Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

Eine Auskömmlichkeit der Finanzierung der übertragenen Aufgaben wird bei Ihrem Gesetzesentwurf lediglich unterstellt. Zugleich wird in der Begründung zu dem Gesetzentwurf mit einem nichts darstellenden Pro-KopfBetrag hantiert. Wie und zu welchen Lasten die Kommunen mögliche Defizite finanzieren sollen, lässt die vorgeschlagene Regelung völlig offen; sie lässt die Kommunen im Regen stehen. Sie ignorieren damit sowohl die chronische kommunale Unterfinanzierung als auch die landesseitig auferlegten Haushaltskonsolidierungszwänge.

Werte Damen und Herren! Die Fraktion der Linkspartei.PDS fordert die Landesregierung auf, zeitnah die Definition der finanziellen Mindestausstattung der Kommunen unseres Landes in Angriff zu nehmen und eine stringente Gesetzesfolgenabschätzung, insbesondere bei Aufgabenverlagerungen auf die Kommunen, vorzunehmen.

Die Fraktion der Linkspartei.PDS stimmt der Überweisung des Gesetzentwurfs zur federführenden Beratung in den Innenausschuss und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Finanzen sowie für Landesentwicklung und Verkehr zu. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Danke sehr, Herr Grünert. - Für die SPD-Fraktion hätte Herr Rothe noch einmal die Möglichkeit zu sprechen. - Er möchte nicht mehr reden.

Dann treten wir in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 5/397 neu ein. Ich habe vernommen, dass einer Überweisung als solcher nichts im Wege steht. Fast alle Redner haben sich für eine Überweisung zur federführenden Beratung in den Innenausschuss sowie zur Mitberatung in den Finanzausschuss und in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr ausgesprochen. Gibt es dagegen Widerspruch, darüber insgesamt abzustimmen?

(Herr Tullner, CDU: Nein!)

Das ist nicht der Fall. - Wer der Überweisung zur federführenden Beratung in den Innenausschuss und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Finanzen sowie für Landesentwicklung und Verkehr zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das ist einstimmig beschlossen worden. Damit ist der Gesetzentwurf in die Ausschüsse überwiesen worden. Wir schließen den Tagesordnungspunkt 2.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf:

Fragestunde - Drs. 5/402

Es liegen Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Drs. 5/402 insgesamt zwei Kleine Anfragen vor.

Die Frage 1 stammt vom Abgeordneten Uwe Heft. Der Abgeordnete Herr Heft hat signalisiert, dass er zum Zeit

punkt der Behandlung dieses Tagesordnungspunktes nicht anwesend sein könne. Die Frage und die Antwort der Landesregierung werden deshalb gemäß § 45 Abs. 4 Satz 4 der Geschäftsordnung zu Protokoll gegeben.∗

Ich rufe die Abgeordnete Frau Dr. Hüskens auf. Sie wird die Frage 2 zum Thema Verpflichtende Vorsorgeuntersuchung stellen. Bitte sehr, Frau Dr. Hüskens.

In der 3. Sitzung des Landtages der fünften Wahlperiode hat die Mehrheit des Landtages die Landesregierung aufgefordert, Regelungen zu erlassen, die für alle Kinder die Pflicht zur Vorlage der altersentsprechend erfolgten Vorsorgeuntersuchungen bei Aufnahme in eine staatlich geförderte Kindertageseinrichtung festschreiben. In Berichten der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom 29. November 2006 und in einem Interview im „Focus“ vom 4. Dezember 2006 äußern sich sowohl Ministerin Kuppe als auch Ministerpräsident Böhmer ablehnend bezüglich einer gesetzlichen Pflichtvorsorgeuntersuchung.

Ich frage die Landesregierung:

1. Plant die Landesregierung, vom Beschluss 5/3/30 B des Landtages abzuweichen?

2. Welche Konzeption verfolgt die Landesregierung künftig, um der Vernachlässigung von Kindern vorzubeugen?

Danke sehr, Frau Dr. Hüskens. - Frau Ministerin Dr. Kuppe wird seitens der Landesregierung antworten. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen Abgeordneten! Im Namen der Landesregierung beantworte ich die Fragen der Abgeordneten Frau Dr. Hüskens wie folgt.

Zu Frage 1: Nein. Ich nehme in diesem Zusammenhang Bezug auf die Mitteilung der Landesregierung zum Landtagsbeschluss vom September 2006.

Zu Frage 2: Sachsen-Anhalt will das Frühwarnsystem zum Schutz von gefährdeten Kindern ausbauen und effizienter gestalten. Jugend-, Sozial- und Gesundheitsämter, Beratungsstellen, die Ärzteschaft, Hebammen, Kitas, Schulen sowie Justiz und Polizei müssen noch besser miteinander arbeiten. Wir wollen die bisweilen noch vorhandene Abgrenzung der Institutionen aufbrechen und Lücken im Hilfesystem aufspüren.

Deshalb habe ich für den kommenden Montag zur konstituierenden Sitzung eines Expertenrates unter dem Titel „Allianz für Kinder in Sachsen-Anhalt“ eingeladen. Ich erhoffe mir von den Expertinnen und Experten aus den eben genannten Bereichen wichtige Erkenntnisse und Impulse. In den Expertenrat ist auch die kommunale Ebene, auf der es eine Reihe guter Ansätze gibt - ich nenne beispielsweise die regionalen Sozialzentren in den Stadtteilen der Stadt Magdeburg und das Pro-aktivSystem der Stadt Halle -, eingebunden.

∗ siehe Anlage zum Stenografischen Bericht

Ein weiterer Baustein des Frühwarnsystems ist das Familienhebammen-Projekt. Perspektivisch sollen mindestens 28 Familienhebammen, also zwei pro künftigen Landkreis bzw. kreisfreier Stadt, in unserem Land tätig werden.

In der morgigen Sitzung des Bundesrates wird SachsenAnhalt zusammen mit Hamburg einen Entschließungsantrag für die Ausweitung und Qualifizierung der Früherkennungsuntersuchungen im Sinne des Kindeswohles einbringen. Ziel ist es, die rechtlichen Grundlagen für die bereits im Mai dieses Jahres vom Bundesrat beschlossenen Grundsätze zu schaffen. Wir wollen eine Steigerung der Teilnahmequote an den Früherkennungsuntersuchungen, eine Steigerung der Verbindlichkeit der Teilnahme, die Aufnahme spezifischer Untersuchungsinhalte gerade in Bezug auf Vernachlässigung und Misshandlungen, eine Neubestimmung der Untersuchungsintervalle und die Nutzung der Information über die Nichtteilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen durch Länder und kommunale Behörden erreichen.

Darüber hinaus prüft das Ministerium für Gesundheit und Soziales, wie die Rechte der Kinder umfassend in unserer Landesverfassung verankert werden können und ob mit freiwilligen Diensten im Land ein Projekt „Familienpatinnen und -paten“ entwickelt werden kann.

Danke sehr, Frau Ministerin. - Es gibt Nachfragen. Bitte sehr, Herr Kley.

Frau Ministerin, Sie nahmen eben Bezug auf die morgige Diskussion im Bundesrat und auf die Stärkung der Verbindlichkeit der Vorsorgeuntersuchungen. Welchen Weg präferiert Sachsen-Anhalt bei der Stärkung der Verbindlichkeit? Wollen Sie bei einer Nichtteilnahme das Kindergeld streichen, den Kindergartenbesuch verbieten oder welche Überlegungen gibt es?

Letztere Überlegungen sind bei uns nicht angestellt worden. Wir wollen ein verbindliches Einladungssystem über die Krankenkassen erreichen. Wir wollen, dass die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen werden, dass bei einer Nichtinanspruchnahme der Vorsorgeuntersuchungen diese Information an die Landesebene und dort an die zuständigen Stellen für den öffentlichen Gesundheitsdienst sowie an die entsprechende kommunale Ebene gelangen und daraufhin Eingriffsmöglichkeiten, zum Beispiel vonseiten der Gesundheits- und Jugendämter der Landkreise und kreisfreien Städte, bestehen. Dabei handelt es sich um eine aufsuchende Tätigkeit, um festzustellen, ob eine Nachlässigkeit vonseiten der Eltern vorliegt oder ob Nachlässigkeit in Vernachlässigung übergegangen ist. Wir wollen ein dreistufiges System: verbindliche Einladung, Kontrolle der Wahrnehmung der Einladung und ein Eingriffssystem.

Danke sehr, Frau Ministerin. - Damit ist die Frage 2 beantwortet worden und die Fragestunde ist abgeschlossen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 4:

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes über die Regelung der StadtUmland-Beziehungen der Stadt Halle (Saale) und die Bildung eines Landkreises Region Halle-Merseburg (Stadt-Umland-Gesetz Region Halle-Merseburg)

Gesetzentwurf der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drs. 5/122

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres - Drs. 5/388

Die erste Beratung fand in der 4. Sitzung des Landtages am 6. Juli 2006 statt. Berichtererstatter, wie Sie alle schon sehen, ist der Abgeordnete Herr Madl. Bitte sehr.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich schon hingestellt, um Zeit zu sparen, wie Herr Rothe das schon angedeutet hat.

Der Landtag hat den Gesetzentwurf in der Drs. 5/122 in der 4. Sitzung am 6. Juli 2006 zur federführenden Beratung in den Innenausschuss und zur Mitberatung in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr überwiesen.

Mit diesem Gesetzentwurf verfolgt der Einbringer das Ziel, die Rahmenbedingungen für einen gerechten Vorteilslastenausgleich zwischen der Stadt Halle und dem Umland zu schaffen, ohne dabei die zum 1. Juli 2007 wirksam werdende Kreisgebietsreform zu gefährden. Der Gesetzentwurf soll dazu dienen, die Gemeinden, die Vorteile aus der Suburbanisierung ziehen, in gerechtem Maße in den Ausgleich einzubeziehen. Darüber hinaus wird mit dem Gesetzentwurf das Ziel verfolgt, die gemeinsame Flächennutzungsplanung zu optimieren.

Aus der Sicht der Fraktion der Linkspartei.PDS ist dieser Gesetzentwurf ein alternativer Vorschlag für eine regional ausgerichtete Lösung der spezifischen Probleme der Stadt-Umland-Beziehungen des Oberzentrums Halle, die entwicklungsoffen und geeignet sein soll, auf Zwangseingemeindungen zu verzichten.

Der Ausschuss für Inneres hat sich erstmals in der 4. Sitzung am 28. September 2006 mit dem Gesetzentwurf befasst.

Seitens der Regierungsfraktionen wurde in der Beratung auf den zwischen beiden Fraktionen abgeschlossenen Koalitionsvertrag verwiesen, der besagt, dass an der vom Landtag im Jahr 2005 beschlossenen Kreisgebietsreform - mit Ausnahme der Region Zerbst und Umlandgemeinden - festgehalten wird. Unabhängig davon wird die in dem Gesetzentwurf vorgeschlagene Lösung von der Mehrheit des Innenausschusses für politisch nicht durchsetzbar gehalten, weil die in dem Gesetzentwurf vorgeschlagene Lösung zu einer isolierten Regionalkreisbildung nur für die Stadt Halle unter Beibehaltung der Kreisfreiheit etwa für die Stadt Magdeburg führen würde.

Unter dem Aspekt, dass sich die Gemeinden zurzeit in einem sehr diffizilen und störungsanfälligen Prozess der Bildung von Zweckverbänden auf der Grundlage des Kommunalneugliederungs-Grundsätzegesetzes befinden, sprach sich die Mehrheit der Ausschussmit

glieder gegen die Verabschiedung des in Rede stehenden Gesetzes aus.

Aus diesem Grund fand auch der Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS auf eine schriftliche Anhörung der Gemeinden der Landkreise Merseburg-Querfurt und Saalkreis sowie der Stadt Halle keine Mehrheit.

Im Ergebnis der Beratung dieses Gesetzentwurfs empfahl der federführende Innenausschuss dem mitberatenden Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr in einer vorläufigen Beschlussempfehlung mit 9 : 2 : 0 Stimmen, den Gesetzentwurf abzulehnen.

Der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr nahm den vorliegenden Gesetzentwurf in der 6. Sitzung am 3. November 2006 auf die Tagesordnung. Die Mehrheit dieses Ausschusses hielt eine isolierte Betrachtung der Stadt Halle und des Saalkreises unter Ausblendung der bisherigen Beschlüsse und Entwicklungen im gesamten Land für falsch und schloss sich im Ergebnis der Beratung mit 9 : 3 : 0 Stimmen der vorläufigen Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Inneres an.

Nach Vorlage der Beschlussempfehlung des mitberatenden Ausschusses nahm der Innenausschuss den Gesetzentwurf in der 10. Sitzung am 30. November 2006 erneut auf die Tagesordnung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Innenausschuss verabschiedete am 30. November 2006 zu dem in der Drs. 5/122 vorliegenden Gesetzentwurf unter Verweis auf die Koalitionsvereinbarung und die Anwendung des Kommunalneugliederungs-Grundsätzegesetzes eine Beschlussempfehlung an den Landtag und empfiehlt diesem mit 8 : 3 : 0 Stimmen, den Gesetzentwurf abzulehnen.

Im Namen des Ausschusses für Inneres bitte ich um Ihre Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung; sie liegt Ihnen in der Drs. 5/388 vor. - Vielen Dank.