Protokoll der Sitzung vom 15.09.2000

4. Welche Vorkehrungen unternimmt die Landesregierung gegenüber der Gesellschaft zur Verwahrung und Verwertung von stillgelegten Bergwerksbetrieben mbH (GVV) , um praktizierte Wettbewerbsbeschränkungen wie den Artikel 20 künftig zu unterbinden?

Herr Minister Schuster, bitte.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, namens der Landesregierung beantworte ich die Fragen von Frau Becker. Bevor ich zu den Fragen komme, muss ich allerdings einige Irrtümer in Ihren einleitenden Bemerkungen aufklären. Was die Handlungsmöglichkeiten des Bundes oder des Landes im Falle von Kali & Salz anbelangt, ist in der Entscheidung der EU-Kommission vom 9. Juli 1998 Folgendes nachzulesen: Mittlerweile hat die Treuhand bzw. ihre Rechtsnachfolgerin BvS keinen mitbestimmenden Einfluss mehr auf die Geschäftspolitik der Kali & Salz und übt auch keine Kontrolle mehr auf sie aus. Seit 1. Januar 1998 wird Kali & Salz allein von der Kali & Salz Beteiligungs-AG kontrolliert. Dies bitte ich doch zu bedenken, wenn man über Einflussmöglichkeiten, egal, ob des Bundes oder des Landes, auf das neue Unternehmen Kali & Salz redet.

Nun zu Ihrer Frage 1: Sie haben den Wirtschaftsausschuss des Thüringer Landtags erwähnt mit seinem Beschluss vom 21.12.1993, in dem festgestellt wurde, dass der Artikel 2 der EU-Kali-Fusionsentscheidung keine neuen Handlungsmöglichkeiten für den Freistaat Thüringen eröffnet. Zur Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung der Kali-Altstandorte wurden durch die Landesregierung allerdings eine ganze Reihe von Maßnahmen durchgeführt. Ich erinnere an die Regionalkonferenzen, ich erinnere an umfangreiche Fördermaßnahmen im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe, ich erinnere an Beiträge zur Umstrukturierung der Region, etwa die Gründung der ESK. Außerdem erfolgte im Rahmen des Großprojektes Kali die Sanierung ökologischer Altlasten an den KaliAltstandorten, insbesondere der untertägige Versatz.

Zu Frage 2: Der Freistaat Thüringen ist nicht Gesellschafter der GSES. Es besteht lediglich eine mittelbare Beteiligung über die landeseigene Thüringer Sonderabfalldeponie GmbH (TSD). Die TSD ist zu 20 Prozent am Stammkapital der Glückauf Sondershausen Entwicklungsund Sicherungsgesellschaft GmbH beteiligt. Unternehmensgegenstand der GSES ist im Übrigen der Erwerb und der Betrieb des Versatzbergwerks Sondershausen, insbesondere die Entwicklung und Sicherung des Standorts Sondershausen und die Durchführung des Versatzbetriebes.

Zu Frage 3: Da der Freistaat Thüringen an der GSES nicht unmittelbar beteiligt ist, werden die Gesellschafterrechte bei der Gesellschaft nicht durch die Beteiligungsverwaltung des Thüringer Finanzministeriums wahrgenommen. Im Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass es bei dieser Gesellschaft auch keinen Aufsichtsrat gibt.

Zu Frage 4: Es ist derzeit für die Landesregierung nicht feststellbar, inwieweit es eine Wettbewerbsbeschränkung in dem konkreten Fall gegeben hat oder praktiziert wird, daher gibt es keinen Anlass für die Landesregierung, diesbezügliche Vorkehrungen zu treffen. Den eventuell betrof

fenen Unternehmen bleibt es allerdings unbenommen, bei Wettbewerbsverstößen entsprechende Schritte zur Beseitigung wettbewerbsrechtlicher Hindernisse einzuleiten.

Es gibt eine Nachfrage, es gibt mehrere Nachfragen möglicherweise. Herr Abgeordneter Ramelow, bitte.

Sie hatten in der Beantwortung zum Gesellschaftsvertrag der GSES darauf hingewiesen, dass der Gesellschaftszweck sinngemäß die Betreibung der Deponie ist, der untertägigen Verbringung. Ist Ihnen bekannt, ob der Gesellschaftsvertrag im Gesellschaftszweck den Abbau von entsprechenden Salzen ausschließt?

Aufgabe der Gesellschaft ist nicht nur die Verbringung, sondern der Versatzbergbau, das ist etwas anderes als Deponie. Es geht beim Versatzbergbau um die Sicherung der Halde und Grube. Deponie ist der zweite Geschäftszweck, das ist richtig. Es ist mir nicht erinnerlich, dass bei der Gründung des Unternehmens auch die Produktion und Vermarktung von Salzen zum Geschäftszweck erklärt wurde.

Eine weitere Nachfrage, Herr Abgeordneter Ramelow.

Also möglicherweise werden wir auch diesen Teil noch einmal weiter besprechen, aber ich frage noch einmal nach. Es ist ja schwierig, wenn Sie sagen, es ist mir nicht erinnerlich, aber es ist Ihnen auch nicht erinnerlich, dass es verboten sei, also explizit ausgeschlossen sei?

In einem Gesellschaftsvertrag wird nichts ausgeschlossen, sondern nur positiv geregelt, was Aufgabe der Gesellschaft ist. Und die zwei Aufgaben, von denen ich sprach, sind positiv geregelt.

Es gibt eine weitere Nachfrage. Frau Abgeordnete Becker, bitte.

Sie gehen also nicht davon aus, dass das Land Thüringen das Streusalz, was wir in der TSI brauchen, dort för

dern könnte?

Meinen Sie das unter technischen Gesichtspunkten?

(Zuruf Abg. Becker, SPD: Nach tech- nischen.)

Natürlich könnte man unter technischen Aspekten dort Salz produzieren, das ist doch unbestritten, aber es ist hier nach der Aufgabenstellung des Unternehmens gefragt worden und die besteht nicht darin, einen Kalibergbaubetrieb dort zu errichten, sondern einen Versatzbergbau und eine entsprechende Deponiekapazität dort zu betreiben.

Es gibt eine letzte Nachfrage.

Nein, ich beantrage die Überweisung der Anfrage an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik.

Ja, das werden wir abstimmen. Danke, Herr Minister Schuster. Wer für die Überweisung der Mündlichen Anfrage an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik stimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Ja, das Quorum reicht aus. Die Frage ist überwiesen und beantwortet für heute. Ich rufe die nächste Mündliche Anfrage, eine Frage des Abgeordneten Dr. Dewes in Drucksache 3/906 auf. Herr Abgeordneter, Sie können durchaus auch mal ohne Jacke die Frage stellen, dann gewinnen wir hier ein bisschen Zeit.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, ich werde es mir merken.

Novellierung des Thüringer Pressegesetzes

Die im Freistaat Thüringen geltende Verjährungsfrist für Presseinhaltsdelikte ist umstritten und entspricht nur zum Teil vergleichbaren Regelungen in vielen anderen Bundesländern. Für die Presse in Thüringen bestehen derzeit ungerechtfertigte Härten bei der Problematik der Verjährung, weil periodische Druckwerke nicht nur am Erscheinungstag vertrieben werden, sondern danach auf anderem Weg wieder aufgelegt, später ins Internet gestellt, als Nachauflage nachbestellt oder in Bibliotheken zeitlich unbegrenzt ausgeliehen werden können.

Außerdem sind fehlende gesetzliche Regelungen des Zutrittsrechts zu öffentlichen Veranstaltungen Gegenstand der Kritik von Medienvertretern.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wann und mit welchen inhaltlichen Schwerpunkten will die Landesregierung das Thüringer Pressegesetz novellieren?

2. Sind die oben angegebenen Probleme Gegenstand einer vorgesehenen Novellierung?

3. Welche Lösungen sieht die Landesregierung für die oben angegebenen Probleme vor, falls in der nächsten Zeit keine Novellierung erfolgt?

Herr Minister Krapp antwortet für die Landesregierung.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Dewes beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Frage einer Novellierung des Thüringer Pressegesetzes wird geprüft. Aktueller Anlass ist u.a. die voraussichtlich 2001 in Kraft tretende Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes. Im Rahmen dieser Gesetzesänderung wäre nach entsprechender politischer Willensbildung eine seit einiger Zeit in der Diskussion befindliche Ergänzung des Thüringer Pressegesetzes bei den Komplexen Verjährung und Zutrittsrecht mit zu behandeln.

Zu den Fragen 2 und 3 verweise ich auf die Antwort zu Frage 1.

Es gibt eine Nachfrage, Herr Abgeordneter Seela.

Dieses Thema war natürlich Gegenstand des Koalitionsvertrags von 1994. Ich frage Sie, Herr Minister: Ist Ihnen eine Initiative der SPD bekannt, die ja von 1994 bis 1999 mitregiert hat?

Das war, das kann ich bestätigen, Gegenstand des Koalitionsvertrags in der 2. Legislaturperiode. Wenn ich mich recht erinnere, war damals formuliert: Wenn es einen Anlass gibt, das Pressegesetz zu ändern, wird auch diese Frage diskutiert. Es ist damals kein Anlass genannt worden.

Gibt es weitere Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Danke, Herr Minister. Die Frage ist damit beantwortet und wir kommen zur Mündlichen Anfrage von Frau Abge

ordneter Doht in Drucksache 3/911.

Informationspolitik des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz

Am 29. April 2000 fand in Wutha-Farnroda, Ortsteil Mosbach, ein Parteitag der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) statt. Der Bürgermeister der Gemeinde erhielt einen Tag vorher durch die Lokalpresse davon Kenntnis. Eine Information der Gemeinde seitens des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz erfolgte nicht, was der Bürgermeister mit Schreiben vom 23. Mai 2000 an den Präsidenten des Landesamts kritisierte und eine künftig bessere Abstimmung und das Zusammenwirken aller demokratischen Kräfte verlangte. Mit Antwortschreiben vom 31. Juli 2000 teilte das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz der Gemeinde mit, dass eine Weitergabe von personenbezogenen Daten nicht zulässig sei und im Übrigen die zuständigen Polizeibehörden informiert werden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist die Landesregierung ebenfalls der Auffassung, dass eine Information über den bevorstehenden NPD-Parteitag an die Gemeinde gleichbedeutend mit der Weitergabe personenbezogener Daten ist?

2. Wenn ja, wie begründet die Landesregierung diese Auffassung?

3. Wenn nein, warum erfolgte keine Information der Gemeinde durch das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz?

4. Wie soll künftig die Zusammenarbeit zwischen Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz, Polizei und Kommunen erfolgen, um bereits im Vorfeld alle rechtsstaatlichen Mittel zur Verhinderung rechtsextremer Veranstaltungen auszunutzen?

Herr Minister Köckert, bitte.

Frau Abgeordnete Doht, für die Landesregierung beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Zu Frage 1: Ist die Landesregierung ebenfalls der Auffassung, dass eine Information über den bevorstehenden NPD-Parteitag an die Gemeinde gleichbedeutend mit der Weitergabe personenbezogener Daten ist? Das kann, muss aber nicht so sein. Sofern dem Verfassungsschutz einschlägige Informationen vorliegen, gibt er diese an die zuständigen Stellen weiter, soweit dadurch seine Quellen

nicht gefährdet werden.