Valentina Tuchel
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin mir nicht sicher, ob wir dieselbe Antwort gelesen haben.
Das Thema Flüchtlinge und Arbeitsmarkt ist heute vermutlich aktueller denn je. Dabei sehen wir Arbeit als Schlüssel zur Integration und Teilhabe. Arbeit ermöglicht das Anwenden von Kenntnissen und Fähigkeiten. Qualifikation schafft Kontakte zu Kolleginnen und Kollegen, fördert soziale Netzwerke, unterstützt die weiterführende sprachliche Qualifikation und öffnet zudem die Tür zu Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen. Arbeit bedeutet zudem – und das ist ja nicht nur für hier neu angekommene Menschen wichtig, sondern genauso für alle anderen, die hier geboren wurden – einen strukturierten Tagesablauf, die Chance, über eigenes Geld verfügen und das Leben eigenverantwortlich gestalten zu können.
Die Integration in den Arbeitsmarkt in Deutschland ist nicht einfach. Hürden liegen im Spracherwerb,
auf dem Weg vom Übergang von der Schule in den Beruf, einer Ausbildung, in der Diskriminierung bei Bewerbungsverfahren, aber auch bei der Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen. Häufig ist auch eine Überforderung oder Unsicherheit hinsichtlich der Vielfalt und der Strukturen zu spüren.
Die Antwort des Senats auf die Große Anfrage der CDU, „Hat Bremen die Voraussetzungen für eine gelingende Integration in den Arbeitsmarkt geschaffen?“, formuliert ein eindeutiges Ja. Der Senat hat sowohl die Voraussetzungen als auch die Rahmenbedingungen für eine gelingende Integration in den Arbeitsmarkt geschaffen. Die Antwort des Senats auf die Große Anfrage, über die wir heute diskutieren, zeigt auf, welche Lösungsansätze das Land Bremen bisher verfolgt hat und künftig verfolgen wird, um eine berufliche Ausbildung in Deutschland beziehungsweise in Bremen und Bremerhaven beziehungsweise die Anerkennung im Ausland erworbener Abschlüsse zu ermöglichen. Ich stelle fest, dass die Anteilnahme und Bereitschaft des Senats, der Kammern und der Partner am Ausbildungsmarkt sehr groß sind, um eine Ausbildung junger Flüchtlinge innerhalb der bremischen Unternehmen zu erhöhen.
Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge sind jünger als 25 Jahre, also in einem Alter, in dem sie eine Ausbildung benötigen. Bremen und Bremerhaven unterstützen diese Integration von Flüchtlingen mit zwei großen Maßnahmepakten, das steht ganz klar in der Antwort, vom Deutschlernen bis hin zur Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums. Aufsuchende Beratung an Schulen und Übergangswohnheimen dient dazu, jungen Menschen die hiesigen Möglichkeiten der beruflichen Integration zu erklären. Bremen investiert zusätzlich neben dem Erwerb der deutschen Sprache in das Erkennen von Kompetenzen und Potenzialen von Flüchtlingen und unterstützt die Integration in Ausbildung und Beruf. Die Schwerpunkte dabei sind gute Beratung, sprachliche Vorbereitung und fachliche Unterstützung.
Auch gemeinnützige Tätigkeiten werden vermittelt, damit Geflüchtete die erste berufliche Erfahrung in Bremen und Bremerhaven sammeln können. Im Rahmen des Projekts – ich nenne jetzt ein Beispiel, das auch in der Antwort des Senats steht – des Senats „Frauen und Flucht“ informiert die ZGF geflüchtete Frauen auch zum Thema Sprachbildung und Arbeitsmarktunterstützung.
Wichtig ist auch eine zügige Anerkennungspraxis von im Ausland erworbenen Abschlüssen und Berufen. Gerade vor diesem Hintergrund ist es gut, dass wir noch im April dieses Jahres – das hat die CDU noch nicht wahrgenommen, aber trotzdem! – mit der Änderung des Bremischen Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes die Weichen für eine schnellere Anerkennungspraxis gestellt haben.
Davon profitieren sowohl die Menschen, die hier ankommen, als auch die Wirtschaft, die in vielen Bereichen händeringend nach motivierten Fachkräften sucht.
An dieser Stelle bedanke ich mich beim Senat und der Senatskanzlei für die offene und ehrliche Art der Problemanalyse, die Beschreibung der aktuellen Ausgangslage und die zusammenfassende Bewertung für die künftigen integrationspolitischen Anstrengungen! – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat, Radikalisierungen von jungen Menschen aus den verschiedensten Gründen sind nicht hinnehmbar, das ist ein Problem.
Viele Menschen in Bremen und Deutschland arbeiten beruflich und ehrenamtlich daran, Radikalisierungen zu verhindern und jungen Menschen zu helfen. Das Beratungsangebot ist in Bremen vielseitig, allerdings reicht es nicht aus, und wir stellen
auch neue Tendenzen und Entwicklungen fest. In der Debatte um die richtige Antwort auf religiösfundamentalistischen Terror islamistisch motivierter Einzeltäter in Gruppen kommt immer wieder der Ruf nach einer Präventionsstrategie. Was auch richtig ist. Der Antrag der Fraktion der CDU: „Prävention und Deradikalisierung in Bremen neu konzipieren!“ stellt die Forderung nach mehr Prävention. Der Antrag vom 16. Januar dieses Jahres fordert, ein neues Konzept zu entwickeln und zeitnah vorzulegen sowie bestehende Projekte zur Prävention auszubauen.
Herr Röwekamp sollte auch mit seinem Kollegen Herrn Hinners sprechen. In der Deputation für Inneres am 8. Februar dieses Jahres wurde mit der Vorlage 19/181 ein Konzeptentwurf mit dem Titel: „Rahmenkonzept zur Deradikalisierung und Extremismusprävention mit Schwerpunkt Islamismus/Salafismus im Land Bremen“ als ressortübergreifendes Konzept vorgestellt. Zur Ausgestaltung und Konzeptentwicklung wurde aus der Lenkungsgruppe Schule-Polizei-Jugendliche-Justiz-Senatskanzlei, kurz LG Schule, heraus die Arbeitsgruppe unter Federführung des Innenressorts gebildet. Es wurde also ein aktueller Stand des Konzeptentwurfes vorgestellt, den wir auch in der Innendeputation diskutiert haben, wie gesagt, am 8. Februar. Hat die Fraktion der CDU dies nicht zur Kenntnis genommen?
Sicherlich! Erwarten Sie von der Regierungskoalition alle zwei Monate neue Konzepte?
Vorher, zwei Wochen vorher, das habe ich auch deutlich gemacht. Das Land Bremen hat seine Handlungsstrategie der Deradikalisierung klar definiert. Die Ansätze, die dabei gewählt werden, liegen in Aufklärungskampagnen, Bildungsarbeit und Maßnahmen des Jugendschutzes, die auf größere Personengruppen abzielen.
Auch in der auf Deradikalisierung fokussierten Präventionsarbeit auf Ebene der Länder nehmen Innenministerien, Polizei und Verfassungsschutzbehörden eine zentrale Rolle ein. Bremen finanziert seit 2015 die Beratungsstelle Legato Bremen KuBiBe, KulturBildungBeratung, die vor allem auf die
Stabilisierung des familiären Umfeldes radikalisierungsgefährdeter Personen setzt. In Bremen, das bereits 2012 mit der Präventionsarbeit begonnen hat, setzt man stärker auf die klassische Form der Jugendsozialarbeit. Von dort wird das Beratungsnetz kitab finanziert, dessen Träger VPN, Violence Prevention Network e. V., Erfahrungen in der aufsuchenden Sozialarbeit, Streetwork hat, Anonymität und Freiwilligkeit betont und ebenfalls zu den Kooperationspartnern in Bremen gehört.
An dieser Stelle ist die Arbeit des Service-Büros bedeutsam. Ziel des Workshops ist es, den Jugendlichen in Projektarbeit und spielerischen Methoden eine kritische Informationskompetenz zu vermitteln und sie auch durch praktische Hilfestellungen in ihrem Medien-Handeln und ihrer Reflexionsfähigkeit zu stärken.
Zum Thema Schule und Deradikalisierung! Das ist in der Tat ganz wichtig. Man muss wissen, dass das Familienministerium gerade das Präventionsprogramm in Schulen ausbaut. Im Rahmen des Vorhabens Jugendsozialarbeit in Schulen mit dem Schwerpunkt Deradikalisierung werden oder wurden zum 1. Mai beziehungsweise zum 1. Juni 2018 in Bremen teilweise sechs Stellen und in Bremerhaven zwei Stellen unter Koordination des Jugendmigrationsdienstes der AWO-Bremen geschaffen und besetzt.
Ich komme zum Schluss! In der letzten Woche habe ich mich mit diesen Kollegen getroffen und sie kennengelernt. Das muss man zur Kenntnis nehmen, Frau Vogt, die gibt es. Diese acht Personen arbeiten in Schulen und leisten gerade zu diesem Thema ihre Arbeit.
Ich finde, es ist nicht sinnvoll, alle zwei Monate neue Konzepte zu entwickeln. Ich plädiere dafür, dass wir das vorhandene Konzept, das aus meiner Sicht gelungen und sinnvoll ist, umsetzen. Aus den von mir genannten Gründen lehnt die Fraktion der SPD den Antrag der Fraktion der CDU ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich stehe heute hier stellvertretend für Frau Grotheer. Wir beraten heute den Bericht über die Umsetzung des Erasmus+-Programms in Bremen, und wir haben diesen Bericht ja auch im Europaausschuss sehr kritisch, sehr ausführlich, sehr umfassend und auch sehr leidenschaftlich diskutiert. An dieser Stelle haben wir sehr ausführliche und vielfältige Antworten bekommen, und auch jetzt wurde hier zu diesem Thema sehr viel gesagt. An dieser Stelle gibt es ja sehr viel zu tun.
Erasmus+ ist das Programm der Europäischen Union für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport. Bis zum Jahr 2020 werden europaweit mehr als vier Millionen Menschen aus Hochschulen, Schulen, der Berufs- und Erwachsenenbildung und der Jugendarbeit Auslandserfahrungen mit dem Programm Erasmus+ gesammelt haben. Dabei stehen für den Zeitraum von 2014 bis 2020 in den Mitgliedsstaaten 14,7 Milliarden Euro für das Programm Erasmus+ zur Verfügung, Geld, das aus unserer Sicht auch in Bremen ankommen muss, und deshalb haben wir im Februar letzten Jahres hier in der Bürgerschaft einen entsprechenden Antrag verabschiedet. Es wird aus diesem Bericht, aber auch aus der heutigen Diskussion immer wieder deutlich, dass die größten Herausforderungen von Erasmus+ der langwierige und komplizierte Bewerbungsprozess und die zugehörigen Berichts- und Rechenschaftsfristen sind.
In diesem Zusammenhang geht aus dem vorliegenden Bericht hervor, dass für die Beratung der allgemeinbildenden Schulen der beiden Stadtgemeinden Bremen zwei Lehrkräfte als sogenannte Erasmus+-Koordinatoren zur Verfügung stehen. Mit der Unterstützung, für die allerdings lediglich nur eine einzige – –.
Genau! Drei, das haben Sie im Ausschuss mitbekommen,
und hier konnten im letzten Jahr sechs Erasmus+Projekte in den allgemeinbildenden Schulen angestoßen werden.
Eine weitere, allerdings von Bremen kaum zu beeinflussende Hürde von Erasmus+ ist die Frage des Budgets. Trotz eines Gesamtvolumens von mehr als 14 Milliarden Euro erweist sich Erasmus+ immer wieder als unterfinanziert, und das führt leider dazu, dass viele qualitativ gute Projekte abgelehnt werden müssen, wie aus dem nationalen Bericht zur Zwischenevaluation von Erasmus+ hervorgeht. Das ist auch ein Problem, das wir leider zur Kenntnis nehmen müssen.
Die angestrebte Intensivierung der Kooperation zwischen Bremer Schulen und europaspezifischen Bildungseinrichtungen lässt sich besonders gut durch die zielgerichteten Konzepte und auf schulindividueller Ebene erreichen, und dies machen die Berufsschulen bereits erfolgreich vor. Sie zeigen auch, wie der bürokratische Aufwand umgangen werden kann, indem sie externe Dienstleister für die Erledigung organisatorischer administrativer Aufgaben beauftragen. Ich denke, dieser Weg wäre auch für allgemeinbildende Schulen denkbar. Meine Kollegin hat es eben schon angesprochen, diese Netzwerke müssen stärker genutzt und stärker unterstützt werden.
Die Landeszentrale für politische Bildung – das wurde auch schon gesagt – wendet sich mit ihren Angeboten an alle Bürgerinnen und Bürger. Im Themenfeld der europäischen Integration setzt sie sich dabei vor allem für Angebote und Multiplikatoren ein, die sich an Bremer Lehrkräfte wenden und damit den Bremer Schulen unmittelbar zugutekommen.
Zusammenfassend wird also deutlich, wenn Erasmus+ zu einem dauerhaften Erfolg werden soll, der von den angesprochenen Einrichtungen auch angenommen wird, dann muss sich zum einen das Budget des Programms erhöhen, und zum anderen müssen bürokratische Hürden im Antragsprozess abgebaut werden. Beides ist ja vor allem eine Aufgabe der Europäischen Union. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist nach dieser Rede nicht einfach, zu unserem Thema zu kommen. Mir ist der Familiennachzug aus humanitären Gründen sehr wichtig. Wenn Menschen täglich Angst um ihre Kinder und Partner haben müssen, die in Kriegs- und Krisengebieten festsitzen, dann kann Integration nur schwer gelingen.
Subsidiär Schutzberechtigte, also Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus, dürfen ihre Ehegatten und ihre minderjährigen Kinder dann wieder in einem begrenzten Umfang nachholen, wenn die besonderen rechtlichen Voraussetzungen dazu erfüllt werden. Darauf haben sich die CDU/CSU und die SPD im Rahmen der Koalitionsverhandlungen verständigt. In Anbetracht der verschiedenen Herangehensweisen war es nicht einfach, dieses Ergebnis zu erzielen. Das zeigt sich auch daran, wie unterschiedlich die Anträge, die heute aus unseren Reihen vorliegen, zu diesem Thema abgefasst sind. Dazu komme ich gleich noch.
Es ist Folgendes vereinbart: Der Nachzug von engen Familienmitgliedern soll bis zum 31. Juli 2018 weiter ausgesetzt bleiben. Danach soll ein Familiennachzug von 1 000 Familienmitgliedern pro Monat möglich sein. Eine Härteregelung bleibt darüber hinaus bestehen. Beim Vorliegen völkerrechtlicher oder dringender humanitärer Gründe gemäß den Paragrafen 22 und 23 des Aufenthaltsgesetzes kann bereits jetzt und nach einer Neuregelung auch über das Kontingent von 1 000 Familienmitgliedern hinaus eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Das gilt ebenfalls für das Reintegrationsprogramm und die humanitäre Aufnahme nach Paragraf 23 des Aufenthaltsgesetzes. Die Antragstellung ist ab sofort bei den deutschen Botschaften möglich.
Für mich ist es nicht in allen Punkten zufriedenstellend, aber in Anbetracht der Alternativen ist es für mich im wahrsten Sinne des Wortes ein Kompromiss.
Mit dem Antrag der Fraktion DIE LINKE soll erreicht werden, dass sich der Senat dafür einsetzt, dass eine Verlängerung der Aussetzung des Familiennachzugs, der seit dem 17. März 2016 gilt, über den März 2018 hinaus verhindert wird. Mit dem Antrag der Fraktion der FDP soll erreicht werden, dass sich der Senat dafür einsetzt, dass eine Regelung geschaffen werden soll, die die Aussetzung des Familiennachzugs für Personen, denen nach
dem 17. März 2016 Subsidiärschutz gewährt worden ist, grundsätzlich bis zum 16. März 2020 mit einigen Ausnahmen verlängert wird.
Nach dem Antrag der Fraktion der CDU soll sich der Senat dafür einsetzen, dass der allgemeine Rechtsanspruch auf Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten, der erst 2015 eingeführt worden ist, ausgesetzt bleibt.
Die SPD hat sowohl auf der Bundesebene als auch in Bremen offensiv kommuniziert, dass sie sich für eine uneingeschränkte Rückkehr zum Familiennachzug einsetzt. Der Koalitionsvertrag ist logischerweise nur ein Kompromiss, ein gegenseitiges Entgegenkommen und Abrücken von der eigenen Position. Aus der Sicht der bremischen SPD-Fraktion wäre mehr Familiennachzug wünschenswert und damit eine wirkungsvollere Integrationspolitik sinnvoll.
Wie steht Bremen in dem Themenfeld im Vergleich dar? In Bremen sind zum Stichtag 31. Dezember 2017 1 837 Syrer betroffen. Es handelt sich hierbei um eine nur leicht erhöhte Quote von 1,06 Prozent, da das BAMF – Bremen verglichen mit dem Bundesdurchschnitt – weniger Syrer als subsidiär Schutzberechtigte und mehr Syrer als Flüchtlinge anerkannt hat. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum sind in Bremen 3 458 Syrer als Flüchtlinge anerkannt worden, die einen Anspruch auf Familiennachzug haben. Ich bin mir sicher, dass wir weiterhin eine weitere Gestaltung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten sehr intensiv begleiten werden.
Die SPD-Fraktion lehnt die vorgelegten Anträge aus den genannten Gründen ab. –Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bremen wächst, und das ist sehr erfreulich. Die deutliche Steigerung des Bevölkerungswachstums in den letzten Jahren geht allerdings auf die Flüchtlingszuwanderung zurück, und das zeigt, vor welchen wahren Herausforderungen unsere Stadt steht. Wachstum, Vielfalt sowie regional unterschiedliche Entwicklungen stellen Stadtstaaten wie Bremen mit räumlicher Begrenzung vor besondere Herausforderungen, aber gleichzeitig bietet die Stadt Bremen auch ein hohes
Identifikationspotenzial für ihre Bewohnerinnen und Bewohner.
Das stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl, und das ist auch eine Basis für die Integrationspolitik.
Vieles hängt davon ab, ob die aktuellen Migrationsbewegungen in erster Linie als schwer zu bewältigendes Problem dargestellt werden oder ob die Debatte versachlicht wird, indem die Handlungsstrategien transparent gemacht und in politische Zielsetzungen und Strategien überführt werden.
Die Geschichte einer Stadt sowie die politischen Zielsetzungen und Strategien führen nicht automatisch dazu, dass die einzelnen Bürgerinnen und Bürger diese für sich auch anerkennen. Identifikation, Zugehörigkeitsgefühl und Vertrauen sind Teil des subjektiven Empfindens. Um einzelne davon zu überzeugen, dass Bremen tatsächlich eine weltoffene und chancengerechte Stadtgesellschaft ist, muss jeder für sich die Stadt aus dem eigenen Alltagserleben heraus bewerten.
Heute diskutieren wir über den Antrag der Fraktion DIE LINKE, Integrationspolitik, Toleranz und Sicherheit in der Einwanderungsgesellschaft. Wir haben diesen Antrag sehr intensiv und sehr umfassend in unserer Bürgerschaft diskutiert, wir haben sehr kontrovers, ich denke, auch interessant und spannend in der Deputation für Inneres diskutiert. Der sehr gute Bericht der Innendeputation liegt uns vor. Wir stimmen dem Antrag der LINKEN zu, bis auf den Punkt 4. Eine Landeskoordinationsstelle Islamismusprävention wird gerade eingerichtet. Über die Arbeitsergebnisse werden wir auch in Zukunft ohnehin öfter diskutieren. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, das ist ein menschliches Thema. Ja, es ist richtig, in Europa findet weiterhin Verfolgung von Schutzsuchenden statt, und das ist zu kritisieren. Es ist die Aufgabe aller und insbesondere auch der Bundesregierung, sich für die Menschenrechte in den EU-Mitgliedsstaaten und
in den Westbalkanstaaten, in denen das stattfindet, einzusetzen.
Die Fraktion DIE LINKE fordert zum wiederholten Mal den Winterabschiebestopp für alle Gruppen von Schutzsuchenden und insbesondere aus den Balkanstaaten. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE vermittelt den Eindruck, dass Bremen kein humanitäres Mindestmaß in Bezug auf die Schutzsuchenden erfüllt. Dass Bremen und Bremerhaven die Menschen in die Kälte abschieben, weise ich zurück!
Auch die Statistik sagt, dass das nicht der Fall ist. Auch die bremische Praxis sagt, dass das nicht der Fall ist.
Vielmehr ist es wichtig, jeden Fall individuell zu betrachten und zu entscheiden. Niemand, der tatsächlich schutzbedürftig ist, wird aus Bremen und Bremerhaven abgeschoben. Die SPD-Fraktion verzichtet daher in diesem Zusammenhang auf eine Regelung des Winterabschiebestopps als verallgemeinerndes Mittel. Stattdessen wird jeder Einzelfall als das betrachtet, was er ist: Ein individuelles Schicksal, das zu bewerten ist!
Ja, es stimmt, es gibt nach wie vor Handlungsspielräume, die wahrgenommen und genutzt werden, beispielsweise in Form von Ausnahme- und Härtefallregelungen. Bremen achtet darauf, dass die Einzelfälle sehr genau angeschaut werden. Bremen hat bisher das Instrument der Abschiebung so gut wie gar nicht eingesetzt. Da bekommen wir auch in der Innendeputation jeden Monat die genaue Statistik aus Bremen, das muss man ja auch zur Kenntnis nehmen!
Das ist sehr gut! Deswegen werde ich auch nicht müde, hier noch einmal zu wiederholen, wie die Praxis ist.
Wir haben in Bremen und Bremerhaven sehr engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände, aber auch
in der Verwaltung, die tolle Arbeit leisten. Ihre Kritik an der Praxis von Bremen und Bremerhaven sowie an der Verwaltung ist daher völlig realitätsfremd.
Ich finde, dass unsere Praxis in Bremen und Bremerhaven human ist, wenn wir uns die Fälle anschauen. Dafür brauchen wir aber keine generelle Regelung. Schutzsuchende können aus humanitären Gründen und aus gesundheitlichen Gründen hier in Bremen und Bremerhaven bleiben. Ein Winterabschiebestopp würde zudem den Bremer Weg, also in erster Linie auf die freiwillige Ausreise der betroffenen Menschen zu setzen und in allerletzter Konsequenz abzuschieben, was mein Kollege schon gesagt hat, konterkarieren und blockieren.
Ich möchte eines klarstellen: Es ist keineswegs so, dass Menschen in Bremen ohne Ansehen ihrer jeweils individuellen Lage in die Kälte abgeschoben werden. Aus den von mir genannten Gründen werden wir diesen Antrag ablehnen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bleibe zum
Schluss der Debatte auf jeden Fall sehr sachlich und nicht emotional.
Das Thema bleibt nicht belanglos. Frau Grönert, das ist ja genau - -. Die Große Anfrage wurde ja hier an dieser Stelle gestellt mit der Bitte um die Antwort, und wir diskutieren heute über die Mitteilung des Senats. Wir haben ja gestern den ganzen Tag über den Haushalt diskutiert und dann beschlossen, zu diesem Thema, aber auch für andere Maßnahmen im Bereich der Integration unglaublich viel Geld zur Verfügung zu stellen. Wenn Sie heute von Maßnahmen sprechen, also von staatlichen Maßnahmen, die gibt es nicht. Die gesellschaftliche Veränderung findet ja bei uns statt, jeden Tag entwickeln sich neue Angebote, und ein Bestandteil und unser grundsätzliches Ziel ist ja auch die Integration von Anfang an. Eine der größten Herausforderungen ist ja heute für alle Bereiche der Anspruch, die weitere Zuwanderung und auch den Umgang mit Zuwanderung zum Bestandteil eines regelhaften Systems werden zu lassen.
Bei dieser Großen Anfrage der Koalition, „Perspektiven junger Männer mit Migrationshintergrund in Bremen in Bremerhaven“, über die wir heute diskutieren, geht es um die Frage, welche Lösungsansätze das Land Bremen bisher verfolgt hat und künftig verfolgen wird. Das haben Sie übersehen, also zum Thema belanglos: Sie haben ja auch keinen Antrag auf den Weg gebracht. Sie haben das Thema so gar nicht wahrgenommen,
dass diese Menschen diskriminiert werden und dass es Handlungsbedarf gibt, und das haben Sie auch! Sowohl junge Männer als auch Männer sind benachteiligt. Das klingt für Sie vielleicht harmlos und belanglos, aber es ist tatsächlich so, und diese Große Anfrage beziehungsweise die Antwort darauf macht es deutlich: Es ist so!
Die Frage ist, wie junge Männer mit entsprechenden Unterstützungsangeboten und spezifischen Maßnahmen unterstützt werden können. Diese Große Anfrage hat das Ziel, die Bedarfe der verbesserten Handlungsperspektiven festzustellen und die Möglichkeiten der Teilhabe in den Bereichen wie Ausbildung, Arbeit, aber auch im sozialen Umfeld zu bewerten. Dabei gewinnt dieses Thema
durch die aktuelle Entwicklung eine immer stärkere Bedeutung.
Meine Damen und Herren, eine zentrale Frage stellt sich in diesem Zusammenhang: Wie kann man den Zugang von jungen Männern mit Migrationshintergrund zu Behörden, Diensten, aber auch Einrichtungen verbessern? Dabei ist der Prozess als eine Weiterentwicklung der Strategie zu sehen, und im Zentrum der Antwort steht ja eine Veränderung des Systems, das sich an die Menschen anpassen muss, das formuliert auch die Anfrage ganz klar. Aus der Antwort des Senats wird deutlich, dass Bremen und Bremerhaven hier durchaus unterschiedliche Wege gehen und unterschiedliche Angebote haben.
Über die Maßnahmen der Antidiskriminierung hinaus gibt es in Bremen die Betroffenenberatung soliport für Menschen, die Erfahrungen mit rechter, rassistischer oder antisemitischer Gewalt et cetera gemacht haben, sowie eine Reihe von weiteren Beratungsstellen. Auch im Bereich des Sports haben sich interkulturelle Qualifizierungsmaßnahmen als besonders hilfreich bei der Begegnung mit Problemstellungen im Sport erwiesen. In Bremerhaven gibt es eine Reihe von spezifischen Freizeit- und Bildungsangeboten für Jugendliche in schwierigen persönlichen Situationen.
Aus der Antwort des Senats geht auch hervor, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendeinrichtungen mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag zur Integration junger Menschen mit Migrationshintergrund leisten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die vorgelegte Antwort des Senats formuliert differenzierte Ansätze, um die Ausgrenzung und Diskriminierung im gesellschaftlichen und im Verwaltungshandeln im Blick zu haben beziehungsweise abzubauen. In diesem Zusammenhang möchte ich mich beim Senat beziehungsweise ausdrücklich bei der Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport bedanken, und mein herzlicher Dank gilt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Beratungsstellen in Jugendeinrichtungen sowie den ehrenamtlich Engagierten, die aktuell Enormes leisten und sehr professionell mit Flüchtlingen beziehungsweise mit der heutigen Situation in der Praxis umgehen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute das Thema, DNA-Analyse weiterentwickeln und umfassend nutzen. In der Tat hat sich in den letzten Jahren die DNA-Analyse zu einem wichtigen Instrument des kriminalistischen Verfahrens entwickelt. Zu diesem Thema liegen heute mehrere Anträge beziehungsweise Änderungsanträge vor. In der aktuellen Debatte dreht es sich um die Frage, ob man diese Technik nicht auch dann noch besser nutzen kann, wenn man zwar eine DNA-Spur hat, aber eben noch keinen Verdacht, wer der Täter sein könnte. Der genetische Fingerabdruck hat die Ermittler nach Gewalttaten in unzähligen Fällen auf die richtige Spur zum Täter gebracht. Mittlerweile hat sich der Stand der Wissenschaft so erheblich verändert, dass eine Diskrepanz zwischen der Gesetzeslage und der Wissenschaft besteht.
Zurzeit darf anhand einer DNA-Spur, sage ich einmal, nur das Geschlecht einer Person ermittelt werden. Dabei wäre technisch in der Tat noch viel mehr möglich. Den Chancen aber, einer Ausweitung der DNA-Analyse, stehen allerdings Risiken gegenüber. Die CDUFraktion fordert in ihrem Antrag, die Bundesratsinitiative zur Erweiterung des Umfangs der DNA-Untersuchung zu unterstützen, und es geht dabei um die Augen-, Haar- und Hautfarbe, das biologische Alter; bis dahin besteht Einigkeit. Jedoch bei der biografischen Her
kunft besteht ja Dissens zwischen uns und dem vorliegenden Antrag. Aus fachlicher Sicht ist das Gesamtthema zu unterstützen. Die SPD-Fraktion lehnt aus den von mir genannten Gründen den Antrag der CDU und den Änderungsantrag der FDP ab.
Entsprechend dem im Bundesrat vorliegenden Antrag des Landes Baden-Württemberg wird auf das aus verfassungsrechtlichen und praktischen Gründen fragwürdige Merkmal der biogeografischen Herkunft verzichtet. Die Berichtsfrist wird aufgrund der seit einer Antragstellung verstrichenen Zeit um zwei Monate verlängert.
Meine Damen und Herren, es ist wichtig darüber nachzudenken, was ist technisch möglich, was kriminalistisch sinnvoll, was ethisch vertretbar, und was ist nach dem Grundgesetz überhaupt erlaubt.
Ich bitte darum, unserem Änderungsantrag der Koalition zuzustimmen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Chancengerechtigkeit und Teilhabe für alle und die Möglichkeit, sich mit individuellen Potenzialen einbringen zu können, sind für uns die Voraussetzungen für eine friedliche, gerechte Weiterentwicklung unseres Landes. Darum hat das Land Bremen einen Entwicklungsplan zur Regelung von Partizipation und Integration von Zuwanderern und Flüchtlingen.
Bei der Großen Anfrage der Koalition, Bildungs- und Beschäftigungsperspektiven von jungen Geflüchteten und anderen neu zugewanderten
Landtag 3904 50. Sitzung/21.09.17
Jugendlichen in Bremen und Bremerhaven, über die wir heute diskutieren, geht es um die Frage, welche Lösungsansätze das Land Bremen verfolgt, damit Schülerinnen und Schüler in Bremen und Bremerhaven, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ihre schulische Ausbildung auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres erfolgreich abschließen und eine Berufsausbildung in der Zukunft beginnen können.
Die Große Anfrage hat das Ziel, die gegenwärtigen Bildungsangebote und Beschäftigungssituationen von Flüchtlingen, die neu nach Bremen und Bremerhaven gekommen sind, intensiv anzuschauen. Bildung ist der Schlüssel zur Integration von Flüchtlingen.
Bildung macht stark, und das gilt insbesondere für die Flüchtlinge, die gegenwärtig nach Deutschland kommen, denn sicher ist, Integration kann ohne Bildung nicht funktionieren. Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge, die nach Bremen kommen, sind jünger als 25 Jahre, also in einem Alter, in dem sie eine Ausbildung benötigen. Bremen und Bremerhaven unterstützen die Integration von Flüchtlingen mit zwei großen Maßnahmepaketen vom Deutschlernen bis hin zur Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums. Bremen investiert zusätzlich für den Erwerb der deutschen Sprache, das Erkennen von Kompetenzen und Potenzialen von Flüchtlingen und für die Integration in Ausbildung und Beruf.
Der Zugang zum Studium ist ein ganz wichtiger Bestandteil der Integration. Die Hochschulen in Bremen und Bremerhaven sind für die Integration durch Bildung besonders wichtig, auch deshalb, weil sie schon lange Vorbilder der Willkommenskultur sind. Ausländische Studierende sind an deutschen Hochschulen längst nichts Neues mehr, und die Hochschulen haben damit auch jahrelange Erfahrungen gesammelt. Die Schwerpunkte dabei sind die Beratung, sprachliche Vorbereitung und fachliche Unterstützung, denn leider hat die Integration auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt noch erheblichen Handlungsbedarf. Das behandelt die Antwort des Senats ja auch ehrlich.
An dieser Stelle bedanke ich mich beim Senat und der Senatskanzlei für die offene und ehrliche Art der Problemanalyse, die Beschreibung der aktuellen Ausgangslage sowie die gesamte Bewertung für die künftigen integrationspolitischen und bildungspolitischen Anstrengungen im Bereich Bildung, Ausbildung und Beschäftigung. - Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Präsident, meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute den Antrag der Fraktion DIE LINKE zur Schaffung eines unabhängigen Polizeibeauftragten. Die SPDFraktion lehnt die Schaffung der Stelle eines Polizeibeauftragten in der vorgeschlagenen Form ab.
Die Polizei braucht Vertrauen statt Misstrauen.
Es ist festzustellen, dass heute effektive Mechanismen bestehen. Sowohl für Konfliktsituationen innerhalb der Polizei, aber auch für Konflikte zwischen Bürgerinnen und Bürgern mit der Polizei bestehen heute gut funktionierende Instrumente, um
Landtag 3206 43. Sitzung/10.05.17
solchen Konflikten zu begegnen. Mit möglichen Verbesserungen befassen wir uns immer. Das hat ja gerade Frau Vogt von der Fraktion DIE LINKE dargestellt.
Die Fraktion DIE LINKE fordert, dass die oder der Polizeibeauftragte als eine eigenständige Institution eigenständige Ermittlungsbefugnisse erhalten soll. Wie soll das praktisch funktionieren?
Super! Der Polizeibeauftragte soll - so habe ich das nach dem uns vorgelegten Antrag verstanden - die Strafprozessermittlungen parallel zu den staatsanwaltschaftlichen oder polizeilichen Ermittlungen durchführen. Ist das aus Ihrer Sicht machbar?
Ist das aus Ihrer Sicht nicht kontraproduktiv?
Zwei voneinander unabhängige Ermittlungsbehörden können allein aus ermittlungstaktischen Gründen schwer gleichzeitig an einem Sachverhalt arbeiten.
Das haben Sie in Ihrem Antrag nicht genug erklärt. Ein eigenes Untersuchungs-, Ladungs- und Vernehmungsrecht wäre nicht nur rechtlich unzulässig, sondern es würde auch zu einer ineffektiven Konkurrenzsituation führen. Im Übrigen würden weitere strafprozessuale Maßnahmen, wie Beschlagnahme, Wohnungsdurchsuchung und Telekommunikationsüberwachung und so weiter, nicht zu den Maßnahmen gehören, die man einer solchen Einrichtung übertragen könnte. Das suggeriert aber Ihr Antrag, liebe Fraktion DIE LINKE.
Heute werden interne Ermittlungen nicht mehr von der Polizei durchgeführt - das haben Sie ja auch schon gesagt -, sondern, wie Sie wissen, sind die Ermittlungen auf die vorgesetzte Behörde verlagert worden. Durch diese im Jahr 2009 vorgenommene Umstrukturierung ist seinerzeit bereits das Signal gesetzt worden, Ermittlungen bei Vorwürfen gegen Polizeibeamte und andere öffentliche Bedienstete unabhängig von der sonstigen polizeilichen Organisation führen zu wollen. Die jetzige Organisation der Ermittlungen bei Amtsdelikten ist aus meiner
Sicht und aus der Sicht der SPD-Fraktion objektiv und gleichzeitig professionell.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Ermittlungen ohnehin allein unter Sachleitung der Staatsanwaltschaft geführt werden. Die Betrachtung der Frage, wie in anderen Ländern polizeiinterne Ermittlungen organisiert sind, zeigt, dass die organisatorische Lösung in Bremen der Forderung nach einer unabhängigen Ermittlungsarbeit in besonderem Maße Rechnung trägt. In fast allen Ländern werden polizeiinterne Ermittlungen weiterhin von Dienststellen innerhalb der Polizei geführt.
Das bei der Ortspolizeibehörde der Stadt Bremerhaven eingerichtete Modell der internen Ermittlungen hat sich seit über zwölf Jahren - das können meine Kollegen aus Bremerhaven hier im Hause bestätigen - bewährt.
Für dieses Aufgabenfeld sind die besonderen rechtlichen Kompetenzen des Polizeivollzugsdienstes und die polizeilichen Fachdienste unerlässlich. Außerdem ermöglicht die Kenntnis der internen Abläufe und die örtliche Nähe eine professionelle und zeitnahe Aufarbeitung. Die Sachverhalte werden neben der strafrechtlichen Wertung durch die Staatsanwaltschaft zur dienstrechtlichen Prüfung und weiteren Veranlassung dem Oberbürgermeister vorgelegt.
Meine Ausführungen zur Organisation in anderen Ländern werde ich in meinem zweiten Wortbeitrag darlegen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Unser grundsätzliches Ziel ist ja die Integration von Anfang an. Eine der größten Herausforderungen ist derzeit für alle berichterstattenden Bereiche die weitere Zuwanderung und der Anspruch, den Umgang mit der Zuwanderung zum Bestandteil eines regelhaften Systems werden zu lassen.
Bei der Großen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Abbau von Sprachbarrieren – interkulturelle Öffnung der bremischen Verwaltung fortschreiben“, die wir heute beraten, geht es um die Frage, welche Lösungsansätze das Land Bremen bisher verfolgt hat und künftig verfolgen wird, um Sprachbarrieren im Verwaltungshandeln abzubauen. Die Große Anfrage hat das Ziel, die Bedarfe der verbesserten Kommunikation festzustellen und die Möglichkeiten der Sprachmittlerinnen und Sprachmittler in der bremischen Verwaltung einzusetzen und zu bewerten.
Dabei gewinnt auch dieses Thema durch die aktuelle Entwicklung eine immer stärker werdende Bedeutung. Die Verwaltungen sind ja auch in der Praxis aufgefordert, ihre Leistungen an den veränderten Bedarf anzupassen. Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang stellt sich die zentrale Frage, auf welche Weise man den Zugang von Zugewanderten und Menschen mit Migrationshintergrund zu Behörden, Diensten und Einrichtungen verbessern kann. Dabei ist dieser Prozess als eine Weiterentwicklung der Strategie zu sehen.
Im Zentrum der Antwort steht die Veränderung des Systems, das sich an die Menschen anpassen muss. Aus der Antwort des Senats wird deutlich, dass Bremen und Bremerhaven hier durchaus unterschiedliche Wege gehen und unterschiedliche Angebote vorhanden sind. Auf den Dolmetscherpool – das hat meine Kollegin Frau Dogan bereits dargestellt –, der über Performa Nord vermittelt wird, kann jede Dienststelle gegen Entgelt zugreifen.
Für das Jahr 2016 ist der Ausbau der Vermittlungsstelle geplant. Im Rahmen eines Bezahlsystems bieten die Integrationsmittlerinnen und -mittler ihre Dienstleistung den Behörden, Schulen, Kitas, Krankenkassen, medizinischen Dienstleistern und so weiter an. Im Zuständigkeitsbereich des Magistrats Bremerhaven besteht bereits ein ämterübergreifender Sprachmittlerdienst. Darüber hinaus wird im Bereich des Sozialamts, Abteilung Integration, gegenwärtig geprüft, inwieweit nach dem Vorbild anderer Kommunen eine Ergänzung durch externe Sprachmittlerinnen und -mittler erfolgen kann, die allen Ämtern und Behörden zur Verfügung gestellt werden soll.
Aus der Antwort des Senats geht hervor, dass die Senatorin für Soziales, Jugend und Frauen, Integration und Sport ein Interessenbekundungsverfahren für die Beschäftigten der bremischen Verwaltung mit
dem Ziel durchgeführt hat, interessierte Beschäftigte für die Arbeit mit Flüchtlingen zu gewinnen. Auf Beschäftigte, die über spezifische Sprachkenntnisse verfügen, wird in diesem Kontext besonders zugegangen, um diese Sprachkenntnisse in den verschiedenen Einsatzgebieten umfänglich nutzen zu können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die vorgelegte Antwort des Senats formuliert differenziert Ansätze, um Sprachbarrieren im Verwaltungshandeln abzubauen. In diesem Zusammenhang möchte ich mich beim Senat und bei der Senatorin für Soziales – ich verkürze den Titel – ausdrücklich bedanken. Mein herzlicher Dank gilt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, die aktuell Enormes leisten und die sehr professionell mit den Zugewanderten, mit Flüchtlingen und mit der heutigen Situation in der Praxis umgehen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich mich nicht mehr zu Wort melden, aber die CDU-Fraktion hat mich an dieser Stelle herausgefordert. Die Redewendung „die Ignoranz der letzten Jahre“! Haben die Mitglieder der CDU-Fraktion nicht verstanden, dass das Projekt zur interkulturellen Öffnung der bremischen Verwaltung schon vor 15 Jahren seinen Anfang nahm und dass in diesem Bereich Erhebliches passiert ist, und zwar auch bei den Mitarbeitern? Ich habe dieses Projekt viele Jahre sehr kritisch begleitet, aber an dieser Stelle möchte ich ganz klar den Unsinn zurückweisen, der hier geredet wurde. Ich kann das nicht so stehen lassen.
Offensichtlich ist das Ergebnis der Mitarbeiterbefragung, die die Senatorin für Finanzen im letzten Jahr zur interkulturellen Öffnung der bremischen Verwaltung durchgeführt hat, bisher bei der CDU-Fraktion nicht angekommen. Weiterhin kann ich hier nicht stehen lassen, dass Verwandte übersetzen sollen, dass die Verwaltung auf das Ergebnis wartet und dass sie diesen Zustand toleriert. Das von mir eben Beschriebene entspricht nicht der Praxis. Das Jobcenter stellt seit circa zwei Jahren in wohl zehn Fremdsprachen Hinweise – ich selbst kenne sie auf Türkisch – für Kunden mit Migrationshintergrund zur Verfügung. Für den Fall, dass Kunden beispielsweise Kommunikationsschwierigkeiten haben, wird ihnen vom Jobcenter ein vereidigter Dolmetscher zur Verfügung gestellt. Die Kosten trägt das Jobcenter, egal, wer den Dolmetscher vermittelt hat. In anderen Dienststellen der Verwaltung ist das beschriebene Verfahren gängige Praxis und funktioniert reibungslos. Natürlich kann man kritisieren, dass kein standardisiertes Verfahren vorhanden ist. Das ist aber auch nicht möglich. Wir haben seit zwei Jahren eine veränderte Situation. Gerade deswegen wird ehrlich und offen gesagt, dass die Bedarfe der verbesserten Kommunikation erst einmal festgestellt werden müssen, damit anschließend die Möglichkeit besteht, entsprechend Sprachmittlerinnen und Sprachmittler in der bremischen Verwaltung einzusetzen. Die Bewertung der Mitarbeiterbefragung ist hierfür die Grundlage. Ja, das ist richtig! Die CDU-Fraktion hat den Hinweis gegeben, dass das im Konzept steht. Natürlich, das steht im Konzept. Wir werden es verfolgen, und wir werden es begleiten, damit die bremische Verwaltung offener wird, und damit es zwischen den Beteiligten zu einer besseren Kommunikation in der Praxis kommt und ihnen besser geholfen werden kann. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Unter etwas irritierender Überschrift: „Kann Bremen seinen Verpflichtungen im Bereich Kinderschutz noch ausreichend nachkommen?“ hat die CDU eine Große Anfrage eingebracht. Unter dem Stichwort Ehrlichkeit habe ich gerade nichts Neues von Frau Sandra Ahrens gehört. Das ist genau das, was in der Senatsmitteilung vom 6. Oktober steht. Die „Ehrlichkeit“ steht hier ganz klar, wenn man ehrlich diese Mitteilung liest. Diese Frage kann ich ganz klar mit Ja beantworten. Die Mitteilung ist ganz klar mit Ja zu beantworten.
Frau Ahrens hat im Weiteren die Möglichkeit, weitere Fragen zu stellen.
Deswegen möchte ich ganz gern weiter fortfahren.
Genau, das ist mein Recht, das ist mein demokratisches Recht an dieser Stelle.
Ganz wesentlich ist Folgendes: Kinderschutz ist natürlich Aufgabe aller am Leben von Kindern Beteiligten. Kinderschutz ist natürlich eine Aufgabe aller mit Kindern Lebenden und zuallererst Aufgabe der Eltern, und an sie gerichtet sage ich danke und nicht, wie Sandra Ahrens sagt, die Kinder wollen gar nicht ihre Aufgabe in Anspruch nehmen. Das stimmt ja überhaupt nicht. Es gibt ja Eltern – –
Merken Sie sich genau, was Sie hier an dieser Stelle sagen! Hören Sie zu, was Sie sagen!
Aber auch Erzieherinnen und Erziehern, Lehrern und Lehrerinnen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Jugendämtern danke ich hier noch einmal ausdrücklich, denn sie stehen immer vor der Alternative, zu schnell oder zu spät zu agieren, und laufen somit ständig Gefahr, eine falsche Entscheidung zu treffen. Diesbezüglich richtige Entscheidungen erfordern eine hohe Qualifikation, und auch darauf müssen wir achten.
Seit Jahren schon sind für den Bereich Kinderschutz große Anstrengungen nötig. Es sind vielfältige Maßnahmen eingeleitet worden, unter anderem eine Personalverstärkung, was auch Frau Sandra Ahrens hier betont hat, auch in sozialen Diensten, auch im Ge
sundheitsamt. Als Beispiel zu nennen ist eine enge personelle Nähe zum Kind,m aber auch die Entscheidungsstrukturen wurden verbessert. Ein verbindlicher Handlungsleitfaden zum Umgang mit Kindeswohlgefährdung gilt. Zum Beispiel dürfen drogenabhängige Eltern ihre Kinder nur unter engster Kontrolle zu Hause behalten. Ein kommunales Kinderund Jugendschutztelefon ist seitdem eingerichtet worden. Das sind ein paar Beispiele für das, was sich geändert hat. Die Zahl der Stellen für Amtsvormundschaften – das haben wir auch gestern ausführlich diskutiert – ist aufgestockt werden.
Allerdings steigt natürlich durch die enorme Zunahme von Kindern und Jugendlichen die Arbeitsbelastung sowohl der Casemanager als auch der Vormünder in den letzten Jahren wieder deutlich an. Dem müssen wir entgegensteuern, das steht hier ganz klar und ehrlich in der Mitteilung des Senats. Die gegenwärtige Situation mit Tausenden Zuflucht suchenden Menschen in Bremen bereitet sichtlich erhebliche Probleme, die auch in die Jugendhilfe und den Kinderschutz hineinreichen.
Den erheblich wachsenden fachlichen und personellen Anforderungen im Bereich der Hilfe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge begegnet der Senat mit fortlaufenden Beschlüssen zur Anpassung des Personals. Mit Blick auf die derzeitige Schätzung von bis zu 2 000 neuen Fällen in 2015 hat der Senat im September eine weitere Aufstockung des Personals beschlossen. Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass wir der Entwicklung hinterher sind. Wir müssen mehr tun und schneller werden. Angesichts der gesellschaftlichen Wirklichkeit wird es aber immer leider kaum ausreichen. Ein Blick auf den Bereich der Amtsvormünder macht dies deutlich, aber das steht auch ehrlich in der Senatsvorlage: 2014 sind 630 neue Fälle in Vormundschaft genommen worden. 2015 waren es bereits Ende August 720 Fälle. Natürlich erreicht der Kinderschutz in vielen Bereichen zunehmend seine Grenzen. Wir müssen in Bremen sehr kämpfen, um die gesetzlichen Vorgaben von 15 Minuten pro Vormundschaft zu erreichen.
Ich sage an dieser Stelle den letzten Satz. Meine persönliche Überzeugung ist: Unsere Kinder haben es verdient, dass wir uns mit großer Ernsthaftigkeit und gegenseitigem Respekt ihrem Aufwachsen und ihrem Wohlbefinden widmen und uns darum kümmern. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.