wir den Beamtinnen und Beamten des Landes Beihilfe nach der für das Land Sachsen-Anhalt grundsätzlich anzuwendenden Bundesbeihilfeverordnung gewähren.
Die Beihilfevorschriften beruhen darauf, dass den Beamtinnen und Beamten für Krankheitsfälle eine angemessene Selbstvorsorge durch eine individuelle Krankenversicherung zugemutet werden kann. Diese Eigenvorsorge der Beamtinnen und Beamten ergänzt der Dienstherr im Rahmen seiner Fürsorgepflicht dann lediglich durch die Beihilfe.
Dabei reicht der für die Krankenversicherung zur Verfügung stehende Teil der Besoldung grundsätzlich aus, um die Prämie für eine beihilfekonforme Krankenversicherung zahlen zu können. Dieser Teil der allgemeinen Besoldung steht den Beamtinnen und Beamten schon im Rahmen ihrer Dienstbezüge zur Verfügung. Aus diesem in der allgemeinen Besoldung bereits enthaltenen Teil kann jeder Beamte einen Teil der monatlichen Versicherungsbeiträge sowohl für die gesetzliche als auch für die private Krankenversicherung abdecken.
Wir sind in der Auseinandersetzung mit dem Begehren der LINKEN nach wie vor der Meinung, dass die geforderte Beteiligung des Dienstherrn an den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung im Prinzip eine Ungleichbehandlung gegenüber den Beamtinnen und Beamten darstellen würde, die eine beihilfekonforme private Krankenversicherung abgeschlossen haben. Denn die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Beamtinnen und Beamten würden ja dann neben dem schon in der Besoldung enthaltenen Anteil zur Deckung der Krankheitskosten noch eine weitere Leistung für ihre Krankenversicherung erhalten.
Ich weise auch darauf hin, dass sich der Dienstherr durch die Zahlung eines Arbeitgeberanteils zur gesetzlichen Kranken- und Pflichtversicherung nicht einer umfassenden Fürsorgepflicht entziehen kann.
Das ist auch das Problem des Gesetzentwurfs in Hamburg. Er stellt einen Sonderfall dar. Er bezieht sich erstens auf eine Regelung, eine Kannentscheidung ab August 2018, und zweitens darauf, dass man dann in Hamburg erklären muss, dass man auf eine ergänzende Beihilfe verzichtet, was verfassungsrechtlich bedenklich ist.
Außerdem hätten wir dadurch das Wahlrecht ausgehöhlt. Das gilt nämlich nur für die Beamtinnen und Beamten unter der Altersgrenze von 55 Jahren, was sich noch dadurch verschlimmert, dass diejenigen Beamtinnen und Beamten dann an Hamburg gebunden wären, weil bei einem Wechsel in ein anderes Bundesland ja wieder das dor
tige Beihilferecht zur Anwendung käme. Das ist also ein sicherlich nicht nachahmenswerter Vorschlag.
Auch der Verweis auf die Bertelsmann-Stiftung, die ja nicht viel zu den Kosten des Dienstherrn sagt, greift zu kurz; denn die Vervierfachung bezieht sich vor allem auf die wachsende Zahl von Versorgungsempfängern. Es wird also nicht die Beihilfe automatisch teurer, sondern diese ist in den Jahren zuvor auch deshalb angestiegen, weil es eine wachsende Anzahl von Versorgungsempfängern gibt.
Ich will noch kurz sagen, dass wir die Mehrbelastung auch beziffert haben. Die Beihilfeausgaben für das Jahr 2016 betrugen 35,1 Millionen €. Die Mehrbelastung für das Land würde allein durch die Übernahme des hälftigen Krankenkassenbeitrages der aktiven Beamtinnen und Beamten gegenüber den Aufwendungen für die Beihilfe im Jahr 2016 55 Millionen € betragen.
Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass sich aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn kein Anlass ergibt für die Einführung einer hälftigen Beteiligung an den Krankenversicherungsbeiträgen für gesetzliche Krankenkassen. Der Dienstherr beteiligt sich schon mit der monatlichen Besoldung an den Kosten einer zumutbaren Eigenvorsorge der Beamtinnen und Beamten.
Die hälftige Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge ist über einen langen Zeitraum hinweg erheblich teurer als die Beihilfe. Ein Ausstieg aus dem Beihilfesystem wäre damit auch aus finanzpolitischer Sicht nicht sinnvoll. - Vielen Dank.
Danke, Herr Minister. Es gibt keine Fragen. - Wir können somit in die Debatte der Fraktionen einsteigen. Für die SPD-Fraktion hat der Abg. Herr Dr. Schmidt das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist - gesehen auf die Gesamtbevölkerung - weder sozial gerecht noch zeitgemäß, die Krankenversicherung von Beamten ausschließlich über die Beihilfe und die private Krankenversicherung abzubilden. Das haben die Kolleginnen und Kollegen in Hamburg erkannt.
Dass das nicht mehr zeitgemäß ist, hat zwei Seiten. Auf die eine Seite hat Herr Knöchel hingewiesen, nämlich die, dass die solidarische gesetzliche Krankenversicherung davon lebt, dass sie eine breite Einzahlerbasis hat und sich nicht gan
ze Gruppen daneben versichern. Die andere Seite ist, dass es heute ganz anders als früher längst nicht mehr so ist, dass der junge Beamte sagt, ich darf in die private Krankenversicherung und an der Beihilfe teilhaben, sondern dass er oft sagen muss, ich muss dies tun; denn er weiß, dass es am Ende seines Beamtenlebens und vor allem danach ausgesprochen teuer werden kann und er nicht zurück kann. Das ist längst nicht mehr das tolle Wohlfühlmodell, als das es noch in den 80er- und den 90er-Jahren angepriesen wurde.
Viele Beamtinnen und Beamte auch in SachsenAnhalt würden gern von dieser freiwilligen Möglichkeit Gebrauch machen. Das können sie derzeit nicht. Sie können unter bestimmten Voraussetzungen freiwillig gesetzlich versichert sein, müssen aber dann die gesamten Krankenversicherungsbeiträge selbst tragen, weil der Dienstherr für den Arbeitgeberanteil nicht sorgt.
Wir könnten uns eine solche Regelung für das Land Sachsen-Anhalt sehr wohl vorstellen, und wir könnten uns sehr wohl auch für die älteren Beamtinnen und Beamten eine Möglichkeit vorstellen, aus diesem System PKV und Beihilfe zu wechseln. Das soll gar nicht voraussetzungslos geschehen, aber im Prinzip halten wir es für sinnvoll.
Verehrter Herr Minister, ich glaube, die Rechnung, die Sie aufgemacht haben, geht nicht ganz auf. Wenn wir uns die wachsende Zahl von zukünftigen Pensionärinnen und Pensionären ansehen, dann denke ich, dass es - wenn man diesen Anteil hinzurechnet, und dann wird es mit der Beihilfe in den kommenden Jahren und Jahrzehnten richtig teuer - sehr wohl erwägenswert ist, zu schauen, ob sich nicht ein größerer Anteil von Beamtinnen und Beamten freiwillig in der GKV versichert, und zwar aus genau dem Grund, dass wir einen größeren Anteil von Versorgungsempfängern bekommen. Das ist für das Land letztlich auch eine Kostenfrage.
Aus diesem Grund beantragen wir die Überweisung des Antrages in den Finanzausschuss, um dort über das Anliegen in Verbindung mit dem Gesetzentwurf zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften zu beraten. - Vielen Dank.
Unfaireres in Deutschland, als einen ausgewählten Wirtschaftszweig - politisch gesehen - zulasten eines anderen zu fördern? - Genau das ist im vorliegenden Fall in unserem Gesundheitssystem zweifelsohne Realität. Und gibt es eigentlich generell etwas Unfaireres, als unser Gesundheitssystem, so wie es gerade ist, als einen Wirtschaftszweig zu bezeichnen?
Ich bin der Meinung, Gesundheit sollte kein Geschäft sein und jedem Menschen in unserem Lande sollte natürlich die bestmögliche gesundheitliche Versorgung zur Verfügung stehen. Das sollte nicht nur unser politischer, sondern auch unser moralischer und ethischer Anspruch sein.
Die Realität, über die wir gerade diskutieren, ist natürlich eine andere. In der Praxis ist es so - das wurde zwar sehr theoretisch ausgedrückt, aber es ist die Realität -, dass die Regierung oder der Staat zu einem Beamten sagt: Du kannst jetzt frei zwischen den Versicherungen wählen. Du kannst in die GKV oder du kannst in die PKV. Wenn du in die PKV gehst, zahle ich dir 50 % deines Beitrages. Bei der GKV musst du das allein machen. Genau darüber wird hier gerade diskutiert. Das ist eine Unredlichkeit. Das ist meiner Meinung nach gegenüber den Beamten in unserem Land sehr unfair und ist auch überhaupt nicht nachhaltig.
Durch den Antrag, der uns heute vorliegt, entsteht im Prinzip niemandem ein Nachteil, außer dem Versicherungszweig der privaten Krankenversicherung. Genau darin begründet sich meiner Meinung nach auch die historische Entstehung der Diskussion, warum wir überhaupt darüber reden müssen.
Höchstwahrscheinlich gibt es hier wieder einen Lobbybezug, zum Beispiel durch den Verband der Privaten Krankenversicherung, der im Bundestag, befördert durch die SPD, natürlich auch lobbymäßig vertreten ist. Dadurch wurde diese Situation überhaupt erst geschaffen; denn die Hälfte aller in den privaten Krankenversicherungen versicherten Patienten sind Beamte. Genau das ist die Situation, vor der wir gerade stehen. Und genau deswegen drückt man sich auch davor, dieses System zu verändern oder zu revolutionieren.
Durch die Gleichbehandlung der Beamten hätten wir nur faire Marktbedingungen geschaffen. Wir könnten die solidarische Krankenversicherung durch eine - statistisch gesehen - besser verdienende und dadurch gesündere Schicht bzw. Gruppe nachhaltig entlasten. Es würden gesündere und gut verdienende Menschen in das System zurückkehren. Dadurch würden Gleichheit und Wohlstand für alle geschaffen. Die Wahlfreiheit wäre daher unter dem Strich ein erster Schritt zu einem faireren, besseren und effizienteren Gesundheitssystem für alle.
Auch wirtschaftlich muss man sich einmal in die Lage der Beamten versetzen. Was ist beispielsweise mit Teilzeitbeamten, bei denen das Einkommen nicht in Relation zum Beitrag in der Krankenversicherung steht? Denn die private Krankenversicherung fragt natürlich nicht: Was verdienst du denn? - Die GKV passt die entsprechenden Beiträge an das Einkommen des Beamten an.
Die Hintergründe habe ich, wie ich meine, ausführlich erläutert. Meiner Meinung nach ist diesem Antrag nichts entgegenzusetzen. Er ist fair; er ist in Bezug auf die Nachteile absolut überschaubar. Wir würden ihm gern zustimmen. Ich habe hier allerdings schon eine Bekundung in Richtung einer Überweisung des Antrags in den Finanzausschuss vernommen. Dagegen verschließen wir uns nicht. Ich hätte gern direkt über den Antrag abgestimmt, aber dann geht er halt in den Ausschuss. Wir sind dabei. - Vielen Dank für den Antrag.
Es gibt keine Nachfragen. Wir kommen zum nächsten Fraktionsredner. Herr Meister spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Danke schön, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag deckt sich mit entsprechenden Überlegungen in meiner Fraktion. Auch wir haben entsprechende Nachfragen erhalten und haben mit großem Interesse die Initiative in Hamburg und anderen Bundesländern gesehen. Der grundsätzliche Gedanke einer solidarischen Versicherung schwingt dabei mit.
Im derzeitigen Zwei-Säulen-Modell unserer Krankenversicherung haben Beamte bisher keine echte Wahlfreiheit. Sind sie gesetzlich versichert, müssen sie ihren Versicherungsbeitrag - anders als etwa Angestellte im öffentlichen Dienst - vollständig selbst zahlen.
Der Staat hat gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen, die die Beamtinnen und Beamten quasi in die private Krankenversicherung drängen. Deshalb ist die Überlegung, eine Wahlfreiheit für Beamtinnen und Beamte einzuführen, durchaus bedenkenswert.
Auf Hamburg sind meine Vorredner schon zu sprechen gekommen. Die Landesbediensteten können dort ab dem nächsten Jahr eigenverantwortlich wählen, ob sie gesetzlich oder privat krankenversichert sein möchten. Dabei können sie selbst bewusst auswählen, welches Modell der Absicherung für ihr Erwerbsleben oder ihren spä
teren Ruhestand das günstigere ist. Warum sollte der Staat für die Landesbediensteten diese Entscheidung treffen?
In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die Situation von chronisch kranken Bewerberinnen und Bewerbern für die Beamtenlaufbahn hinweisen, die durch die aktuelle Regelung stark benachteiligt sind. Diese können nach neuer Rechtsprechung zunehmend verbeamtet werden, weil der medizinische Fortschritt die dauerhafte erfolgreiche Behandlung ermöglicht hat und im Übrigen auch die Hürden für den Ausschluss aufgrund amtsärztlicher Untersuchungen angehoben worden sind. Betroffen sind insbesondere Beamte mit Diabetes etc. Ihre Aufnahme in die private Krankenversicherung wird jedoch entweder verweigert oder sie erfolgt nur mit Zuschlägen oder Ausschlüssen. Als „Zwangsweg“ bleibt oft nur die Absicherung über die gesetzliche Krankenversicherung ohne die Zuschüsse des Landes. Zumindest für diese Beamtinnen und Beamten sollte eine Lösung gefunden werden. Aber über all diese Fragen sollten wir tatsächlich im Ausschuss sprechen.
Auch die Finanzierungsfragen stehen natürlich im Raum. Man muss schauen: Wie wird sich das auswirken? - Der Finanzminister hat einen Ausblick gegeben, der sehr negativ war. Darüber muss man reden. Dafür ist der Finanzausschuss der richtige Ort. Daher beantragen auch wir die Überweisung des Antrages in den Finanzausschuss. - Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der LINKEN klingt zu schön, um wahr zu sein. Die Versicherungswahlfreiheit entlastet den Landeshaushalt durch geringere Beihilfekosten spürbar. Die Beamtinnen und Beamten bekommen durch das Wahlrecht eine unbekannte Freiheit. Einige Beamte, besonders solche mit Behinderung oder mit vielen nicht versicherten Familienmitgliedern werden auch finanziell entlastet. Letztlich sinken durch die Mehreinnahmen der gesetzlichen Versicherung die Sozialbeiträge für alle gesetzlich Versicherten. - Eine Win-winSituation. Okay.
Alle werden profitieren, so scheint es zumindest. Eine wunderbare Traumwelt, welche die LINKE da wieder einmal konstruiert. Wir jedoch, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, sind mehr als skeptisch, ob sich alle diese Verheißungen je erfüllen werden.
Wer die Studie des IGES-Instituts für die Bertelsmann Stiftung aufmerksam gelesen hat, der kommt zu dem Schluss, dass der Landeshaushalt Sachsen-Anhalts langfristig nur marginal entlastet werden würde, bis 2030 um geschätzte 60 Millionen €. Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern würden bei einem Systemwechsel sogar draufzahlen. Für die ostdeutschen Bundesländer kann man daher konstatieren: Die Prognosen sind mehr als vage. Ob die Einsparungen bei der Beihilfe den Arbeitgeberanteil zur Krankenversicherung wirklich überkompensieren, ist unklar.
Die Zahlen des IGES-Instituts basieren zudem auf einer naiven Annahme. Berechnungsgrundlage ist, dass 90 % der Beamtenschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert werden. Dass der Großteil der Beamten freiwillig wechseln würde, ist sehr unwahrscheinlich.
Der Beamtenbund hat sich im Juli eindeutig gegen die Einheitsversicherung und genauso vehement gegen die Wahlfreiheit zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung ausgesprochen. Der Spitzenverband bezweifelt, dass ohne das bekannt verlässliche Beihilfesystem die Fürsorgepflicht des Dienstherrn rechtssicher gewährleistet werden kann.
Vor dem Hintergrund der vielen Zumutungen für die Beamtenschaft in der letzten Zeit fragen sich viele Beamte: Wo liegen denn eigentlich noch die Vorteile einer Verbeamtung? - Jedenfalls erwarten wir starken Widerstand aus der Beamtenschaft gegen dieses Vorhaben; denn es würden auch für die Beamten einige Vorzüge wegfallen.
Was uns jedoch am meisten stört, ist der fadenscheinige Versuch, ein linkes Vorzeigeprojekt durch die Hintertür einzuführen und auf dem Rücken der Beamten vorzubereiten, nämlich die Einführung einer verpflichtenden Einheitsversicherung. Die aus Hamburg kopierte Initiative ist nämlich nichts anders als Salamitaktik. Das Geschäftsmodell der privaten Krankenversicherung soll scheibchenweise diskreditiert und untergraben werden.
Ich möchte jetzt nicht in die Diskussion „Kopfpauschale versus Bürgerversicherung“ einsteigen; vielmehr möchte ich darauf hinweisen, dass der Landtag Sachsen-Anhalts der falsche Ort ist, um grundsätzliche Weichenstellungen für unser zukünftiges Gesundheitssystem vorzunehmen. Diese politische Abwägung muss auf der Bundesebene vorgenommen werden.