Besonders erschwert ist es in Sachsen-Anhalt natürlich dadurch, dass wir durch die Landtagswahlen viel Zeit verloren haben, uns in die Beratungen mit einzubringen, und deswegen jetzt natürlich einen großen Zeitdruck haben, wenn noch vor der Sommerpause in Berlin die Abstimmung darüber gemacht werden soll.
Zweifelsfrei ist - das haben alle Redner bisher gesagt -, dass wir eine solche Reform brauchen und dass wir Veränderungsbedarf haben, weil sich der Föderalismus in der Bundesrepublik in einer Art und Weise entwickelt hat, die ein aktives und schnelles Handeln sehr erschwert.
Meine Überzeugung ist jedoch, dass sich die, wie es von vielen genannt wurde, Mutter der Reformen zu einer Stiefmutter entwickelt hat, die besonders für die struktur- und finanzschwachen Kinder, insbesondere im Osten Deutschlands, Nachteile mit sich bringt.
Die Mutter bevorzugt die schönen, die reichen und die erfolgreichen Kinder, und zwar - das ist auch schon gesagt worden - besonders im Süden dieses Landes. Das wird uns sicher in der Zukunft noch an einigen Stellen auffallen. Besonders deutlich wird das in den Bereichen Dienstrecht, Bildung und auch bei den sozialen Themen. Der Wettbewerbsföderalismus - auch über den haben wir mit den Kollegen der FDP schon des Öfteren einmal diskutiert - ist an sich nichts Schlechtes, aber die Ausgangsbedingungen sind derzeit nicht dieselben; deshalb werden wir einige dieser Regelungen hier in SachsenAnhalt als einen Bumerang empfinden.
Bei allen im Antrag angesprochenen Themen regen sich auf Bundesebene zumindest, aber auch in den Ländern, bei Verbänden, bei Sachverständigen und bei Politikern Widerstände, auch deshalb, weil viele eine zunehmende Kleinstaaterei im zusammenwachsenden Europa befürchten.
Wir müssen als Landtage natürlich auch die Größe haben, zuzugeben, dass es Aufgaben gibt, die bundeseinheitlich besser zu regeln wären, statt dass wir dies in den 16 Ländern tun. Das ist aber eine Frage, bei der uns die Kompetenz dadurch entzogen wurde, dass wir keine Mitberatungsmöglichkeit hatten.
Im Bundestag - Frau Klein hat es soeben schon angesprochen - gibt es dazu eine heftige Diskussion. Heute versucht die SPD-Fraktion, eine Lösung für einige dieser Probleme zu finden. Ich weiß noch nicht, was dabei herausgekommen ist. Ich bin auch gespannt darauf, was es wird.
Ich persönlich bin für Nachbesserungen bei der Föderalismusreform, weiß aber natürlich auch um die damit verbundenen Probleme.
Natürlich gibt es viele, die Nachbesserungen wollen; eine pauschale Mehrheit für diese Nachbesserungen würde sich ohne Weiteres finden lassen. Aber eine Mehrheit und dann eben noch eine Zweidrittelmehrheit für konkrete Nachbesserungen wird sich sicher nur in eng begrenzten Einzelfällen finden lassen.
Ich weiß natürlich auch um die Schwierigkeiten des Ministerpräsidenten, der, da er ja an den Verhandlungen sehr intensiv beteiligt war, in gewisser Weise im Wort steht. Wir als SPD haben ein ähnliches Problem. Wir haben einen stellvertretenden Bundesparteivorsitzenden, der auch nicht im luftleeren Raum agiert und hinterher im Bundesrat seine Hand heben muss. Es ist nicht minder schwer, dieses Problem zu lösen. Dennoch bitte ich die Vertreter des Landes im Bundesrat, möglichen Änderungen, die sich vielleicht noch in Zukunft ergeben, im Interesse des Landes die Zustimmung nicht zu versagen.
Ich habe es eben gesagt: Der Landtag - deswegen werden wir unseren Vorschlag zum Umgang mit dem Antrag nachher entsprechend unterbreiten - kann relativ wenig machen, da wir bisher weder an den Beratungen noch an der Beschlussfassung im Bundesrat beteiligt sind. Trotzdem sollen und müssen wir uns im Landtag mit den Einzelthemen befassen, da wir dort jeweils als Land Zuständigkeiten bereits haben oder eben nach abgeschlossener Reform bekommen werden.
Nicht nur wegen der knappen Zeit - ich habe darauf hingewiesen -, sondern auch, weil wir eine Reform der bundesstaatlichen Ordnung brauchen, dürfen Einzelfragen nicht zum Scheitern der Reform führen. Deshalb ist der Antrag so, wie er da steht, für uns nicht zustimmungsfähig. Wir plädieren für eine Überweisung in die betroffenen Ausschüsse unter Federführung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien. Dafür bitte ich um Ihre Zustimmung. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst zwei Vorbemerkungen machen. - Herr Staatsminister, bei Ihren Ausführungen - ich sage das jetzt einmal ein bisschen überspitzt - sind mir ja fast die Tränen gekommen ob der Rolle der Landesparlamente. Ich hätte mir gewünscht, dass sich die Landesregierung auch bei der Frage des Stimmrechts in der Bundesstaatskommission zugunsten der Landesparlamente - denn dazu wären wir auch in der Lage gewe
sen - dazu hätte durchringen können, eine andere Lösung zu finden, genauso wie die beiden großen Volksparteien im Bundestag.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Staatsminister, Sie haben natürlich insoweit Recht: Wenn wir Kompetenzen übertragen bekommen, dann wird - davon gehe ich auch aus - dieser Landtag sehr sorgsam mit diesen Kompetenzen umgehen. Es muss dann auch durchaus geprüft werden, inwieweit man keine 16 Einzelregelungen schafft, sondern sich möglichst auf bestimmte Dinge verständigt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Freien Demokraten in Sachsen-Anhalt stehen auch nach der Landtagswahl zu der vorgeschlagenen Reform der bundesstaatlichen Ordnung.
Das bedeutet, wir werden - das haben wir auch in den früheren Debatten immer wieder betont - dieses Paket mittragen. Uns ging es immer auch um eine offene Sachdebatte. Die hat, zumindest was die Anhörungen betrifft, begonnen. Ich glaube und vertraue fest auf die beiden großen Volksparteien, die in Berlin regieren, dass es an der einen oder anderen Stelle, ohne das Paket aufzuschnüren, sachlich begründete Änderungen geben wird. Ich denke, die kann auch die FDP mittragen, sowohl im Bundesrat als auch natürlich hier im Landtag von Sachsen-Anhalt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden den Antrag der Linkspartei ablehnen. Herr Tögel hat jetzt vorgeschlagen, ihn in den Ausschuss zu überweisen. Das würden wir auch unterstützen, um dort noch einmal Einzelpunkte zu diskutieren. Wir lehnen ihn inhaltlich deshalb ab oder wollen ihm deshalb heute nicht zustimmen, weil er nur einige wenige Punkte herausgreift, die - darauf ist in der Debatte bereits hingewiesen worden - immer wieder auf Zentralismus zusteuern. Die Freien Demokraten setzen eben nicht auf Zentralismus, sondern sie setzen auf den Wettbewerbsföderalismus. Deshalb werden wir solche Bestrebungen jetzt nicht unterstützen.
Andere Punkte, meine sehr geehrten Damen und Herren der Linkspartei, werden in Ihrem Antrag gänzlich außer Acht gelassen, so etwa - da komme ich wieder auf mein Thema zurück, das wir hier in mehreren Debatten bereits besprochen haben - die Frage der zentralen Kompetenz für die Terrorismusbekämpfung für das BKA. Das meine ich mit sachlich begründeten Änderungen, die die beiden Volksparteien in Berlin sicherlich noch verabreden werden. Außer dem Präsidenten des BKA, von dem wir ja alle annehmen, dass er parteiisch ist und dass er das sagen muss, haben alle Sachverständigen gesagt: Wir wollen eine solche zentrale Kompetenzverlagerung auf den Bund bzw. auf das BKA nicht. Ich glaube, dem sollte man sich anschließen und man sollte daran auch eine Reform der bundesstaatlichen Ordnung nicht scheitern lassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was mir etwas Sorge bereitet, ist die Frage, wie man jetzt mit den Anhörungsergebnissen umgeht. Da ist - das macht das Verfahren wieder undurchsichtig - die Rede davon, dass die Koalitionsfraktionen in Berlin sich dann sozusagen intern einigen werden. Eine Debatte, eine Anregung aus Bundesrat oder Bundestag scheint da nicht gewollt zu sein. Das riecht so ein bisschen nach Hinterzimmerbeschlüssen. Das ist dieser Sache nicht angemessen.
Ich finde, man kann mit den Anhörungsergebnissen offen umgehen und wird zu gleichlautenden Ergebnissen kommen; da bin ich ganz sicher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte an dieser Stelle abschließend auf zwei Dinge hinweisen. Erstens. Wir sehen es als notwendig an, dass in einem zweiten Schritt auch die Reform der Finanzverfassung mit Besonnenheit, mit Ruhe und ohne Zeitdruck, aber demnächst angegangen wird. Wir müssen die Finanzbeziehungen im Grundgesetz neu regeln. Das kann nach dem Auslaufen des Solidarpaktes II geschehen. Aber wir sollten es jetzt beginnen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Einen zweiten Punkt will ich an dieser Stelle ankündigen. Wir werden in den Ausschüssen des Landtages einzelne Punkte noch einmal sehr genau daraufhin abfragen, inwieweit das Land oder vielmehr die Landesregierung auf eventuelle Aufgabenverlagerungen vorbereitet ist. Das gilt insbesondere für die Fragen des Strafvollzugsrechts oder der Aufgabenverlagerung auf die Notariate. Auch dort hat sich in den Anhörungen mehrheitlich eine durchaus andere Position ergeben, als sie bisher dargestellt wird. Aber das wird man in den Fachausschüssen durchaus noch einmal diskutieren können. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Erneut beraten wir heute über einen Antrag der PDS-Fraktion zur Föderalismusreform. Es ist schon daran erinnert worden, dass wir dies in dieser Runde schon mehrfach gemacht haben. Ich will einleitend einige allgemeine Sätze sagen.
Sicherlich sind wir in den letzten 50 Jahren - die neuen Länder erst seit 1990 - mit dem Prinzip des Föderalismus nicht schlecht gefahren.
Ohne die föderale Ordnung ist die politische und wirtschaftliche Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland nicht vorstellbar und erklärbar. Gleichwohl - darüber besteht Einigkeit - muss der Föderalismus reformiert werden, da sich insbesondere der europäische und der globale Rahmen für die Bundesrepublik Deutschland dramatisch verändert haben. Diese Erkenntnis ist nicht neu; sie besteht schon seit mindestens 20 Jahren.
Es ist allerdings unstreitig, dass Deutschland eine Reform des Föderalismus mit dem Ziel einer substanziellen Stärkung der Handlungs- und Politikfähigkeit des Bundes und vor allem der Länder braucht. Dieser Prozess ist nun in vollem Gange. Die Anhörungen von Bundestag und Bundesrat, die in den vergangenen Wochen stattgefunden haben, wurden schon erwähnt und auch die Diskussionen, die im Nachgang erfolgt sind.
Der Landtag, meine sehr verehrten Damen und Herren, konnte sich bisher stets darauf verlassen, dass die Landesregierung diesen Prozess immer zum Wohle des Landes Sachsen-Anhalt begleitet hat. Damit komme ich jetzt zu Ihrem Antrag, Frau Klein, zu dem Antrag der
Vielen Dank für Ihre Erläuterungen zum Thema Föderalismusreform. Ich sehe, Sie haben das Thema und die Inhalte dieser Reform verstanden. Allerdings lässt mich Ihre Kritik am Zustandekommen der Ergebnisse der Föderalismusreform schon daran zweifeln, dass Sie die demokratischen Abläufe zur Gänze verstanden haben.
Noch eine Sache, Frau Klein: Sie sagten in Ihrer Rede, dass dies insbesondere ein Ost- oder ein linkes Thema sei. Sie stellen damit dar - so habe ich es verstanden -, dass Ostpolitik gleich linke Politik ist. Bevor das unwidersprochen so im Protokoll steht, möchte ich nur daran erinnern, dass eigentlich ein anderes politisches Lager die größten Erfolge für die Menschen in den neuen Bundesländern erreicht hat.
Ihr Antrag bezieht sich auf die Frage, ob sich die Landesregierung denn überhaupt zum Wohle unseres Landes in diesen Prozess eingebracht habe. Ich sehe eigentlich in den Erläuterungen zu diesem Antrag, die Sie schriftlich niedergelegt haben, und auch in Ihrer Rede keinen Bezug zu den Punkten, die Sie hier dargelegt haben. Sie beziehen sich nicht auf das Wohl des Landes Sachsen-Anhalt. Es kam mir eher so vor wie eine Generaldebatte. Wahrscheinlich hätte man das Thema auch im Rahmen einer Aktuellen Debatte behandeln können. Aber dann hätten wir mehr Redezeit gehabt als Sie. Ich sehe diesen Antrag als ein Umgehen einer ausführlichen Debatte zu diesem Thema.
Sie sprechen in Ihrem Antrag verschiedene politische Themen an, auf die Sie in Ihrer Rede gar nicht eingegangen sind. Dabei handelt es sich um die Bereiche der Bildung, der Kinder- und Jugendhilfe, der öffentlichen Fürsorge, des Dienstrechts, der Umwelt, der Kommunen, des Strafvollzugs und des Heimrechts. Kein einziges Mal gehen Sie in Ihrer Rede darauf ein, wie und wann sich die Landesregierung in diesen Politikbereichen zum Wohle des Landes hätte einsetzen sollen. Was Sie allerdings nicht ansprechen, sind die Fragen der Finanzverfassung. Da sind, so glaube ich, elementare Fragen zu klären gewesen, die für die Zukunft unseres Landes von enormer Bedeutung sind.
Wir werden, wie es von der SPD-Fraktion beantragt worden ist, einer Überweisung in den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheit sowie Medien und in weitere, mitberatende Ausschüsse zustimmen.
Abschließend will ich noch einmal klarstellen: Die Landesregierung hat sich stets zum Wohle des Landes in diesen Prozess eingebracht. Wir sehen es zum einen daran, dass die Diskussion über den Solidarpakt II für die ostdeutschen Länder erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Auch unsere Landesregierung hat dazu beigetragen, dass der Solidarpakt II im Grundgesetz festgeschrieben werden soll.
Bei der Auflösung der Mischfinanzierung haben es die neuen Länder nicht zuletzt erreicht, dass die Höhe der Bundesmittel für den Hochschulbau und die Verkehrsfinanzierung bis zum Jahr 2013 festgeschrieben wurde, und zwar in ihrer jetzigen Höhe. Sie unterliegen damit nicht mehr der jährlichen Haushaltsberatung im Bundestag. Ich denke, das ist ein großer Erfolg, den unsere Landesregierung erzielen konnte.
Wir werden einer Ausschussüberweisung zustimmen und freuen uns auf die Beratungen in den Ausschüssen. Ich gehe jedoch davon aus, dass der Antrag die Ausschüsse nicht so verlassen wird, wie er eingebracht wurde. - Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. - Frau Klein, Sie haben eine Frage angemeldet.
Herr Schulz, ich habe eine Frage. Sie sagten, dass die Föderalismusreform die europäische und die globale Entwicklung berücksichtigt. Könnten Sie mir sagen, an welchen Punkten dies der Fall ist?