlich nicht einfach zuschauen können, wie sich die einen aus der Verantwortung herausstehlen und die anderen Sorge dafür tragen müssen,
dass wir die Daseinsvorsorge finanzieren können. Insofern ist der Handlungsbedarf eindeutig beschrieben.
Wir haben ja beide Debatten - auch das ist genannt worden -, nämlich einmal die Frage: „Was können wir national machen?“, aber auch die Frage: „Was ist international geboten?“ Wenn wir uns national einmal ein bisschen selbstkritisch anschauen, dann wird klar, wie schwer wir uns in Deutschland schon damit tun, Steuerschlupflöcher in der eigenen Gesetzgebung zu schließen. Ich erinnere nur an die Share-Deals-Debatte; das ist ja immer noch nicht geschafft.
- Es ist leider die Große Koalition in Gänze. Doch, es gibt eine Pressemitteilung, wenn ich mich richtig erinnere, von der Großen Koalition, in der gesagt wird: Wir machen das im nächsten Jahr. Bei der Großen Koalition ist immer auch die SPD dabei. Es mag ja sein, dass Sie in der Großen Koalition hart gekämpft haben und sich nicht haben durchsetzen können.
Wie dem auch sei, ich stelle einfach einmal fest, dass es bisher nicht gelungen ist, dieses Steuerschlupfloch zu schließen. Ich glaube, da sind wir uns einig. Und das war sozusagen nur eine nationale Aufgabe. Hier jedoch bewegen wir uns in dem großen Spektrum, in dem wir, wie wir alle wissen, neben möglicherweise nationalen Lösungen auf jeden Fall auch eine internationale Lösung brauchen. Das beschreibt, glaube ich, wie groß die Herausforderung ist.
Wir sehen, Frankreich hat sich jetzt für die Digitalsteuer entschieden. Nach meiner Kenntnis überlegt Großbritannien dies auch. Hier in dem Antrag ist ein anderer Weg beschrieben, nämlich der der digitalen Betriebsstätte. Ich weiß nicht, ob der Antrag überwiesen werden soll; denn das entscheidet ja das Parlament. Ich fände es gut.
- Ich bin als ehemalige Parlamentarierin immer sehr darauf bedacht, dass Legislative und Exekutive nicht vermischt werden und wir uns als Regierung zurückhalten. Aber wenn das Parlament sich dafür entscheiden sollte, den Antrag zu überweisen, wäre das aus meiner Sicht eine gute Möglichkeit, um sich das Ganze noch einmal genau anzuschauen. Denn wir haben bei der digitalen Betriebsstätte natürlich auch die Herausforderung, dass wir ja nicht
wollen, dass sich das Grundsatzprinzip der Besteuerung am Ort der Wertschöpfung dreht. Wenn sich das drehen würde, hätten wir als exportorientiertes Land weitere Herausforderungen zu bewältigen. Da wir dieses nicht infrage stellen wollen und da die Besteuerung dort, wo die Wertschöpfung stattfindet, im Prinzip grundsätzlich ein gutes Instrument ist, müssen wir uns bei der Frage, was sich denn tut, wenn wir die digitale Betriebsstätte einführen, natürlich genau anschauen, wie solch ein Regelwerk aussehen kann. Aber ich finde es richtig, dass wir uns mit der Frage beschäftigen: Was können wir auch vor Ort dazu beitragen?
Das andere ist die Debatte: Was passiert international? Das ist wie immer kompliziert, aber an der Stelle nicht ganz hoffnungslos. Wir haben einmal die Europäische Union. Da hat es Vorschläge gegeben. Es gibt keine Einigung; das ist nicht so schön. Aber wir haben die Debatte auf der Ebene der OECD beziehungsweise der G 20. Da laufen die Gespräche im Zusammenhang mit BEPS, und daran sind 136 Staaten beteiligt. Ich sage noch einmal: Share Deals - Große Koalition - zwei Regierungspartner. Hier haben wir 136 Staaten und versuchen, eine Lösung zu finden. Dennoch ist die Möglichkeit da, dass wir zu einer Gesetzgebung und zu einer Einigung kommen. Die Arbeiten sind weit fortgeschritten. Im Frühjahr 2020 soll auf Basis der bisher eingebrachten Vorschläge ein konsensbasierter Lösungsvorschlag erarbeitet werden.
Die Bundesregierung unterstützt diese Vorschläge erfreulicherweise und strebt eine nachhaltige Lösung an. Die Bundesländer mischen sich auch ein. Es gibt eine länderübergreifende Arbeitsgruppe. Daran ist Schleswig-Holstein ganz normal beteiligt. Der Bund hat die Federführung. Seit 2018 läuft das. Nächste Woche, am 18. Dezember 2019, wird die Arbeitsgruppe noch einmal tagen. Ich schlage vor, dass wir dann im Finanzausschuss über den aktuellen Sachstand in dieser Arbeitsgruppe berichten.