Protokoll der Sitzung vom 22.02.2017

Bevor wir darüber abstimmen, bitte ich, eine Überlegungsfrist für uns einzuräumen nach § 41 Abs. 6 Geschäftsordnung. Das ist eine Ist-Vorschrift. Wenn Sie sagen, wir hätten eine Stunde Zeit gehabt bisher, ist das nicht richtig.

(Unruhe DIE LINKE)

Wir konnten uns innerfraktionell nicht verständigen, weil ich permanent unterwegs war und mit anderen Leuten sprechen musste.

(Heiterkeit im Hause)

(Unruhe DIE LINKE)

Herr Brandner, können wir uns auf 5 Minuten verständigen?

Wir müssen in Fraktionsräume hochgehen, das wird nicht klappen. Bis zu 30 Minuten, 15 Minuten wäre die Mitte. Ich habe 10 Minuten vorgeschlagen, das war schon sehr defensiv, Herr Präsident.

Können wir uns vielleicht darauf verständigen, da Ihre Fraktionsmitglieder auch schon viel darüber beraten haben, dass wir bis 20.00 Uhr auf jeden Fall in die Sitzung eintreten? Das sind sieben Minuten. Wir treten 20.00 Uhr wieder in die Sitzung ein und stimmen dann über die Frage der Vertagung ab.

Herr Brandner, kann ich davon ausgehen, dass die Überlegungspause der AfD-Fraktion abgeschlossen ist?

Die ist abgeschlossen und war sehr fruchtbar.

Wunderbar. Dann rufe ich jetzt pünktlich 8.00 Uhr nach der Überlegungspause erneut die Abstimmungsfrage auf. Es gibt einen einfachen Vertagungsantrag der AfD-Fraktion. Wer für die Vertagung dieses Tagesordnungspunkts auf morgen Vormittag ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Aus allen übrigen Fraktionen plus den beiden fraktionslosen Abgeordneten. Damit ist dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt.

Bitte, Frau Muhsal. Wenn Sie bitte zum Saalmikrofon gehen, können Sie gern Ihre Erklärung abgeben.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich habe für die Vertagung auf morgen gestimmt, weil unzählige Gäste draußen warten, dass wir mit der Veranstaltung beginnen können. Wir haben uns im Vorfeld darauf geeinigt, aufgrund dieser Veranstaltung bis 18.30 Uhr zu tagen und danach nichts mehr aufzurufen. Das war die Verabredung und ich muss sagen, ich finde nicht nur das Vorgehen gegenüber unseren Gästen von der Mehrheit dieses Hauses vollkommen unverschämt. Ich finde, man merkt daran auch, dass dieses wichtige Thema offenbar von den Altparteien umgangen werden soll.

(Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: Verabredung wurde eingehalten!)

(Präsident Carius)

Deswegen habe ich für die Vertagung gestimmt. Danke schön.

Danke schön. Frau Rothe-Beinlich möchte auch eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten geben.

Ich möchte mein Abstimmungsverhalten hiermit begründen. Seit über einer Stunde sind wir jetzt von der AfD-Fraktion aufgehalten worden. Wir wollen selbstverständlich zu diesem Antrag beraten. Das ist auch unsere Pflicht. Wir verweigern uns nicht der Arbeit. Und nachdem wir so viel Zeit gebraucht haben, war es für mich selbstverständlich, diesen Antrag auf Vertagung abzulehnen, damit wir jetzt über diesen Antrag endlich in die Debatte einsteigen können.

(Beifall DIE LINKE)

Nun hat der Abgeordnete Geibert auch eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten angekündigt. Herr Geibert, bitte.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen, ich habe mit Nein gestimmt. Das heißt, ich habe gegen die Vertagung gestimmt, weil ich als direkt gewählter demokratischer Abgeordneter dieses Haus nicht zum Affentheater verkommen lassen möchte.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Gentele, fraktionslos; Abg. Krumpe, fraktionslos)

Herr Abgeordneter Höcke möchte eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten geben.

Danke, sehr geehrter Herr Präsident. Herr Kollege Geibert, Sie haben mit Ihrem Verhalten bzw. Ihre Kollegen haben …

Herr Abgeordneter Höcke, ich möchte darauf hinweisen: Sie dürfen eine Erklärung zu Ihrem Abstimmungsverhalten geben.

Ich habe für die Vertagung auf morgen gestimmt – selbstverständlich –, weil es guter Brauch und gute parlamentarische Tradition ist, dass eine Tagesordnung zu Beginn des Plenartages gemeinsam beschlossen wird – mit Mehrheit natürlich, das wissen wir – und dass es unüblich ist und dass das, was wir heute erlebt haben, tatsächlich eine Nacht-undNebel-Aktion der Altparteien ist, hier entsprechend ein so wichtiges Thema in einen zeitlichen Randbereich zu drängen. Deswegen habe ich gegen bzw. für die Vertagung votiert. Und ich bin enttäuscht – das muss ich sagen – vom parlamentarischen Geist, der hier bei dem Großteil der Abgeordneten gerade zutage tritt. Ich möchte in dem Zusammenhang abschließend noch mal dem Vizepräsidenten des thüringischen Landtags, Herrn Uwe Höhn, für seine Kompromissbereitschaft danken.

Danke. Herr Abgeordneter Brandner, auch eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten?

Ich habe auch für die Vertagung gestimmt. Es ist ja eigentlich ungewöhnlich, dass man eigene Anträge einbringt und dann für die Vertagung stimmt. Aber der Respekt vor hart arbeitenden Handwerkern, die draußen zu Hunderten warten,

(Unruhe im Hause)

gebietet es. Die sind teilweise stundenlang angereist, warten jetzt seit einer Stunde draußen – und warum?

Entschuldigung, ich bitte hier um etwas mehr Ruhe. Es gibt eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten. Das muss niemandem passen, aber wir werden sie uns anhören. Bitte schön, Herr Brandner.

Allein deshalb, weil Sie alle von den Altparteien gegen sämtliche parlamentarische Gepflogenheiten verstoßen und eine politische Schweinerei sondergleichen begangen haben,

(Heiterkeit CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

indem Sie hinter unserem Rücken irgendwas abgestimmt haben, was gegen einstimmige Ältestenratsbeschlüsse war, was gegen eine einstimmige Annahme der Tagesordnung heute Morgen war, alleine, um uns auflaufen zu lassen. So etwas geht aus unserer Sicht nicht. Das spricht für Ihr antidemokratisches Verhalten.

(Abg. Muhsal)

(Beifall AfD)

Jetzt möchte ich einfach darum bitten, auf weitere Erklärungen zum Abstimmungsverhalten zu verzichten, denn sie sind immer weniger Erklärungen, sondern immer mehr Beschimpfungen. Ich gehe daher zum Tagesordnungspunkt „Dreizehntes Gesetz zur Änderung des Thüringer Abgeordnetengesetzes“ im Gesetzentwurf der AfD-Fraktion in der Drucksache 6/3438 über. Es gab, wenn ich das richtig im Ohr habe, den Wunsch nach Begründung. Herr Höcke, dann haben Sie das Wort, bitte.

Danke. Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne, wer in Rentnerarmut lebt, der muss auf die Annehmlichkeiten des Lebens verzichten. Manch einer verliert seine Würde, wenn er auf dem Amt Sozialleistungen beantragen muss. Inzwischen sieht man immer mehr derer, die ein Leben lang gearbeitet haben, in unseren Fußgängerzonen Leergut sammeln. Jeder Achte der 50- bis 60-Jährigen gilt als arm oder von Armut bedroht. Bei den Rentnern ist es sogar fast jeder Sechste. Diese Zahlen sind erschreckend und diese Zahlen weisen auf sozialen Sprengstoff hin, der den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land bedroht. Vor allen Dingen zeigt er aber eins bzw. zeigen diese Zahlen eins: Sie sind Ausdruck eines vollständigen Politikversagens.

(Beifall AfD)

Wer den sozialen Zusammenhalt in Deutschland stärken will, der muss sich der Rentendiskussion stellen. Ebenso wie die letzten Rentenreformen – ich erinnere an die Rente mit 63 oder die Mütterrenten – lösen die aktuellen Reformpläne das Finanzierungsproblem nicht, wie der jetzt schon eingeplante zusätzliche Bundeszuschuss von 2 Milliarden Euro ab dem Jahr 2025 aufzeigt. Inzwischen werden Beitragssätze für die gesamte Sozialversicherung von 46 Prozent bis zum Jahr 2045 prognostiziert und für die private Vorsorge bleibt dann nicht viel übrig. Schon allein deswegen ist der stete Appell an die Privatvorsorge der reinste Hohn. Zugleich sinkt das Rentenniveau sukzessive immer tiefer und tiefer. Im Jahr 2012 lag es erstmals bei weniger als der Hälfte des durchschnittlichen Arbeitsentgeltes. Ende der 2020er-Jahre wird es dann unter 45 Prozent fallen. Das sieht im echten Leben dann so aus, dass man mit Renten von 850 Euro, manchmal sogar von 600 Euro das Leben bestreiten muss.

Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, es ist eines Industrielandes wie Deutschland unwürdig, dass die Stützen der Gesellschaft, die den Wohlstand erar

beiten, einen Ruhestand in Armut verbringen müssen. Solche Beispiele sind zugleich ein Beweis dafür, dass die Floskel des reichen Landes Deutschland eine Farce ist. Mit dieser Floskel begründen die in Deutschland Regierungsverantwortung tragenden Politiker die Verschwendung des deutschen Steuerzahlergeldes auf der ganzen Welt, während die eigene Bevölkerung mehr und mehr in Armut leben muss. Nur eine vollständige Reform der Finanzierungsgrundlagen kann die Rente wieder auf einen grünen Zweig bringen. Dafür ist es zuallererst notwendig, dass sich mehr Menschen an der Umlagefinanzierung beteiligen. Und so muss es ein Ende haben, dass sich Abgeordnete, sehr geehrte Kollegen, auf Kosten der Steuerzahler aus der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung herausnehmen.

(Beifall AfD)

Mit dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf können wir gemeinsam mehr Gerechtigkeit im Rentensystem schaffen. Wir, die Abgeordneten des Thüringer Landtags, entlasten nicht nur den Landeshaushalt, der – wie Sie wissen – eine historische Höchstverschuldung aufweist. Wir können gemeinsam gleichzeitig einen ersten Schritt dazu tun, die Finanzierungsgrundlagen zu verbessern. Und wir gemeinsam, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, können hier und heute bzw. dann in der zweiten Beratung abschließend, wenn wir über dieses Gesetz und diesen Gesetzentwurf abstimmen, vielleicht das Wichtigste tun: Wir können den Menschen dort draußen das Zeichen geben, das Zeichen, dass wir Solidarität nicht nur predigen, sondern Solidarität auch leben. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Damit eröffne ich die Beratung. Als Erste hat Abgeordnete Tasch für die CDU-Fraktion das Wort.

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schlägt die AfD vor, die geltenden Regelungen zur Altersversorgung der Abgeordneten zu streichen und stattdessen eine Versorgungsabfindung bzw. eine Nachversicherung einzuführen. Dieser Gesetzentwurf ist der blanke Populismus, Herr Höcke.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Anstatt sich konstruktiv an einer Novellierung des Abgeordnetengesetzes zu beteiligen, streut die AfD immer wieder einzelne Veränderungen in das Plenum. Damit wollen Sie offensichtlich Ihre Statistik etwas aufpeppen, indem Sie hier viele Anträge ma

(Abg. Brandner)

chen. Dass es Ihnen hier nicht um eine ordentliche, gute Beratung geht, das hat jetzt diese anderthalbstündige Debatte hier gezeigt; Ihnen geht es nur um Klamauk.