Protokoll der Sitzung vom 22.06.2012

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, der Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stand bereits im Dezember letzten Jahres auf der Tagesordnung des Plenums und wurde dort an den Innenausschuss überwiesen. Im März dieses Jahres hat sich der Innenausschuss vor Ort ein Bild über die Situation der zurückgeführten Flüchtlinge im Kosovo machen können. Die Informationsreise, an der auch ich für einige Teile teilgenommen habe, war wichtig und richtig, um daraus die entsprechenden Schlussfolgerungen ziehen zu können.

Wie wir gesehen haben, werden vor Ort erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Reintegration der Rückkehrer zu verbessern. Die staatlichen

(Abg. Bärwolff)

Maßnahmen zielen in erster Linie auf eine Versorgung mit angemessenem Wohnraum sowie auf eine medizinische Grundversorgung. Zudem gibt es vor Ort viele Maßnahmen der im Kosovo tätigen Regierungsund Nichtregierungsorganisationen, um den Betroffenen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Im Übrigen, Herr Abgeordneter Hey, es haben sich nicht nur Abgeordnete, sondern auch Regierungsmitglieder an Ihrer Spendenaktion beteiligt.

Von Vertretern des Roma- und Ashkali-Dokumentationscenter und der UNICEF wird angeführt, dass es zwar Aktionspläne und Strategiepapiere gäbe, in der konkreten Umsetzung aber noch erhebliche Defizite bestünden. Daher werde eine Rückführung, insbesondere von Angehörigen der Gruppen der Roma, Ashkali und Ägypter gegenwärtig als problematisch angesehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, hier ist eine differenzierte Betrachtungsweise angezeigt. Fest steht, eine staatliche Diskriminierung der ethnischen Minderheiten findet in der Republik Kosovo nicht statt.

Auch hege ich nicht den geringsten Zweifel, dass es die kosovarische Regierung mit ihren Integrationsanstrengungen ernst meint. Jedoch ist mir auch klar, dass die persönliche Situation für viele im Kosovo lebende Menschen, und das unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit, aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage noch über einen längeren Zeitraum unbefriedigend bleiben wird. Das allein rechtfertigt jedoch keinen Abschiebestopp. Ich begrüße daher ausdrücklich das Votum des Innenausschusses, der empfohlen hat, den Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abzulehnen. Aus Sicht der Landesregierung halte ich es aber für sinnvoll, sich mit anderen Lösungsmöglichkeiten zu befassen. Hier habe ich den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen im Blick. Ich könnte mir vor allem eine stärkere Unterstützung der freiwilligen Rückkehr von Ausreisepflichtigen in die Republik Kosovo vorstellen.

(Beifall CDU)

So könnte etwa über eine Landesförderung nachgedacht werden, die zusätzlich zu dem REAG- und GARP-Programm gewährt werden könnte. Bei diesem Programm, an dem sich Thüringen seit Jahren beteiligt, handelt es sich um ein humanitäres Hilfsprogramm, dass die freiwillige Rückkehr bzw. Weiterwanderung fördert, indem es finanzielle Reisebeihilfen und Starthilfen gewährt.

(Beifall CDU)

Ein weiterer Ansatzpunkt ist ein Projekt mit der Bezeichnung URA 2. Dieses Projekt dient der Beratung, finanziellen und praktischen Unterstützung sowie Reintegration in den Kosovo zurückgekehrter Menschen. Zurzeit beteiligen sich neben dem Bun

desamt für Migration und Flüchtlinge die Länder Baden-Württemberg, Niedersachsen, NordrheinWestfalen und Sachsen-Anhalt an URA 2. Es wird zu prüfen sein, ob ein Beitritt Thüringens sinnvoll ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eines möchte ich nochmals besonders in Erinnerung rufen: Wie alle ausländerrechtlichen Maßnahmen unterliegt auch jede Abschiebung stets einer sorgfältigen Einzelfallprüfung. Infolgedessen kann ich Ziffer 2 des Alternativantrags der Koalitionsfraktion nur ausdrücklich begrüßen, in der die Forderung nach einer umfassenden Einzelfallprüfung vor Abschiebung in die Republik Kosovo erhoben wird. Im Zusammenhang mit einer geplanten Abschiebung wird bereits jetzt geprüft, ob dringende, humanitäre oder persönliche Gründe vorliegen, die einer Abschiebung entgegenstehen.

Herr Minister, gestatten Sie die Anfrage durch Frau Abgeordnete Berninger?

Da der Fraktion DIE LINKE keine Redezeit mehr zur Verfügung steht, würde ich sicher den Zorn der übrigen Plenarmitglieder auf mich ziehen, wenn ich das gestatten würde.

(Beifall CDU)

Deshalb dieses Mal leider nicht. Im Zusammenhang mit einer geplanten Abschiebung wird bereits jetzt geprüft, ob dringende humanitäre oder persönliche Gründe vorliegen, die einer Abschiebung entgegenstehen. Durch die Aufnahme in Ziffer 2 des Alternativantrags wird dies noch einmal verdeutlicht. Dringende humanitäre oder persönliche Gründe könnten zum Beispiel vorliegen, wenn sich ein Ausländer in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet und er kurz vor dem angestrebten Abschluss steht. Ein anderer denkbarer Fall, in dem eine Abschiebung nicht in Betracht kommen könnte, wäre die vorübergehende Betreuung erkrankter Familienangehöriger.

Abschließend möchte ich Ihnen noch einige Zahlen nennen. Nach Mitteilung des Landesverwaltungsamts sind seit Januar 2012 keine Rückführungen in den Kosovo durchgeführt worden und aktuell auch nicht vorgesehen. Auch in die Länder Montenegro und Albanien sind in diesem Jahr noch keine Abschiebungen erfolgt. Lediglich nach Serbien sind im Jahr 2012 insgesamt 15 Personen zurückgeführt worden. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

(Minister Geibert)

Damit schließe ich die Aussprache. Wir kommen jetzt zum Abstimmungsverfahren. Ich sage gleich mal an, in welcher Reihenfolge. Als Erstes zum Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/4604, dann in namentlicher Abstimmung über den Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/3611. Frau Astrid Rothe-Beinlich.

Namens meiner Fraktion hatte ich es genau andersrum beantragt. Das ist der geänderte Antrag, den wir auch im Innenausschuss hatten, der jetzt der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE ist.

Der namentlich?

Gut, den anderen nicht. Und als Letztes dann der Alternativantrag. Ich rufe also zuerst auf den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 5/4604 in namentlicher Abstimmung. Ich bitte darum, dass die Schriftführer die Stimmkarten einsammeln.

Ich gehe jetzt davon aus, dass jeder seine Stimmkarte abgeben konnte und bitte darum, dass die Stimmkarten ausgezählt werden.

Ich möchte das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu dem Antrag in Drucksache 5/4604 bekanntgeben und weiß jetzt nicht so richtig, warum Sie hier eine Volksversammlung im Stehen abhalten. Wenn Gespräche geführt werden, bitte draußen, ansonsten möchte ich die Plenarsitzung fortsetzen. Es sind 71 Stimmen abgegeben worden: Mit Ja haben 24 gestimmt, mit Nein 46 und es gab 1 Stimmenthaltung. Damit ist dieser Antrag abgelehnt (namentliche Abstimmung siehe Anlage).

Wir stimmen als Nächstes über den Ausgangsantrag - Antrag der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/3611 ab. Wer diesem seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus der SPD-, CDUund FDP-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? 1 Stimmenthaltung. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Nun stimmen wir über den Alternativantrag in der Drucksache 5/4494 ab. Wer diesem seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der SPD-, CDU- und FDP-Fraktion. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Demzufolge kann ich feststellen, dass dieser Alternativantrag angenommen worden ist.

Vor Abschluss des Tagesordnungspunkts 8 hat Frau Abgeordnete Berninger noch gebeten, eine persönliche Erklärung abgeben zu können.

Meine Damen und Herren, wir haben gegen diesen Alternativantrag gestimmt, weil er hinter bestehendes Recht zurückgeht. Ich persönlich habe das meiner Fraktion auch so empfohlen. Im Übrigen möchte ich sagen, Kollege Bärwolff ist vorhin angezählt worden. Ich möchte sagen, er war zwei Wochen in den Balkanstaaten unterwegs und hat seine Reise in diesen Teil selbst bezahlt, sowohl Anreise als auch Unterbringung.

Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt 8.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9

Frauen in Thüringen - Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit noch nicht eingelöst hier: Nummern 2 bis 4 Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 5/4178 - Neufassung dazu: Beschlussempfehlung des Gleichstellungsausschusses - Drucksache 5/4476

Abgeordneter Kemmerich hat das Wort zur Berichterstattung aus dem Gleichstellungsausschuss.

Frau Präsidentin, Herr Präsident - was darf ich jetzt sagen? -, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste, der Antrag der Fraktion DIE LINKE „Frauen in Thüringen - Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit noch nicht eingelöst“ in der Drucksache 5/4178 - Neufassung - wurde in der 85. Plenarsitzung am 4. Mai dieses Jahres erstmals beraten. Das Berichtsersuchen zu Nummer 1 des Antrags wurde durch Staatssekretär Staschewski erfüllt. Einer Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit verweigerte der Landtag seine Zustimmung. Durch Beschluss des Landtags

vom 4. Mai 2012 sind die Nummern 2 bis 4 des Antrags an den Gleichstellungsausschuss überwiesen worden. Der Gleichstellungsausschuss hat die Nummern 2 bis 4 des Antrags in seiner 24. Sitzung am 23. Mai 2012 beraten und die Nummer 4 des Antrags mit Zustimmung der Antragsteller für erledigt erklärt. Zudem wurde ich in meiner Abwesenheit zum Berichterstatter gewählt.

(Beifall im Hause)

Der Gleichstellungsausschuss empfiehlt, die Nummern 2 und 3 des Antrags abzulehnen. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Danke, Herr Abgeordneter. Bevor ich die Aussprache eröffne, noch eine Bemerkung, weil es mehrere Anfragen gibt. Ich werde nach diesem Tagesordnungspunkt 9 die Fragestunde aufrufen, nur dass sich entsprechend vorbereitet werden kann. Ich eröffne die Aussprache. Als Erstes erteile ich das Wort dem Abgeordneten Dr. Augsten von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, jetzt wollte ich mich eigentlich auf die anderen Reden beziehen, das ist jetzt ein bisschen schwierig für mich. Aber natürlich habe ich mich auch für den Worst Case vorbereitet. Also die wichtigsten Daten sind genannt worden vom Ausschussvorsitzenden, 85. Sitzung am 4. Mai im Plenum. Ich sage das ganz bewusst deshalb, weil es dort ganz tolle, ganz hervorragende Reden gab, vor allen Dingen von den LINKEN, der SPD und von meiner Kollegin Frau Rothe-Beinlich. Wir hatten dann eine ebenso intensive Diskussion im Gleichstellungsausschuss und ich will an der Stelle gleich sagen, dass mich am meisten beeindruckt hat, und ich sage das vor allen Dingen deshalb für die Zuhörerinnen und Zuhörer draußen an den Geräten, man möge doch mal nachlesen bei der Berichterstattung des Staatssekretärs Staschewski, der außergewöhnlich prägnant und gut dort dargelegt hat, wo das Problem besteht. Ich will durchaus die Gelegenheit nutzen, um zwei Zitate zu bringen, die das Gesamtproblem auf den Punkt bringen. Warum ich das dann aber genau an der Stelle mache, sage ich dann auch gleich dazu, weil die Frage stellt sich: Haben Sie das als Privatmensch gemacht, der das Problem erkannt hat, oder als Wirtschaftsstaatssekretär? Denn für die Landesregierung haben Sie offensichtlich nicht gesprochen,

(Zwischenruf Staschewski, Staatssekretär: Doch, doch.)

jedenfalls nicht für die SPD und für die CDU.

Staatssekretär Staschewski, 85. Sitzung, 04.05.2012, kann man nachlesen im Protokoll - er führt dort aus, ich beginne mit dem Zitat: „Die Zahlen, die ich Ihnen gleich vorstellen werde, verdeutlichen nämlich eines: Die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern sind nach wie vor absolut inakzeptabel hoch und sie steigen sogar noch weiter an. Das ist ein Drama.“ Weiter hinten, da zitiere ich noch einmal: „Wir wollen uns auch auf Bundesebene einbringen, damit es eine Verbesserung gibt.“

Meine Damen und Herren, besser kann man es gar nicht formulieren, nicht nur in der Analyse, sondern vor allen Dingen auch bei dem, was zu tun ist. Insofern ist es dann schon außergewöhnlich, wenn das dann hier im Hause, vor allen Dingen auch im Gleichstellungsausschuss, völlig anders abläuft, zumal Ihr Kollege aus dem Wirtschaftsministerium alles das, was Sie dort vorgelegt haben oder vorgetragen habe, noch mal ausdrücklich bestätigt hat, die Probleme benannt hat. Insofern war es schon erstaunlich, dass das dann im Gleichstellungsausschuss erst mal anders ausgegangen ist, als zu erwarten war anhand der Reden hier im Plenum. Ich habe meine Kollegin Rothe-Beinlich, die sonst als bundespolitische Frauensprecherin bei uns hier immer auftritt, gebeten, hier selbst mal reden zu dürfen,

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und du hast gedurft.)

weil ich durchaus immer mal auf meinem Stuhl unruhig werde, wenn Kollegin Holzapfel und andere hier vorn sprechen und ich mich dann immer frage, sind denn die Persönlichkeiten so gespalten, dass man so große Unterschiede zwischen dem Gleichstellungsausschuss und dem Plenum machen kann.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Natürlich, Frau Holzapfel und andere, vielleicht finden sich ja in den Ausschüssen Leute zusammen, die sich bei bestimmten Themen ganz schnell einig sind und sich dann manchmal schneller einig sind, als man vielleicht sogar in den Fraktionen zu einer Einigkeit kommt. Das erlebe ich in anderen Ausschüssen durchaus auch. Aber dass man sich dann im Gleichstellungsausschuss sehr schnell einigt und, ich will nicht sagen, Kreide gefressen hat, aber dann hier im Plenum auch durchaus mit Zitaten aufwartet, ich habe also auch von Ihnen ein Zitat dabei, Frau Holzapfel, die an der Sachlage völlig vorbeigehen, das ist schon etwas, wo ich sage, jetzt will ich mal hier reden, ich erlebe das Drama im Gleichstellungsausschuss. Man darf Ihnen das auch nicht durchgehen lassen.

(Abg. Kemmerich)