Protokoll der Sitzung vom 26.05.2010

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, schließlich möchte ich in diesem Zusammenhang auch die zwischen dem Freistaat Thüringen und der Kassenärztlichen Vereinigung gegründete Stiftung zur Förderung der ambulanten Versorgung erwähnen, die auch schon in der Diskussion eine Rolle gespielt hat. Das ist eine eigenständige Stiftung und nicht die Stiftung des Ministeriums, das muss ich noch mal klar sagen. Mit ihrer Gründung wurden neue Möglichkeiten geschaffen, um Ärzte zu fördern und deren Ansiedlung in von Unterversorgung bedrohten Regionen Thüringens zu begünstigen. Hierzu wurde als Erstes beschlossen, zunächst 10 Mediziner in der Weiterbildung mit monatlich 250 € zu fördern, und 10 ist der Anfang, das geht natürlich weiter. Wenn diese sich wirklich in den unterversorgten Regionen Thüringens niederlassen, können sie diese Förderung erhalten. Darüber hinaus werden noch in diesem Jahr die ersten von der Stiftung betriebenen Praxen eingerichtet. Das ist auch eine ganz neue Maßnahme. Der Vorteil besteht darin, dass die Ärzte dort nicht das eigene Risiko tragen, sondern angestellte Ärzte sind und sich später entscheiden können - wenn es gut funktioniert - sich niederzulassen. Die Stiftung ist aus unserer Sicht ein hervorragendes Mittel, um der Problematik entgegenzuwirken. Sie gilt auch in vielen Ländern als Vorbild. Es gibt viele Fragen, wie man so etwas gestalten kann. Der Freistaat unterstützt die Stiftung mit Geld, indem er zustiftet, aber auch für die laufenden Tätigkeiten aufkommt. In diesem Jahr stehen im Haushalt 126.000 €. Besonders erwähnenswert ist das Engagement mit der Krankenkasse. Die AOK hat 100.000 € bereitgestellt, weil sie auch als größte Krankenkasse, die in Thüringen tätig ist, erkannt hat, dass es ein Problem gibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen, das Problem ist von uns seit langem erkannt. Ich

hatte vorhin schon gesagt, wichtigste Entscheidungen sind auf Bundesebene zu treffen. Dort muss daran gearbeitet werden, dass das Vergütungssystem, dass die Bedarfsplanung geändert wird. Das ist auf Bundesebene zu machen. Die Landesregierung hat eine Reihe von Maßnahmen ergriffen. Die werden dazu beitragen, das Problem mindestens zu mildern. Unser Ziel ist es natürlich, das in den Griff zu bekommen. Herzlichen Dank.

Vielen Dank. Der Staatssekretär hat zeitmäßig eine Punktlandung gemacht, so dass keine zusätzliche Zeit mehr herausgesprungen ist. Wir schließen damit den ersten Teil der Aktuellen Stunde.

Ich rufe auf den zweiten Teil der Aktuellen Stunde

b) auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema: „Thüringer Schule auf gutem Weg? Schluss mit den Differenzen in der Koalition - Längeres gemeinsames Lernen umsetzen!“ Unterrichtung durch die Präsiden- tin des Landtags - Drucksache 5/983 -

Als Erste spricht Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste! Warum haben wir wohl dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt und das als Aktuelle Stunde? Vermutlich hat es jeder mitbekommen, leider durften wir den Titel nicht so wählen, wie wir das eigentlich vorhatten. Wir hatten diese Aktuelle Stunde mit „Koalitionsgezerre“ überschrieben. Das enthielt anscheinend aber zu viel Wertung, so dass wir uns dann haben überzeugen lassen, den Titel zu ändern. Nichtsdestotrotz ist es ein ernstes Problem, über das wir reden, nämlich die Frage: Wie wird unsere Bildungslandschaft in Zukunft aussehen? Die treibt sicherlich nicht nur uns um, sondern auch ganz viele Lehrerinnen und Lehrer, Eltern, aber auch die Schülerinnen und Schüler. Denn das, was wir im Moment erleben, ist eine größtmögliche Verunsicherung aller Beteiligten, wenn der eine Koalitionspartner an dem einen Tag in der Pressekonferenz die Gemeinschaftsschule vorstellt und der andere Koalitionspartner am nächsten Tag sein Modell mit der Überschrift „Thüringer Schule auf gutem Weg“ an die Öffentlichkeit bringt. Da stellt sich natürlich die Frage: Was wollen wir eigentlich? An dieser Stelle

gebe ich dem Thüringer Lehrerverband recht, bei dem wir am Donnerstag waren und der sehr deutlich gesagt hat, wir wollen einen breitestmöglichen Konsens, weil Bildungsreformen von einer größtmöglichen Mehrheit getragen werden müssen, nicht im Sinne von faulen Kompromissen - das sage ich hier auch ganz deutlich -, aber mit Blick darauf, dass es tatsächlich den Schülerinnen und Schülern und damit natürlich der Bildung dienlich ist, auch den Eltern, natürlich auch den Lehrerinnen und Lehrern.

Da möchte ich sehr deutlich werden. Wir begrüßen ganz klar, dass mit der Gemeinschaftsschule, die vorgestellt wurde und die sich auch im Koalitionsvertrag wiederfindet, das Prinzip des längeren gemeinsamen Lernens Einzug halten soll. Aber wir kritisieren genauso deutlich, dass die Gemeinschaftsschule als reine Wahlmöglichkeit geschaffen wird. Das heißt, sie ersetzt nicht das bisherige Schulsystem,

(Beifall DIE LINKE)

sie stellt nicht grundlegend um auf längeres gemeinsames Lernen, sondern sie ermöglicht eine weitere Option neben dem gegliederten Schulsystem, das weiter auf Auslese setzt und eben nicht auf individuelle Förderung und spätestmögliche Trennung.

Wenn wir uns das Verfahren betrachten - die Pilotphase wurde ja eingeläutet - es fehlt die Gesetzesgrundlage, es gibt keine Förderrichtlinien, nichts dergleichen für interessierte Schulen. Wenn uns Schulen fragen, was sie jetzt machen sollen, dann muss man ihnen sagen: Ja, vielleicht überlegt ihr es euch und probiert das mit dem Modell Gemeinschaftsschule. Aber das können wir euch dann auch erst genauer im Herbst sagen, denn eher werden auch wir nicht wissen, wie die Rahmenbedingungen für diese Schulform aussehen sollen. Da sage ich noch einmal ganz deutlich: Ich finde, in der Bildungspolitik darf es insofern keine Denkverbote geben, wenn wir tatsächlich allen Kindern gleichermaßen den besten Zugang zur Welt und auch zur Bildung öffnen wollen. Wir meinen, das geht am besten mit längerem gemeinsamen Lernen, und zwar für alle. Wenn es die CDU ernst meint und das Ganze kein - ich sage mal in Anführungszeichen - „vergiftetes Angebot“ ist, die Regelschulen tatsächlich für alle zu öffnen - diese müssten dann natürlich mit den Grundschulen gemeinsam in der 1. Klasse beginnen und bis zum Abschluss der Sekundarstufe 1 führen, um darauf dann weiterführende Abschlüsse aufzubauen -, dann glaube ich, wir könnten miteinander ins Gespräch kommen. Mit „wir“ meine ich wir alle fraktionsübergreifend, weil es doch das Ziel sein sollte, eine Bildungsreform für Thüringen zu schaffen, die tatsächlich alle mitnimmt

und die allen Kindern gleichermaßen Bildungschancen gewährt. Warum sollten wir dann nicht über solche Möglichkeiten auch nachdenken? Vielleicht können wir diese Aktuelle Stunde ja dafür nutzen.

Ich sage aber auch ganz deutlich: Mir sind noch zu viele Fragen offen. Nehmen wir mal die freien Schulen. Wenn ich das richtig verstanden habe - ich habe ja nachher noch eine Mündliche Anfrage dazu -, dürfen sich freie Schulen überhaupt nicht bewerben für die Pilotphase, wenn es darum geht, Gemeinschaftsschule zu werden. Ist das im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes - ich sage es mal so deutlich -, ist das im Sinne einer pluralen Schullandschaft, für die wir streiten? Ist das im Sinne von gleichen Chancen und Rahmenbedingungen für unterschiedliche Schulen, die selbstverständlich allen Kindern offen stehen müssen? Ich meine, nein. Deswegen sage ich: So jedenfalls kann aus unserer Sicht Gemeinschaftsschule nicht zur Gemeinschaftsschule werden, wenn eine Schulart gar nicht berücksichtigt wird, nur weil sie in der falschen Trägerschaft ist.

Wenn wir weiter hinschauen: Was ist mit der Gemeinschaftsschule als Ganztagsschule, was heißt das? Wie sieht die Zukunft der Horte an diesen Schulen zum Beispiel aus? Auch da zeigen sich für uns nur viele Fragezeichen, aber kaum Antworten. Deswegen will ich noch einmal dafür werben. Ich meine, wir brauchen die breitestmögliche Einbindung und Anbindung aller politischen Akteure, aber auch derjenigen, die Schule machen und die Schule leben. Denn Schule soll nicht nur Lern-, sondern auch Lebensort sein. Schule soll sich öffnen. Schule will Inklusion leben, das hoffe ich jedenfalls. Schule will dafür die Rahmenbedingungen schaffen und Schule muss alle mitnehmen, egal woher sie kommen, egal wie viel Geld die Eltern haben und egal welche Fähig- und Fertigkeiten die Kinder mitbringen, weil die Schule zu unseren Kindern passen muss und nicht die Kinder zur jeweiligen Schule. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich. Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Abgeordneter Emde.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich sage es gleich vorweg, selbstverständlich gilt der Koalitionsvertrag, in dem die Gemeinschaftsschule steht.

(Beifall CDU, SPD)

Aber die wenigen Sätze, die dort drinstehen, bedeuten ja deswegen dann auch noch lange nicht das Ende der schulpolitischen Debatte.

(Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Koalitionsvertrag steht ja auch noch nichts über die konkreten Ausgestaltungen, deswegen kein Ende der schulpolitischen Diskussion, die kann auch niemals aufhören. Ich will aber auch an der Stelle noch mal eines klarstellen entgegen anders lautenden Pressemitteilungen oder Presseäußerungen: Die Ministerpräsidentin hat wie alle anderen Abgeordneten unserer Fraktion dem Vorschlag „Schule auf gutem Weg“ zugestimmt. Es ist nicht richtig, wie in der Zeitung stand, dass das Kabinett die Vorschläge zurückgewiesen hätte.

(Beifall CDU)

Aber, meine Damen und Herren, wir haben in Thüringen schulpolitisch unter anderem drei Situationen zu lösen.

Erstens: Die Zahl der Schulabbrecher und der Schüler ohne Abschluss ist in den letzten Jahren erheblich gesunken; sie muss aber auch noch weiter sinken im Interesse dieser Schüler, aber auch im Interesse unseres Landes. Denn wenn weniger Schultern zukünftig mehr tragen müssen, dann müssen diese Schultern auch kräftiger sein.

Zweitens: Es ist so, in 5 bis 10 Jahren haben wir eine Müttergeneration, die nur noch halb so stark ist wie die von 1990 und die folgenden Jahre. Damit wird die Zahl der Schüler noch einmal sinken. Also eine vorausschauende Schulentwicklung muss auch organisatorische Lösungen anbieten, die keine Abstriche an der Qualität des Unterrichts zulassen.

Drittens: Eine zu hohe Übertrittsquote zu den Gymnasien ist ein Problem für alle Regelschulen, für Gemeinschaftsschulen und die Gymnasien. Für die Gymnasien, weil sie sich nicht nur auf die intellektuell leistungsstärksten Schüler konzentrieren können, für die anderen Schulen deshalb, weil ihnen ein Potenzial von Schülern abhanden kommt, welches sie für guten oder auch für guten gemeinsamen Unterricht einfach benötigen.

Meine Damen und Herren, für uns war und ist die Regelschule schon immer das Zentrum des Thüringer Schulsystems. Wir wollen diese Regelschule weiterentwickeln und werden dafür auch weiterhin werben. Die Regelschule führt zu allen Abschlüs

sen; der gestufte Weg zum Abitur ist in ihr angelegt und wir wollen diesen Weg mit unserem Modell der Thüringer Oberschule ausweiten, dies übrigens auch in Übereinstimmung mit dem PISA-Gewinner Sachsen. Wir haben die Regelschule schon immer als eine Schule für alle begriffen. Man kann das daran ablesen, dass mehr als ein Viertel der Schüler eines Jahrgangs diesen Weg nutzen, um einen gymnasialen Abschluss zu erreichen.

Die CDU-Fraktion will, dass künftig mehr Schüler die Oberschulen besuchen als bisher. Mit der individuellen Schulausgangsphase, die mindestens die Klassen 9 und 10 umfassen soll, soll die Zahl der Abbrecher deutlich gesenkt werden, weil für die Schwächeren ein Jahr mehr Zeit bleibt und auf ihre Bedürfnisse besser eingegangen werden kann. Andere Schüler werden intensiver auf ihre Lehre in einem Unternehmen vorbereitet, aber dieser Weg lässt Schülern auch mehr Zeit auf dem Weg zu einem Abitur. Zeitlicher Druck wird in einer solchen Schule abgebaut und es bleibt mehr Raum, um sich über die eigenen schulischen Ziele und Begabungen klar zu werden. Es ist für uns ein Weg mit stärkeren Seitenplanken und großer Nähe zur wirtschaftlichen Praxis.

Meine Damen und Herren, was wir ausdrücklich nicht wollen, ist, dass die Zweigliedrigkeit unseres Systems und damit auch unseres 8-jährigen Gymnasiums ausgehebelt wird.

(Beifall CDU)

Denn, meine Damen und Herren, es gibt einen größeren Teil Schüler, die sich gezielt auf ein Studium vorbereiten wollen und deren Talent dafür auch schon nach der 4. Klasse zweifelsfrei erkennbar ist. Auch diese Gruppe von Schülern verdient optimale Förderung. Es bleibt dabei, die richtige Schule für jeden, statt eine Schule für alle. Deshalb soll es künftig nach unseren Vorstellungen auch weiterhin Grundschulen, Förderzentren, Oberschulen, Gymnasien, berufliche Schulen, Gesamtschulen und auch Gemeinschaftsschulen geben. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Koalition einen Gesetzentwurf präsentieren wird, der die Schullandschaft in Thüringen weiter voranbringt. Dabei geht es nicht zuallererst um die begrifflichen Etiketten, sondern es muss um die Inhalte gehen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächste spricht für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Dr. Klaubert.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Emde blieb wahrlich die Antwort nicht schuldig, wir wollen kein längeres gemeinsamen Lernen und schon gar nicht von der 1. Klasse an, was wir wollen ist der Ausbau des gegliederten Schulsystems. Damit bleiben Sie sich treu.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank für diese klarstellenden Worte. Meine Bemerkungen zu dem Titel, den BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ihrer Aktuellen Stunde geben mussten, heißt: Das Erste ist mir eigentlich egal, wenn sie Differenzen in der Koalition haben, dann sollen sie die ausstreiten. Aber längeres gemeinsames Lernen ist ein Projekt, welchem sich in Vorbereitung der Landtagswahlen im vergangenen Jahr die Mehrheit der Fraktionen in diesem Hohen Hause verschworen hat - bis auf die CDU-Fraktion. Das Ergebnis war um die 30 Prozent. Damit liegen Sie genau in dem Fenster, welches auch vor der Landtagswahl schon beschrieben worden ist. Etwa 70 Prozent der Bevölkerung wollten längeres gemeinsames Lernen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da meinten Sie nicht von Klasse 5 bis 10, sondern sie meinten von Klasse 1 bis 8. Wir akzeptieren, dass Sie es anders sehen, aber wir haben natürlich auch das Recht, unsere Positionen immer wieder einzubringen. Vor diesem Hintergrund ist es schon sehr interessant, dass man noch einmal in den Koalitionsvertrag schaut. Dort steht nämlich: „Es besteht auf beiden Seiten Übereinstimmung, auf der Basis des in Thüringen bisher Erreichten und Bewährten, das Thüringer Schulsystem für längeres gemeinsames Lernen bis zur Klasse 8 zu öffnen. Die Thüringer Gemeinschaftsschule soll durch gesetzliche Festschreibung als vollwertiges und gleichberechtigtes Angebot in der Thüringer Schullandschaft etabliert werden. Alle Schulträger sollen neben der Regelschule und dem Gymnasium eine gleichberechtigte Option für eine Gemeinschaftsschule bekommen.“ Da steht auch noch ein bisschen mehr drin zur Gemeinschaftsschule. Die SPD hat es natürlich auch nicht versäumt, nach der Koalitionsbildung diesen Wert ihrer Handschrift im Koalitionsvertrag immer wieder deutlich zu machen.

(Beifall SPD)

In diesem Sinne geht es also tatsächlich um das zentrale Projekt „Längeres gemeinsames Lernen“. Wir sehen, dass letzten Endes die Front der Ver

hinderer eines solchen Projekts eines längeren gemeinsamen Lernens von der 1. bis zur 8. Klasse nur eine Weile stillgehalten hat, ehe sie wieder aus der Deckung kam. Ich muss natürlich sagen, Herr Staatssekretär Prof. Merten reiste mehrfach im Lande herum, erläuterte dieses Projekt der Gemeinschaftsschule, es wurde der Beirat gegründet, dem Ausschuss wurde das Projekt vorgestellt; trotzdem bleibt: Das Modell, so wie es jetzt angelegt ist, ist halbherzig, denn auch dieses Modell ist nicht stringent und deutlich auf das längere gemeinsame Lernen von der 1. bis zur 8. Klasse ausgelegt und es verhindert die Selektion nach der 4. Klasse nicht. Damit, sehr verehrte Damen und Herren von der SPD-Fraktion und aus dem Teil der Landesregierung, die der SPD angehören, haben Sie selbst die Flanke aufgemacht, dass Ihr konservativer Koalitionspartner Ihnen mit der Oberschule in das Zeug fahren kann.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Übrigens zum Begriff der Oberschule: Offensichtlich haben Sie auch nachgedacht, wie man ein solches Modell schmackhaft machen könnte. Das Modell gibt es in anderen Bundesländern auch. Herr Emde, Sie sind darauf eingegangen. Aber ich nehme an - Sie sind ja da nicht ungeschickt -, dass Sie mit dem Modell dann auch aufbauend auf den Lernerfahrungen zahlreicher Eltern, die jetzt in Thüringen ihre Kinder einschulen oder die eine Schulwahl treffen müssen, damit einfangen wollten. Was Sie aber vergessen haben, die Polytechnische Oberschule war eine Schule von der 1. bis zur 10. Klasse, die haben Sie zum großen Teil selbst durchlaufen, und die Erweiterte Oberschule war eine Schule, die begann bei Klasse 9 und ging bis 12 und später dann von 11 bis 12. Übrigens, den zweiten Reformversuch fand ich dann auch nicht so gut. Also, Ihnen hat es nicht geschadet, demzufolge sagen Sie, nehmen wir die Oberschule als Modell - aber Sie machen daraus eine Mogelpackung.

Nun noch ein Wort an Sie, meine Damen und Herren von der SPD, und an Sie, Herr Minister Matschie: Sie haben natürlich erst einmal gesagt, die CDU hat diese Eintagsfliege geboren und die ist nach einem Tag tot. Ich glaube, dass Ihnen enormer Althaus’scher Wind entgegenschlagen wird bei dem Modell der Einführung der Gemeinschaftsschule und noch mehr, wenn Sie tatsächlich bei Ihrem Wahlversprechen bleiben wollen, von der 1. bis zur 8. Klasse gemeinsam lernen zu wollen. Bitte denken Sie daran, dass Sie ein Wahlversprechen abgegeben haben, welches in diesem Sinn war. An uns wird es nicht liegen, Ihnen bei der Umsetzung dieses Wahlversprechens zu helfen. Die Mogelpackung der Koalition ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Abgeordnete. Für die Fraktion der SPD hat sich zu Wort gemeldet der Abgeordnete Metz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, ich denke, es ist fraglos das Recht einer Partei und wohl auch einer Fraktion, eigene Vorstellungen auch innerhalb einer Koalition zu entwickeln. Das ist auch gut so. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das gilt dann auch für beide Seiten. Eine Koalition heißt eben nicht gegenseitige Gefangenschaft. Für die Fraktion der SPD und deren Abgeordnete ist bei dieser Sache jedoch eins bindend, das ist der Koalitionsvertrag, ich zitiere noch einmal daraus den schon eben zitierten Satz: „Es besteht Übereinstimmung auf der Basis des in Thüringen bisher Erreichten und Bewährten, das Thüringer Schulsystem für längeres gemeinsames Lernen bis Klasse 8 zu öffnen. Die Thüringer Gemeinschaftsschule soll durch gesetzliche Festschreibung als vollwertiges und gleichberechtigtes Angebot in der Thüringer Schullandschaft etabliert werden.“ Dieses Modell der Thüringer Gemeinschaftsschule, das weiß auch unser Koalitionspartner, ist das Modell der SPD-Landtagsfraktion, was jetzt gemeinsam entwickelt wird auch mit Ihrer Fraktion im Beirat mit Expertinnen und Experten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, dabei bleibt es auch. Auf dieser Basis haben sich

(Beifall SPD)