Vielleicht können Sie mir weiterhelfen. Wenn ich da recht informiert bin, so etwa 10 Jahre alt gab es eine Programmatik der SPD in Bayern, wo gefordert wurde, die Hotelübernachtungen mit dem vergünstigten Steuersatz zu besteuern. Ist das richtig oder habe ich mich da völlig falsch informiert?
Ich will jetzt hier nicht auf Bayern eingehen. Ich werde Ihnen auch nicht sagen, was die FDP in Bremen oder in Sachsen schon gefordert hat. Damit kommen wir hier überhaupt nicht weiter.
Ich möchte auf das eingehen, was Frau Ministerin Walsmann vorhin gesagt hat, dass inzwischen vollkommen vergessen worden ist, wofür eigentlich der ermäßigte Mehrwertsteuersatz eingeführt worden ist, nämlich um soziale Belange zu fördern. Damit wären wir beim Thema Schulessen. Es gibt ja den direkten Zusammenhang zwischen den Kosten des Essens und der Teilnehmerzahl am Schulessen. Indem das Schulessen verteuert wird, ist das das falsche Signal. Schulessen ist in Thüringen ohnehin nicht sonderlich preiswert - ungefähr 30 € im Durchschnitt je Monat und Schüler. Für eine gesundheitsbewusste Erziehung unserer Kinder und Jugendlichen ist eine gesunde Ernährung unerlässlich. Dafür ist es wichtig, dass die Schüler am Schulessen teilnehmen, dass sie eine warme Mittagsmahlzeit bekommen und natürlich auch, dass sie eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung haben. Das ist eine wichtige Aufgabe der Politik. Ich freue mich, dass die beiden Regierungsfraktionen CDU und SPD im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben - Frau Präsidentin, ich zitiere mit Ihrer Zustimmung -: „Die Koalitionspartner wollen einen Einstieg in gesunde und für bedürftige Kinder kostenfreie Verpflegung in Kindergarten und Schule schaffen.“ Danach kommen noch ein paar Sätze, welche Maßnahmen das regeln sollen. Das tun sowieso alle Fraktionen und lesen regelmäßig in dem Koalitionsvertrag, was dort geschrieben steht. Dieses Ziel wird durch die höhere Besteuerung konterkariert und deshalb begrüßt meine Fraktion, dass es einen ermäßigten Steuersatz für die Verpflegung in Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen gibt. Wenn Herr Augsten hier sagt, das kann man ja ganz steuerfrei stellen, muss man natürlich auch sagen, wo bleiben denn andererseits auch wieder die Einnahmen, wenn man Dinge vollkommen rausnimmt. Wir wollen, dass das Ganze eingebettet ist in einer strukturellen Neuordnung und Überprüfung der Ermäßigungstatbestände im Umsatzsteuerrecht. Deshalb begrüßen wir das schnelle Handeln unserer Landesregierung, die am Dienstag im Kabinett eine Bundesratsinitiative beschlossen hat. Die Finanzministerin hat vorhin darauf hingewiesen. Es gibt inzwischen entsprechende Signale aus anderen Bundesländern, die den Sachverhalt ähnlich sehen und so hoffe ich auf eine positive Entscheidung in den Ausschüssen des Bundesrats. Namens meiner Fraktion möchte ich ausdrücklich der Landesregierung für dieses schnelle Handeln danken.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - wir haben ja gehört, dass man das alles aussprechen soll und muss - geht nicht weit genug. Er beschränkt sich nur auf das Schulessen, andererseits haben wir die Initiative der Landesregierung und der Antrag ist
überholt. Ich denke, Sie sollten ihn zurückziehen. Ich hatte gestern die Diskussion mit Ihrer Fraktionsvorsitzenden Frau Siegesmund. Ich halte es für logisch falsch, etwas zu beschließen, was schon geschehen ist. Und wenn Herr Augsten sagt, es ist gut, dass wir heute noch einmal darüber reden - gut, das finde ich auch richtig, damit man noch einmal die Positionen klar darlegen kann, aber der Antrag hat sich überholt. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich habe vorhin großtönig angekündigt, dass ich in Zukunft unsere Anträge begründen oder einbringen will, sofern es mich betrifft. Ich habe dabei aber vergessen, dass ich nur fünf Minuten habe. Ich werde jetzt nicht die gesamte Begründung vortragen, weil ich glaube, es gibt eine große Übereinstimmung in der Sache hier über die Parteien hinweg. Lassen Sie mich noch zwei Bemerkungen machen, das geht ganz schnell. Herr Pidde, ich habe nicht gesagt, dass die GRÜNEN fordern, dass das steuerfrei gestellt wird, sondern dass es kostenfrei sein soll. Das ist ein kleiner Unterschied.
Wir sind uns der Problematik durchaus bewusst. Ich glaube, dazu haben die LINKEN auch gesprochen. Noch einmal: Unterschied steuerfrei - kostenfrei. Wenn es darum geht, Vorschläge zu machen, wie man zu Steuereinnahmen kommen könnte, da - das können Sie uns glauben - werden wir in Zukunft noch eine ganze Menge Vorschläge machen. Da fällt uns ganz viel ein, gerade mit Blick auf Sozialverträglichkeit.
Meine Damen und Herren, mir war es wichtig, mich hier vorn zu melden, weil ich noch einmal darauf eingehen möchte, Frau Ministerin Walsmann, dass aus unserer Sicht die Situation in den Schulen möglicherweise eine andere ist als Sie es jetzt hier in Erfurt erleben. Ich weiß aus den ländlichen Regionen, dass es durchaus Schulen gibt, die würden sogar gern selbst kochen auch mit den Kindern. Da geht es mir gar nicht um die Schulen, wie Montessori in Nohra oder Erfurt, überall sind solche Dinge im Gange und wird so etwas überlegt. Mir geht es aber um die Schulen, bei denen das überhaupt keine
Rolle spielt, wo der Hausmeister entscheidet, es kommt kein Wasserspender her, mit Cola verdient er mehr. Es geht genau um die Schulen, die das eben nicht regeln, wo die Eltern auch nicht aufpassen, wo es keine gute Schülervertretung gibt. Insofern lassen Sie uns da wirklich genau hinschauen. Das sind im Übrigen auch die Schulen, bei denen die Gefahr besteht, dass die Eltern bei einer 25-Cent-Erhöhung des Schulessens die Kinder vom Schulessen abmelden. Um die geht es uns an dieser Stelle.
Meine Damen und Herren, letzte Bemerkung zu Herrn Pidde. Wir werden diesen Antrag aufrecht erhalten, weil - und das ist auch unser Ansinnen heute, natürlich hat sich ganz viel oder das Meiste erledigt - ich glaube, es wäre ein tolles Zeichen hier aus dem Haus, wenn wir nach Berlin senden, dass das Plenum in Erfurt entschieden hat, der Landesregierung hier den Rücken zu stärken. Denn ich sage noch einmal: Die Kuh ist nicht vom Eis. Es gibt eine Bundesratsinitiative. Aber damit ist nicht sicher, dass dieses auch geändert wird. Ich denke, es sollten sich alle noch einmal ganz deutlich hier zu erkennen geben und sagen, wir unterstützen gemeinsam die Landesregierung in diesem Bemühen und deswegen bleiben wir dabei, dieser Antrag bleibt bestehen. Danke schön.
Vielen herzlichen Dank, Herr Dr. Augsten. Gibt es weitere Wortmeldungen? Das ist nicht der Fall. Dann frage ich, wird Ausschussüberweisung beantragt? Das ist auch nicht der Fall.
Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung über den vorliegenden Antrag in Drucksache 5/636 von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unter dem Motto „Runter mit dem Mehrwertsteuersatz beim Schulessen“. Wer diesem Antrag so zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Gegenstimmen? Enthaltungen? Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
(Zwischenruf Machnig, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Technologie: Ich bin nur wegen Ihnen aus Berlin zurückge- kommen, Herr Kemmerich.)
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Minister Machnig, willkommen aus Berlin. Schön, dass Sie mir die Ehre geben.
Es geht auch um ein wichtiges Wirtschaftsthema, die Unterstützung des Programms „Traumberuf Chef“. Ich fände es wunderschön, um das voranzustellen, wenn Sie nicht nur zu Betriebsratswahlen aufrufen, sondern auch die Gründer stärken und dieses Programm vielleicht auch persönlich unterstützen.
Meine Damen und Herren, Schule soll auf das Leben vorbereiten und spätestens ab den 7. Klassen haben wir ja auch angefangen, das ein wenig zu machen. Wir haben Unternehmensplanspiele, Erfindermessen, Auseinandersetzung mit Berufen, Ausbildungsmöglichkeiten, um den Übergang von der Schulbank in die Ausbildungszeit und das Leben zu ermöglichen. Aber trotzdem, Wirtschaftsunternehmertum wird in den deutschen Schulen und in den deutschen Schulbüchern immer noch eher negativ dargestellt. Im Rahmen des letzten deutschen Industrie- und Handelskammertages wurde in einem Vergleich französischer, deutscher und amerikanischer Schulbücher festgestellt, dass Wirtschaftsthemen eben nicht so aufbereitet sind, dass sie den Jugendlichen Lust und Mut machen, Selbstständigkeit und Unternehmertum als interessante berufliche Perspektive auszuloten, und zwar für Jungen und Mädchen. Unternehmertum bleibt oft noch mit negativen Attributen behaftet, oft bleibt es in den Publikationen, die sich übrigens meist im Sozialkunde- bzw. Politikunterricht wiederfinden. Bei den negativen Einstellungen oftmals wird nicht klar, wie wir gerade den Aufschwung Deutschlands geschafft haben nach den Jahren 1945 und auch den Aufschwung geschafft haben nach der friedlichen Wende 1989/90, wie eben Wohlstand und Wachstum geschaffen wird, auch das halten wir für wichtig, jungen Leuten in den Schulen beizubringen.
In amerikanischen Lehrbüchern, auch Geschichtsbüchern, wird auch über Unternehmer erzählt, die Amerika geprägt haben. So etwas kann man in deutschen Büchern nicht finden. Und dabei haben wir große Generationen von Gründern in der Vorzeit, Siemens, Grundig, Daimler, aber auch Zeiss und Abbe hier zu nennen, in neuerer Zeit, sicherlich auch Internetakteuere, SAP, nicht zuletzt auch Herrn Prof. Brandenburger aus Ilmenau, der mit bahnbrechenden Ideen die Welt revolutioniert hat.
Oftmals treffen wir auf Begriffe, wie soziale Marktwirtschaft und Globalisierung, sie werden verbunden mit den Attributen: der tägliche Kampf, Kapital
ersetzt Arbeit, moderne Sklaverei. Ein anderer Verlag schreibt in seinem Handbuch zum Thema „Globalisierung“, Europa werde durch die wirtschaftlichen Veränderungen brasilianisiert und stünde kurz vor der Rückkehr zum Mittelalter. Mehrere Verlage empfehlen den Schülern, sich weitere Informationen bei der Antiglobalisierungsgruppe Attac zu besorgen, ohne wirkliche Nennung von Alternativen.
Das Bundesministerium für Wirtschaft hat Lehrmaterial herausgegeben zum „Traumberuf Chef“. Hier soll Schülerinnen und Schülern die Chance der beruflichen Selbstständigkeit, Unternehmertum vermittelt werden. Neben gezielten Informationen für Lehrerinnen und Lehrer zu den einzelnen Aspekten des Unternehmertums und der Unternehmensführung gibt es auch praktische Arbeitsblätter für die Schülerinnen und Schüler. Mit einer interaktiven CD-ROM kann vorhandenes Wissen überprüft und erweitert werden. Es gibt viele Gründe für die Implementierung des Programms „Traumberuf Chef“ in den Thüringer Schulunterricht. Auf jeden Fall wird es den Erfahrungshorizont der Kinder und Jugendlichen erweitern und aufzeigen, dass es zwar Mut und Kraft kostet, eigene Ideen umzusetzen und oder sich aktiv in das Wirtschaftsleben einzubringen, aber dass es trotzdem eine sehr lobenswerte Aufgabe ist. Auch Chef, auch Chefin werden, ist ein Berufswunsch. Auch ein Unternehmen zu führen ist ein mehr als wichtiger Tatbestand. Wenn Sie heute mit der Industrie- und Handelskammer oder den Handwerkskammern reden hier in Thüringen, steuern wir auf ein großes Problem in den nächsten Jahren auch zu, nämlich dass uns die Nachgründer fehlen. Diejenigen jungen Leute, die Mut haben, die heute im Mittelstand tätigen Unternehmen zu übernehmen. Gerade der mittlere Mittelstand, Bereiche 20, 30, 40 Mitarbeiter, finden keine Mitarbeiter, weil die jungen Meister, die heranwachsen, Meister und Meisterinnen, kaum den Horizont, die Idee haben, was dahintersteckt und aus negativen Erfahrungen und negativen Empfehlungen eher ablehnen, diese Betriebe zu übernehmen. Was das für unsere mittelständische Wirtschaft heißt, denke ich, brauche ich jetzt in diesem Moment nicht zu erläutern. Es wird nicht dazu führen, dass wir nachhaltig Wachstum generieren können, unseren Wohlstand sichern. Danke.
Ich eröffne nun die Aussprache zu diesem Antrag und rufe als Ersten für die SPD-Fraktion den Abgeordneten Metz auf.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kemmerich, Wirtschaftsthemen, das heißt nicht nur beizubringen, wie man Chef wird, sondern Wirtschaftsthemen, da kann man sich auch auseinandersetzen mit verschiedenen Wirtschaftstheorien, Hayek, Karl Marx, Kaynes auch das sind Debatten, die vielleicht entscheidend sind an Schulen. Ich denke, die Auseinandersetzungen mit genau diesen Theorien sind wichtig. Aber ich will gar nicht direkt zum Antrag reden, weil das Programm „Traumberuf Chef“ vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert, von einem Herrn Brüderle, natürlich damals auch schon von Herrn Guttenberg, Sie hatten es ja vorhin schon mal angedeutet, wir hätten da schlecht recherchiert, warum das etwas mit Klüngel zu tun hätte. Dass Sie sich hier hinstellen, nach den Meldungen, eindeutige Beweise da sind, und dieses Programm nach wie vor verteidigen, das zeugt schon wirklich von großer Dummheit und zeugt davon, dieses Parlament hier dumm zu machen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen.
Sehr gern. Kommen wir zu den Fakten. Herr Recknagel, Sie sagen jetzt vielleicht Statistiken sind gefälscht. Es gibt Statistiken, es gibt hier einen Rechenschaftsbericht der FDP. Im „Traumberuf Chef“, des Lehrmaterials des Bundesministeriums für Wirtschaft, Technologie und Arbeit, wird ein gewisser Universum Verlag GmbH mit Sitz in Wiesbaden genannt und ein Designer, der eine Designerfirma, eine Gestaltungsfirma Cicero Gesellschaft für Werbung in Wiesbaden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Rechenschaftsbericht des Bundestages stehen da ganz interessante Fakten drin. Universum Verlag GmbH Wiesbaden - 50 Prozent Beteiligung FDP. Cicero Gestaltungsverlag - 47,5 Prozent Beteiligung FDP. Sie haben das Motto nicht: „Erst kommt das Essen und dann die Moral“ von Berthold Brecht, sondern Sie haben das Motto „Erst kommt Geld scheffeln und dann die Moral“ und das lehnen wir ab. Deswegen wird der Antrag hier und heute abgelehnt. Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Ist es richtig, dass die SPD über die Medienholding DDVG Anteile an mindestens 62 Zeitungen mit einer Gesamtauflage von 6 Millionen Exemplaren und 12 Millionen Lesern hält und diese Beteiligung geschätzt 10 Mio. € im Jahr umsetzt?
Wissen Sie, Herr Kemmerich, da gibt es einen Unterschied. Jede Partei hat irgendwo Beteiligungen. Es gibt einen Unterschied, Herr Barth, wir stellen keine Anträge, dass Verlage von uns von der Landesregierung gefördert werden, Materialien an die Landesregierung geschickt werden und Sie damit finanziert werden. Das machen wir nicht. Also, so viel zur Moral der FDP. Vielen Dank.
Gestatten Sie eine weitere Anfrage? Nein. Es gibt noch genügend Möglichkeiten zur weiteren Beteiligung an dieser Debatte. Ich rufe als Nächste für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich auf.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Frau Präsidentin, ich habe das Material mal mitgebracht, das kann man sich hier sehr gern mal anschauen. Am Equal Pay Day „Traumberuf Chef“ mit einem netten jungen Mädchen vorn drauf, Chefin wäre vielleicht auch nicht schlecht.
Aber kommen wir zur Debatte um diesen Antrag. Wenn man nämlich den Antrag genau liest, der ist ja nicht sehr lang, der besteht ja genau genommen