Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beende die Unterbrechung der Sitzung des Sächsischen Landtags. Das Präsidium hat in einer Sondersitzung ein Verständigungsverfahren zum Wahlvorgang gemäß Tagesordnungspunkt 2 durchgeführt. Herr Scheel, was soll jetzt geschehen?
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! In der Tat hat das Verständigungsverfahren stattgefunden. Wir haben uns die persönlichen Fragestellungen, die einige Abgeordnete bei der geheimen Wahl umtrieben, angehört. Wir haben sie gewogen und sind im Ergebnis zu der Auffassung gelangt, dass aus unserer Sicht keine hinreichenden Gründe vorliegen, die die Wahl von Marco Böhme als nicht erfolgreich erscheinen lassen, oder – besser gesagt – dass es nicht möglich sein soll, ihn am heutigen Tage in diesem Hause wählen zu können. Insofern werden wir – –
(Alexander Krauß, CDU: Was war denn am Wochenende in Leipzig passiert? Kann es sein, dass es damit zusammenhängt? – Christian Piwarz, CDU: Alexander!)
Herr Krauß, Sie waren, glaube ich, nicht dabei. Ich kann mich an einige Äußerungen von Ihnen erinnern, bei denen ich auch ein wenig Fragebedarf zu bestimmten Einstellungen hätte, die Sie an den Tag legen. Aber das ist eine andere Frage.
Insofern werden wir als Fraktion an unserem Wahlvorschlag festhalten und darum bitten, dass heute ein zweiter Wahlgang stattfindet.
Vielen Dank, Herr Scheel. – Meine Damen und Herren! Vorgeschlagen zur Wahl als Mitglied des Landesnaturschutzbeirates ist, wie soeben von Herrn Kollegen Scheel ausgeführt, der Abg. Marco Böhme.
Ich verweise auf unsere Geschäftsordnung: Die Wahlen finden nach den Bestimmungen unserer Geschäftsordnung geheim statt. Allerdings kann stattdessen durch Handzeichen abgestimmt werden, wenn kein Abgeordneter widerspricht. Das finden Sie in § 104 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung.
Es gibt einen Widerspruch, meine Damen und Herren. Damit findet eine geheime Wahl statt, und wir kommen nun zur Durchführung der geheimen Wahl. Dazu berufe ich aus den Reihen der Abgeordneten, wie heute Vormittag bereits geschehen, die folgende Wahlkommission ein: als Leiter Herrn Abg. Colditz für die CDU, Herr Sodann für die Fraktion DIE LINKE, Frau Lang für die SPDFraktion, Herr Wendt für die AfD-Fraktion – für ihn brauche ich einen neuen Schriftführer – und Herrn Günther für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich übergebe nun das Wort an den Leiter der Wahlkommission. Herr Colditz, Sie haben das Wort.
Meine Damen und Herren! Die Abgeordneten werden wiederum in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen, erhalten einen Stimmschein, auf dem entsprechend der angegebenen Drucksache der Kandidat zur Wahl als Mitglied des Sächsischen Landtags für den Landesnaturschutzbeirat angeführt ist.
Sie können sich zu dem Kandidaten durch Ankreuzen in dem entsprechenden Feld für Ja, Nein oder Stimmenthal
Ist jemand von Ihnen im Saal, der noch nicht gewählt hat? – Das ist nicht der Fall. Damit schließe ich die Wahlhandlung und bitte die Wahlkommission, das Ergebnis festzustellen.
Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, dass die Wahlkommission die Auszählung außerhalb des Plenarsaals, in Saal 2, vornimmt und wir in der Zwischenzeit mit der Sitzung fortfahren. Nach Feststellung des Ergebnisses durch die Wahlkommission wird der Tagesordnungspunkt 2 erneut aufgerufen. Sind Sie damit einverstanden? Möchte jemand widersprechen? – Das stelle ich nicht fest. Dann verfahren wir so. Ich wünsche der Wahlkommission Erfolg beim Auszählen.
Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Wir beginnen mit der Einreicherin, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Es spricht Herr Abg. Günther. Herr Günther, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Worum geht es bei der Stellplatzpflicht? Wenn jemand etwas baut oder ein Gebäude umnutzen will und das irgendwelche Auswirkungen auf den Verkehr hat – dass es zum Beispiel Verkehr anzieht –, dann gibt es die Idee, dass entsprechende Stellplätze für Autos und Fahrräder geschaffen werden müssen.
Die Grundidee, dass Stellplätze geschaffen werden müssen – es sind keine Parkplätze, sondern Stellplätze auf dem privaten Grundstück, also außerhalb des öffentlichen Verkehrsraumes –, ist schon sehr alt. Sie ist in den Dreißigerjahren, 1939, mit der Reichsgaragenordnung geschaffen worden. Damit wollte man das Anschaffen von Autos fördern, und es gab einen entsprechenden Führererlass.
Dieses Relikt finden wir immer noch in unserem Recht. Alle anderen Bundesländer haben es mittlerweile geschafft, es in der noch bei uns bestehenden Form abzuschaffen. Wir in Sachsen sind die Letzten, die es noch haben.
Wir GRÜNEN haben schon in den vergangenen Legislaturperioden, insbesondere in der letzten Legislaturperiode,
einen entsprechenden Gesetzesantrag eingebracht. Er wurde im Ausschuss angehört, und es wurde sehr viel Sachverstand zusammengebracht. Damals hätte man schon reagieren können, aber wir sprechen heute noch einmal darüber.
Doch es gibt Bewegung. Im nächsten Tagesordnungspunkt geht es um die Bauordnung, und darin gibt es auch Änderungen zur Stellplatzpflicht. Es gab einen ersten Regierungsentwurf, und dieser hat genau unserer grünen Vorstellung entsprochen. Wir haben uns schon gefreut und gedacht: Steter Tropfen höhlt den Stein, jahrelang haben wir es erzählt und jetzt kommt es endlich einmal. Leider wurde das wieder etwas zurückgenommen.
Worin besteht das Problem? Bisher besteht generell die Pflicht, diese Stellplätze zu errichten. Das ist oft ein verkehrspolitisches Ärgernis, weil viele in den großen Städten gar nicht mehr mit dem Auto fahren wollen. Sie versuchen, autofreie Stadtviertel zu errichten, oder wollen den öffentlichen Verkehr nutzen – woran wir ein großes Interesse haben –, und dann müssen eben Stellplätze her, auf denen die Autos abgestellt werden können.
Deshalb haben wir vorgeschlagen, dass es grundsätzlich keine Stellplatzpflicht mehr gibt. Nur wenn die Gemeinden, die Städte vor Ort ein tatsächliches Bedürfnis erkennen, sollen sie das per Satzung festlegen. Das hat den Vorteil, dass die Leute vor Ort überlegen. Das ist im
Prinzip gelebte Subsidiarität, von der wir immer reden. Die Gemeinden vor Ort entscheiden, was passiert und ob es überhaupt notwendig ist. Der Bürger hat einen direkten Zugang zu seinen Gemeindevertretern, Stadträten und kann dann mit denen diskutieren.
Das heißt, wenn es einen wirklichen Bedarf gibt, dann macht die Gemeinde eine Satzung, dass Stellplatzpflicht besteht und etwas angelegt werden muss. Wenn das nicht der Fall ist, dann gibt es die Möglichkeit der Stellplatzablöse. Dabei wird etwas bezahlt, und damit kann man zum Beispiel den öffentlichen Verkehr fördern.
Das wäre so weit ganz einfach. Es entspricht auch der Musterbauordnung, die sich alle Bauminister in der Bundesrepublik gegeben haben, wonach grundsätzlich keine Stellplatzpflicht besteht. Noch ein Hinweis dazu: Es ist mit gewissen Kosten verbunden, wenn man zum Beispiel in einem Parkhaus einen Platz hat. Laut Kalkulation sind es zwischen 15 000 und 30 000 Euro, die man dafür zahlt. Wenn man das Ganze hinterher auf die Mieten umlegt, wenn man etwas gebaut hat, kommen schnell mal 100 Euro pro Monat für manchen Mieter hinzu. Wir haben hier schon mehrmals die Mietpreisbremse und ähnliche Dinge diskutiert und darüber, dass es in manchen Stadträumen bereits Probleme gibt. Die Leute suchen nach günstigem Mietraum, aber nicht mehr unbedingt nach einem Parkplatz für ein Auto, das sie gar nicht nutzen wollen, weil sie vielleicht eher Kunde bei Carsharing sind oder lieber gleich die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen.
Deshalb kommt unser Vorschlag, wie überall in der Bundesrepublik in der Musterbauordnung, die Stellplatzpflicht abzuschaffen. Wenn es irgendwo erforderlich ist, darf die Gemeinde entscheiden. So hat es auch der erste Regierungsentwurf vorgesehen, aber es wurde leider wieder zurückgenommen und das Prinzip umgekehrt. Jetzt besteht weiterhin von Gesetzes wegen die Stellplatzpflicht. Die Gemeinden haben nur die Möglichkeit, mit einer Satzung davon abzuweichen.
Da weiß man natürlich, was in der Praxis passiert: Wenn ich als Gemeinde nichts machen muss, dann wird es in sehr, sehr vielen Fällen die Stellplatzpflicht künftig nicht mehr geben. Wenn man aber aktiv ran muss, ist das für viele Gemeinden auch ein gehöriger Aufwand, da sie dann erst Satzungen erarbeiten müssen. Das ist oft ein Problem, gerade im ländlichen Raum. Das wird heißen: Die großen Städte werden es wahrscheinlich hinbekommen, aber im ländlichen Raum wird es dabei bleiben, dass es einfach teurer wird; und die Verbände der Bauwirtschaft und des Wohnungsbaues flehen uns schon seit Jahren an, ein wenig dafür zu sorgen, dass die Nebenkosten beim Bauen geringer werden.
Vor diesem Hintergrund möchte ich Sie bitten, unserem Gesetzesantrag zuzustimmen, der im Einklang mit dem ist, was man in der gesamten Bundesrepublik tut.
Vielen Dank, Herr Günther. – Meine Damen und Herren, die weitere Reihenfolge in der Aussprache kennen Sie: zunächst die CDUFraktion, danach die Fraktion DIE LINKE, die SPD, die AfD und die Staatsregierung, wenn es gewünscht wird. – Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Abg. Fritzsche. Bitte sehr, Herr Fritzsche; Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Lieber Herr Günther, zunächst einmal muss ich mit etwas aufräumen: Es wird auch in Zukunft nicht möglich sein, auch im großstädtischen Milieu nicht, eine Wohnung, die neu entsteht, für alle Zeit an den autofreien Nutzer zu koppeln. Sie haben ein Denkmodell im Hinterkopf, das man so nicht stehenlassen kann. Ich spreche nicht von 20 Jahren, die man eine Wohnung hat, sondern die Wohnungen bestehen ja länger, und das Bild der Stadt wird deutlich länger auch von den Wohnungen geprägt. Wir wissen, gerade aus Leipzig, was in den Stadtteilen los ist, in denen Stellplätze fehlen.
Aber nun konkret zu Ihrem Gesetzentwurf. Die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD haben bereits im Koalitionsvertrag vereinbart, eine Novellierung des Stellplatzrechtes im Rahmen der Änderung der Sächsischen Bauordnung vorzusehen. Die Änderung der Sächsischen Bauordnung – darauf haben Sie bereits hingewiesen – wird im folgenden Tagesordnungspunkt im Mittelpunkt stehen.
Zu Ihrem vorliegenden Gesetzentwurf ist anzumerken, dass wir insbesondere im Hinblick auf die erfolgte öffentliche Anhörung von Sachverständigen am 5. November 2015 eine Kombinationslösung im § 49 der Sächsischen Bauordnung vorsehen. Darin wird geregelt, dass, sofern die Kommunen nicht von § 89 Abs. 1 Nr. 4 Gebrauch machen und im Zuge der örtlichen Bauvorschriften eine entsprechende Satzung erlassen, weiterhin gesetzlich geregelt ist, die notwendigen Stellplätze und Garagen sowie Abstellplätze für Fahrräder zu schaffen.
Bei der Festlegung der Zahl, Größe und Beschaffenheit müssen die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, die Bedürfnisse des ruhenden Verkehrs sowie die Erschließung durch Einrichtungen des öffentlichen Personennahverkehrs in bewährter Art und Weise Beachtung finden. Für den Fall, dass eine Kommune von einer satzungsrechtlichen Regelung Gebrauch macht, haben wir einen Rahmen für die Verwendung und die Höhe der Ablösungsbeiträge formuliert. Die Ablösungsbeiträge dürfen demnach für die Herstellung zusätzlicher oder die Instandhaltung oder Modernisierung bestehender Parkeinrichtungen oder sonstige Maßnahmen zur Entlastung der Straßen von ruhendem Verkehr einschließlich investiver Maßnahmen des öffentlichen Personennahverkehrs und die Förderung von öffentlichen Fahrradabstellplätzen eingesetzt werden.
Des Weiteren haben wir Aussagen zur Höhe getroffen. Die Höhe der Ablösungsbeiträge richtet sich nach der Art der Nutzung und der Lage der Anlage und darf 60 % der durchschnittlichen Kosten eines Stellplatzes in diesem Gebiet nicht übersteigen. Damit wollen wir sicherstellen, dass wir hier kein neues Erlösmodell schaffen, sondern dass die Kommunen dem Rechnung tragen, was der eigentliche Hintergrund ist – das klang auch in Ihrem Redebeitrag an –: das Bauen, gerade von Wohnungen, zu vereinfachen, zu erleichtern und zu begünstigen.
Ihres Gesetzes – ich hoffe, das ist deutlich geworden – bedarf es daher nicht, da wir in der Sächsischen Bauordnung in § 49 eine eigene Regelung gemeinsam mit dem Koalitionspartner formuliert haben. Wir werden daher Ihren Entwurf ablehnen.