Protokoll der Sitzung vom 07.07.2000

Althaus, Dieter; Arenhövel, Johanna; Bechthum, Rosemarie; Becker, Dagmar; Bergemann, Gustav; Böck, Willibald; Bonitz, Peter; Dr. Botz, Gerhard; Braasch, Detlev; Buse, Werner; Carius, Christian; Dr. Dewes, Richard; Dittes, Steffen; Doht, Sabine; Döring, HansJürgen; Ellenberger, Irene; Emde, Volker; Fiedler, Wolfgang; Dr. Fischer, Urlsula; Gentzel, Heiko; Gerstenberger, Michael; Prof. Goebel, Jens; Grob, Manfred; Groß, Evelin; Grüner, Günter; Dr. Hahnemann, Roland; Heß, Petra; Heym, Michael; Höhn, Uwe; Huster, Mike; Illing, Konrad; Jaschke, Siegfried; Kallenbach, Jörg; Dr. Kaschuba, Karin; Dr. Klaubert, Birgit; Dr. Klaus, Christine; Dr. Koch, Joachim; Köckert, Christian; Kölbel, Eckehard; Dr. Kraushaar, Ingrid; Krauße, Horst; Kretschmer, Otto; Kretschmer, Thomas;

von der Krone, Klaus; Kummer, Thilo; Lehmann, Annette; Lieberknecht, Christine; Lippmann, Frieder; Mohring, Mike; Neudert, Christiane; Nitzpon, Cornelia; Nothnagel, Maik; Panse, Michael; Pelke, Birgit; Dr. Pidde, Werner; Dr. Pietzsch, Frank-Michael; Pohl, Günter; Pöhler, Volker; Primas, Egon; Ramelow, Bodo; Schemmel, Volker; Scheringer, Konrad; Schröter, Fritz; Dr. Schuchardt, Gerd; Schugens, Gottfried; Schuster, Franz; Schwäblein, Jörg; Sedlacik, Heidrun; Seela, Reyk; Dr. Sklenar, Volker; Sonntag, Andreas; Dr. Stangner, Isolde; Stauch, Harald; Tasch, Christina; Thierbach, Tamara; Trautvetter, Andreas; Dr. Vogel, Bernhard; Vopel, Bärbel; Wackernagel, Elisabeth; Wehner, Wolfgang; Wetzel, Siegfried;

Dr. Wildauer, Heide; Wolf, Bernd; Wolf, Katja; Wunderlich, Gert; Dr. Zeh, Klaus; Zimmer, Gabriele; Zitzmann, Christine.

Soweit ich sehe, haben alle ihre Stimmzettel abgegeben. Wir können damit die Wahlhandlung schließen und ich bitte die Auszählung vorzunehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Ergebnis liegt vor. Es sind 81 Stimmzettel abgegeben worden, kein Stimmzettel ungültig, also 81 gültige Stimmzettel. Auf den Wahlvorschlag der Fraktion der CDU - Prof. Dr. Johanna Hübscher - fielen 61 Jastimmen

(Beifall bei der CDU)

und auf den Wahlvorschlag der Fraktion der PDS - Lothar König - 20 Jastimmen. Von daher ist die Zweidrittelmehrheit deutlich für Frau Prof. Dr. Johanna Hübscher erreicht. Damit ist sie eindeutig gewählt.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Herzlichen Glückwunsch - jawohl, da oben ist die Kandidatin - für diese Wahl und alles Gute für die Arbeit im Verfassungsgerichtshof des Freistaats Thüringen.

Damit ist nun das Gericht komplett neu gewählt in allen seinen Positionen. Ich bin froh und dankbar, dass diese Arbeit damit für uns im Hause zunächst einmal abgeschlossen ist. Wir kommen dann, wie schon gestern vermerkt, im September zur Vereidigung.

Damit komme ich jetzt zum Aufruf des nächsten Tagesordnungspunkts - Tagesordnungspunkt 6

Thüringer Gesetz zu dem Staatsvertrag zwischen dem Freistaat Thüringen und dem Land Hessen über die grenzüberschreitende kommunale Zusammenarbeit in Zweckverbänden, durch öffentlichrechtliche Vereinbarungen (Zweckverein- barungen) und in kommunalen Arbeitsgemeinschaften sowie in Wasser- und Bodenverbänden Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/783 ERSTE und ZWEITE BERATUNG

Ich gehe von einer Begründung durch den Einreicher aus. Herr Minister Köckert.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Landesregierung legt Ihnen heute den Entwurf eines Zustimmungsgesetzes zu dem Staatsvertrag zwischen dem Freistaat Thüringen und dem Land Hessen über die grenzüberschreitende kommunale Zusammenarbeit vor. Der Staatsvertrag schafft die Rechtsgrundlage für die Bildung von Zweckverbänden, den Abschluss von öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen und die Zusammenarbeit in kommunalen Arbeitsgemeinschaften sowie in Wasserund Bodenverbänden. Der Abschluss dieses Staatsvertrags resultiert aus einer engen Zusammenarbeit zwischen den Innenministerien Hessen und Thüringen. Deshalb war es möglich, dass die Ministerpräsidenten Koch und Dr. Vogel anlässlich einer gemeinsamen Kabinettssitzung am 2. Mai dieses Jahres in Kassel den Staatsvertrag unterzeichneten.

Gemäß Artikel 77 Abs. 2 der Thüringer Verfassung bedürfen Staatsverträge der Zustimmung des Landtags. Bereits im Vorfeld wurde der Landtag entsprechend Artikel 67 Abs. 4 der Thüringer Verfassung vom geplanten Abschluss dieses Staatsvertrags unterrichtet. So nahm ihn auch der zuständige Innenausschuss in seiner 8. Sitzung am 7. April dieses Jahres ohne Einwendungen zur Kenntnis und stimmte ihm zu.

Der Staatsvertrag, meine Damen und Herren, ist die Fortsetzung der länderübergreifenden kommunalen Zusammenarbeit, wie sie bereits mit Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen besteht. Mit InKraft-Treten dieses Staatsvertrags zwischen dem Freistaat Thüringen und dem Land Hessen ist die grenzüberschreitende kommunale Zusammenarbeit nunmehr mit allen angrenzenden Bundesländern in einen festen rechtlichen Rahmen gekleidet. Der Staatsvertrag soll insbesondere den Kommunen des grenznahen Raums eine zusätzliche Möglichkeit eröffnen, Probleme, die auf beiden Seiten der gemeinsamen Landesgrenze auftreten,

durch kommunale Zusammenarbeit zu bewältigen. Bereits jetzt dürften zahlreiche Kontakte und Partnerschaften zwischen hessischen und thüringischen Kommunen bestehen, die nun einen neuen Impuls bekommen. Der Staatsvertrag soll dazu beitragen, diese länderübergreifende Zusammenarbeit zu fördern, zu erleichtern und wo sie bereits besteht, sie zukünftig weiterzuentwickeln.

Meine Damen und Herren, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt die Kommunen letztlich von den Möglichkeiten der grenzüberschreitenden kommunalen Zusammenarbeit Gebrauch machen, bleibt ihnen im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung selbst überlassen. Das Land kann und will für eine solche Zusammenarbeit lediglich Rahmenbedingungen schaffen und zusätzliche Optionen eröffnen.

Ich gehe davon aus, meine Damen und Herren, dass thüringische und hessische Gemeinden und Landkreise an der gemeinsamen Landesgrenze von Hessen und Thüringen von der Möglichkeit der gemeinsamen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben regen Gebrauch machen. Deshalb bitte ich Sie in diesem Sinne um Ihre Zustimmung zu diesem Vertrag.

(Beifall bei der CDU)

Das war die Begründung durch den Einreicher. Ich komme damit zur Aussprache. Es hat sich Frau Abgeordnete Dr. Wildauer zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, eine Reihe kommunaler Aufgaben kann nur im Rahmen der kommunalen Gemeinschaftsarbeit wirtschaftlich und effektiv wahrgenommen werden. Die Ausgestaltung der kommunalen Gemeinschaftsarbeit ist eine wichtige Säule zur Weiterentwicklung der kommunalen Selbstverwaltung. In der kommunalen Praxis wird dieser kommunalrechtliche Anspruch nicht immer sichtbar. Gerade die Arbeit einiger kommunaler Zweckverbände im Bereich Wasser und Abwasser hat zu Vorbehalten gegen diese Form der kommunalen Gemeinschaftsarbeit geführt. Die kommunale Gemeinschaftsarbeit wird dadurch nicht als Chance, sondern als Begrenzung der kommunalen Selbstverwaltung angesehen. Diese Vorbehalte gibt es sowohl bei Gemeinderäten und Bürgermeistern wie auch seitens der Bürger. Wir betrachten diese Entwicklung mit Besorgnis. Die PDS sieht zur kommunalen Gemeinschaftsarbeit keine Alternative, die die kommunale Selbstverwaltung nicht aushöhlt. Solche Möglichkeiten wie die Übertragung gemeindlicher Aufgaben auf die Landkreise oder Landesbehörden stellen für uns keine echte Alternative dar. Kommunale Gemeinschaftsarbeit ja, aber die bestehenden Defizite müssen schrittweise beseitigt werden. Dies betrifft unter anderem die Sicherung der Einflussnah

men der Mitgliedergemeinden auf die Entscheidung des Zweckverbandes und die Demokratisierung der Entscheidungsprozesse in Zweckverbänden.

Meine Damen und Herren, aus besonderen Gründen ist es in der Praxis notwendig, dass sich die kommunale Gemeinschaftsarbeit auch über Ländergrenzen hinweg gestalten muss. Wegen der unterschiedlichen Ausgestaltung des Kommunalrechts müssen sich die Länder darauf verständigen, wie die unterschiedlichen Rechtslagen angewandt werden. Dass dabei die Form des Staatsvertrags gewählt wird, ist nicht dramatisch. Die kommunale Praxis, meine ich, ist oftmals weiter als der Landesgesetzgeber und insofern ist der vorliegende Gesetzentwurf zu begrüßen. Er hätte eigentlich schon längst vorgelegt werden müssen. In der Gesetzesbegründung wird bekanntermaßen darauf verwiesen, dass es bereits länderübergreifende kommunale Gemeinschaftsarbeit gibt.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf ändert nichts an den bestehenden Defiziten bei den Formen der kommunalen Gemeinschaftsarbeit. Diese können durch dieses Gesetz weder beseitigt noch geheilt werden. Hier ist der Landtag bezüglich des Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit gefordert und er sollte sich hierfür, behaupte ich, nicht allzu viel Zeit lassen. Mit der Einführung von Verbraucherbeiräten in Zweckverbänden der Wasserver- und Abwasserentsorgung hat der Landtag bereits verdeutlicht, dass sich die Formen der kommunalen Zusammen- und Gemeinschaftsarbeit entwickeln müssen. Vielleicht können die Hessen und die Thüringer hier gemeinsam aktiv werden. Die im Gesetzentwurf enthaltenen Regelungen, unter anderem zur Anwendung des Landesrechts und zur Aufsicht, sind vernünftig und bedürfen jedoch der einen oder anderen Konkretisierung und Klarstellung. Die hierfür notwendige Diskussion, insbesondere in Bezug auf die Wasserund Bodenverbände, kann aus unserer Sicht in den zuständigen Ausschüssen stattfinden. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Fiedler, CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegt uns nun der letzte Staatsvertrag vor. Wir haben mit unseren befreundeten Ländern ringsum diese Verträge schon geschlossen. Jetzt schließt der Freistaat Thüringen mit dem Land Hessen diesen Vertrag; wir begrüßen diesen Vertrag ausdrücklich und stimmen diesem zu.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Redemeldungen liegen nicht vor. Überweisung an den Ausschuss ist auch nicht beantragt - oder?

Ich habe es angesprochen, aber nicht beantragt. Ich beantrage die Überweisung dieses Gesetzentwurfs an den Innenausschuss.

Gut, dann haben wir diesen Überweisungsantrag im Namen der PDS-Fraktion, Frau Dr. Wildauer. Dann stimmen wir über diesen Antrag ab. Wer stimmt der Überweisung an den Innenausschuss zu, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Das ist eindeutig die Mehrheit, damit nicht überwiesen. Herr Stauch.

Frau Präsidentin, jetzt ist genau der Zeitpunkt, wo ich mich melden muss. Wir hatten ja schon darauf hingewiesen bei der Besprechung der Tagesordnung. Für den Fall, dass keine Überweisung an den Ausschuss stattfindet, bitten wir in die zweite Lesung einzutreten.

Gut, es ist angekündigt worden. Bei Zustimmung von zwei Dritteln der hier Abstimmenden gemäß § 56 Satz 2 der Geschäftsordnung können wir in die zweite Beratung eintreten. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Damit sind die zwei Drittel der hier Anwesenden erreicht und wir kommen zur zweiten Beratung. Ich eröffne die Aussprache. Es liegt keine Wortmeldung vor. Dann schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 3/783 in nunmehr zweiter Beratung. Wer stimmt dem Gesetzentwurf zu, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Das ist die Mehrheit. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einigen Stimmenthaltungen mit Mehrheit angenommen. Damit komme ich zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich sich von den Plätzen zu erheben. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einigen Stimmenthaltungen mit Mehrheit zugestimmt und damit so beschlossen. So schnell kann es auch gehen.

Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt und wir kommen zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 7

Umsetzung des Thüringer Naturschutzgesetzes beim Ausgleich und Ersatz von Eingriffen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/732

Wird Begründung durch den Einreicher gewünscht? Das ist nicht der Fall. Die Landesregierung hat darüber hinaus angekündigt, von der Möglichkeit des Sofortberichts Gebrauch zu machen. Ich bitte von daher Herrn Minister Sklenar um das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die kleine Novelle des Thüringer Nauturschutzgesetzes vom 29.04.1999 enthält wesentliche Neuregelungen im Bereich der Eingriffsregelung, die zur Vereinfachung und zum besseren Vollzug des Gesetzes beitragen sollen. In diesem Zusammenhang ist Folgendes noch einmal zu betonen: Die Länder können das im Bundesnaturschutzgesetz festgelegte Prüfschema der Eingriffsregelung nicht verändern. Damit ist zunächst die Vermeidung vor Beeinträchtigung zu prüfen, erst danach der Ausgleich dieser. Beides ist vor der Abwägung der Naturschutzbelange mit dem Belang des Vorhabens abzuarbeiten. Wird die Vorrangigkeit des Vorhabens festgestellt und ist der Eingriff nicht ausgleichbar, besteht die Verpflichtung zum Ersatz oder zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe. Die Länder können jedoch weiter gehende Ausführungen, insbesondere zu Ersatzmaßnahmen, ergreifen. Bis zu der eingangs genannten Novelle des Naturschutzgesetzes waren Ersatzmaßnahmen auf den vom Eingriff betroffenen Landschaftsraum beschränkt. Das führte jedoch insbesondere bei Großprojekten zu Schwierigkeiten. Nach der Neuregelung ist es jetzt möglich, Ersatzmaßnahmen funktionsbezogen auch außerhab des betroffenen Landschaftsraums anordnen zu können. Dabei soll die Funktionsbezogenheit gewährleisten, dass ein räumlich funktionaler Zusammenhang zwischen dem Eingriff und der Ersatzmaßnahme bestehen bleibt. Weitere Voraussetzung ist, dass die Ersatzmaßnahmen innerhalb des betroffenen Landschaftsraums nicht durchführbar oder aus naturschutzfachlicher Sicht nicht zweckmäßig sind und der Vorhabensträger anderenorts die Flächenverfügbarkeit nachweisen oder sicherstellen kann. Die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe war bis zur Novelle nur zulässig, wenn Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf Nachweis nicht durchführbar oder nicht zweckmäßig waren. Durch die Neuregelung wurden die Voraussetzungen für die Erhebung einer Ausgleichsabgabe erweitert. Ihre Festsetzung ist jetzt in folgenden Fällen möglich:

1. Die geplante Ersatzmaßnahme ist nicht durchführbar.

2. Die Ersatzmaßnahme ist aus naturschutzfachlicher Sicht nicht zweckmäßig.

3. Die Ersatzmaßnahme führt zu einer nicht beabsichtigten Härte, z.B. der Existenzgefährdung landwirtschaftlicher Betriebe durch Flächenentzug für Ersatzmaßnahmen.

4. Anstelle von Flächenaufschlägen bei Ersatzmaßnahmen kann in bestimmten Fällen eine Ausgleichsabgabe erhoben werden. Von dieser Regelung kann Gebrauch gemacht werden, wenn z.B. durch die Konzentration von Eingriffen in einem begrenzten Raum Flächen für Ersatzmaßnahmen nur eingeschränkt zur Verfügung stehen.

Ferner musste bisher die Ausgleichsabgabe für Zwecke des Naturschutzes und der Landschaftspflege in demselben Landschaftsraum verwendet werden. Jetzt soll sie für konkrete Maßnahmen zur Verbesserung von Natur und Landschaft unabhängig vom tatsächlichen Eingriffsraum verwendet werden. Damit wurde der Vollzug des Einsatzes von Ausgleichsmitteln beachtlich erleichtert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, es hat sich gezeigt, dass die neuen gesetzlichen Möglichkeiten die Eingriffsregelung in der Anwendung verbessert und dazu beigetragen haben, Existenzgefährdungen landwirtschaftlicher Betriebe durch naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen zu vermeiden. So ist die Verlagerung von 100 Hektar Ersatzmaßnahmen der Thüringer Waldautobahn in die Kernzone 1 des Nationalparks von der Planfeststellungsbehörde angeordnet worden. Voraussichtlich werden weitere 239 Hektar in den Flächenpool Hainich umgesetzt. Ausgleichsabgaben aus Verkehrsgroßprojekten, die zum Landeshaushalt vereinnahmt werden, sind gemessen an den Gesamtbaukosten nur in einem geringen Umfang zu erwarten. Diese Mittel werden zurzeit über größere Gewässerrenaturierungsprojekte, z.B. der Hörsel im Landkreis Gotha, umgesetzt. Viele Ausgleichsabgaben werden aber zu kleineren, vor allem punktuellen Eingriffen, z.B. bei der Errichtung von Strommasten, eingenommen. Hier belaufen sich die Beträge im Schnitt auf 2.000 bis 7.000 DM pro Vorhaben. Gerade die unteren Naturschutzbehörden machen von der Möglichkeit Gebrauch, diese Mittel durch die Vorlage geeigneter Projekte wieder abzurufen. Um mehr Akzeptanz für Naturschutzmaßnahmen zu erreichen, ist es nach meiner Auffassung darüber hinaus unerlässlich, dass die Maßnahmen mit den betroffenen Eigentümern und Nutzern frühzeitig abgeklärt werden und dass frühzeitig so genannte Maßnahmepools gebildet werden, bei denen Ersatzmaßnahmen aus mehreren Projekten funktionsbezogen zusammengefasst werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, mit diesen Maßnahmen kann die Akzeptanz der Eingriffsregelung über die bereits im Rahmen der Novelle des Naturschutzgesetzes getroffenen Vereinbarungen hi

naus verbessert werden, aber eines geht natürlich nicht: Der naturschutzrechtlich gebotene Ausgleich für Beeinträchtigung von Natur und Landschaft kann nicht durch einen Sportplatzbau oder andere kommunale Pflichtaufgaben abgegolten werden. Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das war der Bericht. Ich gehe davon aus, dass mindestens zehn Abgeordnete die Aussprache wünschen. Es liegen hier auch schon Wortmeldungen vor, und zwar zunächst der Abgeordnete Kummer, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, als ich den Antrag der Fraktion der CDU las, hatte ich als unverbesserlicher Optimist eigentlich die Hoffnung, es käme heute zu einer kritischen Betrachtung der Regelungen des Naturschutzgesetzes zum Ausgleich und Ersatz von Eingriffen. Schließlich werden einem bei jeder Fahrt durch unser Land die zunehmenden Flächenversiegelungen links und rechts der Bahnschienen oder der Straße deutlich. Nehmen wir nur einmal die Strecke von Erfurt nach Weimar. Wo einst Getreidefelder im satten Grün oder Gelb die Straße säumten, finden wir heute diverse Märkte, das Güterverkehrszentrum, Gewerbebetriebe, Neubaugebiete. Auf der anderen Seite gibt es Industriebrachen und leer stehende Wohngebäude, über deren Abriss diskutiert wird. Dort entsteht kaum Neues, weil der Neubau auf der grünen Wiese einfach billiger ist. Das Thüringer Naturschutzgesetz vermochte das nicht zu ändern. Dabei geht es in ihm darum, Natur und Umwelt als Lebensgrundlage der Menschen zu schützen, zu pflegen, zu entwickeln und so weit wie notwendig wiederherzustellen. Mit dem letzten Teil des Satzes kann man sicher seine Schwierigkeiten bekommen. Was heißt denn "so weit wie notwendig"? Wer eigentlich definiert Notwendigkeit. Wir sind uns doch sicher einig, dass das nur eine Floskel ist, die sehr schön klingt, aber keinerlei gesetzliche Relevanz hat. Wie kann ich zum Beispiel in einem betroffenen Lebensraum Flora und Fauna wiederherstellen, die durch eine Autobahn zunichte gemacht wurde. Nehmen wir nur ein simples Beispiel: Die Siedlungs- und Verkehrsfläche, die in Thüringen 8,7 Prozent der Gesamtfläche einnimmt, weist neben der Fläche anderer Nutzung und dem Unland die größte Zuwachsrate auf. Mit 0,14 Prozent liegt der Zuwachs auch noch geringfügig über dem Bundesdurchschnitt, und das bei einem Rückgang der Bevölkerungszahl. So steht es im aktuellen Umweltbericht. Ein Grund für diese Entwicklung soll der Nachholbedarf in den neuen Bundesländern beim Ausbau des Verkehrsnetzes und insbesondere bei den Autobahnen sein. Natürlich, auch die PDS ist dafür, dass das Verkehrsnetz in Ordnung gebracht wird, jedenfalls dort, wo es nicht in Ordnung ist. Dass dafür auch andere Varianten als Autobahnen in Frage kommen, dürfte

sich inzwischen herumgesprochen haben.