Protokoll der Sitzung vom 15.07.2015

(Beifall von den Oppositionsfraktionen. - Zuruf des Abgeordneten Thul (SPD).)

Ich habe ein Mikrofon, im Zweifel bin ich lauter als Sie. - Meine Aussage bezog sich auf Folgendes. In einer Umfrage mit der Frage „Garten oder Stellen“ haben sich die Befragten,

(Abg. Thul (SPD) : Wie viele?)

die zum Großteil aus Studenten bestanden, für den Garten entschieden. Ich bitte Sie, mir nicht die Worte im Mund zu verdrehen, sondern bei der Wahrheit zu bleiben! - Danke sehr.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Das Wort hat nun Michael Neyses von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte mich eigentlich nicht mehr zu Wort melden. Aber die Art und Weise, wie die SPD und auch teilweise Abge

(Abg. Thul (SPD) )

ordnete aus den Reihen der CDU das Thema hier lächerlich machen, ist unerträglich. Der Botanische Garten ist ein wichtiges Thema.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Kollege Thul, einer Fraktion wie der SPD, die selbst einen Parteitagsbeschluss mit einem klaren Bekenntnis zum Botanischen Garten hat, steht es nicht zu, eine solch lächerlich machende Position einzunehmen! - Vielen Dank.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der DIE LINKE-Landtagsfraktion Drucksache 15/1454. Wer für die Annahme dieser Drucksache ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag mit Stimmenmehrheit abgelehnt wurde. Dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen, dafür gestimmt haben die Oppositionsfraktionen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion Drucksache 15/1458. Wer für die Annahme dieser Drucksache ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? Ich stelle fest, dass der Antrag mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen, zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen.

Wir kommen zu den Punkten 10 und 18 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der PIRATEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Vorratsdatenspeicherung stoppen (Drucksache 15/1461)

Beschlussfassung über den von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Vorratsdatenspeicherung stoppen (Drucksache 15/1474)

Zur Begründung des Antrages der PIRATEN-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordnetem Andreas Augustin das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit unserem Antrag wenden wir uns gegen die nun erneut drohende Vorratsdatenspeicherung. Dazu sage ich schon einmal vorab: Es wird jetzt mit Begriffen wie „Speicherpflicht“ und „Höchstspeicherfrist“ hantiert. Ich halte das für einen Versuch, das

schönzureden. Ich werde diese Euphemismus-Tretmühle nicht mitmachen, ich werde die Vorratsdatenspeicherung weiterhin „Vorratsdatenspeicherung“ nennen, egal wie viele andere Begriffe sich jemand dafür ausdenkt.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen. - Vizeprä- sidentin Spaniol übernimmt den Vorsitz.)

Das grundlegende Problem der Vorratsdatenspeicherung ist die Umkehrung der Unschuldsvermutung, die Umkehrung unserer Rechtsstaatlichkeit weg von der Unschuldsvermutung hin zu einem Generalverdacht. Da nützen auch keine Beschränkungen des Zugriffs auf die Daten etwas, denn, das muss man ganz klar sagen, im Nachhinein solche Beschränkungen zu lockern, ist eine kleine Änderung im Vergleich zur großen Änderung der Einführung einer Vorratsdatenspeicherung.

(Abg. Huonker (DIE LINKE) : Genau!)

Solche kleinen Änderungen sind immer schnell gemacht. Deshalb müssen wir jetzt den Anfängen wehren, wir müssen uns jetzt gegen die Vorratsdatenspeicherung stemmen. Deshalb müssen wir auch jetzt alles tun, um das zu verhindern!

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Wir hatten in Deutschland schon einmal eine Vorratsdatenspeicherung, und schon damals wurde diese zur Aufklärung schwerster Verbrechen eingeführt - und dann für alles Mögliche, aber eben kaum zur Aufklärung schwerster Verbrechen genutzt.

(Abg. Waluga (SPD) : Deswegen ist es jetzt auf diese Weise gemacht worden.)

Es gibt nicht zuletzt auch Probleme mit der Abstimmung mit anderen Gesetzen, das sollte man auch sehen. So ist hinsichtlich der Störerhaftung gar nicht geregelt, ob ein Kneipenbesitzer, der ein WLAN anbietet, nun Provider ist und dementsprechend Vorratsdaten speichern muss oder nicht. Die beiden Gesetze, die momentan im Bund im Entstehen sind, sind einfach nicht aufeinander abgestimmt. Das sorgt für erhebliche Diskrepanzen.

Die Vorratsdatenspeicherung ist ein unverhältnismäßiger Grundrechtseingriff, sie muss verhindert werden. Deshalb bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag. - Danke schön.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Zur Begründung des Antrages der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordnetem Michael Neyses das Wort.

(Abg. Neyses (B 90/GRÜNE) )

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nicht ohne Grund hatte bereits das Bundesverfassungsgericht die Umsetzung der EU-Richtlinie in deutsches Recht für mit unserer Verfassung nicht vereinbar erklärt. Es hatte vor einem diffusen Gefühl des Beobachtetseins gewarnt, das mit der anlasslosen Massenüberwachung der gesamten Bevölkerung einhergeht.

Auch wir GRÜNE hatten gegen die letzte, auch von einer Großen Koalition vorgelegte Vorratsdatenspeicherung geklagt. Das Gericht stellte in seinem Urteil deutlich heraus, dass die Streubreite der Maßnahme extrem weit sei und die Vorratsdatenspeicherung tief in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger eingreife.

Die aktuelle, von Minister Maas vorgestellte Fassung auf Bundesebene steht der ersten aber bezüglich datenschutzrechtlicher Bedenken in nichts nach. So sollen Verbindungsdaten für zehn Wochen gespeichert werden, zukünftig sollen auch die Standortdaten für vier Wochen gespeichert werden. So können sogar Bewegungsprofile erstellt werden. Die Daten von Berufsgeheimnisträgern sollen mit erfasst werden - Daten von Anwälten, Ärzten oder Journalisten. Dabei ist aber völlig unklar, wie die Filterung aussehen soll.

Union und SPD setzen damit ihren bürgerrechtsfeindlichen Kurs fort und stellen alle Bürgerinnen und Bürger unter Generalverdacht. Daher fordern wir diese Landesregierung auf, sich auf allen politischen Ebenen gegen die Einführung einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.

(Beifall von den Oppositionsfraktionen.)

Man hört das Argument: „Gesprächsinhalte werden ja nicht gespeichert“. Aber es sind doch Rückschlüsse möglich. Wenn ich ein Telefonat mit dem Leiter des Botanischen Gartens führe, geht es möglicherweise eben um dieses Thema. Und wenn ich meinen Arzt anrufe, geht es möglicherweise nicht um die Universität. Zugriff soll nur bei einzelnen gelisteten Straftaten gewährt werden. Es gibt aber bereits Forderungen vonseiten des Bundesinnenministers und der Länder, diese Liste zu erweitern.

Wir GRÜNE verweisen seit Langem darauf, dass durch die Speicherung sämtlicher der sehr aussagekräftigen Verbindungsdaten höchst risikobehaftete Datenberge angehäuft werden. Dabei zeigen gerade die Hackerangriffe der vergangenen Wochen und Monate doch deutlich, wie leicht Daten erbeutet werden können. Wir GRÜNE sagen klar, die Vorratsdatenspeicherung war falsch, ist falsch und bleibt falsch.

(Zuruf des Abgeordneten Waluga (SPD).)

Dass die durch die Vorratsdatenspeicherung erhobenen Daten missbraucht werden, ist nur eine Frage der Zeit. Auch der durchsichtige Versuch, die Vorratsdatenspeicherung in eine Mindest- oder Höchstspeicherfrist umzuetikettieren - Kollege Augustin hat es bereits erwähnt -, ist doch lächerlich und schon längst gescheitert. Denn auch dabei handelt es sich um nichts anderes als eine anlasslose Massenüberwachung der Telekommunikationsverkehrsdaten aller Bundesbürger und damit einen Angriff auf unsere Grundrechte. Wir bezweifeln, dass die nun vorgelegten Leitlinien den hohen juristischen Hürden genügen, die sowohl Bundesverfassungsgericht als auch Europäischer Gerichtshof aufgezeigt haben.

Die Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität wird immer gerne als Argument für eine Speicherung angeführt, die Zahl der aufgeklärten Straftaten ist jedoch ohne Vorratsdatenspeicherung genauso hoch wie mit Vorratsdatenspeicherung. Ernst zu nehmende Kriminelle bleiben unentdeckt, weil sie Umgehungsstrategien einsetzen.

Auch eine vom Bundesverfassungsgericht lange vor den Snowden-Enthüllungen angemahnte Berücksichtigung anderer Massenspeicherungen in einer Überwachungsgesamtrechnung ignoriert die Bundesregierung geflissentlich. Der Vorschlag von Heiko Maas berücksichtigt nicht, dass es sich bei der Vorratsdatenspeicherung um einen rechtsdogmatischen Dammbruch handelt - Kollege Augustin hat es schon erwähnt -, um eine Abkehr von der Unschuldsvermutung. In Richtung schwarz-rote Bundesregierung sagen wir GRÜNE daher weiterhin deutlich: Die Vorratsdatenspeicherung gehört nicht ins Gesetz, sondern auf die Müllhalde der Geschichte. - Vielen Dank.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Danke, Herr Abgeordneter. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat für die SPD-Fraktion der Kollege Günter Waluga.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich benutze das Wort Vorratsdatenspeicherung, damit Sie auch wissen, über was wir reden.

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Das ist eines der Themen, bei dem die Abwägung zwischen Freiheit auf der einen Seite und Sicherheit auf der anderen Seite eine ganz große Rolle spielt. Meine Partei, die SPD, hat auf ihrem Bundesparteitag 2011 bereits auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts reagiert und in dem Beschluss „Datenschutz und Grundrechte stärken - Datenspeicherung begrenzen!“ klare Voraussetzungen für die Mindestspeicherung formuliert. Das politische Ziel

wird aus unserer Sicht wie folgt definiert: die Rechte von Opfern schwerster Straftaten und die Abwehr von dringenden Gefahren für Leib, Leben, Gesundheit und Menschenwürde in Einklang zu bringen mit den Persönlichkeitsrechten und dem Datenschutz. Eine große Aufgabe.

Ich bin überzeugt, dass es im digitalen Zeitalter einen strengen und rechtsstaatlich einwandfreien Rahmen für den notwendigen Einsatz von Instrumenten zur digitalen Strafverfolgung von Schwerstkriminellen geben sollte. Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung von Speicherpflicht und Höchstspeicherfristen für Verkehrsdaten - ehemals als Vorratsdatenspeicherung bezeichnet - sind die strengen Maßstäbe unseres Parteitages umgesetzt und zum Teil übertroffen worden. Die verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofes wurden beachtet und eingehalten.