Ein wichtiger Schritt für die gelebte europäische Integration ist Bildung. Hier bleibt die Landesregierung gefordert, die Rahmenbedingungen zu verbessern, um das Ziel Mehrsprachigkeit in der Bevölkerung zu erreichen. Um Französisch langfristig zur zweiten Verkehrssprache im Saarland zu machen, ist ein lückenloses Lernen dieser Sprache von Kindesbeinen an Grundvoraussetzung. Dies kann nur gelingen, wenn künftig in allen Kindertagesstätten erste Französischkenntnisse vermittelt werden. Außerdem muss der Französischunterricht endlich auch im ersten und zweiten Grundschuljahr verbindlich eingeführt werden. Bislang steht Französischunterricht erst im dritten und vierten Schuljahr auf dem Stundenplan.
Neben Französisch als zweiter Verkehrssprache ist es unabdingbar, dass alle Schülerinnen und Schüler ab der fünften Klasse Englisch als wichtige Welt
sprache lernen. Hier sehen wir auch die Landesregierung in der Pflicht, die notwendigen personellen und fachlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Mehrsprachigkeit mit Schwerpunkt Französisch in Kindergärten und Grundschulen umzusetzen.
Verstärkte Zusammenarbeit in der Großregion bedeutet auch, über Kompetenzen nachzudenken, Arbeitsgruppen einzurichten, die auch mit Kompetenzen ausgestattet werden. Hier gebe ich Ihnen recht, Kollege Bierbaum, der IPR muss dringend weiterentwickelt werden. Um hier etwas bewegen zu können, muss man tatsächlich auch über Kompetenzen nachdenken. Unsere französischen Nachbarn - das haben wir beim Besuch des MOSA noch mal gesehen - denken auch bereits darüber nach, darüber muss nun geredet werden.
Aber wir müssen die neue Region Grand Est - hier stimme ich Ihnen nicht zu - auch als Chance begreifen. Wir waren ja mit dem Europaausschuss bei Philippe Richert, dem Präsidenten der neuen Region Grand Est. Ich denke schon, dass sich hier sehr gute Chancen für eine Zusammenarbeit ergeben. Die LINKE war leider bei dem Termin nicht vertreten. Dort wurde über viele Themen gesprochen und es wurde deutsch gesprochen. Die Kollegen, Madame Diligent und Philippe Richert, sind Grenzkinder. Es wurde neben Arbeitsmarkt und Sprache auch über das Thema grenzüberschreitender Verkehr gesprochen. Auch die Tram-Train - Kollege Hilberer hat es schon angesprochen - war dort Thema, ein wichtiges Projekt im ÖPNV. Auch hier können wir ein Leuchtturmprojekt beginnen. Ich glaube, die Franzosen sind bereit, ihren Anteil beizutragen.
Kolleginnen und Kollegen, die Großregion findet in unseren Köpfen und in unseren Herzen statt, ein klasse Vorbild für Europa. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, als Letzter zu diesem Tagesordnungspunkt sprechen zu dürfen und will das damit verbinden, mich bei der Fraktion der PIRATEN und dem Kollegen Hilberer herzlich zu bedanken für die Initiative zu diesem Antrag. Ich glaube, dass es dem saarländischen Landtag und der Region, in der wir leben, gut ansteht, eine regionale Debatte als Antwort auf die Brexit-Entscheidung zu führen, eine re
Denn unsere Region - ich glaube, das ist in vielen Wortmeldungen deutlich geworden - steht in der Tradition, ein Stück weit Motor und in schwierigen Zeiten auch ein Stück weit Wächter der europäischen Idee gewesen zu sein, und das soll auch so bleiben. Gerade wenn es schwierig ist, muss man diese Idee weitertragen, nicht aus Folkloregründen, sondern weil wir wissen, dass der Erfolg dieser Idee kein Selbstzweck ist, sondern sehr viel damit zu tun hat, wie es den Menschen in unserem Land ganz konkret geht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb ist die regionale Antwort auf das, was wir erleben, sehr wichtig. Der Brexit ist sozusagen im Moment der Anlass der Debatte. Aber dem Kollegen Bierbaum ist an der Stelle eigentlich nicht zu widersprechen, dass der Brexit nur eines von mehreren Symptomen einer grundsätzlichen Vertrauenskrise in die Politik in Europa ist. Ich füge hinzu, es ist keine Vertrauenskrise in die europäische Idee. Ich glaube vielmehr, es ist eine Vertrauenskrise in die Politik und in die politischen Systeme in Europa und damit auch in die der Nationalstaaten. Am Ende des Tages wird man dann darüber zu sprechen haben, was das für unsere Region und unsere Arbeit bedeutet.
Natürlich kann es nicht einfach heißen: Weiter so. Das habe ich im Übrigen auch weder im Antrag noch in den Wortmeldungen der Kolleginnen und Kollegen der Koalition, der PIRATEN oder auch des Kollegen Neyses so gehört oder gelesen. Natürlich muss die Antwort heißen, dass wir die Skepsis, die Sorgen, Ängste und Nöte, die die Menschen umtreiben und die zu dieser Vertrauenskrise führen, ernst nehmen, aufnehmen und lösen.
Selbstverständlich haben wir auch hier in der Region Probleme. Herr Bierbaum, ich glaube, es wäre nicht notwendig gewesen, das an dieser Stelle zu beschreiben, denn das erleben nicht nur wir Parlamentarier jeden Tag, das erleben auch die Bürgerinnen und Bürger. Selbstverständlich verursacht eine Grenze in vielen Rechtszusammenhängen, etwa bei der Strafverfolgung oder in der Kriminalitätsbekämpfung, Probleme. Aber die Probleme, unter denen wir leiden, unter denen die Menschen leiden - die Themen sind genannt -, sind doch keine Probleme, die aus Brüssel kommen! Wenn es hier Probleme am Arbeitsmarkt gibt, weil die Durchlässigkeit der Grenze immer noch nicht so ist, wie wir sie uns wünschen, dann sind das doch keine Probleme, die aus Brüssel kommen, sondern dann leiden wir immer noch unter starren nationalen Regeln, die wir noch nicht vereinheitlicht haben.
Deshalb will ich an der Stelle eines aufgreifen, was die saarländische Ministerpräsidentin, aber auch der
Präsident des Generalrates immer wieder zu Recht gefordert haben. Wir brauchen gerade dann, wenn es mit der Harmonisierung des europäischen Rechts nicht so vorwärts geht, wie wir uns das wünschen, endlich Experimentierklauseln, um hier in der Region die Probleme der Menschen selbst lösen zu können, denn gemeinsam schaffen wir das besser. Deshalb brauchen wir mehr Zusammenarbeit und nicht weniger.
Deshalb ist es in dieser allgemeinen von mir beschriebenen politischen Lage notwendig, dass wir Populisten und Populismen an jeder Stelle begegnen, denen von links wie denen von rechts. Dazu zähle ich mit Verlaub auch diejenigen, die über die Antidemokraten aus Brüssel im Deutschen Bundestag schimpfen. Ich will den Kollegen Oppermann von der SPD-Bundestagsfraktion zitieren: „An dieser Stelle trägt jeder, der behauptet, er sei Europäer, auch eine Verantwortung, nicht unter dem Deckmäntelchen irgendeines Problems AfD Thesen in den Deutschen Bundestag oder in den saarländischen Landtag hineinzutragen.“ Wir Europäer stehen gegen Populismus, ob er von der einen oder der anderen Seite kommt. Auch das ist ein wichtiges Signal, das der saarländische Landtag heute zu senden hat.
Deshalb tragen wir konkret Verantwortung, nicht für den Brexit an sich, aber für die Frage, wie wir damit umgehen. Herr Bierbaum, ich will Ihnen ganz offen sagen, ich habe Ihnen die körperlichen Schmerzen angesehen, wie es Ihnen schwergefallen ist, hier den Euroskeptiker zu geben. Ich nehme Ihnen das auch persönlich fast nicht ab.
Eigentlich habe ich Sie als jemanden kennengelernt, der lieber Lösungen beschreibt als die Probleme zu beschreien. Das bringt uns nämlich nicht weiter, weder in Europa noch in der Großregion. Das müssen wir an dieser Stelle auch als saarländischer Landtag gemeinsam festhalten.
Sehr geehrte Damen und Herren, gestatten Sie mir eine letzte These. In diesen Tagen führen viele - gerade in unserer Region - den Namen Robert Schuman im Mund. Sie benennen ihn völlig zu Recht als einen der Gründungsväter der europäischen Idee und des Integrationsprozesses, der uns über so viele Jahrzehnte Freiheit, Frieden und Wohlstand gebracht hat.
Wenn man aber die Frage stellt, was das für uns bedeutet, was es in die Realität des Jahres 2016 übersetzt heißt, dann muss doch eigentlich die Antwort sein, das ernst zu nehmen, was die Grundidee der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl war, nämlich das gemeinsam zu bearbeiten, zu verwalten und zu vergemeinschaften, was die Themen sind, die die Menschen getrennt haben und derentwegen man gegeneinander Krieg geführt hat. Das waren in der Realität in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg Kohle als Hauptenergieträger und Stahl als die Ressource, die man brauchte, um die Industrie wieder aufzubauen, im Übrigen auch die Rüstung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind heute die gemeinsamen Herausforderungen der inneren Sicherheit und der Jugendarbeitslosigkeit in den südeuropäischen Staaten sowie diejenigen, die wir Europäer zurzeit in den Weltmärkten erleben. Die Antwort im Geiste von Robert Schuman ist deswegen doch nicht, sich zurückzulehnen und zu fragen, was alles nicht geht. Es ist doch nicht der Blick in den Rückspiegel, um zu sagen, welche nationalen Alleingänge uns an der einen Stelle einen Zentimeter vorwärts bringen. Die Antwort im Geiste von Robert Schuman hier aus der Region muss doch sein, mehr gemeinsam zu tun und Verantwortung zu suchen sowie Lösungen vorzuschlagen, die heute vielleicht noch utopisch wirken. Deshalb ist es auch richtig, dass wir uns in diesem Antrag nicht nur auf das Klein-Klein beschränkt haben. Wenn man sich anschaut, welche visionäre Kraft ein Robert Schuman und viele andere in den Jahren kurz nach dem Zweiten Weltkrieg hatten, dann erscheinen die Probleme von heute im Jahr 2016 ziemlich mickrig. Ein bisschen mehr visionäre Kraft à la Robert Schuman würde uns gut zu Gesicht stehen. Das bräuchten wir auch in Berlin, Paris und Brüssel. Dafür sollte das Saarland weiterhin stehen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Das Wort hat nun der Kollege Prof. Dr. Heinz Bierbaum. Es besteht noch eine Redezeit von 35 Sekunden.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich mache hier nicht den Europa-Skeptiker. Darum geht es überhaupt nicht. Ich kritisiere die europäische Politik in der Gestaltung, wie wir sie heute haben. Meine Überzeugung ist, wenn nicht die neoliberale Austeritätspolitik in Brüssel beendet oder verändert wird, werden wir anhaltende Probleme haben. Das bitte ich, zur Kenntnis zu nehmen. Deswe
Ich plädiere auch dafür, dass wir die Realitäten in der Großregion zur Kenntnis nehmen und - von den Problemen ausgehend - sie lösen. Da stimme ich Ihnen zu. Aber wir müssen sie zur Kenntnis nehmen und können hier nicht die heile Welt machen, weil es die nicht gibt. Wir haben nämlich wesentlich mehr Probleme, über die wir uns auseinandersetzen müssen. Das war der Punkt, auf den ich aufmerksam machen will. Insofern bin ich daran interessiert, dass diese europäische Diskussion sehr konkret weitergeht, was die Region angeht. Aber wir können nicht so tun, als ob wir nicht doch eine ganze Menge von Problemen hätten. Davor sollten wir nicht die Augen verschließen. - Vielen Dank.
Danke schön, Herr Kollege Bierbaum. - Das Wort hat nun Frau Ministerpräsidentin Annegret KrampKarrenbauer.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin dankbar, dass wir heute diese europapolitische Diskussion führen können. Es ist ein Thema, das uns dieser Tage in ganz Europa und in Deutschland sehr bewegt. Es ist ein Thema, das sicherlich auch medial mehr Aufmerksamkeit verdient hätte, als wir das heute Nachmittag erleben. Aber Europa ist für viele von uns so selbstverständlich geworden, dass wir das Außergewöhnliche vielleicht gar nicht mehr sehen. Dabei ist Europa in meinen Augen nach wie vor etwas Außergewöhnliches. Es ist insbesondere im deutsch-französischen Kern etwas Außergewöhnliches.
Sehr geehrter Herr Professor Bierbaum, selbst auf die Gefahr hin, dass Sie mir eine gewisse Naivität unterstellen, will ich schildern, dass ich am Samstagmorgen ganz privat die Gelegenheit hatte, mit dem Motorrad ein wenig durch das Dreiländereck zu fahren. Ich bin durch Luxemburg gefahren, auch an dem Denkmal vorbei, das an die jungen Luxemburger erinnert, die im Zweiten Weltkrieg zwangsrekrutiert worden sind und für die Deutschen in den Krieg ziehen mussten, insbesondere nach Russland. Ich bin durch die saarländischen und französischen Dörfer gefahren. Manchmal wusste man gar nicht mehr genau, auf welcher Seite man gerade ist. Man hat es nur noch anhand der nach wie vor unterschiedlichen Bebauung festgestellt oder anhand der Tatsache, dass bei den Häusern auf der einen Seite vor dem EM-Endspiel mehr portugiesische Flaggen hingen und auf der anderen Seite mehr französische Flaggen.
Das mag in den Augen und Ohren des einen oder anderen naiv klingen, aber es beschreibt etwas die Realität in unserer Region. Es grenzt für mich nach so vielen Jahren und nach den beiden großen Weltkriegen nach wie vor an ein Wunder, dass wir das geschafft haben, im Übrigen in einer Zeit, in der in Europa Territorialansprüche auch wieder mit Waffengewalt durchgesetzt werden und eben nicht friedlich. Deswegen ist so eine kleine Tour am Samstagmorgen immer wieder etwas, was einem vor Augen führt, welches Glück wir haben, in dieser Region zu leben.
Die Debatte wird jetzt von sehr vielen sehr überhitzt geführt - da gebe ich Ihnen vollkommen recht -, etwa über die Ursachen für den Brexit und darüber, was sich jetzt ändern muss. Wir können zwar mit einem heißen Herzen dabei sein, aber trotzdem müssen wir mit einem kühlen Kopf überlegen, was jetzt passieren muss.
Sie haben gesagt, Sie fordern dazu auf, dass wir uns darüber auseinandersetzen. Das will ich gerne tun. Ich teile ausdrücklich nicht Ihre These, dass die sogenannte Austeritätspolitik in Europa schuld ist an der Debatte um den Brexit und an der Entscheidung in Großbritannien. Wir haben eine gemeinsame Währung vereinbart und alle Teilnehmer haben gesagt, wir brauchen aber eine starke und stabile Währung. Um diese starke und stabile Währung zu gewährleisten, sind Regeln vereinbart worden, bis zu welchem Maße man sich verschulden darf. Leider waren die ersten, die diese Regeln gebrochen haben, nicht irgendwelche Gambler in Europa, sondern Deutschland und Frankreich, die damit das Signal zu einer Schuldenspirale gegeben haben. Damit haben sie im Grunde genommen Tür und Tor geöffnet für die Spekulationen, die sich nachher im Rahmen der gemeinsamen Währung abgespielt haben. Deswegen glaube ich, dass Ihre Analyse nicht stimmt.
Ich glaube weiterhin Folgendes. In allen Ländern, die bisher in Zusammenhang mit Europa stehende Referenden abgehalten haben - ob in Großbritannien oder jüngst in den Niederlanden zur Ukraine oder vor einigen Jahren in Frankreich -, sind alle diese Referenden negativ ausgegangen. Sie haben sich gegen Europa gerichtet, aber nicht, weil man wirklich gegen Europa ist, sondern weil man gedacht hat, man kann gegen Europa stimmen, um deutlich zu machen, dass man mit der eigenen nationalen Politik nicht mehr einverstanden ist.
Wenn ich mir anschaue, wie die politische Klasse in Großbritannien jetzt agiert, dann habe ich Verständnis für jeden, der an dieser politischen Klasse verzweifelt: Ein Premierminister, der bei seinem Rücktritt Schubidubidu singt, und ein anderer, der die Briten in den Brexit führte und anschließend erklärt, jetzt will er aber sein Leben zurückhaben. Wenn da
jemand kein Vertrauen mehr in Politiker hat, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann das wirklich nicht verwundern.
Deswegen ist das, was wir als europäische Krise beschreiben, im Grunde genommen auch ein Stück Versagen von nationaler Politik. Da sollten wir sehr selbstkritisch mit uns umgehen. Wie oft sagen auch wir hier im Landtag bei schwierigen und unangenehmen Diskussionen: Es sind eigentlich nicht wir hier im Landtag oder wir auf der nationalen Ebene, sondern es sind alles irgendwie die Richtlinien aus Brüssel. Wie oft stellen wir auch in Debatten etwa im Bundesrat fest, dass wir die Frage diskutieren, ob wir eine Richtlinie aus Brüssel eins zu eins umsetzen oder ob wir sie in einer Art und Weise umsetzen, wo - ich sage es etwas überspitzt - jeder Bürokrat in Deutschland, der gerade noch einmal etwas mitregeln wollte, die Gelegenheit wahrnimmt, dies zu tun, weil man es dann schön Brüssel in die Schuhe schieben kann. Anschließend wundern wir uns, wenn die Menschen den Eindruck haben, Brüssel ist an allem und jedem schuld. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ein Stück weit auch unsere Verantwortung, der wir uns stellen müssen, das ist etwas, was wir ganz konkret selbst besser machen können, auch hier im Landtag.
Ich will aufgreifen, was Roland Theis gesagt hat. Es wird jetzt diskutiert, ob wir mehr oder weniger Europa brauchen, ob wir ein vertieftes oder oberflächlicheres Europa brauchen. Ich denke, die Antwort werden wir nicht so leicht finden, weil es auch in Europa selbst, in den 28 Staaten, sehr unterschiedliche Vorstellungen gibt. Das, was uns an Europa gefällt, ist nicht unbedingt die Antwort, die Polen oder andere geben werden. Deswegen sollten wir uns in der Tat wieder auf Robert Schuman besinnen. Robert Schuman hat gesagt, Europa wird sich nicht auf einen Schlag machen lassen, Europa macht sich anhand von konkreten Projekten. Da gibt es aus meiner Sicht zwei Ansätze. Einer dieser Ansätze hat auch etwas mit uns in der Großregion zu tun.
Der erste Ansatz ist, dass wir uns die Frage stellen müssen, was heutzutage die Fragen und Bedrohungen sind, die ganz unzweifelhaft nicht mehr im nationalen Kontext geregelt werden können. Eine dieser Fragen - das hat gerade die neue Umfrage zu dem Thema, was die Menschen in Deutschland ängstigt, ergeben - ist die Frage der Sicherheit, ist die Frage der Bekämpfung des Terrorismus. Das ist doch ganz unzweifelhaft eine Gefahr, die sich nicht mehr nur national abspielt, sondern die sich selbst im europäischen Kontext kaum noch regeln lässt und der entgegenzutreten ist. Wenn es aber solche grenzüberschreitenden Gefahren gibt, dann wäre es an dieser Stelle doch auch sinnvoll, dass wir grenzüberschreitende Antworten darauf geben.
Das betrifft auch das Thema Integrationspolitik. Es ist nicht mehr nur nationale Angelegenheit, wenn Integration in Frankreich, in Belgien, in Deutschland nicht gelingt, weil wir an den Terroranschlägen in Paris und Brüssel gesehen haben, dass die Terroristen aus diesem Umfeld stammen und europaweit agieren. Deswegen müssen wir uns gemeinsam darum kümmern, dass es hier Perspektiven und vernünftige Dinge gibt. Das betrifft nicht nur das Thema Terrorismus, sondern auch das Thema Kriminalität. Wir hatten in Europa eine Diskussion um Europol. Da war der ursprüngliche Gedanke eigentlich, dass Europol so etwas wie ein europäisches FBI werden soll, eine wirkliche Polizeibehörde mit Ermittlungskompetenzen. Es gehört auch zur Wahrheit, dass insbesondere am deutschen Widerstand diese Form von Europol gescheitert ist. Heute ist Europol zwar eine polizeiliche Stelle, aber doch eher eine Verwaltungsstelle, die zwar helfen kann, aber nicht die Durchschlagskraft hat, die sie eigentlich bräuchte. Wenn wir uns aber darauf besinnen, gerade auf diese Fragestellungen auch wirklich europäische Antworten zu geben, bis hin zum Grenzschutz, bis hin zur gemeinsamen Küstenwache, bis hin zur gemeinsamen Antwort, wie wir mit unseren Anrainerstaaten, mit unseren Partnern in Afrika umgehen, dann hat Europa ein wirklich lohnendes Projekt gefunden.