Einer der Sachverständigen der Föderalismuskommission II, Professor Bofinger, schlug eine Steuersenkungsbremse vor. Nach dieser dürfte die Politik die Steuern erst dann senken, wenn die Staatsverschuldung auf 50 % gesunken ist.
Wir haben lange darüber nachgedacht, warum ausgerechnet jetzt dieser Vorstoß zur Änderung der Landeshaushaltsordnung unternommen wird. Eine Dringlichkeit ist nicht gegeben. Bis zum Jahr 2020 haben die Länder die Grundgesetzänderung nachzuvollziehen.
Allerdings sind im nächsten Jahr Landtagswahlen; vielleicht will die Landesregierung der künftigen Landesregierung und den Abgeordneten ein paar Zügel mit auf den Weg geben. Spannend werden auch die Wahlprogramme der einzelnen Parteien sein, die mit diesem Gesetzentwurf arbeiten werden; denn sie dürften eigentlich nur Projekte enthalten, die sich im Rahmen eines geringer werdenden Haushaltsvolumens realisieren lassen. Oder der Finanzminister hat sich auch diesbezüglich eine Hintertür offen gelassen; denn es kann sein - wenn ich den Gesetzentwurf richtig gelesen habe -, dass das Gesetz möglicherweise erst im ersten Quartal in Kraft tritt.
Über die offenen Fragen im Gesetzentwurf werden wir uns sicherlich im Ausschuss noch unterhalten. Es gibt noch manches zu bereden.
Herr Scharf, Sie meinten, Schuldenmachen sei unsozial. Einer der Väter der deutschen Finanzwissenschaft, Lorenz von Stein - 1850 bis 1890 -, sagte: Ein Staat ohne Schulden tut entweder zu wenig für seine Zukunft oder fordert zu viel von seiner Gegenwart. - Darauf baute auch die goldene Regel der Staatsverschuldung, nach der die jährliche öffentliche Kreditaufnahme im Regelfall in Höhe der öffentlichen Investitionen erfolgen soll.
Wir bleiben dabei: Ein Schuldenverbot ist nicht die Lösung der Probleme. Im Gegenteil: Es führt zu einer weiteren Entstaatlichung. Von 1998 bis 2008 hat Deutschland als einziges Land in der EU seine gesamten Staatsausgaben preisbereinigt gesenkt.
Aber die Aufgaben sind geblieben; sie sind verdichtet worden und die Qualität ist gesunken. Was die Kernaufgaben des Staates sind, Frau Dr. Hüskens, das haben wir trotz Enquetekommission noch immer nicht herausgefunden.
Frau Dr. Klein, es gibt drei Fragen. - Wir gehen der Reihe nach. Zuerst Herr Kosmehl, der eine sofortige Nachfrage stellen wollte, dann Herr Tullner und dann Herr Gürth.
Erstens die einfachere Frage. Ich würde gern wissen, was aus Ihrer Sicht oder aus der Sicht der Fraktion DIE LINKE bzw. der Partei DIE LINKE ein Spitzenverdiener ist.
Zweitens. Sie haben gesagt, in der Bundesrepublik seien Steuersenkungen immer zugunsten der Besserverdienenden gemacht worden. Ich möchte Sie fragen, ob die zum Jahresanfang in Kraft getretenen Änderungen hinsichtlich des Kinderfreibetrages und damit die Entlastung der Familien tatsächlich für die Besserverdienenden gewesen sind.
(Herr Kosmehl, FDP: Wie viel muss man verdie- nen, um den Spitzensteuersatz zu zahlen? - Zu- rufe von der CDU)
(Herr Gallert, DIE LINKE: Nach unserem Konzept ab 70 000 € Jahreseinkommen pro Person! - Zu- ruf: Pro Monat?)
- Jahreseinkommen! - Selbstverständlich sind die Kindergelderhöhung und die Kinderfreibeträge nicht nur etwas für Besserverdienende. Die Freibeträge bekommen aber selbstverständlich nur diejenigen, die ein ausreichend hohes Einkommen haben, die anderen wählen in der Regel das Kindergeld.
Trotzdem waren die Mehrheit der Steuergesetze Steuersenkungsgesetze, zum Beispiel für die Hoteliers. Bis jetzt hat aber niemand die Steuersenkung weitergegeben.
Liebe Frau Dr. Klein, ich habe eigentlich keine Frage, sondern möchte eine Feststellung machen. Sicherlich wirken die Nachwehen Ihrer Parteiveranstaltung in der letzten Woche noch; denn ansonsten sind Sie immer relativ sachlich. Sie überraschen mich jetzt ein wenig durch Ihren kämpferischen Ton. Aber vielleicht hilft es Ihnen auch.
Ich möchte auf eines hinweisen. Sie mögen aus Ihrer Sicht Recht haben, wenn Sie sagen: Die Handlungsfähigkeit der Parlamentarier ist eingeschränkt. Dem könnte ich sogar etwas abgewinnen, wenn wir davon ausgehen würden, dass es bisher überhaupt keine Regelung gegeben hat. Aber wir hatten auch bisher eine Landeshaushaltsordnung, wir hatten auch bisher eine Verfassung und darin gab es auch Begrenzungen für das Schuldenmachen.
Diese Regelung hat sich aber als untauglich erwiesen. Deswegen greifen wir jetzt in Respekt vor der Handlungsfähigkeit des Parlaments - diese bleibt unbenommen - zu einer anderen, hoffentlich wirksameren Form einer Schuldenbegrenzung. Aber die Form haben wir vorher auch schon gehabt. Daher kann ich Ihr Argument nicht ganz nachvollziehen, dass damit die Handlungsfähigkeit des Parlaments eingeschränkt würde. Nach Ihrer Logik war sie es dann vorher auch schon.
Ich habe keine Frage, nur eine Zwischenintervention. Nach der Rede der Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE konnten wir heute feststellen, dass die Linksfraktion Besserverdienende - so war der Terminus - höher besteuern möchte. Wir stellen fest, dass nach den jetzigen steuerlichen Tarifen Facharbeiter in den Bereichen Banken, Versicherungen, Metall und Elektro, die tariflich entlohnt werden, im Sinne des Steuerrechts zu den Besserverdienenden zählen. Die CDU-Fraktion lehnt eine höhere Besteuerung von Facharbeitern ab; sie müssen mehr Netto vom Brutto haben und nicht weniger.
Ich möchte kurz auf die Frage von Herrn Kosmehl zurückkommen, die Herr Gallert so im Querwege beantwortet hat, weil ich sicher sein möchte, dass das stimmt. Im Augenblick zahlen wir den Spitzensteuersatz ab einem Jahreseinkommen von 52 882 €. Und die LINKE will die Einkommensgrenze jetzt auf 70 000 € erhöhen? Ist das richtig?
Ich müsste jetzt lügen; ich habe es nicht im Kopf. Aber wir gehen sehr weit hoch mit der Besteuerung: ab 250 000 € oder 270 000 €. Ich müsste es Ihnen nachliefern, ich habe es nicht mit. Aber wir kommen ja im Ausschuss noch einmal dazu. Es ist ausreichend gewesen; wir wären haarscharf dabei.
Okay. - Damit es nicht falsch stehen bleibt. Es gibt ein Steuerkonzept, darin haben wir gesagt: Wir wollen eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes haben. Diese würde nicht bereits bei 70 000 € greifen, aber nach unserem Steuerkonzept würden all diejenigen, die jetzt als Einzelperson ein Einkommen von mehr als 70 000 € zu versteuern haben, ab dieser Einkommensebene mehr Steuern bezahlen als jetzt. Und darunter fallen zumindest in Sachsen-Anhalt nicht allzu viele Facharbeiter, Herr Gürth.