Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, man kann sich sicherlich darüber echauffieren und auch darüber streiten, dass es ganz offensichtlich bei vielen Fragen auch unterschiedliche Ansichten zwischen zwei Koalitionsparteien gibt, aber was ich zu Beginn der Diskussion erlebt habe, dass es innerhalb einer kleinen Fraktion nach dem gestrigen Redebeitrag von Herrn Barth heute eine ganz gegenteilige Position von Frau Hitzing gibt, kommt auch nicht so häufig vor. Das fand ich schon sehr spannend, wie die FDP seit gestern komplett ihre Überzeugung ausgetauscht hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern ist im Zuge der Föderalismusreform III entstanden. Die Thüringer SPD hat seinerzeit bereits auf die Negativauswirkungen der Verfassungsänderung aufmerksam gemacht, auch gegenüber der eigenen Partei im Bund. Wir haben deshalb auf die Negativauswirkung aufmerksam gemacht, weil ab sofort kaum noch Möglichkeiten für eine Bund-Länder-Vereinbarung für Bildungsinvestitionen wie etwa das Ganztagsschulprogramm möglich waren, weil oft der Wegfall der gemeinsamen Bildungsplanung von Bund und Ländern entstanden ist und eben auch kaum noch einheitliche Bundesvorgaben mehr für die Studienzeit dauern und Studienabschlüsse etc. möglich waren. Inzwischen teilt auch die BundesSPD unsere Position und setzt sich öffentlich für eine Aufhebung des Kooperationsverbots ein. Entsprechend stößt also der Antrag der GRÜNEN in diese Richtung. Das ist auch durchaus zu begrüßen.
Das Kooperationsverbot bietet natürlich ein Hemmnis für die Entwicklung gerade der zentralen Institution in Bildungsbereichen. Im Sinne der Bildungsgerechtigkeit müssen eigentlich Mittel gebündelt werden zwischen Bund und Ländern, nicht als eine Art gnädiger Scheinmonarch à la Römisch-Deutsches Reich, den Untergebenen mal eine oder die andere Investition zu geben mit einem viel ausgearbeiteten Programmchen. Nein, was wir brauchen, das sind Investitionen in Struktur und Institution und auch nicht in private Parallelsysteme, meine sehr geehrten Damen und Herren. Genau deshalb bin ich froh, dass sich der Minister in der Vergangenheit hier klar positioniert hat und auch die Debatte bundesweit parteiübergreifend gerade in eine andere Richtung sich entwickelt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Bildungspolitik ist eine durchaus zarte Pflanze, die man auch entwickeln muss und bei der man auch die gesamte Gesellschaft mitnehmen muss und vor al
len Dingen auch die Position der Länder mitnehmen muss. Ich finde, dass die Positionierung von Frau Schavan vom November 2010 hervorragend ist, die sich kritisch zum Kooperationsverbot äußert und auch mehrere andere Presseberichterstattungen auch aus der aktuellen Presse, wie man heute entnehmen konnte, von Experten, die die Bundesregierung beraten, da sicherlich auch in die richtige Richtung gehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Politik ist dann aber auch immer sehr konkret und findet nicht auf einer Metaebene statt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Rothe-Beinlich, Sie haben angesprochen das Thema Schulsozialarbeit. Da habe ich doch einen kleinen Aufreger auch noch einmal in mir gespürt. Wenn die GRÜNEN bei den aktuellen Verhandlungen auf Bundesebene nämlich aus den Verhandlungen ausgestiegen sind, hat die SPD auf Bundesebene unter anderem dafür gesorgt, dass für Thüringen beispielsweise mehr als 70 Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter mehr eingestellt werden können in Zukunft. Das ist eine konkrete Art und Weise, Politik zu machen.
(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Hartz- IV-Debatte be- antwortet doch nicht die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Kooperationsverbots!)
Genau das, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden wir auch mit dem Alternativantrag versuchen. Herr Voigt hat die Punkte 1 und 3 sehr ausführlich dargestellt. Ich will auf einen Punkt noch einmal eingehen, das ist der Punkt 2, bei dem formuliert wurde, dass die Landesregierung gebeten wird, zu prüfen, auf welchen Feldern der Bildungsund Wissenschaftspolitik die Zusammenarbeit mit dem Bund intensiviert werden kann. Wir werden als SPD-Fraktion an dieser Stelle auch nicht locker lassen, da tatsächlich die Landesregierung auch in die Verantwortung zu nehmen und natürlich auch den Koalitionspartner, weil das nämlich ein Beschluss ist, der dazu führt, dass Schritt für Schritt und Feld für Feld Themen besetzt werden, bei denen sicherlich auch in Zukunft vielleicht einmal einige Widersprüche aufgedeckt werden. Ich will ein Beispiel nennen: Die Frage des Sanierungsstaus in den Hochschulen können wir in Thüringen nicht damit beantworten, dass wir hier weiterhin Abbau betreiben, sondern die müssen wir auch damit beantworten oder uns die Frage ernsthaft stellen, ob wir den Bund tatsächlich mehr in die Verantwortung nehmen wollen. Die Frage, die auch Herr Emde als bildungspolitischer Sprecher oft thematisiert gemeinsam mit uns, nämlich der Ausbau von Ganztagsschulen, der sicherlich von Thüringen aufgrund der Finanzknappheit, die wir hier in Thüringen haben, nicht allein bewältigt werden kann, müssen da Schritt für Schritt thematisiert und auch abgearbeitet werden. Da werden wir Sie, da werden wir auch das Finanzministerium in den Debatten in die
Pflicht nehmen, Schritt für Schritt für konkretes Projekt in die Richtung gehen, die die GRÜNEN sicherlich auch mit ihrem Antrag hier thematisiert haben. Die Zeit wird aus meiner Sicht in Zukunft auch dafür bereit sein, dass das Kooperationsverbot fällt. Wir werden in Thüringen gemeinsam - CDU und SPD Schritt für Schritt die Felder ausfindig machen, bei denen die Breite der Landespolitik und die Breite auch der Länder gerade in Ostdeutschland die Unterstützung des Bundes benötigt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle sagen, nachdem mir das Wort erteilt wurde, ich bin ein bisschen sprachlos nach der Rede von Herrn Metz. Wir haben zwei Anträge vorliegen, den der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der heißt „Gemeinsame Bildungsverantwortung für gute Schulen und Hochschulen - Für eine Abschaffung des Kooperationsverbotes zwischen Bund und Bundesländern“ und wir haben den Alternativantrag von CDU und SPD, der die gleiche Überschrift trägt und dann heißt „Für eine intensive Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Bildungs- und Wissenschaftspolitik“. In dem Alternativantrag kommt an keiner Stelle das Wort Kooperationsverbot vor, auch nicht in der Begründung. Er behandelt sozusagen sogar einen anderen Sachverhalt auf der inhaltlichen Seite. Er hat andere Finanzierungsvorstellungen. Da hätte man zumindest noch einmal - ich will es sagen - auch eine Diskussion führen können, ob es nicht besser gewesen wäre, einen eigenen Antrag zu stellen, der einen anderen Sachbezug hat. Also so ganz kann ich den Zusammenhang nicht herstellen, aber Sie werden das sicher können. Außerdem hatten wir am vergangenen Donnerstag die AusschussSitzung, in der der Antrag der GRÜNEN behandelt wurde. Es ist schon erstaunlich, dass weder die SPD noch die CDU dort in der Lage waren, ihre Alternativen vorzustellen. Das müssen Sie nicht, aber man kann es ja machen, im gemeinsamen Gespräch skizzenweise darzustellen und zu sagen, wir wollen vielleicht eine Lücke finden, durch die wir durchsegeln können zwischen Kooperationsverbot aufheben und Kooperationsverbot beibehalten. Diese Lücke haben Sie nun mit einem Alternativantrag gedeckt. Das ist ein Ausweichmanöver, um die Fragestellung nicht beantworten zu müssen. Das ist umso erstaunlicher, da Ihre Partei - also die der SPD auf der Bundesebene, das haben Sie gesagt Herr Metz das Kooperationsverbot aufheben
möchte. Sogar Frau Schavan diskutiert darüber, das Kooperationsverbot aufzuheben. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Anträge gestellt, meine Partei hat im Deutschen Bundestag Anträge gestellt und Sie segeln hier sozusagen um die Ecke mit einem plakativen Antrag. Ich will jetzt auf Ihren Antrag im Konkreten eingehen.
In Punkt 1 begrüßen Sie erst einmal alles, was bisher passiert ist, Zukunft Bildung und Betreuung sowie Kinderbetreuungsfinanzierung, Hochschulpakt 2020. Sie bezeichnen das, ich zitiere: „als zielgenaue Stärkung der finanziellen Aufwendungen der Länder durch den Bund“ und begrüßen es ausdrücklich. Das können Sie ja tun, aber diese zielgenaue Finanzierung hat zumindest im Hochschulbereich - Herr Voigt, Sie haben ja noch einmal unterstrichen, wie positiv sich der Pakt 2020 auf die Finanzierung der Hochschulen auswirkt, das haben wir erlebt, Sie haben dieses Jahr die Mittel benutzt, um Mittel, die den Hochschulen eigentlich schon zugesichert waren, damit wieder aufzufüllen und dann fehlten immer noch ca. 2,2 Mio. €. Also da müssen Sie schon mal darüber nachdenken, was Sie denn eigentlich wollen. Aber „begrüßen“ ist ja immer gut.
In Punkt 2 sagen Sie, ich zitiere wieder: „Die Landesregierung wird gebeten zu prüfen, auf welchen Feldern der Bildungs- und Wissenschaftspolitik die Zusammenarbeit mit dem Bund intensiviert werden kann.“ Das begrüße ich, dass Sie die Landesregierung dazu auffordern. Ich stelle allerdings die Frage: Was hat denn die Landesregierung bisher getan, wenn Sie die jetzt erst einmal aufrufen müssen, sich mit dem Thema zu beschäftigen?
Also da müssten Sie sich mal mit der Landesregierung verständigen als Koalition. Das ist nicht durchschaubar, was Sie da eigentlich wollen.
In Punkt 3, das ist dann das klassische Ausweichmanöver, wo Sie an der eigentlichen Fragestellung vorbeisegeln. Da möchten Sie, Zitat: dass „die Länder … in die Lage versetzt werden, ihre Kernaufgaben in der Bildung- und Wissenschaftspolitik eigenverantwortlich und auf hohem Niveau zu erfüllen. Hierzu bedarf es einer ausreichenden und nachhaltigen Finanzausstattung der Länder durch den Bund. Die Landesregierung wird gebeten, über den Bundesrat eine höhere Beteiligung der Länder am Umsatzsteueraufkommen anzustreben.“ Das ist sicher erst einmal nicht falsch, aber das hat mit dem Kooperationsverbund gar nichts zu tun. Sie wollen eine andere Finanzierung zwischen Bund und Ländern haben. Insofern sage ich einfach, das ist nicht so direkt sachbezogen, was den Antrag der GRÜNEN anbelangt.
Sie verweisen in der Begründung auch noch einmal darauf, dass 2015 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung investiert werden sollen, klagen dann anschließend über die demographische Entwicklung und dass es deshalb sehr schwierig sein wird, in Thüringen dieses 10-Prozent-Ziel zu erreichen. Ja, da muss man vielleicht einmal darüber nachdenken, wo die Ursachen für das eine oder das andere liegen. Das hätten Sie auch hier vorn tun können. Sie reden auch immer über die Wichtigkeit von Bildung, über Innovation, über Wettbewerb und über Fachkräftemangel und wie man das alles verändern könnte. Man könnte positive Voraussetzungen schaffen. Wenn man auch dem Antrag der GRÜNEN zugestimmt hätte, dann hätte man eine gemeinsame Finanzierungsgrundlage. Das haben Sie nicht getan in diesem Zusammenhang.
Herr Dr. Voigt, eines möchte ich Ihnen noch sagen, Sie haben noch einmal ganz ausdrücklich auf die Vorzüge des Wettbewerbsföderalismus hingewiesen, wir haben in der letzten Plenardebatte uns schon einmal zum Kooperationsverbot verständigt. Sie müssten ja wissen, welche Vorteile der Wettbewerbsföderalismus hat und wo er seine Engstellen hat, die durchaus in der öffentlichen Diskussion und in der öffentlichen Kritik sind. Die beziehen sich vorrangig auf den Artikel 104 und den Artikel 91 b des Grundgesetzes und das waren eigentlich die Gegenstände, über die wir hier heute diskutieren wollten.
Kollege Metz hat noch gesagt, dass Bildungspolitik eine zarte Pflanze ist, die man hüten muss. Da stimme ich Ihnen durchaus zu. Aber mittlerweile blüht die Bildungspolitik in allen Bereichen: Schule, Kita, Hochschule - 20 Jahre. Da ist die Pflanze schon relativ groß und die Föderalismusreform II hat keinen Beitrag dazu geleistet aus unserer Sicht, dass das Wachstum dieser Pflanze gestärkt wird. Wir wollen eine dauerhafte Absicherung der Bildungshaushalte in der Kooperation von Bund und Ländern. Wir werden deshalb dem Antrag der GRÜNEN auch zustimmen. Wir sind auch der Auffassung, dass das Kooperationsverbot, der Wettbewerbsföderalismus und auch die Exzellenzinitiative ihre Ziele nicht erreicht haben im Bildungsbereich.
Die gestrige Debatte zur Bildung von Bundesuniversitäten oder einer Bildungsuniversität hat gezeigt, dass es zig Ideen gibt, um Ausweichmöglichkeiten zu finden, wie man Spitzenleistungen platzieren kann und Bildung irgendwie finanzieren kann, aber es gibt kein gemeinsames Konzept. Ich hätte eigentlich gedacht, dass wir hier mit aller Vernunft und aller Ernsthaftigkeit auch über das Kooperationsverbot reden, weil es auch auf der Bundesebene z.B. von der SPD genauso thematisiert wird und wir hier zu dem Ergebnis kommen, da auch der Minister sich schon in der Weise geäußert hatte, dass das Land Thüringen eine Initiative ergreift im Bun
Danke, Frau Abgeordnete. Nachdem die Rednerliste der Abgeordneten abgearbeitet ist, hat Herr Minister Matschie um das Wort gebeten.
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, alle, die sich ein bisschen mit dem Thema beschäftigt haben, wissen, die Debatte um die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Bildungspolitik, speziell auch die Frage, in welchen Feldern das möglich sein soll und in welchen nicht, die Frage des Kooperationsverbots, das ist eine Debatte, die quer durch die Parteien geht. Manchmal hängt der Standpunkt auch davon ab, ob man gerade im Land oder gerade im Bund Verantwortung trägt. An Frau Schavan kann man das sehr schön sehen, die ja als zuständige Landesministerin damals vehement für eine Stärkung der Länder in der Bildung eingetreten ist, aber jetzt nach ihren Erfahrungen, die sie als Bundesministerin gemacht hat, sagt, wir brauchen eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den Ländern und dem Bund und wir müssen über das Kooperationsverbot neu nachdenken.
Im Kern muss es uns eigentlich um zwei Themen gehen. Deshalb will ich noch einmal ein bisschen ausholen und nicht sofort auf die Verfassungsregelung kommen, nämlich um die Frage, wie viel Gemeinsamkeit brauchen wir im Bildungssystem und wie finanzieren wir ein leistungsfähiges Bildungssystem. Beide Fragen sind, glaube ich, gleichermaßen wichtig.
Viele Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht, dass wir alle Anstrengungen unternehmen, um mehr gemeinsame Linien im deutschen Bildungssystem zu haben, mehr Gemeinsamkeit, gleiche Standards, Vergleichbarkeit. Das ist eine Aufgabe, die mit der Frage der Finanzierung noch gar nicht gelöst ist, sondern die extra davon zu betrachten ist. Hier wissen Sie, dass die Bundesländer auf dem Weg sind, z.B. bei gemeinsamen nationalen Bildungsstandards. Aber schon wenn wir in die Umsetzung dieser Standards schauen, die ja für einige Bereiche jetzt schon vorliegen, stellen wir fest, einige Bundesländer haben diese Standards - so wie Thüringen - in die Lehrpläne eingearbeitet und führen sie in den Schulen ein. Andere Bundesländer haben sich in dieser Frage noch nicht bewegt. Deshalb bin ich in der Vergangenheit immer dafür eingetreten, darüber zu reden, wo sind gemeinsame Regelungen in der Bildungspolitik, die besser beim Bund angesiedelt sind, als dass sich 16 Bundeslän
der verständigen müssen über die Regelung und über die Umsetzung der Regelung. Ich glaube, das ist eine Aufgabe, die uns in den nächsten Jahren auch noch beschäftigen wird, genau zu definieren, wo wir gemeinsame Standards setzen wollen und in welcher Verantwortung dies zu geschehen hat. Und das ist keine Frage, die anhand von Parteigrenzen zu diskutieren ist, sondern über Parteigrenzen hinweg brauchen wir Offenheit, um gute Lösungen zu finden.
Ich habe vorhin Frau Schavan angesprochen, ich könnte genauso Beispiele aus der eigenen Partei nehmen, auch in der SPD gibt es unterschiedliche Auffassungen zu der Frage Verfassungsregelung und Kooperationsverbot. Wir haben gestern die Vorlage des neuen Gutachtens der Expertenkommission Forschung und Innovation gehabt. Eine Expertenkommission, die die Bundesregierung einberufen hat und die die Bundesregierung berät. Die haben gestern ihr Gutachten der Presse vorgestellt. Auch die Expertenkommission Forschung und Innovation beschäftigt sich natürlich mit diesem Thema: Wie gut ist der Föderalismus in der Lage, für ein forschungsstarkes innovatives Land zu sorgen? Hier kommt natürlich auch die Bildungslandschaft in den Blick, denn die Expertenkommission sagt zu Recht, ein innovatives forschungsstarkes Land ist darauf angewiesen, ein hervorragendes Bildungssystem zu haben. In der Zusammenfassung heißt es da, ich darf Ihnen das mal zitieren: „Mit der Föderalismusreform 2006 wurde der kooperative Föderalismus im Bereich Bildung durch einen Wettbewerbsföderalismus ersetzt. Die gemeinsame BundLänder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung wurde aufgelöst. Darüber hinaus besteht nun ein Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern im Bereich der Investitionen. Nicht zuletzt die dringend gebotene quantitative und qualitative Weiterentwicklung von Ganztagsschulangeboten ist damit gerade in finanzschwachen Bundesländern infrage gestellt.“ Und dann heißt es weiter: „Nach Ansicht der Expertenkommission hat der Wegfall der Gemeinschaftsaufgabe Bildungsplanung Folgen, die dem Aufbau eines leistungsfähigen Bildungssystems abträglich sind. Der Bereich Forschungsförderung zeigt, dass ein kooperativer Föderalismus bei gleichzeitiger Leistungs- und Effizienzsteigerung möglich ist. Die Expertenkommission empfiehlt daher die Rücknahme des Kooperationsverbots und ein Anknüpfen an den vor der Föderalismusreform erreichten Status eines kooperativen Föderalismus im Bildungsbereich.“
Die Expertenkommission der Bundesregierung zu Forschung und Innovation gibt hier eine sehr klare Zielrichtung für die weitere Entwicklung vor. Aber natürlich, und das will ich hier an dieser Stelle auch deutlich sagen, ist damit noch keine neue Regelung geschaffen. Hier liegt auch die große Schwachstelle des vorliegenden Antrags von BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, in dem es nämlich einfach heißt, die Regelungen des Grundgesetzes zum sogenannten Kooperationsverbot abzuschaffen. Wer sich mal die Verfassung anschaut, der weiß, dort steht nicht der Satz, Bund und Länder dürfen nicht kooperieren und den streichen wir einfach und dann ist alles geregelt, sondern in der Verfassung ist positiv definiert, in welchen Feldern Bund und Länder zusammenarbeiten dürfen und damit sind andere Felder ausgeschlossen. Das heißt, die Aufgabe, Frau Rothe-Beinlich, besteht jetzt nicht darin, irgendein Verbot zu streichen, sondern die Aufgabe besteht darin, gemeinsam zu definieren, in welchen Feldern wollen wir denn zukünftig die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern haben. Deshalb kann man auch nicht einfach sagen, hier ist nichts zu prüfen, sondern der Antrag, den CDU und SPD hier vorgelegt haben, trifft genau den richtigen Punkt. Wir müssen gemeinsam mit den anderen Ländern, wir müssen gemeinsam mit dem Bund prüfen, welche Aufgaben sollen denn das konkret sein, in welchen Aufgaben wollen wir eine stärkere Mitfinanzierung des Bundes oder eine stärkere Verantwortung des Bundes definieren. Denn nur wenn wir positiv formulieren, was wir wollen, und wenn wir dafür Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat gewinnen können, können wir doch am Ende auch etwas ändern. Deshalb sage ich, wir nehmen diesen Auftrag sehr ernst, den die Fraktionen hier gestellt haben, genau mit den anderen Ländern, mit der Bundesebene darüber zu reden, was im Einzelnen ganz konkret in diesem Feld passieren soll und passieren muss.
Natürlich kann man sich das einfach machen und sagen: Kooperationsverbot abschaffen, nun sagt mal endlich Ja dazu. Damit ist überhaupt nichts gewonnen, sondern es geht darum - Herr Voigt hat es in seiner Rede auch noch mal angesprochen -, klug abzuwägen, was wir inhaltlich konkret haben wollen. Das werden wir in den kommenden Monaten tun.
Am Ende, und das will ich hier noch mal deutlich machen, geht es darum, die Bildungslandschaft in Deutschland, die Innovationskraft, die Forschungsleistung weiter zu verbessern und dafür geeignete Wege der Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen zu finden. Nach meiner Überzeugung haben wir hier keine optimale Lösung mit den jetzigen Verfassungsregelungen; in dieser Frage folge ich der Expertenkommission „Forschung und Innovation“, die die Bundesregierung eingerichtet hat. Aber auch die Expertenkommission hat noch keine Positivempfehlung gemacht, wie eine neue Regelung denn im Einzelnen aussehen soll. Genau um diese neue Regelung müssen wir ringen.
Herr Minister, da Sie jetzt gesagt haben, die GRÜNEN gehen nur auf das Kooperationsverbot und definieren es nicht, hätte ich jetzt gern Ihre Position zu den Regelungen, die nach der Föderalismusreform II bezüglich des Hochschulbaus getroffen wurden, wo also die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau weggefallen ist, und hätte gern gewusst, wie Sie dazu stehen, dass 30 Prozent der bisherigen Gemeinschaftsaufgabe jetzt vorrangig in den Bereich Forschungsförderung und Realisierung der Exzellenzcluster gehen. Vielleicht könnten Sie auch noch etwas sagen zu den bundesweiten Regelungen, was die Abschlüsse anbelangt, und dass es durchaus möglich ist, dass einzelne Länder Sonderregelungen treffen und auch ein Veto einlegen.
Das sind ja Punkte, die alle in der Föderalismuskommission ausführlich diskutiert worden sind. Ich kann Ihnen hier nur meine persönliche Meinung zu diesen Punkten sagen. Ich habe damals die Position vertreten, vertrete die auch heute, dass wir klug beraten sind, wenn Bund und Länder intensiver in Bildungs- und Forschungsfragen zusammenarbeiten. Ich nehme mal das Beispiel Hochschulbau. Auf der einen Seite ist es natürlich so, dass es ein sehr kompliziertes Verfahren war, die gemeinsame Förderung von Bund und Ländern im Hochschulbau. Das heißt, es hat oft mehrere Jahre in Anspruch genommen, bis bestimmte Projekte umgesetzt werden konnten. Das stand auf der einen Seite. Auf der anderen Seite stand aber, dass wir durch die Zusammenarbeit von Bund und Ländern auch eine gegenseitige Verpflichtung aufgebaut haben, ein bestimmtes Volumen für den Hochschulbau zur Verfügung zu stellen. Diese Mittel sind den Ländern nicht verloren gegangen, sondern die gehen an die Länder. Aber ich höre zum Beispiel auch mit Sorge, dass in der Finanzministerkonferenz darüber diskutiert wird, diese Mittelbindung zukünftig aufzuheben. Deshalb bin ich der Überzeugung, wir müssen noch mal überlegen, ob die Aufteilung dieser Aufgaben am Ende immer die richtige Lösung ist oder ob wir nicht mit einer gemeinsamen Verantwortung angesichts auch der ständigen Auseinandersetzungen, in welchen Schwerpunkten werden denn Mittel ausgegeben, mit so einer gemeinsamen Verantwor
Frau Kaschuba, Sie kennen auch meine Position zur Frage von Hochschulzulassungen und -abschlüssen. Ich bin der Überzeugung, es wäre gut, wenn das bundeseinheitlich geregelt ist und hier nicht zu viele unterschiedliche Regelungen entstehen. Am Ende wird es nicht nur darauf ankommen, welche einzelne Position hier im Haus einzelne Abgeordnete oder Mitglieder der Landesregierung vertreten, sondern es wird darauf ankommen, eine Debatte der Länder untereinander und gemeinsam mit dem Bund zu führen und zu schauen, gibt es denn Mehrheiten, Zweidrittelmehrheiten im Bundestag und Bundesrat, um auch andere Regelungen möglich zu machen. Das ist eine Debatte, die wir innerhalb der SPD führen. Das ist eine Debatte, die wir zwischen Bund und Ländern zu führen haben, mit den Parteien untereinander. Deshalb sage ich an dieser Stelle, man muss da gar nicht hämisch sein, wenn es vielleicht keine gemeinsame Auffassung zu diesem Punkt bisher gibt. Wir sind noch nicht an dem Punkt, wo man inhaltlich diese Gemeinsamkeiten formulieren kann, die dann am Ende auch durchsetzbar wären.
Ich freue mich auf eine spannende Debatte in diesem Bereich innerhalb der Parteien, mit den Parteien untereinander und zwischen Bund und Ländern. Ich sage es noch einmal: Am Ende werden wir nur etwas bewegen können, wenn wir ausreichende Mehrheiten dafür organisieren können. Deshalb bin ich dafür, dass wir nicht vorschnelle Festlegungen in diesem Bereich treffen, sondern zunächst einmal die Zeit nutzen zu sondieren, welche Bewegungen mit einer Mehrheit der Länder und mit dem Bund gemeinsam möglich sind. Ich freue mich über jede Unterstützung, die es auf diesem Weg gibt. Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Minister Matschie, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe sehr genau Ihren doch sehr detaillierten Ausführungen soeben gelauscht, auch natürlich dem Bericht über die Ergebnisse der Expertenkommission der Bundesregierung, die gestern vorgestellt wurden. Ich bin dennoch besonders hellhörig geworden an der Stelle, als Sie uns quasi vorgehalten haben, dass die Formulierung, die wir getroffen haben, es Ihnen verunmöglicht zuzustimmen, da es Ihnen zu einfach oder zu schlicht gestrickt
sei, das Kooperationsverbot, von dem ich durchaus weiß, wie es sich im Grundgesetz ausgestaltet, einfach abschaffen zu wollen. Ich möchte Sie direkt fragen: Wenn die Formulierung „Gemeinsame Initiative zur Überwindung des verfassungsrechtlichen Kooperationsverbots im Grundgesetz“ lauten würde, wäre dies zustimmungsfähig für Sie? Ich sage Ihnen auch, warum ich das frage. Das ist gar kein Hintergedanke, sondern das ist wörtlich das Zitat aus dem Antrag, wie ihn Ihre Bundestagsfraktion im Juni gestellt hat.
Insofern frage ich mich, ob auch Ihre Bundestagsfraktion ggf. vielleicht zu einfach gedacht hat oder ob es nur eine Formulierungsfrage ist. Denn wenn es nur eine Formulierungsfrage wäre, hätte ich kein Problem für unsere Fraktion - und das ist ja möglich bis zum Ende der Aussprache, das wissen wir alle in diesem Hause - zu einem Tagesordnungspunkt einen Antrag ggf. in diese Form zu bringen. Wenn das die Zustimmung aller Fraktionen mit sich bringen würde, wäre ich da jetzt sehr schnell sehr kreativ. Vielen herzlichen Dank.