Genau das ist der springende Punkt. Ein berechtigter Grundsatz, dem der vorliegende Antrag bedauerlicherweise nicht folgt, daß nämlich alle Ressorts in diese Strategie einzubinden sind, wird verletzt.
Da beide Anträge, sieht man von dieser Engführung einmal ab, weitgehend kongruent sind - die Unterschiede sind ja nur marginal, Frau Budde; ob die Formulierung „strategischer Fahrplan“ besser ist als die Formu
lierung „Gesamtkonzept“ sei dahingestellt -, schlagen wir vor, den Fokus bei der Anhörung der entsprechenden Verbände, der Landesregierung usw. zu erweitern. Jedem Ausschuß, der beteiligt wird, sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, mindestens drei Vorschläge für diese Anhörung einzubringen.
Wenn wir uns darauf verständigen können, können wir Ihrem Änderungsantrag durchaus zustimmen, denn er ist, wie gesagt, mit unserem Antrag weitgehend kongruent. - Herzlichen Dank.
Das ist jetzt ein bißchen schwierig für mich, Herr Kollege. Sie schlagen also vor, Ihren Antrag zu erweitern?
Meine Damen und Herren! Wir kommen damit zum Abstimmungsverfahren zu den Drs. 3/2734 und 3/2806. Es ist zunächst über den Änderungsantrag der SPD in Drs. 3/2806 abzustimmen. Wer stimmt dem Änderungsantrag zu? - Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? Wenige Enthaltungen. Damit ist dem Änderungsantrag gefolgt worden.
Ich lasse jetzt über den Ursprungsantrag in der soeben beschlossenen Fassung abstimmen. Wer stimmt zu? Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Ebenfalls keine. Damit ist der Antrag einstimmig beschlossen worden. Der Tagesordnungspunkt 26 ist beendet.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem heutigen Antrag beabsichtigt die PDSFraktion, ein Thema anzusprechen, welches bislang in starkem Maße in der Öffentlichkeit unterbeleuchtet ist. Häusliche Gewalt ist eine Form der Gewalt, von der zum größten Teil Frauen betroffen sind. Insgesamt 90 % der Fälle häuslicher Gewalt - das haben Umfragen ergeben - betreffen Frauen. Jede dritte Frau erlebt mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt im häuslichen Bereich.
Bislang ist es so, daß das Thema „Gewalt gegen Frauen“ darauf reduziert wird, Geld für Frauenhäuser, was sehr wichtig ist, zur Verfügung zu stellen. Das löst allerdings das Problem in den Ursachen nicht.
Nunmehr hat sich die Bundesregierung im Rahmen des Aktionsplans zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen dieser speziellen Problematik zugewendet. Das ist gut und wird von uns ausdrücklich unterstützt. Auf der Seite 30 dieses Konzeptes heißt es unter Punkt b - ich zitiere mit Ihrer Genehmigung, Frau Präsidentin -:
„Zur Bekämpfung der häuslichen Gewalt wird die Bundesregierung eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einberufen, in der die fachlich betroffenen Bundesministerien, die Fachkonferenzen der Bundesländer sowie Nichtregierungsorganisationen vertreten sein werden. Ausgehend von der in diesem Aktionsplan dargestellten Gesamtstrategie soll sich diese Arbeitsgruppe auf den konkreten Handlungsbedarf verständigen, die notwendigen Maßnahmen festlegen und deren Umsetzung begleiten.“
In dem Sinne ist unser Antrag eine gute Ergänzung; denn das Ganze macht nur Sinn, wenn in den Ländern konkrete Maßnahmen ergriffen werden.
Dabei sollten wir auch einmal nach Österreich schauen und die dort gemachten Erfahrungen in die Diskussion einbeziehen.
- Ich denke, das Thema ist zu ernst, als daß wir es ins Lächerliche ziehen. - Dort werden gewalttätige Männer der eigenen Wohnung oder des Hauses verwiesen. Das ist ein nicht nur in Österreich sehr umstrittenes Gesetz. Auch in der PDS gibt es dazu kontroverse Standpunkte.
Einigkeit besteht allerdings darin, daß wir insbesondere bei der Polizei eine stärkere Sensibilisierung einfordern sollten; denn oftmals haben wir den Eindruck, daß die Beamtinnen und Beamten mit der Situation, die sie vor Ort vorfinden, überfordert sind.
Aus diesem Grund legen wir großen Wert darauf, daß die Landesregierung im Zusammenhang mit der Berichterstattung insbesondere darlegen sollte, in welcher Form Polizeibeamtinnen und -beamte für diese besondere Form der Gewaltausübung sensibilisiert und für den Umgang damit geschult werden.
Wir brauchen eine Enttabuisierung dieses Themas nicht nur bei der Polizei, sondern insbesondere in der Gesellschaft.
Interessant ist übrigens, daß laut Aussage des zuständigen Staatssekretärs in Österreich mehr Polizeibeamte bei Einsätzen aufgrund häuslicher Gewalt sterben als bei terroristischen Anschlägen.
In diesem Sinne hoffe ich, daß wir ins Gespräch kommen und daß der Antrag meiner Fraktion beschlossen wird. Damit wird der erste Schritt zur Enttabuisierung von häuslicher Gewalt in Sachsen-Anhalt vollzogen und
ein konkreter Beitrag zur Untersetzung des vom Landtag im Januar beschlossenen Landesaktionsplanes zur Ächtung der Gewalt gegen Frauen geleistet. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.
Herr Gärtner, ist Ihnen bekannt, daß es bereits seit 1991 verstärkt Gespräche gab, nicht nur mit der Polizei, sondern auch mit vielen anderen Institutionen, in bezug auf die Problematik der Gewalt in der Familie und der Gewalt gegen Frauen, um dies auch über die Weiterbildungsmaßnahmen für die Polizei bei der Fachhochschule Aschersleben und für viele andere Bereiche zu institutionalisieren und voranzutreiben?
Ich finde es etwas unangemessen, daß Sie sagen, daß sie jetzt enttabuisieren wollen, obwohl dies bereits seit 1990 mit Hilfe vieler Gleichstellungsbeauftragter in diesem Land geschieht.
(Frau Bull, PDS: Das ist doch gesellschaftlich ta- buisiert, Frau Stange! Das ist doch ein Unter- schied! - Zuruf von Frau Stange, CDU)
Ich glaube aber, es ist so, daß es in der Fachebene bekannt ist, daß es jedoch in der allgemeinen Öffentlichkeit, in der Gesellschaft nicht thematisiert wird.
Dort wird es tabuisiert. Ich denke, es ist Sinn und Zweck des Antrags, daß wir es enttabuisieren. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Im Ältestenrat ist eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion vereinbart worden. Die Fraktionen sprechen in der Reihenfolge SPD, FDVP, CDU, DVU-FL, PDS. Als erster erteile ich jedoch für die Landesregierung Ministerin Frau Dr. Kuppe das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen Abgeordneten! Herr Gärtner, es ist richtig, daß Schätzungen davon ausgehen, daß es in nahezu jeder dritten Partnerschaft zu Gewalttätigkeiten gegen Frauen kommt. Das ist schockierend und beschämend. Konkrete Zahlen dazu liegen uns allerdings nicht vor. Ich erhoffe mir verbesserte Erkenntnisse durch die von der Bundesfrauenministerin angekündigte umfassende Untersuchung.
Besonders kritisch ist aus meiner Sicht allerdings, daß häusliche Gewalt von der Umgebung noch viel zu oft