Protokoll der Sitzung vom 27.09.2017

Was wir brauchen, ist eine neue Kaufmannsehre: Was bestellt wird, wird auch bezahlt. Die deutschen Tugenden müssen wieder in die Wirtschaft Einzug halten: Redlichkeit, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und Sparsamkeit.

(Beifall bei der AfD)

86,5 % der Insolvenzen in Sachsen-Anhalt sind Privatinsolvenzen. Was wir brauchen, ist einer, der den Privatleuten einmal sagt: Macht es nicht wie der Staat, lebt nicht auf Pump, führt einen soliden Haushalt! Ihr alle könnt rechnen. Mit 99 € im Monat kann ich kein neues Auto bezahlen; das muss jedem klar sein. Wenn ich mir den Urlaub nicht leisten kann, dann sollte ich lieber noch ein wenig sparen. Wenn ich mir eine neue Wohnung einrichte - warum müssen das alles neue Möbel sein?

Das böse Erwachen kommt zum Schluss: da ein Autokredit, dort ein Konsumentenkredit und zum Schluss noch ein teurer Vertrag fürs Handy, fürs Internet und fürs Bezahlfernsehen. - Dafür müssen die Leute sensibilisiert werden. Wir brauchen ein Umdenken.

Zurück zu Ihrem Antrag. Ich glaube nicht, dass man das ganze Insolvenzrecht ändern sollte; denn es berücksichtigt ausgewogen die Interessen der Schuldner und die Interessen der Gläubiger. Aber DIE LINKE will - das sieht Ihnen, Herr Höppner, ähnlich - einseitig die Rechte der Schuldner stärken.

(Zuruf von der LINKEN: Und ihr habt gar keine Lösungen!)

Ich glaube nicht, dass es sehr hilfreich wäre, die Mindestbefriedigungsquote herabzusetzen. Nur die wenigsten Privatleute schaffen es, etwas zurückzuzahlen. Viele sind froh, wenn sie zumindest die Verfahrenskosten tragen können. Bei Unternehmensinsolvenzen mag das etwas anders aussehen. Dennoch halte ich Ihren Antrag für unausgegoren. Ich werde der AfD-Fraktion empfehlen, Ihren Antrag abzulehnen. - Danke.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Rausch. Es gibt keine Anfragen. - Wir kommen somit zum nächsten Debattenredner. Der Abg. Herr Meister spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie haben das Wort, bitte.

Danke schön. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Tatsächlich wird die Frage der Evaluierung des Insolvenzrechts eine Aufgabe des neu gewählten Bundestages sein. Der Bereich ist komplex, da zwei unterschiedliche Ziele miteinander im Konflikt stehen. Einerseits wollen wir den Betroffenen einen schnellen Neustart ermöglichen, andererseits müssen auch die Interessen derjenigen berücksichtigt werden, die unter den insolvenzbedingten Forderungsausfällen leiden und selbst in finanzielle Bedrängnis geraten. Gerade für die kleine und mittelständische Wirtschaft ist das durchaus problematisch.

Diejenigen Regelungen des Insolvenzrechts aber, die einerseits das Verfahren verzögern, andererseits jedoch keine nennenswerte Erhöhung der Quotenzahlung erreichen, müssen auf ihre Sinnhaftigkeit hin überprüft werden. Dabei geht es unter anderem um die schon von meinen Vorrednern erwähnte Absenkung der Quote von 35 % auf 25 %.

Wenn wir in der Wirtschaftspolitik und der Wirtschaftsförderung immer wieder eine Verbesse

rung des Gründerklimas betonen, muss uns klar sein, dass bei stärkeren Gründungsaktivitäten und einer größeren Gründerszene natürlich auch das Scheitern von Ideen dazugehört und dazugehören wird.

Wir als Land müssen aufgrund unserer Wirtschaftsstruktur in besonderer Weise daran interessiert sein, dass mutige Menschen sich an Neugründungen wagen. Dabei gehen sie aber auch das persönliche Risiko ein, dass es - aus welchen Gründen auch immer - in einer bestimmten Fallzahl nicht klappt. Die Gesellschaft sollte dem Mut Respekt zollen und nicht stigmatisieren.

Das ist nur zu einem kleineren Teil Aufgabe des Insolvenzrechts; das ist nämlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Doch auch schnellere Verfahren sind dabei ein Thema. Ob der Antrag der LINKEN, der hier unkonkret ein bundespolitisches Thema aufgreift, dabei sonderlich hilfreich ist, darf tatsächlich bezweifelt werden.

Ich bin zunächst gespannt, wie sich nach der Wahl eine neue Koalition bildet und wie sich der Bundestag im Allgemeinen sortiert und jetzt das Insolvenzrecht beurteilt. Herr Hövelmann hat zu der Frage des zeitlichen Ablaufs und der ohnehin vorgesehenen Evaluierung das Nötige gesagt. Dabei nun als Land vorzupreschen und - das wäre natürlich ein größerer Aufwand - zu gucken, wie wir dazu stehen, ohne dass wir wissen, wie eigentlich die Gesamtlage im Bund ist, das erscheint mir nicht sinnvoll. Insofern haben wir als Koalition vereinbart, den Antrag heute abzulehnen. - Danke schön.

(Zustimmung bei den GRÜNEN, von Sieg- fried Borgwardt, CDU, und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Abg. Meister. Es gibt keine Nachfragen. - Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Diederichs. Sie haben das Wort, bitte.

Danke. - Werte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte, auf das der Antrag der Linksfraktion Bezug nimmt, ist zum 1. Januar 2014 in Kraft getreten. Dieses Gesetz hat sich unter anderem dem seit seiner Einführung im Jahr 1999 umstrittenen Restschuldbefreiungsverfahren gewidmet.

Das Restschuldbefreiungsverfahren bietet Schuldnern die Möglichkeit, grundsätzlich nach sechs Jahren von ihren Schulden, die zu bezahlen sie nicht in der Lage sind, befreit zu werden. Es sieht nunmehr die Möglichkeit vor, die reguläre Dauer der sogenannten Wohlverhaltensphase auf drei oder auf fünf Jahre zu verkürzen, wenn innerhalb

der genannten Zeiträume eine sogenannte Mindestbefriedigungsquote erfüllt wird oder zumindest die Kosten des Verfahrens getragen werden.

Nach vier Jahren, also im Jahr 2018, soll eine Evaluierung dieses Gesetzes stattfinden, um auszuwerten, wie oft von der neuen Restschuldbefreiungsoption nach drei oder nach fünf Jahren Gebrauch gemacht wurde und ob es sich dabei tatsächlich um ein effektives Anreizsystem handelt.

Eine vorgezogene Evaluierung halten wir nicht für erforderlich. Die neuen Regelungen des Gesetzes gelten für alle nach dem 1. Januar 2014 beantragten Insolvenzverfahren.

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Evaluierung bereits nach vier Jahren die zweite Option der Rechtsschutzverordnung nach fünf Jahren gar nicht bewerten kann, da der Zeitraum hierfür seit dem Inkrafttreten des Gesetzes noch gar nicht abgelaufen ist. Eine erneute Vereinfachung des Insolvenzverfahrens macht in unseren Augen wenig Sinn, wenn noch gar nicht abschließend beurteilt werden kann, wie die letzte Vereinfachung angenommen wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir lehnen den Antrag ab. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank. Herr Diederichs, es gibt eine Nachfrage von Herrn Schmidt. Möchten Sie die beantworten? - Nein.

(Lachen bei der AfD)

Das ist das Recht der Abgeordneten. Sie können entscheiden, ob sie antworten möchten oder nicht.

Wir kommen somit zum nächsten und letzten Debattenredner. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Herr Höppner. Sie haben das Wort. Bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schade, dass Sie mit uns darüber nicht diskutieren wollen.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Diskutiert ha- ben wir doch!)

- Das haben wir eben nicht. - Ich hätte mir gewünscht, dass Sie das nicht so einfach wegbügeln, sondern den Antrag zum Beispiel in den Wirtschaftsausschuss überweisen.

Sie wissen ganz genau, dass wir in vielen Fragen - Wirtschaftsfragen, Unternehmensgründungen - überall in Sachsen-Anhalt hinterherhinken. Deshalb wäre es doch gut, dass wir einmal die Ursachen erforschen und nachfragen: Wie ist denn

das bei Unternehmensgründungen? Warum trauen sich denn so viele Menschen bei uns nicht, ein Unternehmen zu gründen?

Das liegt nämlich auch daran, dass sie Angst haben zu scheitern und bis zu 14 Jahre lang warten müssen, bevor sie irgendwie wieder finanziell auf die Beine kommen. Das halte ich für verkehrt.

Ich hätte mir gewünscht, wir diskutieren im Wirtschaftsausschuss darüber weiter, um das Thema nach vorn und natürlich auch die Bundesregierung nach vorn zu bringen, damit wir hier in Sachsen-Anhalt mehr Unternehmensgründungen fördern können und damit letztendlich auch die Wirtschaft vorantreiben.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich stelle trotzdem noch einmal den Antrag, das Thema in den Wirtschaftsausschuss zu überweisen, damit wir dort weiter darüber debattieren können. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Höppner. Es gibt zwei Fragen von den Abg. Herrn Hövelmann und Herrn Tobias Rausch. Möchten Sie die beantworten? - Bitte, Herr Hövelmann.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Verehrter Kollege Höppner, ich denke, ich habe für die SPD-Fraktion deutlich gemacht, dass das Thema selbst durchaus sehr relevant, auch interessant ist und sicherlich auch in die politische Debatte in Sachsen-Anhalt gehört.

Aber halten Sie es tatsächlich für angemessen, eine Gesetzesinitiative der Landesregierung im Bundesrat zu fordern, damit wir über dieses relevante Thema im Wirtschaftsausschuss diskutieren können? Gibt es nicht andere Möglichkeiten - mit einem Selbstbefassungsantrag, mit was auch immer -, über das Thema zu diskutieren?

(Siegfried Borgwardt, CDU: So ist es! - Det- lef Radke, CDU: Herr Höppner, wir können über alles reden!)

Das ist nett. Wenn wir über alles reden können, dann lassen Sie uns doch diesen Antrag überweisen, bevor ich wieder ein Riesenpamphlet erstelle mit Selbstbefassung und so einem Kram.

(Zuruf von Detlef Radke, CDU)

Ich denke, man muss ihm erst einmal die Gelegenheit geben, darauf zu antworten. Ansonsten ist das schwierig.

Das habe ich ja. - Wie gesagt: Folgen Sie meinem Überweisungsantrag.

Herr Rausch, bitte.

Sehr geehrter Herr Höppner, habe ich Sie gerade richtig verstanden, dass Sie gesagt haben: Weil das Insolvenzrecht noch nicht geändert ist, ist es ein Hemmnis, dass sich Unternehmen neu gründen? Oder liegt es nicht vielmehr daran, dass der Zugang zu Darlehen, wenn Start-ups sich gründen, eher schwierig ist und sie einen Bürgen brauchen? Wie sehen Sie diesbezüglich die Realität?

Herr Höppner.