Drucksache 4/12201, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, mit Stellungnahme der Staatsregierung
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schade, dass die FDP ihren Antrag zum Zustand der kommunalen Brücken heute von der Tagesordnung genommen hat. Sie hätten sich lieber für die Aktuelle Debatte heute Morgen entscheiden sollen; denn im Grunde genommen geht es bei den Brücken wie bei den Schulturnhallen um die gleiche Problematik: Wir haben einen gigantischen Sanierungsstau, die Aufgabe ist
Vielleicht ist der FDP im Laufe des Tages irgendwie klar geworden, dass es wenig überzeugend ist, vormittags Steuern als das größte Übel der Welt zu brandmarken und nachmittags den Freistaat aufzufordern, die Kommunen bei der notwendigen Sanierung mit Steuermitteln zu unterstützen.
Die Staatsregierung weist wegen der kommunalen Zuständigkeit bei Brücken ebenso wie bei Schulturnhallen
Im Bereich der Schulen haben wir in der gestrigen Debatte diese Förder-, oder sollte ich lieber sagen, Folterinstrumente kennengelernt und besprochen. Ich finde, es ist ein trauriger Zustand – nicht nur, weil so viele Schulturnhallen sanierungsbedürftig sind. Das eigentliche Problem besteht darin, dass die Staatsregierung offenbar keinen Plan hat, wie sie den Mängeln beikommen kann. Sie hat schlichtweg keinen Überblick.
In der Stellungnahme der Staatsregierung zu unserem Antrag verweisen Sie auf die Kleine Anfrage, die ich im März dieses Jahres gestellt habe. In der Antwort des damaligen Kultusministers Flath lese ich: „Eine flächendeckende statistische Erhebung zum baulichen Zustand von Schulturnhallen im Freistaat Sachsen liegt der Staatsregierung nicht vor.“ Eben! Deswegen beantragen wir auch Punkt 1. „Für den Bereich der Sächsischen Bildungsagentur, Regionalstelle Chemnitz, werden Übersichten zu Mängeln und Risikoeinschätzungen für Sporthallen erstellt“, so führt Herr Flath weiter aus. Na bitte, es geht doch!
Was die Chemnitzer können, müssen doch auch die anderen Bildungsagenturen hinbekommen. Man braucht doch nur noch alles zusammenfassen. Mehr verlangen wir zunächst nicht. Oder denken Sie, dass wir diese Arbeit für Sie erledigen oder dass die Eltern sich selbst der Mühe unterziehen, die entsprechenden Übersichten zu erstellen und sie dann bei Ihnen abzuliefern? So hatte es der Kreiselternrat Dresden erst kürzlich getan, als er sein Schwarzbuch der Schulpolitik zusammengestellt hat. Ich empfehle jedem, der sich in Jubelarien über die Erfolge sächsischer Schulpolitik ergießt, einmal diese Zusammenstellung katastrophaler Zustände an Dresdner Schulen zu lesen. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass es in Leipzig, Chemnitz oder anderen Städten und Dörfern besser aussehen würde.
Der damalige Kultusminister Flath beruft sich dann in der Antwort auf meine Kleine Anfrage zum Zustand der Schulturnhallen in Sachsen darauf, dass die Auswertung von 60 000 Seiten Gutachten der Checklisten zu Turnhallen innerhalb der Anforderungsfrist nicht leistbar ist. Hier wäre zu fragen: Wozu werden denn diese Checklisten überhaupt geführt, wenn man sie dann nicht auswerten will oder kann? Wenn es nur an der Antwortfrist liegt, hatten Sie inzwischen ein Dreivierteljahr Zeit. Aber wenn es wirklich eine so schwierige Aufgabe ist, geben wir Ihnen gern noch bis Ende Februar Zeit. Deswegen haben wir auch unseren Änderungsantrag gestellt.
Sie schreiben selbst in der Stellungnahme: „Nachdem nunmehr weitgehende Standortsicherheit der Schulen gegeben ist, kann eine Vollerhebung der baulichen Verhältnisse und dabei der Nutzungseignung der Schulge
bäude einschließlich der Sportanlagen sowie der sonstigen Freiflächen erfolgen.“ Na, dann machen Sie das doch endlich! – Es dürfte Ihnen auch nicht schwerfallen, unserem Antrag zuzustimmen.
Wir wollen allerdings auch wissen – dazu finde ich in Ihrer Stellungnahme keine Antwort –, welche Lösungen im Sportunterricht jeweils angeboten werden, wenn aufgrund der baulichen Mängel erhebliche Nutzungseinschränkungen notwendig sind, eine kurzfristige Sanierung jedoch nicht in Aussicht steht.
Ich stelle schon eine merkwürdige Diskrepanz zwischen Ihrem großen Vorhaben, dass jedes Kind der 3. Klasse kostenlos einem Sportverein beitreten kann, und der traurigen Tatsache fest, dass noch nicht einmal überall der reguläre Sportunterricht durchgeführt werden kann.
Erstens. Die Staatsregierung soll sich einen Überblick über die Zustände verschaffen und nicht die Verantwortung einfach auf die Schulträger abschieben.
Zweitens. Wir fordern die Entwicklung einer Strategie gemeinsam mit den Schulträgern, wie diese Zustände in einer Art und Weise behoben werden können, dass die Verteilung der hierfür nötigen Mittel nach transparenten Kriterien erfolgt. Das heißt, dass nicht der, der am lautesten schreit, oder der, der gerade im Umfeld oder Wahlkreis des Ministers wohnt, das Geld bekommt, sondern der, der es am nötigsten hat.
Drittens. Wir fordern, dass dort, wo eine kurzfristige Behebung der Mängel nicht möglich ist, dennoch Wege gefunden werden, wie es für die Schülerinnen und Schüler gewährleistet werden kann, dass der Unterricht den Lehrplänen gemäß erfolgt.
Im Ausschuss für Schule und Sport wurde kürzlich durch den Ausschussvorsitzenden Rohwer zu Recht bedauert, dass der Bereich Sport in den Diskussionen dieser Legislaturperiode leider keine besonders große Rolle gespielt hat. Nun haben Sie also zum Ende dieses Jahres wenigstens die Chance, diesem Mangel konstruktiv zu begegnen und unserem Antrag zuzustimmen. Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden den Antrag der GRÜNEN ablehnen, da dieser in keiner Weise unserer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der kommunalen Ebene entspricht. Da ich jede Hoffnung aufgegeben habe, dass die GRÜNEN heute noch die kommunale Selbstverwaltung verinnerlichen, gebe ich meinen Redebeitrag zu Protokoll.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Anliegen der GRÜNEN unterstützen wir als Linksfraktion vollumfänglich. Wir bedauern allerdings, Frau Günther-Schmidt, dass es uns nicht gelungen ist, diesen Antrag schon vor der Haushaltsdebatte ins Plenum einzubringen, um dann auch wirklich – so wie in Ihrem Ursprungsantrag vorgesehen – die Mittel entsprechend dafür einzustellen. Wir haben versucht, in der Haushaltsdebatte mehr Gelder einzustellen. Die Anträge dafür haben wir gestellt, um gerade für den Schulhausbau und auch den Turnhallenbau Mittel zur Verfügung zu haben, hier realistisch die entsprechenden Turnhallen zu sanieren.
Ich möchte aber noch einen weiteren Punkt ansprechen, wenn es um Lehrplanerfüllung, Schulunterricht und Sportunterricht geht. Es ist inzwischen nicht nur das Problem an unseren sächsischen Schulen, dass die Turnhallen nicht vollständig funktionieren. Viele Schulturnhallen werden über den TÜV gesperrt, weil die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind. Das betrifft zunehmend auch die Sportgeräte, die sie brauchen, um den Sportunterricht durchführen zu können. Diese werden bei den Kontrollen gesperrt. Solch ein Barren zum Beispiel kostet auch einen Haufen Geld. Ich denke, dass die Kommunen zunehmend nicht mehr in der Lage sein werden, das wirklich vollumfänglich zu erstatten.
Gewundert habe ich mich allerdings, dass das Kultusministerium weder bei der Stellungnahme zu diesem Antrag noch zur Kleinen Anfrage von Frau Günther-Schmidt zu diesem Thema eigentlich gar nichts so richtig weiß. Frau Günther-Schmidt hat es im Einzelnen schon dargestellt, aber ich will es auf den Punkt bringen: Das Kultusministerium hat offensichtlich überhaupt keine Informationen und Daten darüber, wie und in welchem Zustand die Turnhallen sind. Ganz besonders verwundert mich, dass das Kultusministerium keinerlei Informationen darüber hat, ob die Lehrpläne, die im Freistaat Sachsen verbindlich sind, überhaupt erfüllt werden können. Das halte ich für sehr bedenklich. Schließlich haben wir eine Schulaufsicht; diese müsste das eigentlich kontrollieren können.
Wir sehen die Notwendigkeit trotzdem, in diesem Bereich etwas zu tun. Sie haben gehört, dass angeblich genügend Geld diesbezüglich eingestellt ist. So denke ich, dass wir dem Antrag – und das werde ich meiner Fraktion jetzt empfehlen – zustimmen, obwohl es uns lieber gewesen wäre, diesen vor der Haushaltsdebatte erörtert zu haben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sicher ist das Thema Schulsport und die dafür notwendigen Sportanlagen ein wichtiges Thema, dem sich auch der Landtag annehmen kann. Aber bei all der Bedeutung verstehe ich an dem Antrag drei Dinge nicht: Zum einen, warum wir dieses Thema nicht in aller Tiefe im Schulausschuss behandeln; zum anderen, warum der Antrag nach Beantwortung der Kleinen Anfrage in dieser Art gestellt wurde, und darüber hinaus schließlich, warum der Antrag erst jetzt gestellt wird, wo doch in Punkt II eine Vorleistung für die Haushaltsverhandlungen geliefert werden soll.
Es ist doch unbestritten, dass es sich um eine grundsätzlich dem Schulträger, also der Kommune, obliegende Angelegenheit handelt. Es ist weiter klar, dass es in der Unterrichtsausfallstatistik keinen Hinweis darauf gibt, dass Sportunterricht ein besonderes Problem darstelle. Offensichtlich schaffen es die Schulen und Schulträger, auch mit ungünstigen Bedingungen zurechtzukommen. Aber schließlich wurde in der Vergangenheit auch in diesen Bereich investiert; – –
denn die Förderung von Sportanlagen war schon immer förderfähig mit Ausnahme der Nutzung von EFREMitteln. Wie der Antwort zur Kleinen Anfrage zu entnehmen ist, befindet sich die Schulnetzplanungsverordnung in der Überarbeitung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Problem der Schulsportanlagen ist auch ein sehr vernetztes. Auf der einen Seite können Sportanlagen natürlich auch über die Sportförderung saniert werden, wenn sie im größeren Umfang auch außerschulisch genutzt werden. Das betrifft die meisten der Anlagen. Denn welche Kommune kann und will es sich denn schon leisten, die Anlagen am späten Nachmittag oder Abend leer stehen zu lassen?
Zum anderen: Wenn einmal eine Erhebung über den baulichen Zustand der Sportanlagen durchgeführt werden soll, dann böte es sich natürlich an, diese gleich auf die gesamten Schulbauten auszudehnen. Dann wird sich zeigen, wie wir den Milliarden-Investitionsbedarf, wie er wohl schon vor 15 Jahren einmal geschätzt wurde, bisher verringern konnten und welche Verteilung dieses Bedarfs auf verschiedene Sanierungsmaßnahmen – energetische, sanitäre, hygienische, brandschutztechnische usw. – einerseits und auf verschiedene Nutzungsbereiche, zum Beispiel Sportanlagen, andererseits es gibt. Das gibt der Antrag aber nicht her. Als wenn die Kleine Anfrage gar nicht gestellt worden wäre, werden die dortigen Ausführungen ignoriert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sie haben schon oft auf Anträge der Koalition mit dem Hinweis reagiert, dass sie nicht gerade sehr inhaltsreich seien und wir auch sehr oft Berichtsanträge
stellten. Das wurde von Ihnen kritisiert, ja auch belächelt – wir sind unter uns: manchmal zu Recht. Aber mit dem Antrag, den Sie hier eingereicht haben, liefern Sie nun selbst kein gutes Beispiel.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau GüntherSchmidt, es ist mir ein kleines Rätsel, wie Sie von dem baulichen Zustand von Schulturnhallen auf die polemischen Pirouetten am Anfang Ihrer Rede gekommen sind. Mindestens genauso rätselhaft ist mir, wie Ihr Antrag zu besseren Schulturnhallen führen soll. Deshalb werden wir uns enthalten, und ich gebe meine Rede zu Protokoll.