Ursula Monheim

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als wir 2006 diesen Antrag das erste Mal beraten haben, war die Situation gerade in Bezug auf die Alterssicherung von Hartz-IV- und ALG-II-Empfängern durchaus anders. Wir haben uns damals lange über die Gruppe unterhalten, Frau Steffens, auf die Sie jetzt besonders hinweisen: Frauen mit einem geringen Einkommen, das es ihnen nicht ermöglicht, eine systematische Altersvorsorge in einer bestimmten Höhe anzulegen.
Wir haben inzwischen eine andere Situation. Sie haben darauf aufmerksam gemacht. Es ist ein großer Erfolg der CDU und vor allen Dingen von Minister Laumann und Herrn Dr. Rüttgers, unserem Ministerpräsidenten, dass die Freigrenzen für das Altersschonvermögen von 250 € auf 750 € angehoben worden sind.
Es ist richtig, dass das Anliegen des Antrags und die spezielle Gruppe, die Sie ansprechen, von dieser Regelung wahrscheinlich nicht in starkem Maße betroffen sind. Aber wenn Sie sich einmal genau überlegen, welche Forderung Sie stellen, heißt das:
Es soll individuell jedes einzelne Einkommen und jeder zu erwartende Rentenanspruch geprüft
und ein Schonvermögen festgelegt werden. Das ist nach unserer Meinung nicht möglich, weil wir das mit dem Gesetz zum Arbeitslosengeld II wirklich nicht individuell lösen können.
Um diese gravierenden Einkommensunterschiede auszugleichen – die aktuellen Veröffentlichungen zum Weltfrauentag am 8 März haben sie noch einmal deutlich gemacht –, müssen andere Ansätze und Maßnahmen gefunden werden. Wir haben uns im Ausschuss für Frauenpolitik immer wieder darüber unterhalten, dass wir junge Mädchen und junge Frauen dazu bringen müssen, sich bei der Berufswahl anders zu entscheiden, als immer wieder die Top Ten der frauentypischen Berufe zu wählen.
Wir müssen weiter daran arbeiten, dass die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit gesichert ist, damit gerade Frauen mit Kindern, vor allem Alleinerziehende, die Möglichkeit haben, für sich ein eigenes Einkommen und damit eine eigene Altersvorsorge zu erzielen. Vor allen Dingen müssen wir den Frauen deutlich machen, wie wichtig eine private Altersvorsorge ist und auch dafür werben, dass auch bei einem geringen Einkommen eine Altersvorsorge sinnvoll ist.
So möchte ich zusammenfassen: Verglichen mit dem Jahr 2006, als der Antrag erstmals vorgelegt worden ist, hat sich die Situation der Frauen durch die Anhebung des Schonvermögens eindeutig verbessert. Bei einer niedrigen Rente steht jetzt im Alter monatlich mehr Geld zur Verfügung. Wir halten das Anliegen des Antrags nach wie vor für berechtigt, aber auf dem von Ihnen vorgeschlagenen Weg im Rahmen des Gesetzes zum Arbeitslosengeld II für nicht zu erreichen. Deswegen können wir dem Antrag nicht zustimmen. Ich sage noch einmal: Die jetzige Situation im Rahmen des Arbeitslosengelds II ist auch eine Verbesserung für die Frauen. – Danke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir wissen aus zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen und Stellungnahmen der Experten hier im Landtag, dass Kinder aus Familien mit einem niedrigen sozioökonomischen Status häufiger Defizite in ihren personalen, sozialen und familiären Ressourcen aufweisen.
Wir wissen, dass eine Reihe weiterer Ursachen, die bei Jungen und Mädchen unterschiedlich sind, zu seelischen Erkrankungen führen und psychische Störungen hervorrufen. Wir wissen, dass diese Beeinträchtigungen in den letzten Jahren erheblich zugenommen haben und weiter zunehmen.
So hat das Robert-Koch-Institut in seinem bundesweiten Kinder- und Jugendgesundheitssurvey 2007 Zahlen genannt. Danach zeigten etwa 22 % der Kinder und Jugendlichen im Alter von sieben bis 17 Jahren psychiatrische Auffälligkeiten. Wir wissen: Ohne Früherkennung und eine zeitnahe adäquate Behandlung, und zwar wohnortnah und dezentral, ist das Risiko groß, dass psychische Stö
rungen ein ganzes Leben nachhaltig negativ prägen.
Wir wissen auch: Obwohl in den vergangenen Jahrzehnten ein differenziertes ambulantes, teilstationäres und stationäres Hilfesystem für psychisch kranke Kinder und Jugendliche entstanden ist, reicht es noch nicht. Es gibt Versorgungsengpässe. Eine weitere Verbesserung der Angebote ist notwendig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Analyse der Ursachen für psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen und in der Beschreibung der Bedarfssituation sind die vorliegenden Anträge von SPD und Bündnis 90/Die Grünen und der Antrag der Fraktionen von CDU und FDP nicht weit auseinander.
Mehrfach in dieser Legislaturperiode haben wir uns mit diesem Thema intensiv beschäftigt. In der Sitzung des Fachausschusses am 25. März 2009 und erneut in der Plenarsitzung am 28. Mai 2009 hat Minister Laumann sein Konzept zur Verbesserung der stationären und teilstationären Versorgung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in NordrheinWestfalen vorgestellt und dabei betont, dass sein Ziel die Sicherstellung einer bedarfsgerechten und angemessenen Versorgung von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen sei.
Dieses Konzept gibt Auskunft über die aktuelle Versorgungssituation und identifiziert Handlungsbedarfe. Es bleibt aber nicht dabei stehen. Darüber hinaus enthält es einen Maßnahmenkatalog, der konkrete Vorhaben enthält, die zügig realisiert werden sollen, und benennt längerfristige Planungen.
Es wird nicht zugewartet. Vielmehr wird dieses Sofortprogramm parallel zur Aufstellung des Krankenhausplanes umgesetzt, und zwar erfolgreich. Darauf wird Minister Laumann in seiner Rede ausführlich eingehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, diese Aktivitäten sind Ihnen auch bekannt. Umso unverständlicher sind Ihre Angriffe gegen den Minister, dem Sie Untätigkeit vorwerfen und jegliche Sensibilität und Verantwortung bei diesem Thema absprechen.
Diese Vorwürfe sind reine Wahlkampfpolemik. Sie sind nicht gerechtfertigt. Wir weisen sie entschieden zurück.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Tatsache, dass diese Formulierung erst jetzt, im März 2010, in den gemeinsamen Antrag aufgenommen wurde – in den Einzelanträgen finden sich diese Anschuldigungen nicht –, macht Ihre Intention mehr als deutlich. Ich bedaure das sehr. Das Thema ist viel zu ernst, um im Wahlkampf Munition zu liefern. Es eignet sich auch nicht für parteipolitische Profilierungen.
Zudem müssen Sie sich fragen lassen: Welche Situation haben wir 2005 bei Regierungsübernahme nach Jahren rot-grüner Verantwortung für die Versorgung psychisch kranker Kinder und Jugendlicher vorgefunden?
Gab es die weißen Flecken nicht? Gab es die Engpässe nicht? Gab es den Mangel an Fachärzten und Therapeuten nicht? Ist das alles neu oder alles vergessen?
Die Situation heute – das ist wahr – verschärft sich durch steigende Zahlen von behandlungsbedürftigen Kindern und Jugendlichen. So hat unter anderem die schwierige Wirtschaftslage zu einer Verschärfung sozialer Problemlagen geführt. Die Auswirkungen und die Unsicherheiten reichen bis weit in die Familien hinein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, halten wir fest: Es gibt eine Fülle von Ursachen, die die psychische und seelische Gesundheit von Kindern gefährden. Das ist in den Anträgen ausführlich dargestellt. Es gibt die Verantwortung der Eltern, aber auch die Verantwortung der Einrichtungen und Institutionen von Erziehung, Bildung und Betreuung. Kindern und Jugendlichen ein Umfeld zu schaffen, in dem sie sich altersgemäß entwickeln und entfalten können, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Im Abschlussbericht der Enquetekommission „Chancen für Kinder“ wird eine „Kultur des Hinschauens“ gefordert, eine Achtsamkeit gegenüber Kindern und Jugendlichen, um riskante Lebenssituationen frühzeitig zu erkennen, zu bewerten und entsprechende Hilfen einzusetzen, und zwar bevor sich Auffälligkeiten zu einer manifesten Störung entwickeln.
Bestehende Präventions- und Hilfemaßnahmen weiterzuentwickeln und sie besser mit den Einrichtungen der Bildung, Erziehung und Betreuung einschließlich der Schulen zu vernetzen, die für diese besondere Problematik zu sensibilisieren sind, lauten wichtige Forderungen in unserem Antrag, dem Antrag von CDU und FDP.
Ziel der Förderung von Kindern ist es, sie stark zu machen, damit sie besser mit Stress, Frustration und Ängsten umgehen und ein starkes Selbstwertgefühl entwickeln können.
In den letzten fünf Jahren ist in Nordrhein-Westfalen viel geschehen, um die Rahmenbedingungen für Kinder, für Eltern und für Familien zu verbessern. Lassen Sie mich dazu einige Stichworte nennen:
der Ausbau des Frühwarnsystems und die Einbindung der U-Untersuchungen
Die Plätze für U3-Betreuung wurden seit 2006 fast verzehnfacht.
In Nordrhein-Westfalen gibt es endlich flächendeckend Sprachförderung für Kinder vom vierten Lebensjahr an.
Bislang sind 1.750 Familienzentren eingerichtet worden. Sie bieten Beratung und sozialraumorientierte Vernetzung aller Akteure, die für Familien von Bedeutung sind.
der Ausbau und die qualitative Weiterentwicklung von Ganztagsangeboten in Grundschulen
die Einrichtung des Landesfonds „Kein Kind ohne Mahlzeit“.
Ein letzter Hinweis sei mir gestattet. Die Zahl der vom Land geförderten Schulpsychologen wird zum 1. August dieses Jahres bei 145 liegen. Das ist eine Verdoppelung gegenüber 2005.
Uns geht es – ich will es wiederholen – um eine ausreichende dezentrale ambulante, teilstationäre und stationäre Hilfestruktur für Kinder und Jugendliche, die unter psychischen Störungen leiden
doch –, und um den Abbau von Wartezeiten, die für Betroffene und ihre Familien schwer erträglich und von der Sache her nicht hinnehmbar sind. Diese Aufgabe ist bei Minister Laumann in guten Händen. Aber uns geht es auch um einen ganzheitlichen Ansatz, um gute Rahmenbedingungen, um Prävention, um Früherkennung und zeitnahe Hilfen, um drohende Erkrankungen möglichst zu vermeiden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden in den kommenden Plenartagen mehrfach die Situation von Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen und Hilfen für Kinder in Not diskutieren und uns intensiv darüber austauschen. Das ist ein wichtiges Thema, das wir, denke ich, auch in den nächsten Jahren intensiv und gemeinsam vorantreiben werden. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig, wir haben hier im Plenum und auch im Fachausschuss mehrfach über die UN-Konvention gesprochen und ihre Bedeutung gewürdigt.
Es ist richtig, dass die Konvention einen – ich glaube, zunächst einmal – vorläufigen Endpunkt in einer Entwicklung markiert, die in den vergangenen Jahren einen bedeutenden Perspektivwechsel im Verständnis der Politik für Menschen mit Behinderungen mit sich brachte:
Nicht mehr Fürsorge, sondern Teilhabe, nicht mehr Benachteiligung und Diskriminierung, sondern umfassende Gleichstellung, nicht mehr Bevormundung, sondern Selbstbestimmung, nicht mehr der Blick auf mögliche Defizite, sondern der Blick auf das, was Gesellschaft leisten muss, um Menschen mit jeder Behinderung teilhaben zu lassen.
Das Übereinkommen der Vereinten Nationen gilt weltweit. Welche Konsequenzen die Umsetzung in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen fordert, und zwar von Politik und Gesellschaft, das ist heute noch nicht absehbar.
Der vorliegende Antrag von Bündnis 90/Die Grünen beschäftigt sich ausführlich mit der Umsetzung der Konvention in Nordrhein-Westfalen. Analog einzelner Artikel der Konvention werden wichtige Lebensbereiche aufgezählt – Frau Steffens hat eben einige herausgegriffen –, es werden daraus Forderungen abgeleitet und eingehend erläutert, immer in enger Anlehnung an die Formulierung auch der Konvention.
Insofern, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind alle diese Forderungen auch verbindlich. Auf Ihre Forderung, dem Paradigmenwechsel müssten in Nordrhein-Westfalen Taten folgen, kann ich nur antworten: Ja, die Umsetzung muss folgen, und die Umsetzung wird folgen. Die Behindertenrechtskonvention ist seit dem 26. März 2009 geltendes Recht in Deutschland. Dass wir dazu stehen, daran haben die CDU-Fraktion und auch die Landesregierung nie einen Zweifel gelassen.
Ich möchte zwei Punkte noch besonders ansprechen. Auf Seite 2 des Antrags wird kurz hervorgehoben, dass – ich zitiere – „das deutsche Recht für Menschen mit Behinderungen im internationalen Vergleich gut abschneidet.“ Das ist richtig.
Richtig wäre auch gewesen, zumindest darauf hinzuweisen, dass sich in den vergangenen Jahren die Lebenssituation für Menschen mit Behinderung in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen entscheidend verbessert hat – auch hier im Gleichklang mit den Gesetzen, die in den letzten Jahren zu diesem Thema erlassen wurden. Nordrhein-Westfalen steht auch hier im Vergleich gut da.
Ein zweiter Punkt. In Art. 4 der Konvention wird darauf Bezug genommen, dass die volle Umsetzung der Rechte nur nach und nach, das heißt, in einem langen Prozess gelingen kann. Es wird außerdem gefordert, dass die Ausarbeitung und Umsetzung von Rechtsvorschriften und politischen Konzepten in enger Konsultation mit den Interessenvertretungen der behinderten Menschen geschehen soll – getreu dem Leitspruch des Europäischen Jahres für Menschen mit Behinderung, der schon 2003 lautete: Nichts über uns ohne uns!
Dieser Aspekt der notwendigen Einbindung von Betroffenen fehlt mir in Ihrem Antrag. Er ist aber immens wichtig und sollte dringend beachtet werden, wenn wir an die Umsetzung hier in NordrheinWestfalen gehen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, in einer der ersten Plenardebatten zur UN-Konvention am 4. Dezember 2008 hat Minister Laumann das Plenum darüber informiert, dass er bereits im Mai 2008 eine interministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet hat, die Artikel für Artikel prüft, was in NordrheinWestfalen noch zu tun ist.
Im Hinblick auf die von uns allen gewünschte positive Umsetzung dieser Konvention würden wir als CDU-Fraktion es sehr begrüßen, wenn das Ministerium im Ausschuss einen Bericht über die bisherige Arbeit, über die Vorgehensweise, über die Kooperationspartner und über mögliche erste Ergebnisse geben könnte, damit wir vor diesem Hintergrund den vorliegenden Antrag und das Anliegen dieses Antrags debattieren können.
Der Überweisung in den Fachausschuss stimmen wir zu und freuen uns auf intensive und konsensuale Beratungen. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Von den bisher bekannten ca. 120 Typen der Papillomviren können 30 bis 40 Gebärmutterhals und Genitalbereich
befallen. 13 dieser HPV-Typen – so sagen die Experten – können Krebs auslösen. Was heißt das?
In Deutschland erkranken jährlich ca. 6.500 Frauen an dieser Krebsform und 1.600 sterben. Seit 2006 gibt es einen Impfstoff gegen die Virustypen 16 und 18, die besonders häufig im Gebärmutterhals gefunden worden sind, wenn dort Krebs diagnostiziert wurde. Seit März 2007 empfiehlt die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut allen Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren eine Impfung.
Da diese Impfung neu ist und von daher bisher auch keine Langzeitstudien vorliegen können, gab und gibt es in der Öffentlichkeit und in der Wissenschaft unterschiedliche Bewertungen betreffend den längerfristigen Schutz, die Nebenwirkungen bis hin zu möglichen Schädigungen – mit dem Ergebnis, dass es zu großen Verunsicherungen bei Mädchen und ihren Eltern kommt.
Ausgelöst durch den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Frau Steffens hat darauf hingewiesen – ist diese Thematik in Fachausschüssen des Landtags und in einer Anhörung im Mai 2009 ausführlich debattiert worden. Der jetzt vorliegende Antrag „HPV-Impfung: Rechte von Mädchen und Eltern auf eine informierte Entscheidung stärken!“ nimmt – auch darauf hat die Vorrednerin hingewiesen – Erkenntnisse aus der Anhörung auf und ist in seiner Grundtendenz weniger ablehnend gegenüber der HPV-Impfung als der erste Antrag zu diesem Thema. Das begrüßen wir ganz ausdrücklich. Denn wenn in der Anhörung eines klar geworden ist, dann: Diese Impfung schützt, und diese Impfung kann Leben retten.
Der durchgängige Tenor der Experten: Die Impfung ist eine ausgesprochen sinnvolle Investition in die Zukunft. – Diese Botschaft ist auch in dem vorliegenden Antrag nicht so deutlich geworden, wie wir uns das wünschen. Ich zitiere Herrn Dr. Michael Wojcinski vom Bundesverband der Frauenärzte:
Wir sehen jeden Tag in Deutschland ca. 600 behandlungsbedürftige Krebsvorstufen bei jungen Frauen. Wir erkennen jeden Tag 26 neue Gebärmutterhalskrebsfälle. Wir sehen die Impfung als reinen Individualschutz, für sich individuell einen Großteil möglicher Krebsvorstufen und Krebserkrankungen zu reduzieren. Werbung für die Impfung im Allgemeinen und für die HPV-Impfung – so sagte Herr Dr. Wojcinski – ist in unseren Augen eine Notwendigkeit, um aus der in Deutschland weit verbreiteten Impfmüdigkeit herauszukommen.
Genau das, meine ich, sollte auch mit einer Diskussion um diese Impfung geschehen.
Die Anhörung machte aber auch deutlich, dass die Diskussion und Interpretation von Zahlen und Prozenten zeigt, wie komplex die Mechanismen sind, die dem Prozess der Wirkung zugrunde liegen. Es
darf nicht passieren – das sagen alle Experten –, dass durch eine solche Diskussion von der Impfung abgeschreckt wird. Zugleich ist es notwendig – da treffen wir uns in Ihrem Anliegen wieder –, dass sachliche, unabhängige, nicht interessengeleitete Informationen zur Verfügung stehen. Mit dieser Zielsetzung des vorliegenden Antrages sind wir in Konsens.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bereits im September 2008 hat die Landesregierung in Zusammenarbeit mit dem Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit eine Informationsbroschüre „Impfen schützt!“ herausgegeben. Dort wird sachlich und in knapper Form auf die HPV-Impfung hingewiesen und dafür geworben – das ist für uns ein ganz wichtiger Punkt –: Lassen Sie sich von Ihrem Arzt beraten!
Diese Kombination, sachliche Information und in jedem Fall persönliche Beratung durch den Arzt, ist die beste Voraussetzung für eine individuelle, verantwortbare Entscheidung. Das mag uns unterscheiden. Wir setzen nicht so sehr auf Informationsmaterial, sondern vielmehr auf das Gespräch zwischen Arzt und jungen Frauen.
Die Informationsschrift der Landesregierung – das will ich auch noch kurz erwähnen – ist von den unabhängigen Experten in der Anhörung mehrfach ausdrücklich positiv bewertet worden. Darum können wir Ihrer Forderung im Antrag, diese Schrift zu ersetzen, nicht folgen.
Auch die Forderung nach einer Begleitforschung ist nach meinem Kenntnisstand inzwischen erfüllt. Die Zulassungsbehörde hat als Weiterführung der klinischen Studien Langzeitstudien beschlossen, um die Wirkung zu dokumentieren.
So sind Forderungen des Antrags überflüssig oder inzwischen umgesetzt. Nach unserer Einschätzung befördert er das Anliegen nicht in der ausreichenden Form. Die CDU-Fraktion kann diesem Antrag nicht zustimmen.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Im Sozialgesetzbuch IX ist in den §§ 145 bis 154 die unentgeltliche Beförderung schwerbehinderter Menschen im öffentlichen Personenverkehr geregelt. Diese bundesgesetzliche Regelung ist ein Nachteilsausgleich für vielfache Mobilitätseinschränkungen, mit denen viele Menschen mit Behinderungen zu kämpfen haben. Diese Regelung ist gut, richtig, notwendig. Denn Mobilität – da sind wir uns alle einig – ist eine wichtige Voraussetzung für Teilhabe an den unterschiedlichen Bereichen unseres Lebens.
Der Antrag, der heute vorliegt und zur Diskussion steht, erweckt nun den Eindruck, dass die unentgeltliche Beförderung infrage gestellt wird bzw. werden könnte. Auch uns, der CDU, liegt das Schreiben der LAG Selbsthilfe vor. Es ist ja diese Resolution der Mitgliederversammlung vom 14. November, die das Thema hier auf die Tagesordnung gebracht hat.
Herr Killewald, ich vermute, Sie haben genauso recherchiert wie wir und wissen, dass dies nicht, wie
es in Ihrem Antrag steht, schon eine beschlossene Sache ist, sondern dass es ein Prüfauftrag einer Strukturkommission ist, der dieses als eine Möglichkeit sieht, ohne dass es seitens des Sozialministeriums in Baden-Württemberg und der Ministerin Stolz zu einer entsprechenden Initiative gekommen ist.
Insofern halte ich es für ziemlich verantwortungslos, in einem solchen Moment einen solchen Antrag zu stellen, der bei den behinderten Menschen den Eindruck erwecken muss, als wäre diese Freifahrtenregelung infrage gestellt. Das ist sie nicht.
Ich erinnere daran, dass im Sozialausschuss am 25. November die Kollegin Frau Steffens den Staatssekretär danach gefragt hat und der Staatssekretär für Nordrhein-Westfalen ganz klar geantwortet hat: Wir bleiben bei der bestehenden Regelung und werden auch entsprechend aktiv werden.
Ja bitte, gerne.
Es ist nicht so, dass das Ministerium inzwischen aktiv geworden ist, um hier etwas anderes zu machen als zu prüfen, inwieweit diese Freifahrtenregelung passgenauer auf die jeweils individuelle Situation umgestellt werden kann. Das steht hinter diesem Prüfauftrag und nicht die Abschaffung. Es ist im SGB IX verbindlich festgelegt und wird noch durch die UN-Konvention bestärkt. Das ist völlig richtig. Insofern kann ich diesem Antrag, den Sie stellen, nicht folgen.
Sie wissen, dass ich immer sehr empfindlich reagiere, wenn Themen, die unsicher sind, in einer Weise in die Öffentlichkeit gebracht werden, dass Menschen mit Behinderung, die unter diesen Mobilitätseinschränkungen leiden, den Eindruck bekommen, ihnen wird hier etwas vorenthalten, worauf sie dringend angewiesen sind. Insofern kann ich diesem Antrag nicht folgen.
Für mich ist klar: Wir in Nordrhein-Westfalen werden an dieser Freifahrtenregelung festhalten. Das haben wir im Ausschuss so gehört. Insofern kann ich diesen Antrag nur ablehnen.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist völlig legitim, aus Sicht der Opposition den Haushaltsplan zu kritisieren, angebliche Versäumnisse anzuprangern und in
unterschiedlichen Bereichen mehr finanzielle Mittel zu fordern.
Aber nachdem, was Sie hier gemacht haben, Herr Killewald, nämlich schon fast an Geschmacklosigkeit grenzende Angriffe gegen unseren Sozialminister
und unseren Ministerpräsidenten – wobei Sie sich relativ wenig mit dem Thema auseinandersetzen, das heute auf der Tagesordnung steht –,
kann ich nur die Schlussfolgerung ziehen, dass Sie in diesem Haushalt nicht viel Kritikwürdiges gefunden haben. Und das freut uns.
Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, angesichts der wegbrechenden Steuereinnahmen,
der zusätzlichen Ausgaben zur Stützung der Konjunktur und des Mehrbedarfs für die sozialen Sicherungssysteme begrüßen wir es ausdrücklich, dass in den wesentlichen Feldern der Sozialpolitik Kürzungen vermieden werden konnten – mehr noch, dass sowohl hier als auch in der Gesundheitspolitik neue Akzente gesetzt und Initiativen angestoßen werden, und das, obwohl der Einzelplan 11 dadurch geprägt ist, dass fast 90 % des Budgets in Höhe von 2,866 Milliarden € durch gesetzesvollziehende Maßnahmen gebunden sind. Das heißt in der Konsequenz: Der Spielraum für Gestaltung ist denkbar knapp.
Meine Damen und Herren, in Krisenzeiten gewinnt das Soziale an Bedeutung. Eine der Konsequenzen der Landesregierung ist die Bekämpfung der Kinderarmut, Herr Killewald. Ich erinnere an die Initiative von Nordrhein-Westfalen, die Regelsätze nach dem SGB II und dem SGB XII passgenau an die Bedürfnisse von Kindern anzupassen. Ich erinnere an den Landesfonds „Kein Kind ohne Mahlzeit“, der 2007 eingerichtet wurde. Er wird in diesem Jahr von 15 Millionen € auf 19,3 Millionen € erhöht, um dem Bedarf gerecht zu werden.
Denn mehr Kinder nehmen die Mittagsbetreuung in Anspruch. Das ist auch ein Erfolg. Und – das ist betrüblich – es ist mit Auswirkungen steigender Arbeitslosigkeit zu rechnen.
Der Fonds, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist keine befriedigende Dauerlösung, aber er ist eine wirksame Maßnahme zur Überbrückung, bis bedarfsgerechte Leistungen für Kinder gesetzlich verankert sind. Herr Minister Laumann hat schon darauf hin
gewiesen, dass 70.000 Kinder durch diesen Fonds und durch diesen Anstoß der Landesregierung täglich eine warme Mahlzeit bekommen, die sie sonst wahrscheinlich nicht hätten.
Ich komme zur Politik für Menschen mit Behinderung. Sie hat traditionell in Nordrhein-Westfalen einen sehr hohen Stellenwert und ist auch Schwerpunkt der jetzigen Landesregierung. Das Programm „Teilhabe für alle“ steht genau für diesen Anspruch, dass Menschen mit Behinderung Teil unserer Gesellschaft sind. Es ist ressortübergreifend angelegt, wird ständig fortentwickelt und bündelt unterschiedliche Maßnahmen, um ein möglichst selbstbestimmtes und eigenständiges Leben zu ermöglichen. Im Haushalt des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales stehen dafür 16,4 Millionen € zur Verfügung.
Das Ministerium für Bauen und Verkehr fördert die Verbesserung der Wohnqualität für ältere und behinderte Menschen mit 60 Millionen €, und für den Abbau von Barrieren im öffentlichen Nahverkehr stehen 110 Millionen € zur Verfügung. Aktuell sind 59 Einzelmaßnahmen in diesem Programm gebündelt. Sie werden verlässlich weiterentwickelt.
Verlässliche Weiterentwicklung gilt auch für die Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Für viele Menschen sind diese Einrichtungen unverzichtbar. Durch die Teilhabe an der Arbeitswelt erfahren sie nicht nur eine Selbstbestätigung, sondern auch Gemeinschaft und Anerkennung für das, was sie leisten und tun.
Für investive Mittel – darauf hat Minister Laumann hingewiesen – stehen in diesem Jahr unverändert wieder 8,2 Millionen € zur Verfügung. Der Bedarf – da sind wir uns sicher – wird in der nächsten Zeit weiter ansteigen.
Auf das Programm „Integration unternehmen!“ ist hier schon mehrfach hingewiesen worden. Auch ist erwähnt worden, dass dieses Programm erneut um 1,7 Millionen € aufgestockt wird, um damit 1.000 neue Arbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung zu schaffen.
Weitere kleine Programme sind ebenfalls angesprochen worden. Sie alle belegen, dass die besonderen Anstrengungen der Landesregierung dazu dienen, gerade jetzt Menschen mit Behinderung Chancen zu sichern, einen Weg in Ausbildung und Beruf zu finden. Das spiegelt sich in allen Fällen auch im Haushaltsplan wider.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Stiftung Wohlfahrtspflege ist unverzichtbar für die Weiterentwicklung der sozialen Infrastruktur in unserem Lande. Deswegen möchte ich ausdrücklich danken, dass unangefochten das Budget der Stiftung in Höhe von 25 Millionen € auch in diesem Jahr wieder zur Verfügung steht. Ich denke, das ist in unser aller Interesse, hier eine Fortentwicklung zu haben.
Wenn ich auf den Pflegebereich schaue, dann wissen wir verlässlich, wie sich die Zahlen der zukünftig pflegebedürftigen Menschen entwickeln werden. Die Frage, wie der Fachkräftebedarf zu ermitteln und – wichtiger noch – wie er zu decken ist, beschäftigt den Fachausschuss schon seit Jahren.
Wir wissen, Nachwuchsgewinnung für diesen Beruf, sowohl im stationären wie im ambulanten Bereich, hängt von vielschichtigen Faktoren ab: Attraktivierung des Berufsbildes, Verbesserung der Arbeitsbedingungen und höhere gesellschaftliche Anerkennung, um nur einige zu nennen.
Die Landesregierung hat nun ein Monitoring angestoßen, um alle Leistungserbringer zu befragen mit dem Ziel, einen umfassenden Überblick sowohl über die Bedarfe wie auch über die Potenziale zu erhalten. Aber die Landesregierung wartet nicht nur ab, sondern zeitgleich erhöht sie den Ansatz in der Altenpflegeausbildung nochmals um 0,5 Millionen € auf jetzt 32 Millionen €. Damit werden bis zu 8.730 Schulplätze in der Altenpflegefachausbildung und in der einjährigen staatlich anerkannten Altenpflegehilfeausbildung vom Land finanziert.
Wir begrüßen ausdrücklich, dass auch im kommenden Jahr für Modellprojekte für demenziell erkrankte Menschen weiterhin 1,5 Millionen € eingeplant sind.
Auf das Wohn- und Teilhabegesetz, eine der großen Gesetzesinitiativen dieser Landesregierung und vor allem des Sozialministeriums, will ich noch einmal hinweisen. Der Name dieses Gesetzes ist Programm. Der Mensch und seine individuellen Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt. Es ist eine richtige Entscheidung gewesen, nach der Föderalismusreform die neue Zuständigkeit des Landes zu nutzen und ein eigenes Landesgesetz zu schaffen. Dafür nochmals Dank, verbunden mit der Bitte, ebenso konsequent auch die Umsetzung dieses Gesetzes zu begleiten und zu forcieren.
Zur Gesundheitspolitik noch einige Worte: Die Menschen in Nordrhein-Westfalen können sich auch in Zukunft darauf verlassen, eine verlässliche wohnortnahe und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung zu erhalten, und zwar im stationären wie im ambulanten Bereich. Nach der Umstellung der Landesförderung für den investiven Bereich ist die Zustimmung der Krankenhäuser zur Baupauschale – das ist immer wieder meine Wahrnehmung – ungebrochen. Die vom Land zur Verfügung gestellten Investitionsmittel erreichen heute fast 300 der insgesamt rund 400 Krankenhäuser und stellen ihnen so jährlich planbare Finanzmittel zur Verfügung. Das ist ein großer Vorteil gegenüber der alten, weitgehend intransparenten Förderpraxis.
Sorge bereitet uns nach wie vor der Ärztenachwuchs. Deshalb ist es nur folgerichtig, dass wir trotz finanzieller Schwierigkeiten den Aktionsplan zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung, der 2007 ins Leben gerufen wurde und ursprünglich befristet war, auch im kommenden Jahr mit 1,5 Millionen € ausstatten, um so ein finanzielles Anreizsystem zu haben, um vor allen Dingen in den ländlichen Bereichen einer medizinischen Unterversorgung entgegenzutreten.
Ich sehe, dass meine Redezeit zu Ende geht, will aber nicht versäumen, noch auf die Aidsprävention und auf die Bekämpfung der Gefahren durch Sucht und Drogen hinzuweisen. Dieser gesamte Bereich hat in den vergangen Jahren keinen Beitrag zur notwendigen Haushaltskonsolidierung leisten müssen. Das gilt unvermindert auch in diesem Jahr.
Wir haben inzwischen – und das war sicher ein schwieriger Prozess – die Rahmenvereinbarung mit den kommunalen Spitzenverbänden, mit den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege und mit dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales abgeschlossen. Damit sind Ziele, Aufgaben und fachliche Standards für die kommunalen Hilfestrukturen konkretisiert und mit festen finanziellen Zusagen unterlegt. Insofern kann in diesem Bereich die erfolgreiche Politik fortgesetzt werden.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, eines der großen Projekte in der Gesundheitspolitik ist der Gesundheitscampus mit der Fachhochschule für Gesundheitsberufe in Bochum. Dort werden zukunftsweisende Kompetenzen aus Wissenschaft, Forschung, Bildung, Wirtschaft und öffentlichem Gesundheitswesen gebündelt und vernetzt. Diese Konzentration stärkt den Gesundheitsstandort Nordrhein-Westfalen und bietet mit der Fachhochschule die Chance, jungen Menschen eine bessere berufliche Perspektive in der Pflege und in anderen nichtärztlichen Heilberufen zu geben.
Ich bin sicher, dass wir uns mit diesem Thema, wie schon in den vergangenen Monaten, noch weiterhin ausführlich auseinandersetzen und dass auch Minister Laumann zu diesem Thema noch einiges sagen wird. – Ich danke Ihnen für Ihre Geduld und für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Tribüne! Die Große Anfrage der SPDFraktion listet in sieben Einzelkapiteln alle wesentlichen Fragestellungen zur Situation von Frauen am Arbeitsmarkt in Nordrhein-Westfalen auf. Es sind Fragestellungen, mit denen wir uns in den unterschiedlichen Fachausschüssen dieses Hauses immer wieder und seit Jahren beschäftigen und zu denen wir Statistiken, wissenschaftliche Gutachten, Anhörungen und Expertengespräche auswerten und Handlungsempfehlungen formulieren.
Die Verwirklichung von Chancengerechtigkeit für Frauen am Arbeitsmarkt ist eine Zielsetzung, die nach meiner Wahrnehmung von allen Fraktionen geteilt und mit Unterstützung der Landesregierung auch von allen Fraktionen vorangetrieben wird. Über die Wege dazu gibt es unterschiedliche Auffassungen, das gebe ich gerne zu.
Wir haben uns aber intensiv mit diesen Dingen beschäftigt. Es gibt eine Fülle von Material. Insofern ist es nicht überraschend, dass die Antworten keine wirklich neuen Ergebnisse hervorbringen. Dennoch liegen der Reiz und der Wert der Großen Anfrage sowie der nun vorliegenden Antworten der Landesregierung in der kompakten Bündelung der Daten zu diesem Thema.
Frau Kieninger hat eben einen Vorgeschmack darauf gegeben, wie es ist, wenn man sehr intensiv in das Thema einsteigt. Ich möchte dagegen nur zwei Bereiche näher beleuchten.
Das eine ist die Berufswahl von jungen Frauen. Diese halte ich im Hinblick auf eine wachsende Berufstätigkeit für außerordentlich wichtig. Gerade hier ist man aber geneigt, Roman Herzogs Kernsatz aus der „Ruck-Rede“ von 1997 zu zitieren: „Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem.“
Politisches Wollen stößt sich bei diesem Thema hart mit der Realität. Gerade bei der Berufswahl zeigt sich das Zusammenspiel von strukturellen und individuell wirkenden Faktoren. Geschlechtsspezifisches Rollenverhalten ist eng mit persönlich geprägten Erfahrungen und Wünschen verknüpft. Wir erleben immer wieder, wie stark dieses Rollendenken verankert ist.
Frau Kieninger hat darauf hingewiesen, dass sich Mädchen und junge Frauen zu 56 % auf zehn Ausbildungsberufe – vor allem aus dem Dienstleistungsbereich – konzentrieren. Ich will das nicht alles wiederholen.
Junge Männer wählen wesentlich häufiger technische Berufe, die ganz andere Perspektiven bieten. Ihre Palette ist auch breiter. Nur 35 % wählen die Top Ten der Berufe.
Diese Situation ist in der Tat nicht befriedigend. Es gibt zahlreiche Initiativen und Programme, um jungen Frauen neue Chancen aufzuzeigen und ihr Interesse für andere Ausbildungen und Berufe zu wecken. Erinnert sei hier an den „Girls’Day“, an das Projekt „Mädchen wählen Technik“ und an das Rahmenkonzept „Berufsorientierung als Bestandteil einer schulischen individuellen Förderung“. Es wurde 2007 mit den Partnern im Ausbildungskonsens verabredet und wird seitdem umgesetzt.
Um ein verändertes Rollenverhalten erreichen zu können, bedarf es immer wieder neuer Anstöße, aber auch eines langen Atems. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund zu sehen, dass eine eigene Erwerbstätigkeit für immer mehr Frauen Teil ihrer Lebensplanung ist. Zur Bedeutung von Vereinbarkeit von Elternverantwortung und Erwerbstätigkeit wird meine Kollegin Maria Westerhorstmann gleich sprechen.
Ich will einen zweiten Punkt ansprechen: Frauen in Führungspositionen. – Die Daten hierzu sind unterschiedlichen Grundlagen, unterschiedlichen Berufsfeldern und Statistiken entnommen. Die Ergebnisse stimmen überein: Frauen sind mit leichten Abstufungen in den unterschiedlichen Bereichen in Führungsetagen erheblich unterrepräsentiert. Je größer das Unternehmen ist, umso weniger Frauen befinden sich in verantwortlichen Positionen. Hier wollen
wir Änderungen, Verbesserungen erreichen. Dazu haben wir verschiedene Modelle diskutiert, die im Ausland durchaus erfolgreich praktiziert werden.
Der in den letzten zwei Plenartagen häufig zitierte Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung von CDU/CSU und FDP gibt auch hier einen neuen Impuls. Liebe Frau Kieninger, das, was im Koalitionsvertrag gerade zu diesem Thema geschrieben worden ist, sehe ich völlig anders als Sie. Ich finde, wir haben noch nie einen so weitreichenden und zugleich konkreten Vorschlag in unseren Modellen diskutiert und vor Augen gehabt. Es ist besonders wichtig, dass wir einen Stufenplan haben. Die erste Stufe sieht verbindliche Berichtspflichten und transparente Selbstverpflichtungen vor. Dieser ersten Stufe folgen weitere.
Ich glaube, dass wir neben vielen anderen Initiativen für Frauen und Familie hier weiter debattieren können. Wir erhalten nicht nur aus vielen Bereichen der Gesellschaft, sondern auch aus der Bundesregierung ganz dezidiert Unterstützung zur Förderung und Gleichstellung von Frauen im Arbeits- und Berufsumfeld. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was Sie zu Beginn sagen, liebe Frau Beer, das haben wir im Ausschuss häufig besprochen. Man kann es auch beklagen. Aber ich sehe nicht den direkten Zusammenhang mit dem heute vorgelegten Antrag. Der heißt „Geschlechtergerechte Drogen- und Suchtpolitik in NRW voranbringen!“ und beginnt ausdrücklich mit dem Hinweis auf Frauen und Männer. Ihr Antrag – so lese ich ihn – hat nicht die Ausrichtung spezifisch auf Frauen, sondern meint definitiv beide Geschlechter.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, Suchterkrankungen und Drogenabhängigkeiten haben tiefgreifende Folgen nicht nur für die Betroffenen, für Familien und Freunde. Das wissen alle, die im Bekannten- oder Freundeskreis solche Suchterkrankungen erleben. Ohne Zweifel gehört deswegen auch Suchtberatung und Suchtprävention, Suchttherapie zu den großen Herausforderungen der Sozialpolitik. Mit seinen unterschiedlichen Facetten haben wir dieses Thema immer wieder hier im Hause diskutiert.
Dabei ist Konsens – ich will es noch einmal wiederholen –, dass die Vielschichtigkeit der Entstehungsgeschichten von Sucht und von Abhängigkeit, verbunden mit individuell sehr unterschiedlichen komplexen Problemlagen, immer auch ein sehr differenziertes Hilfesystem erfordern. Es gehört zum Grundverständnis von allen, die in der Suchthilfe tätig sind, und von den Trägern entsprechender Beratungsstellen, dass nur eine zielgruppenspezifische, eine geschlechterdifferenzierte Herangehensweise erfolgreich sein kann. Und das bezieht sich auf eine Herangehensweise sowohl bei dem Mann wie bei der Frau.
Eine solche Ausrichtung und ein solches Grundverständnis bedeuten kein separiertes eigenes Hilfesystem. Das haben Sie eben auch gesagt. Vielmehr ist es Ziel, dass geschlechtsspezifische Herangehensweise konzeptionell in dem gesamten Hilfesystem und in allen bereits bestehenden Strukturen und Angeboten der Suchthilfe sein müsste und nach unserer Erfahrung in den meisten Fällen auch so ist.
Im vorliegenden Antrag „Geschlechtergerechte Drogen- und Suchtpolitik in NRW voranbringen!“ werden von Ihrer Seite große Defizite ausgewiesen und diese Aussagen durch einzelne Beispiele präzisiert. Ohne Zweifel – das bestreiten wir nicht – gibt es in diesem Hilfesystem wie in allen sozialen Hilfesystemen immer auch die Notwendigkeit, dass weiterentwickelt wird, dass neue Erkenntnisse und Erfahrungen von Praktikern eingearbeitet werden.
Die Lösung aber, die Sie in Ihrem Antrag für dieses komplexe Thema angeboten und gefordert haben, wird nach unserer Einschätzung der Aufgabe nicht gerecht. Ein neues Handlungskonzept für geschlechtergerechte Drogen- und Suchtpolitik zu entwickeln, ist weder zielführend noch notwendig.
Sie wissen, dass bereits im 1998 verabschiedeten Landesprogramm gegen Sucht – eine Gemeinschaftsinitiative aller im Suchtbereich verantwortlichen Stellen – die geschlechtsdifferenzierte Betrachtungsweise als Grundlage der Suchthilfe in Nordrhein-Westfalen festgeschrieben wurde. Und Sie wissen, dass dieses Landesprogramm nun zu einem Landeskonzept gegen Sucht weiterentwickelt wird – unter Einbeziehung aller Faktoren, die in einem differenzierten System unverzichtbar sind.
Nochmals: Verbesserung und Weiterentwicklung innerhalb der bereits bestehenden Hilfestrukturen, eine stärkere Verankerung und Vernetzung in der Fläche, eine kontinuierliche Informations- und Qualifizierungsmaßnahme, das sind vorrangige Aufgaben, und nicht, dieses durch ein neues Handlungskonzept zu ersetzen.
Darum, liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, können wir dem vorliegenden Antrag so nicht zustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Frau Steffens, Sie haben gerade dargelegt, aus welchem Anlass Sie den Antrag gestellt haben. Halten Sie es wirklich für verantwortbar, aus einem Einzelfall
in Oberhausen einen Antrag zu stellen, der bei Jugendlichen, ihren Eltern und Freunden zu großer Verunsicherung führt,
und Pressemitteilungen ins Land zu schicken, durch die der Eindruck entsteht, dass in allen Nothaushaltskommunen in Nordrhein-Westfalen nicht mehr ausgebildet werden darf?
Sie wissen, ich begrüße es jedes Mal, wenn wir einen Antrag haben, der sich mit der Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen befasst. Gerade vor dem Hintergrund der UN-Konvention ist das Thema, jugendliche Menschen mit Behinderungen in Arbeit bringen, für die CDU-Fraktion, für die Landesregierung ein ganz wichtiges.
Aber nun haben Sie Aussagen getroffen, dass den Nothaushaltskommunen die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen in der kommunalen Verwaltung als eine freiwillige Leistung untersagt wird. Natürlich gehe ich einem solchen Vorwurf nach. Meine Recherchen haben Folgendes ergeben:
Ihre Schlussfolgerung, dass die Ausbildungschancen von Jugendlichen mit Behinderungen dadurch gesunken seien, ist falsch. Betroffen sind nicht Nothaushaltskommunen im Allgemeinen, sondern wenn überhaupt, dann nur Gemeinden, die überschuldet bzw. von Überschuldung bedroht sind. Das sind zurzeit in Nordrhein-Westfalen drei Gemeinden: Duisburg, Hagen und Oberhausen.
Außerdem wurde in diesen Gemeinden – es ist wichtig, darauf hinzuweisen – nicht die Ausbildung untersagt, sondern nur die, die über den unmittelbaren und unabweisbaren Bedarf hinausgeht. So steht es da, und so habe ich es aus den Regierungspräsidien Münster, Köln und Arnsberg erfahren.
Deswegen sage ich noch einmal: Wir haben im Ruhrgebiet 53 Städte und Gemeinden, und genau drei sind von dieser Überschuldung betroffen. Es gibt somit keinen generellen Ausbildungsstopp in Kommunen mit einem Haushaltssicherungskonzept.
Liebe Frau Steffens, Sie zitieren in Ihrem Antrag, dass es in Nordrhein-Westfalen 6.720 Ausbildungsstellen weniger als im Vorjahr gibt. Das ist richtig, aber es ist nur eine Seite der Medaille. Denn richtig ist auch: Es gibt in diesem Jahr 9.310 Bewerber
weniger als 2008. Das heißt, das Angebot an Ausbildungsplätzen ist um 6,6 % gefallen, aber die Bewerberzahl ist auch um 6,8 % gesunken.
Doch, darum geht es, weil Sie sagen: Es fehlen Ausbildungsplätze, und schuld daran seien die Kommunen mit Haushaltssicherungskonzept, die nicht ausbilden dürften.
Die Kommunalaufsicht verbietet es nicht in der Weise, wie Sie es von Ihrem Einzelfall aus darstellen. Ich sage es noch einmal: Es ist nach meinen Recherchen und meinen Gesprächen ein Einzelfall, der sich in anderen Kommunen so nicht wiederholt.
Ich habe mich, weil ich zufällig von Ihrem Schreiben und Ihrem Präzedenzfall nichts gewusst habe, auf die Stadt Duisburg konzentriert. Ich will Ihnen gerne sagen, wie es in der Stadt Duisburg, die in ihrer Finanzlage absolut mit Oberhausen vergleichbar ist, aussieht. Dort in Duisburg ist das Bild völlig anders, als es Ihr Antrag vermittelt.
Im April dieses Jahres gab es einen gemeinsamen Antrag von vier Fraktionen im Duisburger Rat. Dabei waren auch die Grünen. Sie haben beschlossen, dass die Stadt Duisburg auch in diesem Jahr trotz der prekären Finanzlage Ausbildungsplätze zur Verfügung stellt. Wenn Sie mit Ihren Kollegen gesprochen hätten, wüssten Sie, dass es in der Stadt Duisburg 62 Ausbildungsplätze gibt. So viel zur Möglichkeit einer Kommune im Nothaushalt, die überschuldet oder von Überschuldung bedroht ist.
Nein, ich verstehe nicht – das sage ich Ihnen ganz offen –, wie man von einem Einzelfall aus einen Antrag macht, der den Eindruck erweckt, in ganz Nordrhein-Westfalen wären Kommunen im Nothaushalt nicht mehr in der Lage, Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, und davon seien besonders die Menschen mit Behinderungen betroffen.
Ich muss Ihnen nicht sagen, dass ich mich für Menschen mit Behinderungen besonders einsetze. Deswegen ärgert mich, nein, es irritiert mich und es macht mich böse, wenn falsche Signale in die Landschaft gehen, die gerade wieder diese Menschen treffen, die es schwer genug haben und denen wir im Ausschuss, in der Fraktion und in der Landesregierung immer eine besondere Aufmerksamkeit widmen.
Ja, gerne.
Dann würde ich mich mit dieser einzelnen Kommune, mit diesem einzelnen Regierungspräsidenten, wie Sie es auch getan haben, auseinandersetzen.
Frau Steffens, ich habe von Ihrem Einzelfall nichts gewusst, bis Sie ihn jetzt hier dargestellt haben. Der Antrag spricht pauschal von einer Situation, die für alle Nothaushaltskommunen gilt.
Vielleicht ermöglichen Sie, dass ich noch ein paar Takte dazu sage. Ich möchte einfach darauf hinweisen: Sollte es da eine solche Situation geben, werden wir uns, angeschlossen an das, was generell im Land gilt, sicherlich einsetzen, um Verbesserungen herbeizuführen.
Vielleicht nur einige Hinweise, um zu zeigen, wie sehr sich die Landesregierung gerade für behinderte junge Menschen und ihre Chancen auf Ausbildung einsetzt.
Da brauchen Sie gar nicht so abfällig zu reagieren. Das möchten Sie vielleicht auch nicht so gerne hören, Herr Becker.
Es ist einmal die Aktion „100 zusätzliche Ausbildungsplätze für behinderte Jugendliche und junge Erwachsene in NRW“. Es gibt die Maßnahme „Integration lernbehinderter Menschen in Ausbildung“.
Es gibt im Ausbildungskonsens die besonderen Anstrengungen für Menschen mit Behinderungen. Es gibt auch in dem Programm „Teilhabe für alle“, das uns jetzt in der zweiten Fortschreibung vorliegt, weitere Hinweise.
Abschließend verweise ich ebenso wie Sie, Frau Steffens, auf die gestrige Rede des Ministerpräsidenten, in der er noch einmal ausdrücklich betonte – ich darf das sinngemäß zusammenfassen –, dass auch Nothaushaltskommunen ausbilden dürfen und sollen.
Da gibt es keine Intervention der Kommunalaufsicht.
Ich will zum Abschluss auch noch darauf hinweisen, dass er das von Ihnen schon zitierte Angebot gemacht hat, junge Menschen im Rahmen ihrer berufspraktischen Ausbildung in die Kommunalverwaltungen aufzunehmen.
Angesichts der Situation von Menschen mit Behinderung in der Ausbildung lohnt es sich, sich im Fachausschuss weiter mit diesem Vorschlag zu beschäftigen und diese Perspektive zu konkretisieren. Wir stimmen der Überweisung dieses Antrages zu, und ich würde mich freuen, wenn die Beratungen im Fachausschuss helfen, genau solche Situationen, wie Sie sie uns dargestellt haben, zu verhindern. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Weg des Menschen ins Leben erfährt in unserer Gesellschaft eine besondere Fürsorge. Sein Weg aus dem Leben wird so lange wie eben möglich verdrängt. Früher wurden die Menschen eher abrupt aus dem Leben gerissen. Heute werden wir nicht nur einfach älter, wir sehen uns vielen Krankheiten gegenüber, wie zum Beispiel Krebs, Diabetes, Herz- und Kreislauferkrankungen, die medizinisch bekämpft und aufgehalten
werden können. Das verlängert das Leben und verlangsamt das Sterben. Der Tod lässt sich Zeit.
Vielleicht ist deshalb diese Phase des Lebens, der eigene Tod und der Tod von nahen Angehörigen, so sehr mit Ängsten belastet – mit der Angst, unerträgliche Schmerzen leiden zu müssen, mit der Angst, allein gelassen und seiner Würde und Selbstbestimmung beraubt zu werden und einen unnötig verlängerten Sterbeprozess ertragen zu müssen, aber auch mit der Angst, Angehörigen und der Gesellschaft zur Last zu fallen.
Wer sterbende Menschen begleitet, erfährt sehr oft, dass sich hinter diesen Ängsten eine große Sehnsucht verbirgt: eine Sehnsucht nach Geborgenheit und menschenwürdiger Pflege, nach einer Pflege, die einen in den schweren Stunden und Tagen des Sterbens nicht alleinlässt, die auf individuelle Wünsche auch dann eingeht, wenn man ganz von der Fürsorge anderer Menschen abhängig ist.
Die mittlerweile gut belegten Erfahrungen der Hospizdienste und der Palliativversorgung zeigen: Je mehr menschliche Zuwendung und effektive Schmerzbehandlung Kranke und Sterbende erfahren, desto mehr nehmen sie ihren bevorstehenden Tod an und versuchen sie, die ihnen noch verbliebene Zeit so erfüllt wie möglich – am liebsten zu Hause und im Kreis von Angehörigen und Freunden – zu erleben. In gleichem Maße nimmt der Wunsch nach einer vorzeitigen Beendigung des Lebens ab.
Die einzig mögliche Antwort einer humanen Gesellschaft auf die Herausforderung von Leiden und Tod ist eine angemessene Sterbebegleitung und eine verfügbare palliativmedizinische und -pflegerische Versorgung. Hier müssen wir handeln. Dabei fangen wir nicht bei null an. Wir verfügen in NordrheinWestfalen – das wird in diesem Antrag sehr deutlich – über ein gut ausgebautes Versorgungsnetz, das in vielen Bereichen Impulse gegeben und Maßstäbe in Deutschland gesetzt hat. Doch das festzustellen, reicht nicht. Sich damit zufrieden zu geben, hieße, die Brisanz des Themas zu verkennen.
Was die parlamentarische Auseinandersetzung mit diesem Thema angeht, so können wir auch da auf gute und wegweisende Vorarbeiten zurückgreifen: so auf die umfangreichen Recherchen und Handlungsempfehlungen der Enquetekommission „Situation und Zukunft der Pflege in NRW“, die die CDUFraktion in der letzten Legislaturperiode beantragt hat. Noch vor dem Abschlussbericht der Enquete, im Jahr 2004, haben alle Fraktionen dieses Hauses mit zwei Anträgen – einmal zur Palliativversorgung und mit dem Antrag „Auch das Sterben ist ein Teil des Lebens“ – ein klares und eindeutiges Bekenntnis zur Hospiz- und Palliativversorgung abgelegt. Als erstes Parlament in Deutschland hat der Landtag Nordrhein-Westfalen sich in diesem Antrag gegen die Legalisierung einer aktiven Sterbehilfe und einer Tötung auf Verlangen ausgesprochen und zudem festgeschrieben: Die Menschwürde und der
Schutz des Lebens müssen die Grundlage allen gesetzgeberischen Handelns sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte für die CDU-Fraktion ausdrücklich dafür danken – vornehmlich den Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion –, dass wir in den heute vorliegenden Antrag aller Fraktionen „Leiden lindern – Lebensqualität verbessern – Hospiz- und Palliativversorgung absichern!“ diese Position wörtlich übernommen und damit die Ernsthaftigkeit dieser Aussage und unseres Bemühens unter Beweis gestellt haben.
Aber wir alle wissen, aktive Sterbehilfe nur abzulehnen, reicht nicht. Vielmehr erwächst genau daraus unsere Verpflichtung, Rahmenbedingungen so zu gestalten und Prozesse so zu unterstützen, dass, wie eingangs beschrieben, der Ruf nach aktiver Sterbehilfe in unserem Land – anders als in einigen Nachbarländern – nicht die Oberhand gewinnt.
Vor diesem Hintergrund ist die Frage, wie eine bessere Versorgung von unheilbar kranken und sterbenden Menschen gesichert und weiterentwickelt werden kann, eine ständige Herausforderung. In einer älter werdenden Gesellschaft stellt sich diese Frage mit besonderer Intensität.
Worum geht es in unserem gemeinsamen Antrag? – Er gibt zunächst einen Überblick über die Hospiz- und Palliativversorgung in unserem Land. Die Sterbebegleitung ist untrennbar verbunden mit der Hospizbewegung und den vielen Hospizdiensten, die vielfach in evangelischen und katholischen Kirchengemeinden oder als ökumenische Initiativen entstanden.
Dem Einsatz der vielen ehrenamtlich Tätigen, ohne die die Hospizbewegung nicht denkbar ist, gebührt Dank und Anerkennung. Sie machen es möglich, dass Schwerkranke sich im Angesicht des Todes ohne unnötige diagnostische und therapeutische Maßnahmen in Ruhe verabschieden, nach christlichem Verständnis „das Zeitliche segnen“ können. Wo dies in der häuslichen Umgebung nicht mehr möglich ist, bieten stationäre Hospize einen verlässlichen Schutz und einen angemessenen Raum.
Dieser Einsatz ist in unserer Gesellschaft deshalb so unendlich wertvoll, weil er eine neue Kultur im Umgang mit Sterben, Tod und Trauer fördert, wie dies schon in der Enquetekommission „Situation und Zukunft der Pflege in NRW“ gefordert worden ist und wir es in diesem Antrag erneut aufgenommen haben.
Darum ist es wichtig, stärker als bisher in die Öffentlichkeit zu bringen, was Hospiz- und Palliativversorgung bedeutet. Das fördert eine neue Sicht auf Sterben und Tod in unserer Gesellschaft und kann zu einer Enttabuisierung beitragen, aber auch Ängste und Befürchtungen abbauen.
In engem Zusammenhang mit der Entwicklung der Hospizbewegung ist die Palliativversorgung zu sehen. Von den fünf in Deutschland existierenden Lehrstühlen für Palliativmedizin befinden sich drei in Nordrhein-Westfalen. Auch der erste Lehrstuhl für pädiatrische Palliativmedizin ist in unserem Land.
Seit 2005 – Frau Gebhard hat es sehr ausführlich erwähnt – gibt es Rahmenprogramme zur flächendeckenden Umsetzung der ambulanten Palliativmedizin und palliativpflegerischen Versorgung, ein Konzept, auf das sich verschiedene Partner im Gesundheitswesen in Nordrhein-Westfalen verständigt haben. Auf diese Vereinbarung geht auch die spezialisierte ambulante Palliativversorgung – SAPV – zurück, die mit der letzten Gesundheitsreform im Jahr 2007 als Anspruch des Versicherten im Gesetz festgeschrieben wurde. Ziel sind der Erhalt der Lebensqualität und die Förderung der Selbstbestimmung bis zum Tod, wobei die individuellen Bedürfnisse im Vordergrund stehen und vor allem ein Sterben zu Hause ermöglicht werden soll; denn dies entspricht dem Wunsch von weit mehr als 80 % der Menschen.
Vor wenigen Tagen – Frau Gebhard, Sie haben es bereits erwähnt; es ist wirklich ein Meilenstein und erfreulich, dass wir das in der heutigen Debatte feststellen können – hat die Kassenärztliche Vereinigung mit den gesetzlichen Krankenkassen in Nordrhein, und zwar mit allen gesetzlichen Krankenkassen, ohne dass hier wieder ein Wettbewerb zum Tragen käme, den bundesweit ersten flächendeckenden Vertrag zur spezialisierten ambulanten Palliativversorgung geschlossen. Damit steht diese Leistung den Menschen – so wird es versprochen – schnellstmöglich und unbürokratisch zur Verfügung. Das ist in der Tat ein Meilenstein in der Versorgung von sterbenden Menschen.
Für die zukünftige Entwicklung wird es darauf ankommen, neben dem Ausbau palliativmedizinischer und palliativpflegerischer Angebote eine verlässliche Kooperation mit den ambulanten Hospizdiensten sicherzustellen und weitere Berufsgruppen einzubinden, um die notwendige psychosoziale und spirituelle Begleitung sowie menschliche Nähe und Zuwendung für die Betroffenen und ihre Angehörigen zu sichern.
In unserem Antrag werden die weiteren Aufgaben detailliert aufgelistet, so auch die Finanzierungsfrage. Wir sind uns einig, dass sie die Träger nicht überfordern darf. Wir sind uns aber auch einig, dass Hospiz- und Sterbebegleitung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe bleiben soll und dass eine Vollfinanzierung dem wohl entgegenstehen könnte.
Wir diskutieren über Möglichkeiten der Aus-, Fort- und Weiterbildung für alle in diesem Bereich Tätigen, ob es sich nun um ehrenamtliche oder professionelle Kräfte handelt.
Wir fordern, den Hospizgedanken und die palliativmedizinische und -pflegerische Kompetenz in alle stationären Einrichtungen der Altenpflege zu integrieren und, um nur einige Beispiele zu nennen, die Landesinitiative zur ambulanten Palliativversorgung von Kindern und Jugendlichen weiterzuentwickeln.
Verbunden werden diese Aufgabenfelder mit klaren Hinweisen darauf, welche Maßnahmen notwendig sind und welche Rahmenbedingungen weiterhin geschaffen werden müssen, damit unheilbar kranken und sterbenden Menschen Zugang zur Hospiz- und Palliativversorgung erhalten und ihnen ein Lebensende in Würde ermöglicht wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist ein wichtiges Thema und damit auch ein wichtiger Antrag, der heute in die parlamentarische Debatte eingebracht und über den abgestimmt wird. Er enthält die notwendigen Handlungsempfehlungen für unsere weitere Arbeit. Es ist richtig: Dieses Thema – das ist auch Tradition hier im Parlament – eignet sich nicht für parteipolitische Auseinandersetzungen. Da stimme ich Frau Gebhard ausdrücklich zu. Darum möchte ich im Namen der CDU-Fraktion noch einmal allen danken, die dazu beigetragen haben, dass wir uns erneut auf einen gemeinsamen Antrag, auf gemeinsame Positionen einigen konnten. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag, der von der SPD heute vorgelegt wird, bringt für dieses Parlament erneut eine Beschäftigung mit der Lebenssituation von Menschen mit Behinderung. Wir haben an dieser Stelle erst vor wenigen Wochen die UNKonvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung debattiert und festgehalten: Ziele dieser Konvention sind die Förderung von Teilhabe und die Vermeidung von Diskriminierung.
Die CDU-Fraktion hat, um es deutlich zu sagen, keine Probleme mit dem Anliegen des vorliegenden Antrags, auch nicht mit der Festlegung, dass Schutz vor Diskriminierung und umfassende Teilhabe zentrales Thema einer jeden Gesellschaft sein müssen. Dazu unsere ausdrückliche Zustimmung!
Wir haben in Deutschland – da hat Herr Killewald in eine ähnliche Richtung gedacht wie ich – auf diesem Gebiet schon viel getan. Ich habe mir die gleichen Gesetze angeschaut und notiert und möchte noch einmal die Aufnahme des Benachteiligungsgebotes in Art. 3 des Grundgesetzes und das allgemeine Gleichstellungsgesetz hervorheben, das in Deutschland weit über die entsprechenden vier EURichtlinien hinausgeht. Ich möchte insbesondere noch einmal an Art. 5 der UN-Konvention erinnern, weil dort Gleichberechtigung und Antidiskriminierung gefordert und Schritte zur Umsetzung aufgezeigt werden.
Angesichts dieser Situation ergibt sich für mich die Frage: Sehen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Teilhabe und Schutz vor Diskriminierung bei uns nicht ausreichend gesetzlich formiert? Worin sehen Sie eine notwendige, weil effektivere Unterstützung durch die neue, fünfte Antidiskrimi
nierungsrichtlinie, die die EU-Kommission als Entwurf vorgelegt hat und deren Umsetzung Sie in Ihrem Antrag fordern?
Zielsetzung dieser erneuten Richtlinie ist es, die Antidiskriminierungsgesetzgebung außerhalb von Beschäftigung und Beruf vor allem auf gewerbliche Geschäfte und den öffentlichen Sektor auszudehnen. Sie haben den Bereich eben aus der Originalunterlage zitiert.
Das hört sich gut an. Doch wenn man sich intensiver mit dieser Richtlinie auseinandersetzt, ergeben sich Fragen. Warum eine neue Antidiskriminierungsrichtlinie, bevor die bisherigen Antidiskriminierungsgesetzgebungen der EU, wie es vereinbart war, ausreichend evaluiert worden sind? Kann denn die Durchsetzung von Nichtdiskriminierung außerhalb von Beruf und Beschäftigung nicht besser und bürgernäher auf der Ebene der Mitgliedstaaten erreicht werden? Wir haben schon in dieser Hinsicht in unserem AGG einiges mehr gemacht, als die EURichtlinie vorgegeben hat. Mich würde auch interessieren – dazu fehlte mir die Zeit –, mit welchen Argumenten sich der Bundesrat gegen diese Richtlinie ausgesprochen hat.
Ich habe also, wie gesagt, viel Skepsis und Ablehnung gefunden. Deswegen ist es nach meiner Meinung dringend notwendig, Pro und Contra abzuwägen und darüber im Ausschuss eine ausführliche Debatte zu führen – eine Debatte, die im Landtag von Rheinland-Pfalz bereits abgeschlossen ist; denn dort hat die SPD einen fast wortgleichen Antrag am 3. Februar vorgelegt, der positiv beschieden worden ist. Es gibt also sowohl Ablehnung wie Zustimmung. Ich denke, dass wir damit im Ausschuss genügend Stoff haben, uns darüber zu unterhalten.
Ich möchte aber noch einmal betonen: Das Anliegen Teilhabe und Schutz vor Diskriminierung für Menschen mit Behinderung teilen wir voll und ganz. Ich habe aber – das ist meine persönliche Meinung, ohne das Ergebnis im Fachausschuss vorwegnehmen zu wollen – die Befürchtung, dass sich eine Überregulierung dieses sensiblen Bereiches kontraproduktiv auswirken könnte – bei aller noch so gut gemeinten Intention.
Darüber sollten wir sprechen. Der Überweisung in den Fachausschuss stimmen wir zu.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der heute vorgelegte Antrag der SPD-Fraktion „Pflegenotstand verhindern – Altenpflegeausbildung für mehr Fachkräfte!“ übernimmt – darauf hat Herr Killewald schon hingewiesen – einen Antrag der SPD von Anfang 2007. Dieser Antrag macht bereits in der Überschrift deutlich, dass die SPD die „Wiedereinführung der Umlagefinanzierung in der Altenpflege“ als die Maßnahme ansieht, um einen möglichen Pflegenotstand zu verhindern.
In Zusammenhang mit dem SPD-Antrag aus dem Jahre 2007 hat es eine umfangreiche Auseinandersetzung mit der Thematik gegeben bis hin zu einer Anhörung, die eben auch schon erwähnt wurde. Dabei ist deutlich geworden: Weder die CDUFraktion noch Minister Laumann sind grundsätzlich gegen eine Umlagefinanzierung bzw. Ausgleichsbeiträge. Sie ist aber – das wissen Sie – an hohe Hürden gebunden.
Das unter der rot-grünen Bundesregierung 2003 verabschiedete Altenpflegegesetz gibt in § 25 den Landesregierungen die Möglichkeit, ein solches Ausgleichsverfahren durch Rechtsverordnung einzuführen – jetzt zitiere ich –, um einen Mangel an Ausbildungsplätzen zu verhindern oder zu beseitigen. Erst wenn ein solcher Mangel an Ausbildungsplätzen gerichtsfest nachzuweisen ist, das heißt, ein Pflegenotstand droht, kann ein Umlageverfahren eingeführt werden.
Sie versuchen nun im vorliegenden Antrag erneut anhand von Zahlen der Schülerinnen und Schüler in den Altenpflegeseminaren und den Absolventen in den vergangenen Jahren einen solchen drohenden Fachkräftemangel nachzuweisen. Sie haben Herrn Minister Laumann direkt auf diese Zahlen angesprochen. Er wird darauf eingehen.
Sie sehen auch keine ausreichende Entlastung der Situation durch die Schülerinnen und Schüler in der Altenpflegehelferausbildung noch durch Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger, die möglicherweise in den Bereich der Altenpflege, vor allem der ambulanten Hilfe, wechseln könnten. Sie erwähnen nicht, dass in Nordrhein-Westfalen aktuell 1.435 Fachkräfte in der Altenpflege als arbeitslos gemeldet sind. Und diese Zahl, liebe Kolleginnen und Kollegen, spricht dagegen, dass in unserem Land ein Pflegenotstand rechtssicher und gerichtsfest zu belegen ist.
Mich beschäftigt aber darüber hinaus die Frage: Was macht Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, so sicher, dass ein anderes Finanzierungsmodell in der Altenpflegeausbildung, das von Ihnen geforderte Umlageverfahren, den Bedarf an pflegerischen Leistungen auch in Zukunft sichern kann?
Auch wenn wir Ausbildungsplätze anbieten können: Finden wir ausbildungswillige, ausbildungsbereite junge Menschen auch in Zukunft? Und birgt dieses System des Umlageverfahrens nicht auch die Gefahr, dass Einrichtungen und Dienste, die nicht ausbilden wollen, sich durch ihren finanziellen Beitrag von der Verantwortung, junge Menschen auszubilden, freikaufen?
Es ist richtig: Die Sicherstellung der Pflege ist ein immens wichtiges Thema, das angesichts der sozialen und demografischen Entwicklung an Bedeutung zunehmen wird. Es ist richtig, dass wir diesen Bereich immer wieder sehr intensiv analysieren. Ein erneutes Überprüfen – das sage ich ausdrücklich – ist unabdingbar. In der Enquetekommission „Situation und Zukunft der Pflege“ haben wir uns intensiv mit dieser Fragestellung beschäftigt. Als Ergebnis wurde im Abschlussbericht festgestellt – ich denke, diese Feststellungen haben auch heute noch ihre Gültigkeit –:
Im Vergleich zu anderen Gesundheitsberufen haben die Pflegeberufe seit Mitte der 90er-Jahre den deutlichsten Rückgang. Der Rückgang des Interesses kann nicht mit unzureichender Beschäftigungsaussicht begründet werden. Pflegekräfte sind weitaus seltener von Arbeitslosigkeit bedroht als andere Berufsgruppen.