Protokoll der Sitzung vom 10.05.2006

Wir lesen weiterhin in § 13, dass zur Vermeidung erheblicher Schäden und zur Wahrung anderer schutzwürdiger Interessen das Betreten des Waldes und das Reiten und Fahren mit bespannten Fahrzeugen im Wald durch die Waldbesitzer eingeschränkt (gesperrt) werden darf. Hier haben wir die nächste Grauzone oder Gummiformulierung. Darf der Waldbesitzer das eigenmächtig machen? Muss er das irgendwo genehmigen lassen? Wenn er es genehmigen lässt, wer befindet über eventuelle Widersprüche?

Ich möchte feststellen, dass wir damit die gegenwärtige Situation überhaupt nicht verbessern, sondern es wird allgemein verkannt, dass, wenn wir die Rechtslage umdrehen und überall geritten werden darf, wir den Waldbesitzern eine Möglichkeit in die Hand geben müssen, ihr Eigentum zu schützen. Dann gehen die Probleme erst richtig los. Man wird vielleicht nach Änderung der Rechtslage ein bis zwei Jahre Ruhe haben und dort, wo eine Überbeanspruchung stattfindet, werden sich die Grundeigentümer wehren und man hat am Ende nichts gewonnen, sondern nur die Probleme verschärft. – So viel zu einzelnen Detailbestimmungen des Gesetzentwurfs.

Was würde weiterhin passieren, wenn wir die derzeitige Rechtslage umkehren? Es würde zur Aufhebung des derzeitigen Reitwegenetzes führen. Es würde keine Markierung von Reitwegen mehr ohne Zustimmung der Waldbesitzer geben, weil er nicht mehr zur Duldung verpflichtet ist. Die Kostenfrage stellt sich dann auch neu. All das, was bis jetzt in die Ausweisung der Reitwege investiert wurde, wäre auch verschwendetes Geld gewesen.

Wir würden mit einzelnen, nicht kontrollierbaren Wegesperrungen zu tun haben. Wir hätten einen deutlich größeren Verwaltungsaufwand. Die Waldbesitzer würden dann auf der Grundlage des § 13 Sächsisches Waldgesetz zahlreiche Wege sperren und die ganzen ausgewiesenen Fernreitwege würden zumindest temporär unterbrochen werden.

Dieselben Beispiele, die Sie über angeblich unsinnige Formulierungen gebracht haben, über die man trefflich

schmunzeln kann, lassen sich aus Bayern bringen, wo halt einzelne Waldbesitzer um ihr Recht kämpfen.

Wir hätten es mit einem Wegfall der Reitwegeabgabe zu tun, die bis jetzt ordentlich Geld in die Kassen gespült hat, um die Reitwege zu pflegen. Der Schadensumfang würde sich natürlich erhöhen, weil auf mehr Wegen geritten werden kann. Die Schäden müssen dann nach Abschaffung der Reitwegeabgabe vom Freistaat durch Haushaltsmittel ersetzt werden, was ich mir im Moment schlecht vorstellen kann.

Summa summarum bleibt also nur eine Lösung: Wir müssen das bestehende System optimieren und weiter vervollkommnen. Dieser Optimierungs- und Vervollkommnungsbedarf wird von uns auch nicht bestritten, sondern wir haben dazu vor Kurzem einen Antrag beschlossen, mit dem die Staatsregierung aufgefordert wird, entsprechend dafür Sorge zu tragen. Dieser Antrag zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass die Federführung für die Optimierung bei den sächsischen Forstbezirken angesiedelt ist.

Hier könnte ich Ihnen als positives Beispiel den Forstbezirk Dresden nennen, wo unter Führung von Dr. Marsch derzeit alle Betroffenen entsprechende Karten mit der Ausweisung des Ist-Zustandes zugestellt bekommen. Die Betroffenen werden gebeten, Wünsche zu äußern, was aus ihrer Sicht sinnvoll wäre. Nach Rücklauf dieser Karten wird es sicher zu einem Kompromiss kommen, mit dem alle Seiten leben können.

Summa summarum wollen wir keine Änderung der Rechtslage. Ich bitte also um Ablehnung des FDPAntrages und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich erteile der Linksfraktion.PDS das Wort. Frau Altmann, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Linksfraktion.PDS bleibt bei dem, was sie bei der Behandlung des vorliegenden Gesetzentwurfes in allen Ausschüssen immer wieder vertreten hat. So, wie Sie, liebe Kollegin und liebe Kollegen von der FDP-Fraktion, es sich vorstellen, ist kein einziges Problem zu lösen, das wir zugegebenermaßen zurzeit noch mit dem sächsischen Reitwegenetz haben. Daran ändert auch Ihre feurige Rede, die Sie, Kollege Günther, vorhin gehalten haben, überhaupt nichts.

Um das zu erkennen, liebe Kollegen von der FDPFraktion, brauchen Sie nur einmal nach Brandenburg zu schauen. Dort wurde vor genau zwei Jahren – Kollege Heinz, Sie haben von ungefähr solchen Zeiträumen gesprochen – durch den Landtag das Waldgesetz geändert, indem alle Wege im Wald zum Reiten freigegeben wurden. Die Beschilderung der Reitwege wurde daraufhin entfernt.

Inzwischen zeigt sich allerdings, dass es besonders im engen Verflechtungsraum rund um Berlin zu massiven Nutzerkonflikten gekommen ist. Nun wird per Verord

nung das Reiten auf vielen Waldwegen wieder ausgeschlossen und die verbleibenden Waldwege werden kostenaufwändig neu beschildert. Ich bin überzeugt davon: Im dichtbesiedelten Sachsen wären ähnliche Konflikte massenhaft vorprogrammiert.

Wir sind also der Meinung, diesen Fehler müssen wir hier in Sachsen nicht wiederholen. Wir müssen das Rad nicht neu erfinden. Deshalb hat die Linksfraktion.PDS schon vor anderthalb Jahren mit der Drucksache – nun hören Sie einmal genau auf die Drucksachennummer – Nummer 4/0589 den Antrag „Verstärkte Freigabe von Waldwegen für das Reiten im Walde“ in enger Abstimmung mit verschiedenen Waldnutzern eingebracht. – So viel dazu, Herr Günther: Nicht nur reden, sondern Taten folgen lassen! Wir haben uns um dieses Problem anhand unseres Antrages schon viel früher gekümmert als die FDPFraktion mit diesem Gesetzentwurf.

Genau dieser Antrag wurde dann gemeinsam mit dem FDP-Gesetz im Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft öffentlich angehört; übrigens genauso gemeinsam mit einem Antrag von CDU und SPD, die diesen ganz schnell kurz vor der Angst noch nachgeschoben haben, damit sie bei dieser Problematik nicht ganz außen vor bleiben.

Wenn man diesen Antrag liest, dürfte es Ihnen, liebe Kollegen von den Koalitionsfraktionen, auch nicht allzu schwer gefallen sein, ihn zu schreiben. Ihrem Antrag ist nämlich ganz deutlich anzumerken, dass Sie in dem Antrag der Linksfraktion.PDS eine gute Vorlage hatten. Unser Antrag schaut sozusagen aus allen Knopflöchern Ihres Antrages heraus.

Meine Damen und Herren! Für die Ausweisung von Wegen für das Reiten im Wald brauchen wir hier in Sachsen keine solche Radikallösung, wie sie die FDPFraktion vorschlägt. Wir brauchen vielmehr langfristige Strategien zur Vermeidung von Nutzerkonflikten und ganz aktuell zur Überwindung von Nutzerkonflikten.

Das beste Beispiel, wie Konflikte gemeinsam gelöst werden können, das uns in den letzten Jahren hier in Sachsen unter die Finger gekommen und aufgefallen ist, stellt die Konsensfindung zum Wegenetz im Nationalpark Sächsische Schweiz dar. Die Nationalparkverwaltung und die Forstbehörde hatten dort nach heftigen Protesten der Öffentlichkeit gegen das von ihnen damals einfach vorgelegte Wegekonzept ein anderes Wegekonzept mit Vertretern der Kommunen, der Naturschutz- und der Tourismusverbände und auch weiteren Nutzern in einem längeren Diskussionsprozess einvernehmlich vereinbart. Genau aus diesem Grund schlagen wir in unserem Antragstext vor, gerade nach diesem Beispiel beim sächsischen Reitwegekonzept zu verfahren.

Dieses Beispiel stammt schließlich nicht von irgendwoher, sondern aus der Forst- und Umweltverwaltung. Es entspricht demzufolge der Mentalität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Forstbehörde. Es wurde seinerzeit breit kommuniziert und von allen Beteiligten gut angenommen.

Im Übrigen: Was das Reiten direkt im Walde betrifft, ist es auch durchaus gerechtfertigt, dass der Landtag von dieser Stelle oder vom Ausschuss aus der Staatsregierung eine Handlungsempfehlung erteilt, mehr Waldwege für das Reiten freizugeben. Denn gemäß § 12 Abs. 1 Sächsisches Waldgesetz obliegt die Ausweisung den Forstbehörden nach Anhörung und nach Abstimmung mit den beteiligten Waldbesitzern und anderen Betroffenen.

Viel schwieriger sieht die Ausweisung von Waldwegen in der offenen Flur einschließlich der Schnittstellen der Reitwege zwischen Wald und Flur nach sächsischer Gesetzgebung aus.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Altmann?

Ja, okay.

Bitte.

Sehr geehrte Kollegin Altmann! Wenn Sie das also im Grundsätzlichen nur mit wenigen Änderungen so gut finden, dann frage ich Sie zu folgendem konkreten Problem: Im Chemnitzer Land soll jetzt das Reitwegenetz ausgewiesen werden. Das macht dort der Arbeitslosentreff, ein Verein. Der wird bezuschusst für die Gesamtkosten mit 80 % vom Amt für ländliche Entwicklung. Die 20 %, die fehlen, müssen im Chemnitzer Land die Arbeitslosen durch Mitgliedsbeiträge in ihrem Verein oder über Verkäufe zum Weihnachtsmarkt etc. aufbringen. Finden Sie diese Regelung richtig?

Kollege Günther, genau diese Regelung finde ich auch nicht richtig. Ich weiß nicht, ob Sie mir jetzt nicht zugehört oder unseren Antrag auch nicht gelesen haben. Wir möchten nicht, dass diese Konzepte in ehrenamtlicher Arbeit von Vereinen, in dem Fall vom Arbeitslosenverein, erarbeitet werden. Wir möchten, dass die Forstbehörde das in die Hand nimmt, dass die Forstbehörde diejenige ist, die das koordiniert, was sie nach dem Sächsischen Waldgesetz auch machen muss. Das ist genau das, was wir wollen. Damit bleiben die ehrenamtlichen Vereine nicht auf irgendwelchen Kosten sitzen.

Dass es noch Lücken im sächsischen Reitwegenetz gibt, bestreiten wir keineswegs. Nur, in der Art und Weise, wie diese geschlossen werden sollen, können wir Ihren Vorschlägen nicht folgen.

Bis hierher waren wir: Reitwege im Wald auszuweisen, dazu haben wir als Landtag durchaus die Kompetenz. Bei dem anderen von mir Genannten kann der Landtag an die Bodeneigentümer, die Kommunen und Nutzer von Wegen in Feld und Flur nur appellieren. Dass es auch dafür bei guter Koordinierung durch die Forstbehörden – natürlich in Zusammenarbeit mit Vereinen – gute Beispiele gibt, hat uns in der Anhörung Herr Kleppel vom Verein Dübener Heide ziemlich eindeutig geschildert.

Meine Damen und Herren! Dass die Linksfraktion mit ihrem Antrag goldrichtig lag, wurde uns nicht zuletzt auch

in der Anhörung im Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft bestätigt. Bis auf einen einzigen Sachverständigen haben alle anderen in ihren Statements das von uns vorgeschlagene Verfahren direkt oder indirekt für gut befunden. Herr Prof. Kinze brachte es dabei auf den Punkt, deshalb möchte ich ihn zitieren: „Wir stellen keine Forderungen im Blick auf Gesetzesänderung, sondern erwarten im Interesse der Nutzer aller touristischen Möglichkeiten des Reitens in unserem Freistaat einfachere Regelungen bei der Ausweisung von Reitwegen, praktikable Verfahrensweisen und kooperative Verwaltungsbehörden.“

Dass unser Antrag nach dieser Anhörung im Ausschuss in der darauf folgenden Ausschusssitzung bei seiner abschließenden Behandlung von der Mehrheit von CDU und SPD trotzdem abgelehnt wurde, liegt für mich eindeutig darin begründet, dass die Koalitionsfraktionen wider jegliche Vernunft nicht über ihren eigenen Schatten springen konnten, einfach unserem guten Antrag zuzustimmen, sondern sie mussten wieder einen eigenen Antrag erarbeiten, der unserem, wie gesagt, in vielem gleicht und genau die gleiche Stoßrichtung hat.

Zum Schluss noch einige Sätze direkt an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP-Fraktion. Auch für uns steht es außer Frage, dass das touristische Angebotssegment „Sachsen mit Pferd“ ein Wachstumssegment ist und Tourismus rund ums Pferd ein Beitrag zur Stärkung des Landtourismus und damit zur Stärkung des ländlichen Raumes insgesamt ist. Damit stimmen wir auch dem Statement von Herrn Böhme, dem Direktor des Landestourismusverbandes, in der Anhörung voll zu.

Was für uns allerdings nicht sein kann, ist, dass mit der totalen Freigabe des Reitens im Walde die Interessen einer relativ kleinen, zahlungskräftigen Touristengruppe über die Interessen aller übrigen Erholung suchenden Waldnutzer gestellt werden, die sich kostspieliges Reiten nicht leisten können oder nicht leisten wollen. Auch dies ist für uns ein Grund, nicht einfach alle Wege im Wald freizugeben.

Die Linksfraktion kann auch nicht nachvollziehen, wie die FDP als ausgewiesene Schützerin von Eigentümerinteressen solch massive Eingriffe in persönliches Eigentum fordern kann, wie mit dem vorliegenden Gesetzentwurf geschehen. Herr Günther, alles, was Sie dazu vorhin gesagt haben, entkräftet unseren Vorwurf in dieser Richtung in keiner Weise. Sie setzen gegenüber der jetzigen Regelung mit der Möglichkeit, auch mit Gespannen – wenn die Wege nur breit genug sind – in den Wald zu fahren, diesem Eingriff sogar noch eins drauf. Ich denke, Gespanne können auf Waldwegen noch mehr Schäden anrichten als moderates Reiten.

Wenn Sie vorschlagen, dies über eine Abgabe – sozusagen „Eigentum verpflichtet“ – auszugleichen, bleibt für uns ein Punkt offen, dieser ist auch in Ihrem Gesetz nicht geregelt: Diese Abgabe wird natürlich nicht den privaten Waldbesitzern persönlich zugute kommen; sie können keine Abgaben einnehmen. Dieses Geld wird immer eine

entsprechende Behörde einnehmen müssen. Die betroffenen Waldeigentümer, die Schäden auf ihren Waldwegen haben, werden, um an das Geld heranzukommen, immer nachweisen müssen, dass die Schäden auf ihren Wegen tatsächlich dadurch entstanden sind, wie sie angeben: durch Reiten, Befahren usw. Ich denke, ihnen werden dadurch erhebliche bürokratische Hürden auferlegt.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Danke schön, Frau Kollegin. – Wissen Sie, dass es jetzt bereits gang und gäbe ist, dass nachgewiesene Reitschäden auch privaten Grundstücks- und Waldbesitzern ausgeglichen werden können? Ich würde Ihnen nachher noch die Antwort auf die Kleine Anfrage, die für heute leider zu spät gekommen ist, persönlich geben.

Das weiß ich natürlich. Wir gehen jedoch davon aus: Wenn jetzt mit einem Schlag alle Waldwege freigegeben werden, wird sich der Eingriff auf den übrigen, auch privaten Waldwegen mit einem Schlag erhöhen. Der Verwaltungsaufwand, die Schäden nachzuweisen, wird größer werden. Also, wir halten es einfach für keine gute Lösung und keinen ausreichenden Schutz. Wir unterstellen Ihnen: Sie sind die großen Schützer von privatem Eigentum, Sie werden es jedoch mit Ihrer Lösung für die betroffenen Waldbesitzer nur verschlimmern.

Aus all diesen genannten Gründen – damit komme ich zum Schluss – wird die Linksfraktion diesen Gesetzentwurf auch hier im Plenum ablehnen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Ich erteile der Fraktion der SPD das Wort. Frau Dr. Deicke, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den vorliegenden Gesetzentwurf, der darauf zielt, dem Reiten und Fahren mit bespannten Fahrzeugen im Wald grundsätzlich grünes Licht zu geben, halten auch wir für nicht erforderlich.

Die vorhandene Regelung im § 12 des Sächsischen Waldgesetzes schreibt vor, dass „genügend geeignete, möglichst zusammenhängende und an entsprechende Wege auf Gemeindegebieten von Nachbargemeinden anschließende Waldwege für das Reiten ausgewiesen werden“.

Diese derzeitige Regelung hat sich grundsätzlich bewährt, so meinen wir. Das hat auch die überwiegende Mehrheit der Experten, die dazu angehört wurden, bestätigt. Durch gemeinsame Beratungen aller Beteiligten über das Reitwegenetz werden von vornherein Interessenkonflikte

entschärft. Gleichzeitig werden die Wünsche der Reiter weitestgehend berücksichtigt.