Die NPD-Fraktion lehnt aus den eben genannten Gründen den FDP-Antrag und auch den GRÜNENÄnderungsantrag aus lernpädagogischen sowie aus kulturidentitären Gründen ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Anliegen des FDPAntrages, mit einem frühzeitigen Lernen einer Fremdsprache den Lernprozess zu fördern, stimmen wir GRÜNEN ausdrücklich zu. Je früher Kinder anfangen, die erste Fremdsprache zu erlernen, desto besser. Das Lernen einer ersten Fremdsprache von der 1. Klasse der Grundschule an sollte baldmöglichst in Sachsen Normalität werden.
Den Antrag der FDP zeichnet aber, wie schon häufiger, auch eine gewisse Schlichtheit aus. Es freut mich, Herr Flath, dass es Sie freut. Gestatten Sie mir deshalb, dass ich einige Aspekte aus der fachlichen Diskussion zum Thema Fremdsprachenunterricht in der Grundschule zu bedenken gebe.
Bildungsexperten streiten nicht über den Sinn einer Fremdsprache an der Grundschule, wohl aber über den optimalen Zeitpunkt für den Start und die Art des Unterrichts, eher spielerisch oder eher leistungsorientiert. Die einen sagen, nur die wirklich intensive Förderung führe zum Erfolg. Eine Stunde pro Woche bringe gar nichts. Andere befürchten, dass der frühe Fremdsprachenbeginn auch eine Gefahr berge, nämlich dass eine zu schnelle Differenzierung zwischen guten und schlechten Schülern erreicht wird. Das will man in der Grundschule nicht. Wir wollen das darüber hinaus auch nicht. Längeres gemeinsames Lernen ist hier das nötige Stichwort.
Von natürlich zweisprachig aufwachsenden Kindern ist bekannt, dass Lesen und Schreiben bei jedem Kind zuerst und lange Zeit nur in der jeweils stärkeren Sprache gelehrt werden soll. Es ist sinnvoller, sich zunächst zwei Jahre intensiv mit der Muttersprache zu beschäftigen, sonst wird sie vernachlässigt. Dem halten die Befürworter entgegen, dass ein früheres Fremdsprachenerlernen für die Muttersprache sogar von Vorteil sein kann, weil es Synergieeffekte zwischen der Muttersprache und der ersten Fremdsprache gibt.
Ich möchte davor warnen, das Erlernen von Fremdsprachen nur als Instrument zu sehen, um bessere Berufschancen zu eröffnen, quasi die ökonomische Verwertbarkeit in den Vordergrund zu stellen. Ansonsten könnten wir auch fordern, Chinesisch von der 1. Klasse an zu lernen. Dort liegt auch ein Markt der Zukunft. Ich habe da ein umfassenderes Verständnis von Bildung.
Meine Damen und Herren! Es scheint hier in diesem Land nur sehr schwer möglich zu sein, eine grundlegende Veränderung im Bildungssystem anzugehen und die Dinge in größeren Zusammenhängen zu betrachten. Die Folge sind Veränderungen an der einen oder anderen Stelle, sogenannte Kompromisse – wir werden am Freitag noch darüber sprechen –, die keinen befriedigen können und nur halbherzige Schulversuche zur Folge haben. Es fehlt also eine Gesamtbetrachtung des Schulsystems, obwohl doch jedem klar sein müsste, dass die Veränderung an einer Stelle notwendigerweise auch Veränderung des ganzen Systems bedeuten muss. Nicht zuletzt deshalb werden wir dem Antrag gern zustimmen und ihn ergänzend durch unseren Änderungsvertrag verbessern.
Lassen Sie mich darauf hinweisen, dass das Thema Fremdsprachenunterricht nicht losgelöst von den Problemen der Grundschule allgemein gesehen werden kann. Gerade mit dem Beginn dieses Schuljahres mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass an verschiedenen Grundschulen die 1. Klassen bis zur Klassenobergrenze gefüllt wurden. Unter solchen Voraussetzungen kann ich mir nur schwer vorstellen, dass ein Fremdsprachenunterricht dort erfolgreich sein kann.
Ein weiteres Problem, das auch die FDP angesprochen hat, ist die notwendige Aus-, Weiter- und Fortbildung der Grundschullehrerinnen und -lehrer. Studierende für das Lehramt an Grundschulen können in Sachsen die Fremdsprachen Englisch, Französisch und Russisch wählen. Wenn wir über Fremdsprachen reden, sollten wir auch über unsere unmittelbaren Nachbarn sprechen, Tschechisch und Polnisch. Ich hätte mir eine gewisse Vertiefung des Antrages der FDP insofern gewünscht, als Herr Herbst auf Kleine Anfragen zu dem Thema recht unbefriedigende Antworten erhalten hat: Es gibt in Sachsen nur zwei Lehrpersonen an öffentlichen Grundschulen mit einer Qualifikation für Tschechisch und niemanden, der befähigt oder befugt ist, Polnisch zu unterrichten.
Wir GRÜNEN haben einen Änderungsantrag gestellt, der zumindest den Aspekt des Übergangs des Fremdsprachenunterrichts von der Grundschule in die Sekundarstufe ins Auge fasst. Wir begehren mit unserem Änderungsantrag, dass die zwei Schuljahre vorgezogenen Fremdsprachenunterrichts nicht verloren gehen. Wir wollen berücksichtigt wissen, dass natürlich, Frau Falken, auch zwei Jahre Unterricht in einer Fremdsprache in der Grundschule zu Erkenntniszuwachs führen und der Erkenntniszuwachs in die Lehrpläne der nachfolgenden Jahre aufgenommen werden muss. Insofern bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.
Ein Stichwort noch zu Herrn Seidel. Ich hätte Sie gern vorhin gefragt – Herr Seidel, Sie winken mir jetzt freundlich zu –, warum Sie so leidenschaftlich für die Freiwilligkeit im Grundschulbereich plädieren und so vehement
Meine Damen und Herren, das war die erste Runde der Fraktionen. Gibt es seitens der Fraktionen weiteren Aussprachebedarf? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Herr Staatsminister Flath, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Nun haben wir wieder allerhand in die Debatte reingepackt. Frau Günther-Schmidt, ich wollte mit meinem Lachen nicht signalisieren, dass ich Ihnen rundweg zustimme, aber in einigen Dingen schon. Deshalb würde ich nicht wagen, den Antrag der FDP-Fraktion als schlicht zu bezeichnen, sondern er ist durchaus populär.
Das ist ja in der Politik gestattet. Wenn man eine Umfrage machen würde, gäbe es ganz sicher Zustimmung. Wenn ich die Frage stellen würde, ob wir nicht Chinesisch in der 1. Klasse machen sollten, würde ich auch Zustimmung bekommen. Sollten wir nicht Naturwissenschaften möglichst früh anbieten? Je früher, desto besser, das stimmt immer.
Trotzdem muss man sich in der Schule entscheiden, wie man es macht. Die letzte Novelle ist noch nicht lange her. Die FDP-Fraktion war zugegebenermaßen noch nicht im Landtag, damals hätte das gepasst. Man hat damals auch hin- und herdiskutiert und man hat sich aus gutem Grund darauf verständigt, eine Fremdsprache in die Lehrpläne ab der Klassenstufe 3 in der Grundschule aufzunehmen, denn es hat Konsequenzen für die weiteren Lehrpläne. Jetzt sind wir im dritten Jahr der Umsetzung. Ich kann nicht jeden Tag etwas Neues herausgeben. Schon das allein würde gegen Ihren Antrag sprechen.
Frau Falken, Sie haben sich ein bisschen widersprochen. Auf der einen Seite haben Sie begrüßt, dass wir Versuche in Klasse 1 machen. Sie haben auch begrüßt, dass es wissenschaftlich begleitet wird; nur im nächsten Moment zu sagen, jetzt müssen wir es flächendeckend anbieten, stellt infrage, warum wir eine wissenschaftliche Begleitung machen, von der wir uns eines Tages ein Ergebnis erwarten. Ich will nicht ausschließen, dass wir irgendwann zu dem Ergebnis kommen, dass das ab Klasse 1 richtig wäre. Wir sollten uns das gut überlegen und den Schulen nicht immerzu etwas Neues drüberkippen. Das ist meine Herangehensweise und dafür bitte ich um Verständnis.
Herr Staatsminister, sind Sie vielleicht auch meiner Auffassung, dass, wenn Versuchsmodelle zur Sprache im Grundschulbereich seit 1998 laufen, angekündigt wird, 2004 nach Erfahrungen und Überlegungen die Weiterführung angezeigt wird, 2006 darüber nachgedacht werden soll, dass es so kommt und der Antrag besagt, das 2008 einzuführen, da schon eine Schrittfolge zu erkennen ist?
Heute geht es doch um Englisch. In den Neunzigerjahren wurde die Begegnungssprache eingeführt. Ich habe doch überhaupt nichts dagegen, dass wir das im Ausschuss auswerten. Warum denn nicht? Ich stelle überhaupt nicht infrage, dass es gut ist. Wir beschäftigen uns damit, dass es freilich gut ist, schon im Kindergarten anzufangen. Herr Gansel, ich muss Ihnen widersprechen. Ich weiß nicht, woher Sie Ihre Erkenntnis haben. Kinder, die in zweisprachigen Elternhäusern aufwachsen, sind bevorteilt. Trotzdem käme wohl keiner auf die Idee zu verpflichten, dass alle Elternhäuser zweisprachig sein müssen, weil das wohl nicht geht.
Ich gebe Ihnen sogar recht, dass es viel mehr als nur 3 bis 4 % der Schüler sein sollten, die in der 1. Klasse schon eine Fremdsprache lernen. Aber Sie werden mir auch recht geben, dass es ein ziemlicher Sprung wäre, wenn 100 % eine Fremdsprache in der 1. Klasse lernten, und das verpflichtend und sofort. So einfach ist die Welt nicht und das wissen Sie auch.
Wenn wir eines Tages so weit wären zu sagen, es wäre günstig in der 1. Klasse, dann bin ich gespannt, wie schwierig die Debatte wird. Es ist nicht so, dass man immerzu etwas zulegen kann. Es heißt zwar immer, man muss Kinder fordern und fördern, aber man darf sie auch nicht überfordern. Das steht in Klasse 1 und 2 im Vordergrund. Es dürfte unbestritten sein, dass es zunächst darum geht, die Unterschiede, mit denen Kinder in die 1. Klasse kommen, was Sprache, Schreiben und Rechnen betrifft, auszugleichen. Deshalb sollten wir zu der damaligen Entscheidung stehen, ab der 3. Klasse Fremdsprachenunterricht einzuführen. Wir sind freilich offen für die Auswertung aller Versuche, aber nicht Hals über Kopf, weil es gerade populär ist. Wenn wir in jeder Landtagssitzung einen Antrag beschließen, würden wir das Schulsystem hoffnungslos überfordern. So können wir nicht herangehen.
Deshalb, verehrter Herr Herbst, haben Sie bitte Verständnis, dass ich das Hohe Haus bitte, Ihren durchaus populären Antrag abzulehnen.
Meine Damen und Herren, ergibt sich noch einmal allgemeiner Aussprachebedarf? – Das ist nicht der Fall. Herr Herbst, Sie haben das Schlusswort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will mit dem Minister beginnen. Ich hatte auf inhaltliche Argumente gehofft, warum Sie unseren Antrag ablehnen, und ich habe kein einziges gehört. Das tut mir leid. Wenn Sie auf den Umfang des Antrages abstellen, dann empfehle ich Ihnen, Anträge von CDU- und SPD-Fraktion zu lesen. Da können wir uns mit unserem Antrag sehr gut sehen lassen.
Von Herrn Seidel kam das Argument, das könnten wir unseren Kindern nicht zumuten, es wäre noch zu früh. Nun schaue ich mich um. Sind die Kinder in Skandinavien, in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz schlauer als in Sachsen? Ich glaube nicht. Unsere Kinder sind schlau genug, mit der Fremdsprache in der 1. Klasse zurechtzukommen.
Es fiel das Stichwort, den Unterricht lieber auf freiwilliger Basis anzubieten. Wenn das Angebot flächendeckend bestehen würde, bin ich ganz sicher, dass nicht nur 3 bis 4 % der Schüler bzw. Eltern dieses Angebot wahrnehmen würden, sondern deutlich mehr. Wir haben es nicht damit zu tun, dass es keine Nachfrage gibt. Das zeigt auch das rege Interesse für Fremdsprachenangebote in den Kindergärten. Deshalb macht es Sinn, das Fremdsprachenangebot in Klasse 1 einzuführen. Wir fordern es auch nicht zum nächsten Schuljahr, weil völlig klar ist, dass entsprechende Voraussetzungen zu schaffen sind. Wir schlagen für den Beginn das Schuljahr 2008/09 vor. Es ist auch nicht jeden Tag etwas Neues, da liegen einige Jahre dazwischen. Ich denke, das ist verantwortbar.
Ich möchte noch auf den Änderungsantrag der GRÜNEN eingehen. Aus unserer Sicht ist es eine Selbstverständlichkeit, dass, wenn etwas verändert wird, auch das Nachfolgende angepasst wird. Wenn es so sein soll, werden wir Ihrem Änderungsantrag zustimmen.
Das war das Schlusswort. Wir nähern uns den Abstimmungen. Vorher haben wir den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE. Frau Günther-Schmidt, ich gehe davon aus, dass er schon erläutert ist. Gibt es zu diesem Änderungsantrag Aussprachebedarf? – Ich stelle fest, nein. Dann stimmen wir über ihn ab.
Meine Damen und Herren, ich stelle den Antrag der Fraktion der GRÜNEN in der Drucksache 4/6678 zur Abstimmung. Wer dafür ist, der melde sich bitte jetzt. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Stimmenthaltung und einer größeren Anzahl Jastimmen ist der Antrag dennoch mit großer Mehrheit abgelehnt worden.
Wir kommen zum Originalantrag. Ich stelle den Antrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 4/6596 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke schön. Wir machen die Gegenprobe. – Wer enthält sich der Stimme? – Es gab keine Enthaltungen, ansonsten gleiches Stimmverhalten. Der Antrag ist abgelehnt. Damit ist der Tagesordnungspunkt beendet.