Lassen Sie mich deswegen kurz etwas zu den Hintergründen sagen. Im Januar 2011 habe ich zusammen mit Herrn Prof. Borchert von der Hochschule Heilbronn die Ergebnisse einer Umfrage in Thüringen zur Kfz-Kennzeichen-Liberalisierung vorgestellt. Bei dieser Umfrage hat sich eine große Mehrheit der Teilnehmer für die Möglichkeit der Mitnahme von Kfz-Kennzeichen bei einem Wohnortwechsel ausgesprochen. Das hat mich veranlasst, auf Grundlage einer Ermächtigung in der Fahrzeug-Zulassungsverordnung eine Allgemeinverfügung zu erlassen. Seit dem 1. März 2011 ist es danach möglich, auf die Neuzuteilung eines Kennzeichens bei einem Wechsel des Zulassungsbereichs des Fahrzeugs innerhalb Thüringens zu verzichten. Damit haben wir dem Wunsch vieler Fahrzeughalter entsprochen, ihr bisheriges Kfz-Kennzeichen bei einem Wohnortwechsel in einen anderen Zulassungsbereich behalten zu können. Neben Thüringen besteht diese Möglichkeit bislang in Hessen, Schleswig-Holstein, Brandenburg und in Sachsen. In der Praxis zeigt sich, dass ein solches Bedürfnis auch bei einem Umzug in ein anderes Land besteht. Das gilt insbesondere bei Umzügen innerhalb von länderübergreifenden Ballungsräumen. Aus diesem Grund hatte ich das Thema Kfz-Kennzeichen-Liberalisierung auch als Tagesordnungspunkt auf die Verkehrsministerkonferenz der vergangenen Woche in Potsdam gesetzt. Ziel war es unter anderem, die Möglichkeit eines bundesweiten Verzichts auf die Umkennzeichnung mit meinen Länderkollegen und dem Bundesverkehrsminister zu erörtern. Sowohl der Bundesverkehrsminister als auch meine Länderkollegen stehen diesem Anliegen sehr positiv gegenüber. Vereinbart wurde, dass das Bundesverkehrsministerium die mit dem Verzicht auf eine Umkennzeichnung bereits gesammelten Erfahrungen in den Ländern auswertet und auf Grundlage der Ergebnisse Möglichkeiten einer Entbürokratisierung prüfen wird. Darüber hinaus kündigte der Bundesverkehrsminister an, dass er au
ßerdem die Einführung von sogenannten Wechselkennzeichen prüfen wird. Mit dem Wechselkennzeichen sollen bis zu drei Fahrzeuge genutzt werden können. Zu klären sind in diesem Zusammenhang noch offene steuer- und versicherungsrechtliche Fragen. Vonseiten der Länder wird der Vorschlag unterstützt.
Mehrheitlich hat sich die VMK zudem für die Wiedereinführung auslaufender und ausgelaufener Unterscheidungszeichen durch eine entsprechende Rechtsänderung in der Fahrzeug-Zulassungsverordnung ausgesprochen. Zukünftig soll es möglich sein, dass eine Zulassungsstelle auf Antrag mehrere Regionalkennzeichen zuteilen kann. Hintergrund der Initiative ist, dass in Thüringen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern sowie anderen Ländern der dringende Wunsch nach einer Wiedereinführung auslaufender Unterscheidungszeichen, wie es im amtlichen Deutsch heißt, besteht. Repräsentative Umfragen und einschlägige wissenschaftliche Studien belegen, dass dieses Thema nicht nur die Bürgerinnen und Bürger in Thüringen bewegt, sondern deutschlandweit große Unterstützung findet. Bereits zehn Thüringer Städte haben die Wiedereinführung ihres früheren Kfz-Kennzeichens gefordert. Es sind Mühlhausen, Rudolstadt, Artern, Stadtroda, Meiningen, Bad Langensalza, Schleiz, Eisenberg, Bad Lobenstein und Schmölln. Sie sehen, wenn Sie sich die Farben der Bürgermeister anschauen, der Wille, zurück zu seiner regionalen Identität zu kommen, ist auch da parteiübergreifend. Mein Haus wird sich in den nächsten Tagen erneut an den Gemeinde- und Städtebund wenden, ob weitere Kommunen Interesse an der Wiedereinführung ausgelaufener oder auslaufender Unterscheidungszeichen haben. Sobald von dort eine abschließende Stellungnahme vorliegt, werden wir diese Informationen an den Bund weitergeben. Der Bund steht dem Anliegen offen gegenüber und hat seine Bereitschaft zur Unterstützung bei der Umsetzung einer entsprechenden Rechtsänderung signalisiert. Hierzu bedarf es einer Änderung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Zunächst aber wird sich der Bund-Länder-Fachausschuss Fahrzeugzulassung mit den Fachfragen befassen und einen Vorschlag unterbreiten. Dabei könnte auch einer weiteren Option nachgegangen werden, nämlich der Möglichkeit der Einführung eines lebenslangen KfzKennzeichens. Mein Haus wird sich intensiv an der Diskussion beteiligen und die Arbeiten zur Änderung der entsprechenden Vorschriften unterstützen.
Lassen Sie mich am Ende noch etwas zu den vereinzelt geäußerten kritischen Stimmen sagen. Die Befürchtung, dass die Wiedereinführung der auslaufenden Unterscheidungszeichen zusätzliche Kosten und zusätzlichen Verwaltungsaufwand in nennenswertem Umfang verursachen wird, ist unbegründet. Es werden weder neue Zulassungsbe
zirke noch neue Zulassungsstellen entstehen. Wir haben die Möglichkeit, hier ohne großen Aufwand dem Wunsch vieler Autofahrer nach einer Dokumentation ihrer heimatlichen Verbundenheit durch ihr Kfz-Kennzeichen gerecht zu werden. Dies sollten wir unterstützen. Ganz herzlichen Dank.
Selbstverständlich, wenn er mich nicht fragen möchte, ob wir Jena als Komplettkennzeichen einführen wollen.
Es gibt dann auch noch einen zweiten Fragewunsch, aber ich würde zunächst Herrn Barth fragen lassen, dann Herrn Blechschmidt, wenn Sie es genehmigen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Minister, ich werde bei unbestimmten Begriffen ein bisschen unruhig. Könnten Sie mir ungefähr ein Gefühl dafür geben, was Sie unter „nennenswerten Belastungen“ verstehen?
Es wird deswegen keine - überhaupt keine - nennenswerten Belastungen geben, denn die Zulassungsbezirke, die dann über drei Kennzeichen verfügen, müssen im Grunde nur jeweils auf den Antrag so entscheiden, entweder wir geben dieses Kennzeichen für Mühlhausen beispielsweise oder wir vergeben das Kennzeichen für UH oder für Langensalza, je, nachdem, woher der betroffene Bürger kommt. Insofern entsteht ein Wahlrecht des Bürgers, was zu überhaupt keinem neuen Verwal
Danke, Frau Präsidentin. Herr Minister, Sie sprachen von einer Umfrage gegenüber den Thüringerinnen und Thüringern, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, aus der Universität Münster. Meine Frage ist: Wie groß war die repräsentative Quote, die dort abgefragt worden ist?
Wir hatten eine eigene Umfrage gemacht. Unsere eigene Umfrage hat ungefähr 9.000 Antworten gezählt. Den Umfang der Umfrage der Heilbronner kann ich Ihnen nicht genau nennen, weil das deutschlandweit gewesen ist. Die Thüringer Zahlen dazu weiß ich leider nicht aus dem Kopf, könnte sie Ihnen aber nachliefern.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, „Heimat am Heck“, da musste ich jetzt natürlich doch sehr lachen, wir könnten auch sagen „Heimat am Bug“, denn vorn haben wir auch noch ein Kfz-Kennzeichen dran. Meine Fraktion ist mit Antragsteller, allerdings muss ich sagen, dass es mit der Überschrift auch in der Fraktion gewisse Diskussionen gab, denn ob das mit der gelebten Identität so ist, das wage ich doch zu bezweifeln. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, dass uns Minister Carius heute den Bericht erstattet hat, wie der Stand ist. Dafür danke ich Ihnen recht herzlich. Ich muss allerdings auch für mich persönlich und auch viele Fraktionskollegen sagen, uns ist das Kfz-Kennzeichen ziemlich wurscht, Hauptsache das Auto fährt.
Ein Teil der Thüringer scheint das doch anders zu sehen, denn 39 Prozent plädierten für die Wiedereinführung der alten Kfz-Kennzeichen aus den 90er-Jahren und auch etliche Thüringer Gemeinden haben das schon getan. Eine große Mehrheit hat sich auch dafür ausgesprochen, das Kfz-Kennzeichen bei Umzug mitnehmen zu können. Deswegen ist es durchaus vernünftig, dass man über diese Möglichkeiten redet. Ich gehe auch nicht so weit wie der Landkreistag, der hier eine Pressemitteilung gegen Kleinstaaterei herausgegeben hat. Übrigens, Herr Carius, Sie sagten, wenige Stimmen sind dagegen, also der Deutsche Landkreistag dürfte doch eine ziemlich gewichtige Stimme sein,
der hat schon Probleme damit. Wenn ich die Diskussion in den vergangenen Wochen und Monaten um die Auftragskostenpauschale sehe, dann sage ich schon, wir müssen aufpassen, dass wir die Landkreise und kreisfreien Städte nicht mit noch mehr Kosten belasten, denn die können vorrechnen, dass die Auftragskostenpauschale in dem Bereich jetzt schon nicht kostendeckend ist. Insofern ist es vielleicht gar nicht so schlecht, dass uns heute eine Pressemitteilung auf den Tisch kam, wonach die Umsetzung dieses Vorschlags doch noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Dann ist die Zeit da, auch über diese Dinge zu reden.
Ein anderes Problem, was von Kommunalpolitikern auch angesprochen wurde, besteht bei der Mitnahme von Kfz-Kennzeichen. Ich glaube, dass ein großer Teil der Bürger sein Kfz-Kennzeichen nicht unbedingt mitnehmen will, um die frühere Heimat immer am Heck oder am Bug zu haben, sondern ganz einfach auch, um Wege zu sparen, um Kosten zu sparen. Da besteht schon die Gefahr, dass letztendlich dann auch die Ummeldung nicht mehr erfolgt.
(Zwischenruf Carius, Minister für Bau, Lan- desentwicklung und Verkehr: Nein, die Um- meldung muss trotzdem erfolgen.)
Ja, die muss erfolgen, aber das Leben ist manchmal anders, als wir uns das hier denken. Es besteht dann schon die Gefahr, dass gerade bei Ordnungswidrigkeiten etc. die Bußgeldstellen nicht wissen, wen sie verfolgen sollen. Diese Fragen müssen sauber geklärt werden. Gut, dann soll jeder sein Kfz-Kennzeichen mitnehmen können, meinetwegen auch lebenslänglich behalten. Aber, ich sage es noch mal ganz deutlich, es dürfen hier keine Mehrkosten für die Landkreise und Kommunen entstehen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich werde versuchen, das in der notwendigen Ernsthaftigkeit durchzuführen, aber ich glaube, das wird mir nicht gelingen.
Auf der Tagesordnung steht heute diese landesweite Regelung der Mitnahme von Kfz-Kennzeichen bei Wohnungswechsel. Die Mitteilungspflicht des Wohnungswechsels berührt dieses aber nicht. Das heißt, man muss trotzdem seiner Meldepflicht bei der Zulassungsstelle nachkommen und den Wohnungswechsel anzeigen und dafür auch sicherlich etwas bezahlen. Das ist eben gebührenpflichtig und es erfolgt auch keine Zeitersparnis.
Davon lasse ich mich noch überzeugen, ja. Das Land oder der Kreis erhält weiterhin seinen Obolus, so kenne ich das, ich lasse mich gern überzeugen. Ersparnisse entstehen vorerst nur dahin gehend, dass eben kein neues Nummernschild gebraucht wird, das kostet ca. 30 €, denke ich mal.
Die Kfz-Kennzeichen sind aber auch von Verschleiß betroffen, so dass man nach einem Zeitpunkt X trotzdem in den Geldbeutel greifen muss, um ein neues Kennzeichen zu erwerben. Interessieren würde mich, welche zeitlichen und finanziellen Einsparungen entstehen für die Behörden? Wahrscheinlich gar keine.
Welche Gründe führt die Landesregierung an, die Mitnahme der Kfz-Kennzeichen einzuführen? Bei der Rückkehr zu den alten Kennzeichen sehe ich das genauso. Was bringt uns das? Ihr Antrag lautet: Gelebte Identität. 1994 wurde die letzte Gebietsreform vollzogen, das bedeutete auch neue Kfz-Schilder. Die SPD möchte ja auch die Gebietsreform so schnell wie möglich herbeiführen. Was machen wir dann, wenn wir neue Strukturen haben? Nach Möglichkeit die vorhandene Anzahl der Landkreise halbieren. Wo bleibt dann die gelebte Identität? Ich bin davon überzeugt, das führt zu mehr Verwirrung, mehr Verwaltungsaufwand, mehr Bürokratie. Wie stellt sich der zu erwartende Nut
zen dar? Klärungsbedarf besteht natürlich auch bei der Handhabung der Umsetzung. In welchem Zeitraum soll das geschehen? Wie soll es praktisch aussehen? Wird es Pflicht oder kann jeder, wie er will? Das sind sicherlich noch Fragen, die hier geklärt werden müssen.