Hendrik Schmitz
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Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! 10 %, also eins zu zehn, das ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Auswirkung einer Kernschmelze in Tihange auf die Region Aachen ebenso ausfallen wird wie auf Tschernobyl oder auf Fukushima. Das ist ein Ergebnis der Studie, die die Städteregion Aachen in Auftrag gegeben und deren Ergebnis kürzlich vorgestellt wurde.
Das heißt, die Region und weite Teile NordrheinWestfalens würden unbewohnbar, und das dauerhaft. Das ist die reale Drohkulisse, die in meiner Heimat, in unserer Region aktuell die Menschen primär umtreibt und besorgt. Es ist leider heute auch nicht das erste Mal, dass wir uns hier im Plenum mit dem belgischen Pannenmeiler beschäftigen müssen. Vor ziemlich genau einem Jahr haben wir hier auf Grundlage unseres Antrags schon einmal dieses Thema diskutiert. Seitdem – das muss man leider sagen – ist auf der belgischen Seite trotz all unserer Appelle nicht viel passiert.
Wir haben in Nordrhein-Westfalen nach dieser Diskussion kleine Schritte gemacht, die im Rahmen des Möglichen waren. Wir haben das Thema „Jodtabletten“ diskutiert, und wir müssen hier weiter daran arbeiten, damit die Verunsicherung der Menschen in der Region nicht weiter an Fahrt aufnimmt. Das ist ein Punkt, den ich noch einmal ansprechen möchte.
Das Thema „Jodtabletten“ ist ein bisschen zum Symbol für subjektive Sicherheit geworden. Gestern – Herr Minister Remmel, Sie waren anwesend – ist das Thema in einer Podiumsdiskussion in Aachen aufgekommen, dass jetzt endlich entschieden werden muss, diese Jodtabletten auch in Aachen vorzuverteilen.
Wenn es einen kleinen Beitrag gibt, den wir symbolisch für die Menschen leisten können, dann ist es doch der, die Vorverteilung hier möglich zu machen. Sie haben gestern gesagt, Sie nehmen das mit. Das ist auch dringend notwendig, weil es zeigt, dass wir und diese Landesregierung dieses Thema ernst nehmen.
Sollte dieser Druckbehälter in Tihange versagen – und das zeigt diese Studie auch –, dann ist die Vorwarnzeit so kurz, dass weder eine Evakuierung noch eine Vorverteilung von Jodtabletten mehr möglich ist. Dementsprechend brauchen wir ein Signal aus Düsseldorf in die Region, dass wir uns um dieses Thema kümmern.
Verständlicherweise macht dieses bedrohliche Szenario, das überall in den Medien thematisiert wird – Gott sei Dank diskutiert wird –, den Menschen Angst. Das ist eine emotionale Frage. Wenn man mit den Menschen in der Region redet – meinen Kollegen wird es da nicht anders gehen –, dann lautet die erste Frage, die gestellt wird: Was passiert mit Tihange? Wann können wir dafür sorgen, dass dieser Meiler abgeschaltet wird? – Die Antwort darauf ist natürlich schwierig. Alle paar Wochen gibt es Horrormeldungen: Risse, Anfahren, Runterfahren, Hochfahren, letztendlich das Notaus.
Jetzt drückt die Aufsichtsbehörde FANC das in einem drastischen Brief noch schärfer aus, indem sie sagt, der Brandschutz sei problematisch. Sie sagt
aber auch – Herr Kollege Schultheis, Sie haben es bereits angesprochen –, die Sicherheitskultur vor Ort sei dramatisch.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist mehr als ein Alarmsignal. Wenn bei der Atomaufsichtsbehörde Zweifel darüber bestehen, dass – unabhängig von den technischen Mängeln, die wir seit Jahren diskutieren und bemängeln – in einem Störfall überhaupt richtig reagiert werden kann, dann ist das ein Alarmsignal für uns. Wenn die Sicherheitsbehörde bellt – Herr Kollege, Sie haben vollkommen recht –, dann muss sie auch irgendwann beißen, wenn diese Sicherheitsstrukturen nicht stimmen.
Aber was können wir tun? Wir müssen weiter aktiv sein und klug handeln, mit dem Ziel des Abschaltens vor Augen – das möchte ich noch einmal ganz klar formulieren –, aber ohne politisches Schattenboxen, Kollege Markert; denn das hilft uns nicht. Die Bürgerinnen und Bürger wollen auch nicht, dass mit dem Finger auf jemanden gezeigt wird. Wir müssen vielmehr einen klugen politischen Diskurs führen und mit allen sprechen.
In diesem Zusammenhang sage ich deutlich: Wir reden hier über die Belgier. Auch bei uns in der christdemokratischen Familie reden wir mit allen und versuchen, zu sensibilisieren. Vielleicht sollten wir unser Augenmerk aber auch einmal auf Frankreich und Electrabel richten, das sich in der Hand von Engie, einem französischen Stromkonzern, befindet. Auch mit denen sollten wir ins Gespräch kommen, damit diese Sicherheitsmängel beseitigt werden.
Wir brauchen ein geeintes Signal, dass das Abschalten unabdingbar ist.
Aber klar ist auch: Wir müssen das Problem europäisch lösen; denn solche Probleme lassen sich eben nicht national lösen. Nur Europa ist in der Lage, das zu tun. Und genau das ist der Punkt: Wenn es etwas Gutes hat, dass wir dieses Beispiel diskutieren, dann, dass wir sagen: Hier brauchen wir mehr Europa und nicht weniger, wie es die Populisten im Moment landauf, landab fordern.
Mehr Europa ist hier die Lösung, insbesondere in diesem konkreten Fall.
Ich möchte als letzten Punkt darauf hinweisen, dass wir gemeinsam mit den Belgiern eine Zukunftsoption für diese Region entwickeln müssen. In der gestrigen Diskussion mit dem Oberbürgermeister der Stadt Aachen ist ein interessanter Aspekt, den wir hier diskutieren sollten, angesprochen worden: Machen wir diese Region doch zu einer Modellregion für die
Energieinfrastruktur der Zukunft. Nehmen wir das Beispiel doch auf und machen etwas Positives. Bieten wir den Belgiern doch eine Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg an!
Damit könnten wir zeigen, dass die Politik auch in solchen schwierigen Fragen zu Lösungen kommt, für die Sicherheit der Bürger und für eine vernünftige Energieversorgung der Belgier. Ich denke, das ist aller Anstrengung wert. – Vielen Dank.
Danke, Herr Präsident. – Herr Lersch-Mense, ich will noch einmal auf den Bericht der „Berliner Morgenpost“ von 2010 zurückkommen. Sie haben auf die Frage des Kollegen Lohn gesagt, dass Sie keinen Anlass sehen, dass Herr Minister Groschek seine Aussage, Einzelgespräche seien keine Praxis der SPD, zurückziehen sollte.
Ich muss deswegen die Frage stellen, weshalb die Ministerpräsidentin Kraft, Minister Groschek und auch andere in genauer Kenntnis dieser Kritik am Vorgehen der CDU Nordrhein-Westfalen 2010 die Umwandlung des Formates „Kamingespräche“ in „Vorwärts“-Gespräche zumindest geduldet haben?
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, hat die Ministerpräsidentin Kenntnis darüber, wie viele Kamin- oder „Vorwärts“Gespräche in der Amtszeit von Minister Groschek in seiner damaligen Funktion als Generalsekretär der nordrhein-westfälischen SPD von 2001 bis 2012 stattfanden?
Herr Präsident, vielen Dank für die Ankündigung. – Frau Gebhard, vielen Dank dafür, dass wir noch ein wenig Zeit haben, um über dieses Thema zu reden. Es muss nicht sein, aber man kann es tun.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, der bisherige Versorgungsfonds bedeutet in etwa 30 bis 40 Jahren einen vollständigen Wechsel von der umlagefinanzierten zur kapitalgedeckten Versorgungsleistung. –´Das findet unsere uneingeschränkte Zustimmung; denn so entlasten wir die Zukunft.
Diese Sätze stammen nicht von mir, sie stammen aus der Vergangenheit, aus dem Jahr 2005, und ist von Herrn Minister Groschek, der damals Sprecher im Unterausschuss Personal war. Wenn Sie diesen
Satz: „Wir entlasten die Zukunft“ hören, Herr Groschek, müssten Sie eigentlich vom Stuhl springen und sagen: So, wie ihr es vorhabt, könnt ihr das hier nicht machen. – Herr Borjans, Herr Groschek wird Ihnen im Kabinett bestimmt etwas dazu gesagt haben. – Wir glauben jedenfalls, dass man sich auch immer an der Vergangenheit messen lassen muss.
Damals haben wir fraktionsübergreifend Einigkeit darüber erzielt, dass wir pro Monat 500 € für jeden eingestellten Beamten zurücklegen und diesen Betrag zusätzlich noch einmal dynamisieren wollen. Trotz dieser Dynamisierung auf heute sogar fast 600 € pro Monat reichen die Beiträge nicht aus. Deswegen haben wir uns auch hier wieder gemeinsam darauf verständigt, zumindest auf eine Kapitaldeckung von 70 % zu kommen.
Dieser Konsens hat ganze zehn Jahre gehalten. Jetzt haben ihn die Landesregierung und mit ihr leider auch die regierungstragenden Fraktionen aufgekündigt. Das alles geschieht nur, damit Sie, Herr Finanzminister, die vorgebliche Null im Haushalt 2019 zumindest kommunikativ aufrechterhalten können. Deswegen haben Sie die „Operation Pensionsfonds“ – wie ich sie einmal nennen will – gestartet. Unter diesem Deckmantel kürzen Sie die jährlichen Zuführungen an den Versorgungsfonds drastisch. Das läuft darauf hinaus, dass Sie allein von 2017 bis 2025 insgesamt 9 Milliarden € weniger in den Versorgungsfonds einzahlen werden. 9 Milliarden €!
Herr Finanzminister, Ihre gesamte Finanzplanung bis zum Jahr 2019 beziehungsweise 2020 beruht darauf, den letzten Rest einer präventiven Finanzpolitik aufzugeben. Das muss man an dieser Stelle deutlich sagen.
Denn dabei steht der Konsum auf Kosten zukünftiger Generationen wieder im Mittelpunkt Ihrer Politik. Das sieht man an diesem Beispiel deutlich.
Wenn Sie in Ihrer Einbringungsrede zu diesem Gesetz von Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit sprechen, kann man das unter diesen Voraussetzungen wirklich nicht ernst nehmen. Denn wenn wir uns auf der einen Seite einmal anschauen, wie viele Beamte momentan zusätzlich wegen der hohen Flüchtlingszahlen beziehungsweise der Sicherheitslage richtigerweise eingestellt werden, kann man doch auf der anderen Seite die Rücklagen gerade an der Stelle nicht so zusammenstreichen, wie Sie das vorhaben.
Hier kann von Nachhaltigkeit nicht die Rede sein. Wenn man allein bis zum Jahr 2019 plant, ist die Generationengerechtigkeit ausgehöhlt. Dann ist Nachhaltigkeit nur noch eine Worthülse. Das werfen wir Ihnen hier vor.
Rot-Grün kommt heute mit einem Entschließungsantrag um die Ecke und philosophiert über nachhaltige Investitionen. Anstatt aber erst einmal dafür zu sorgen, dass man überhaupt investieren kann, reden Sie schon jetzt darüber, wie man das dann anlegt.
Ja, lieber Herr Zimkeit, das ist der Unterschied: Erwirtschaften kommt vor Verteilen – nicht umgekehrt, so wie Sie das in diesem Fall machen!
Ich hätte auch gedacht, dass Rot-Grün hier vehement widersprechen würde; denn Sie lösen nicht nur den Konsens von 2005 auf, sondern auch den, den wir in der Enquetekommission „Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte“ – zumindest mit vier Fraktionen – hergestellt haben. Denn damals haben wir gesagt, dass wir transparente Haushaltspolitik haben wollen.
Wir hatten Einigkeit darüber erzielt, dass wir die Versorgungsrücklage zumindest in der Höhe der kalkulatorischen Beitragssätze weiterhin befüllen wollen. Darüber bestand Einigkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deshalb verstehe ich Ihr aktuelles Handeln umso weniger.
Jetzt wird dieser Konsens – dabei geht es um zwei Konsensbereiche, die wir hier im Landtag zusammen erarbeitet haben – aufgekündigt. Ich stelle hier auch fest: Sie pfeifen da auf die Einigkeit, und Sie pfeifen auch auf Nachhaltigkeit in Ihrer Haushaltspolitik – und nur deshalb, weil Sie hier kommunikativ vorne sein wollen.
Es ist an dieser Stelle auch noch einmal wichtig, zu erwähnen, dass Sie die Schuldenbremse nur durch Tuning und Trickserei im Haushalt erreichen. Das ist die Realität.
Damit nehmen Sie jeder zukünftigen Regierung – egal welcher Farbe sie auch angehört – jeglichen Handlungsspielraum in dieser Frage. Deswegen haben wir uns als Fraktion konstruktiv damit auseinandergesetzt und mit einem Änderungsantrag unseren Beitrag dazu geleistet. Darin steht – im Gegenzug zu Ihrem Vorschlag –, wie wir das Pensionsfondsgesetz ändern wollen.
Dabei sind drei Punkte ganz wichtig:
Erstens. Wir wollen, dass es bei den bisherigen Zuführungen für jede neu eingestellte Beamtin bzw. jeden neu eingestellten Beamten in Höhe von 622 € pro Monat bleibt. Das hat – diejenigen, die anwesend waren, werden das wissen – auch die Anhörung gezeigt.
Zweitens. Wir wollen an der Dynamisierung über die Vorlage eines versicherungsmathematischen Gutachtens festhalten; denn nur so können wir garan
tieren, dass Veränderungen der Beamtenschaft, die Inflation – die dazukommt – sowie eventuelle Besoldungsanpassungen entsprechend berücksichtigt werden.
Drittens. Wir fordern, den zu gründenden Beirat unabhängiger zu gestalten. Herr Minister, es reichen doch wohl drei Ministerien, die im Beirat sitzen. Vor allem aber müssen ein unabhängiger Finanzwissenschaftler und der Ersteller dieses versicherungsmathematischen Gutachtens darin vertreten sein, um die Belange entsprechend vertreten zu können.
Meine Redezeit ist zu Ende. – Ich möchte Sie gerne noch auffordern, den Konsens, den wir hier so lange – zehn Jahre lang – hatten, und den Sie jetzt aufzukündigen versuchen, beizubehalten. Wir haben unsere Vorschläge gemacht und würden uns freuen, wenn Sie dem zustimmen könnten. Ihrem Änderungsantrag stimmen wir nicht zu. – Vielen Dank.
Das ist sehr nett, Herr Kollege. Ich würde Ihnen gerne die Frage stellen, ob Sie wissen, wo der Herr Minister denn ist, wenn wir schon über seinen Haushalt reden.
Es ist ja nicht so schön, wenn er dieser parlamentarischen Gepflogenheit nicht entspricht.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich muss zunächst mit etwas Positivem für RotGrün anfangen: Sie sind aufgewacht und haben unseren Antrag als Impuls genommen, sich endlich einmal auch für den Bürger wahrnehmbar zu dem Thema „Tihange und Doel“ zu äußern.
Das war ein Lob. Herr Mostofizadeh hat verstanden, dass es nicht ganz ernst gemeint war. – Aber sei‘s drum.
Ich finde es bemerkenswert – ich will mich nicht künstlich echauffieren –, dass Sie sich durch die
Einbringung Ihres Entschließungsantrags der Zustimmung unseres Antrags entzogen haben. So ist das parlamentarische Prozedere nun einmal. Aber wir haben unseren Antrag gestellt, da wir von der Landesregierung zu diesem Thema bisher – das habe ich Ihnen gerade gesagt – nichts wahrgenommen haben.
Jetzt äußern Sie sich zwar, aber ich möchte zu Ihrem Antrag deutlich sagen, dass er im Endeffekt zu nichts führt. Denn sich nur über den Dialog mit den Partnern auf allen Ebenen zu freuen, das ist an dieser Stelle eindeutig zu wenig, liebe Fraktion der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen.
Das, was die Menschen draußen bewegt, das können wir heute in der „Aachener Zeitung“ lesen. In dieser stehen allein heute drei Artikel zu diesem Thema.
Und Sie kommen heute kurz vor knapp mit Ihrem Antrag um die Ecke und singen das laute Lied des rot-grünen Engagements, der großartigen Gespräche in dieser Sache.
Doch, meine Damen und Herren, wenn die Menschen vor Ort, aber auch die Medien ein Thema wieder und wieder diskutieren, dann muss ich feststellen: Dann können Ihre Gespräch einfach nicht ausreichend gewesen sein. Ihr Antrag ist es dann auch nicht.
Ihr Antrag ist insbesondere dann nicht ausreichend, wenn ein Pannenreaktor nach vielem Hin und Her nun doch wieder angeschaltet werden soll. Wenn ich heute lesen darf, dass die Bundesregierung die wissenschaftliche Basis dieser Anschaltentscheidung prüft, weil die Reaktorsicherheitskommission nach Durchsicht der öffentlichen Unterlagen zahlreiche offene Fragen sieht, dann wächst meine Sorge und dann wächst die Sorge der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen, in der Region, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich erwarte von der Landesregierung, dass sie den Bund nach Kräften unterstützt, diese Fragen, die sich jetzt ergeben, offen zu beantworten.
Sie könnten, zu aller Abwechslung, auch einmal selber aktiv werden. Denn es geht hier nicht nur um den Dialog mit Belgien und dem Bund, sondern es geht mir und uns in diesem Antrag auch um ganz konkretes Handeln für die Menschen in NordrheinWestfalen.
Wenn die Abstimmungen angeblich so schwierig sind, wie Sie es in Ihrem Antrag formulieren, dann konzentrieren Sie sich doch auf die Dinge, die Sie beeinflussen können. Das wäre schon einmal ein großer Anfang für die Arbeit hier.
Sorgen Sie zum Beispiel endlich dafür, dass unbürokratisch für einen guten Katastrophenschutz gesorgt wird. Das ist das, was die Menschen wollen. Sie wollen ein Signal aus diesem Landtag hören.
Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, da Sie so rege diskutieren. In der betroffenen Städteregion leben rund eine halbe Million Menschen. Rechnet man noch die Kreise Düren und Heinsberg hinzu, dann sind es über 1 Million Menschen. Bei einem atomaren Katastrophenfall in der entsprechenden Dimension bedarf es schlicht und ergreifend des Knowhows und der Ressourcen des Landes. Ich muss doch niemandem hier erklären, dass, wenn solch ein Fall eintritt, das Land mit der entsprechenden Planung weit vorangeschritten sein muss; denn sonst ist es zu spät.
Es muss Schluss sein mit Kompetenzgerangel zwischen Land, Bezirksregierung und Kommunen, wer hier planen sollte, könnte oder vielleicht auch müsste. Da muss man sich nicht auf Zuständigkeiten berufen und von hier mit dem Finger auf die kommunale Ebene zeigen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wenn es noch konkreter sein soll, möchte ich mit Ihnen ein Beispiel diskutieren, an dem ich das festmache: die vom Land zur Verfügung gestellte Menge an Jodtabletten für die Bevölkerung unter 45 Jahren. In meiner Heimat, in der Städteregion, ist diese nicht ausreichend. Das ist ein offenes Geheimnis. Darüber ist auch schon in den Medien diskutiert worden.
Das ist doch die Verantwortung, die die Landesregierung wahrnehmen kann – wenn die Gespräche so schwierig sind. Das verlangen doch die Bürgerinnen und Bürger. Warum ist es dann noch zu keinem Ergebnis gekommen?
Das ist der erste Schritt, mit dem man den Bürgern zeigen kann, dass sie sich in Sicherheit wiegen können, dass die Sicherheit der Bürger von der Landesregierung ernst genommen wird. Das verlangen wir von Ihnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn die ganze Diskussion eines zeigt, dann zeigt sie, dass Energiepolitik und auch Klimapolitik nicht an den Grenzen haltmachen.
Denn was hilft uns der deutsche Atomausstieg oder was helfen die in Berlin festgelegten höchsten nationalen Standards, wenn im Nachbarland ein maroder Reaktor steht? In diesem Fall ist Tihange eben wichtiger als alle deutschen Kernkraftwerke zusammen.
Es geht also nicht um Parteipolitik, um Nationalpolitik, sondern um die Menschen in der betroffenen Region.
Deshalb müssen Sie endlich die Dinge angehen, die in Ihrem Zuständigkeitsbereich liegen. Wir fordern Sie deswegen mit unserem Antrag auf: Ruhen Sie sich nicht auf den vermeintlichen Taten oder Gesprächskreisen zum Beispiel mit Rheinland-Pfalz
aus; das führen Sie ja in Ihrem Entschließungsantrag aus. Packen Sie an! Werden Sie als Landesregierung vor allem hartnäckiger und vehementer gegenüber Ihren Gesprächspartnern in Belgien!
Unser Ziel muss sein – ich glaube, das eint uns alle wieder –: Doele und Tihange müssen abgeschaltet werden. Sie sind eine Gefahr für die Region und für unser Bundesland. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich bin jetzt schon am Ende.
Ich bin dankbar, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Ich weiß aber auch nicht, was das Gespiele jetzt soll. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich Ihren Antrag gerade in unserem Gespräch gelesen habe und wir darüber beraten, was wir davon halten? Darf ich das Ihres Erachtens hier im Plenum nicht? Sie wollen ja nicht so oberlehrerhaft sein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dem Dank des Kollegen Weske an alle, die
mit uns gearbeitet haben, kann ich mich nur allumfänglich anschließen. Ich fand, das war ein sehr kollegiales, ein sehr teamhaftes Zusammenarbeiten. Die Frau Vorsitzende hat es immer gut geschafft, uns zusammenzubringen, und auch dafür gesorgt, dass nicht alles in der Luft zerrissen wurde, was denn so angedroht wurde.
Meine Damen und Herren, vor zwei Jahren haben wir als Landtagsfraktion die Einsetzung der Enquetekommission beantragt. Warum haben wir das getan? Weil sich zuvor niemand in NordrheinWestfalen – weder Landesregierung noch Landtag – mit dem demografischen Wandel wirklich konstruktiv beschäftigt hat. Sicherlich ist es so, dass irgendwo immer etwas zu dem Thema entstanden ist. Aber strategisch hat man sich hier bei uns noch nicht damit auseinandergesetzt.
Wir wollten damals – das war der Sinn, und das ist, glaube ich, auch das Ziel gewesen; wir können auch ein Stück weit stolz darauf sein, dass wir es geschafft haben – eine Kommission, die gestaltet, die nach vorne guckt, die eben nicht immer nur diesen Rückblick hat, was in der Vergangenheit passiert ist, sondern sich überlegt, wie NordrheinWestfalen in der Zukunft aussieht. Der Blick in Nordrhein-Westfalen muss unseres Erachtens nach vorne gehen und nicht nach hinten.
Aber was heißt das? Das heißt, dass wir nachhaltige und langfristige Politik nicht mit dem nächsten Wahltermin verbinden müssen und dass sie damit auch nicht enden darf und – das haben wir schon bei der Einbringung unseres Antrags zur Enquete gesagt – dass die Dringlichkeit durchaus gegeben ist.
Jetzt liegt uns dieser Abschlussbericht vor mit nahezu 180 Handlungsempfehlungen, die der Politik, die uns helfen können, die Herausforderungen des demografischen Wandels zu meistern. Diese Dringlichkeit, die ich eben angesprochen habe, hat jetzt nicht abgenommen – im Gegenteil. Wir haben auf sehr vielen Seiten mit sehr vielen Handlungsempfehlungen und einem großen Analyseteil belegt, dass wir Veränderungen brauchen. Es gibt also jetzt auch für uns keine Entschuldigungen und keine Ausreden mehr, warum wir nicht handeln.
Meine Damen und Herren, mit den vorliegenden Empfehlungen, um schnellstmögliche Effekte zu gewinnen, müssen wir frühzeitig anfangen. Ich möchte das mal an einem Beispiel verdeutlichen – da nehme ich die Landesregierung auch gerne mit ins Boot –: Wir haben eine Handlungsempfehlung zur Einführung eines Demografiechecks. Das ist Handlungsempfehlung 178, wer es gerade noch einmal nachschlagen will. Das ist eine leicht umzusetzende Sofortmaßnahme. Frau Birkhahn hat es eben angesprochen. Die Kommissionsmehrheit hat sich für diese Sofortmaßnahme ausgesprochen.
In der Pressekonferenz habe ich, Kollege Weske, auch verlauten hören, dass die Regierungsfraktionen, zumindest ein Teil, durchaus bereit wären, darüber noch einmal zu reden. Aber das hätten wir gut und gerne – das muss ich an der Stelle auch sagen – schon im Mai 2014 haben können. Da haben meine Fraktion und ich nämlich genau diesen Demografiecheck gefordert. Leider sahen Sie sich da, SPD und Grüne, nicht in der Lage zuzustimmen. Das ist insofern für mich noch bedauerlicher, als man heute an dieser Stelle nicht nur über diesen Bericht hätte diskutieren können, sondern vielleicht schon eine erste Bilanz über Demografiechecks im Land Nordrhein-Westfalen hätte ziehen können.
Aber ich will Ihnen nicht die Lernfähigkeit komplett absprechen. Deswegen sage ich Ihnen an dieser Stelle – und ich freue mich auf die Diskussion –, dass wir den Antrag noch einmal stellen. Dann können wir gerne ins Detail gehen. Dann können wir gerne auch darüber diskutieren, was man da verändern muss. Ich finde aber, letztendlich ist entscheidend, dass in dieser Frage etwas passiert. Da dürfen Demografiechecks erst der Anfang sein. Ich lade Sie und euch herzlich ein, mit uns darüber zu diskutieren, damit wir das schnellstmöglich umsetzen.
Neben dieser ersten Sofortmaßnahme haben wir zahlreiche weitere Handlungsempfehlungen und Erkenntnisse erarbeiten können. Da möchte ich gerne an der einen oder anderen Stelle schon ins Detail gehen.
Einen Punkt finde ich persönlich besonders wichtig, auf den wir uns in der Kommission verständigt haben, nämlich dass Wirtschaftswachstum in Nordrhein-Westfalen der Schlüssel für dauerhaft tragfähige Haushalte und eine demografische Vorsorgepolitik ist. Bei sinkender Zahl der Steuerzahler lassen sich über eine konstante oder auch steigende Steuerkraft die öffentlichen Haushalte in der Zukunft stabilisieren. Das heißt, je stärker die nordrheinwestfälische Wirtschaft wächst, je mehr Steuereinnahmen generiert der Staat. Damit fällt die Stabilisierung der öffentlichen Haushalte in der Zeit nach 2020 relativ leichter. Das ist ein einfacher Dreisatz, der eigentlich allem zugrunde liegt.
Mit dem Beschluss der Enquetekommission schreiben wir der Landesregierung zugleich etwas ins Stammbuch. Soll die Wirtschaft wachsen, dann müssen auch die Bedingungen hier in NordrheinWestfalen stimmen. Da ist es dringend nötig, dass sich unser Land wieder dem Wachstum im Bundesschnitt annähert. Das steht in unserem Bericht drin. Denn hier bleiben wir derzeit weit hinter unseren Möglichkeiten zurück.
In unserem Sondervotum gemeinsam mit der FDP kritisieren wir deutlich, dass die Landesregierung bereits in den 80er-Jahren zu sehr auf strukturkon
servierende Maßnahmen gesetzt hat, anstatt sich an einer wachstumsorientierten Politik zu orientieren.
In der Folge – das ist das grundlegende Problem, über das wir gesprochen haben – hat sich der Wachstumsrückstand in NRW im Vergleich zu den westdeutschen Flächenländern seit 1990 um mehr als 9 Prozentpunkte aufsummiert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe das auch schon in den Sitzungen gesagt: Wir müssen uns das noch einmal verdeutlichen. Wäre die Wirtschaft in NRW seit 1990 nur im Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer gewachsen, dann hätten wir heute jährliche steuerliche Mehreinnahmen von rund 3 Milliarden € und rund 300.000 Menschen mehr in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen.
Herr Finanzminister, das wäre eine Situation, wenn Sie das jetzt einmal vor Ihrem Auge durchspielen, in der Sie auch in Haushaltsdebatten ganz anders argumentieren könnten, wenn man sich die heutige Situation anschaut. Aber es soll verdeutlichen, dass wir wirtschaftliches Wachstum als Grundlage brauchen. Und das heißt – das haben wir auch erkannt –, dass wir mehr wirtschaftliche Freiräume brauchen statt bürokratischer Regelungen und dass wir uns den Zukunftsthemen mehr widmen müssen.
In der Handlungsempfehlung 29 haben wir formuliert, dass die Verfügbarkeit von Breitband prioritär behandelt werden soll, weil Digitalisierung einen besonderen Stellenwert im Zuge des Wirtschaftswachstums in Nordrhein-Westfalen hat. Da spricht sich die Kommission im Abschlussbericht auch deutlich gegen die Linie der jetzigen Politik aus, den Breitbandausbau – ich will es mal so nennen stiefmütterlich zu behandeln. Darüber haben wir heute Morgen schon diskutiert. Aber hier werden derzeit die Reserven für Nordrhein-Westfalen, weil ein vernünftiges Ausbaukonzept nicht vorhanden ist, vergeudet.
Eine Zahl, die uns in der Kommission vom Fraunhofer Institut mit auf den Weg gegeben wurde, ist, dass Industrie 4.0, was mit der Digitalisierung extrem verknüpft ist, alleine in Nordrhein-Westfalen – Herr Finanzminister, das ist vielleicht eine Zahl, die Sie auch mitnehmen – ein Wachstumspotenzial von rund 1,7 % hat. Das heißt, hier können wir schon eine wahnsinnige Lücke schließen, um dieses Wirtschaftswachstum und dann stabilisierte öffentliche Haushalte zu generieren.
Es ist unvermeidbar, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass wir bei Forschung und Entwicklung mehr tun. Es ist wichtig, dass wir hier, wenn wir in Nordrhein-Westfalen klassischer Industriestandort sind, wo zwei Drittel aller Investitionen auf industrielle Wertschöpfung zielen, mehr tun. Da ist es viel zu wenig, und das hat uns die Wissenschaft auch at
testiert, wenn wir uns in Nordrhein-Westfalen an dem 3-%-Ziel orientieren. Da müssen wir dringend besser werden, und unser Anspruch muss auch besser sein. Das heißt, wenn wir Industrieland sein wollen, dann müssen wir uns mit den Besten messen. Da sind 3,5 % das Mindestmaß, das man anlegen muss. Hier ist noch viel zu tun, hier müssen wir anpacken. Das zeigt uns der Bericht der Kommission deutlich.
Für den Bereich der öffentlichen Verwaltung haben wir allein 24 Handlungsempfehlungen in den Abschlussbericht geschrieben. Da ist das Problem, und das ist auch eben angesprochen worden, dass der demografische Wandel definitiv kommt, er sich aber nicht im Detail so voraussagen lässt. In der Konsequenz bedeutet das, dass wir im öffentlichen Sektor erhöhte Flexibilität auch bei dem Einsatz der Personalressourcen brauchen.
Es stellen sich auch die Fragen, die man diskutieren muss, ob wir bei einer schrumpfenden Gesellschaft noch genauso viele Beamte wie derzeit benötigen und welche Pflichtaufgaben denn dieses Land den Kommunen, deren Einwohnerzahlen stärker schrumpfen oder gar ganz stark schrumpfen, noch auferlegen kann, besonders wenn offensichtlich ist, dass sie diese Pflichtaufgaben nicht mehr erfüllen können.
Da haben wir als Antwort in der Kommission einen wichtigen Punkt, nämlich dass es notwendig ist, dass wir die interkommunale und interregionale Zusammenarbeit stärken und ausbauen. Das ist die Antwort in der Zukunft, wenn man die Kosten für die Kommunen, die vom demografischen Wandel betroffen sind, in den Griff bekommen will.
Wir brauchen Kostentransparenz. Es reicht nicht, wenn im Haushalt immer nur steht, was der aktive Beamte kostet. Wir müssen uns im Rahmen der Kostentransparenz verdeutlichen, was er insgesamt kostet, also mit Pensionen. Das haben wir in der Handlungsempfehlung 165 nahegelegt. Das würde uns bei unserer politischen Entscheidung schon viel helfen.
Ich möchte noch kurz auf die Versorgungsrücklage zu sprechen kommen, weil – und da habe ich mich sehr geärgert – hier das aktuelle politische Handeln der Landesregierung dem entgegensteht, was wir in der Kommission besprochen haben. Lieber Kollege Weske, es ist eben so, dass wir uns darauf geeinigt haben, dass wir zumindest in Höhe der kalkulatorischen Beitragssätze diese Versorgungsrücklagen feststellen und dass wir sie unberührt lassen.
Wenn ich dann das aktuelle politische Handeln des Finanzministers in den letzten Wochen sehe, dann ist das nicht das, was wir uns in der Kommission als generationengerecht vorgestellt haben, nicht das, was wir uns vorstellen, wenn es heißt: generationengerechte Politik. Da kann ich Ihnen nur sagen: Reden Sie mit Herrn Walter-Borjans, zeigen Sie ihm
diese Handlungsempfehlung und sagen Sie ihm, dass wir nicht zwei Jahre umsonst gearbeitet haben!
Beim Infrastrukturfonds, um darauf kurz einzugehen, haben wir ein Sondervotum abgeben, das deutlich zukunftssicherer ist, Kollege Weske. Ich verstehe gar nicht, warum Sie hier von Gegensätzen sprechen, die über Jahre noch bestehen werden. Das, was wir vorgeschlagen haben, nämlich die Infrastruktur zu einem nationalen Pakt zu machen, dass wir das mit Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam machen, ist genau das, was Wirtschaftsminister Gabriel mit der Fratzscher-Kommission in Auftrag gegeben hat. Das sind exakt die Formulierungen, die aus dem Wirtschaftsministerium des Bundes kommen. Wir laden Sie ein, diese mitzutragen.
Ich weiß nicht, wo da der Widerspruch ist. Ich sehe ihn eher in Ihrer Partei als in unserem Vorschlag. Wir denken, dass es eben zukunftssicherer ist, dort nicht die Pensionen der Beamten mit einzuführen. Wir meinen auch, dass es eine ebenenübergreifende Aufgabe ist und dass es durchaus sinnvoll sein kann, im Sinne von Bürgerfonds private Investitionen dort mit einzubinden. Aber gut, das werden wir sicherlich noch einmal diskutieren.
Mir kommt es noch auf einen Punkt an. Ich stehe hier nicht nur als Abgeordneter, als Mitglied einer Kommission oder als Sprecher meiner Fraktion, sondern ein Stück weit auch als Vertreter – das geht vielen in der Kommission so – einer jüngeren Generation. Da muss uns auch klar sein: Wenn wir Spielräume schaffen oder bewahren wollen, müssen wir heute verantwortungsbewusste Finanzpolitik betreiben, dann müssen wir Wirtschaftswachstum generieren. Wir müssen konsolidieren, wir müssen Aufgabenkritiken vornenehmen und dementsprechend dann auch handeln, und wir müssen in größeren Zeiträumen denken.
Demografiechecks, die ich eben angesprochen habe, sind ein guter Anfang, genauso wie die zahlreichen weiteren Handlungsempfehlungen. Aber wenn dieser Abschlussbericht, wenn dieser Kommissionbericht nicht nur für die Archive gewesen sein soll, dann muss daraus auch etwas entstehen.
Die Bundesregierung hat in den vergangenen Tagen die Weiterentwicklung ihrer Demografiestrategie veröffentlicht, die es bereits seit dem Jahr 2012 gibt. Ich sage Ihnen hier an dieser Stelle: Wenn wir das ernst nehmen wollen, dann brauchen wir eine Demografiestrategie für Nordrhein-Westfalen. Wir brauchen das, was wir als Ausfluss aus der Enquete haben, in aktive Politik umgesetzt. Deswegen schlagen meine Fraktion und ich – wir werden das auch parlamentarisch einbringen – eine Demografiestrategie vor, damit diese guten Ideen, die wir in
der Enquetekommission hatten, nicht ganz in schönen Reden und Archiven verloren gehen.
Meine Damen und Herren, wenn wir als Politik gestalten wollen, dann müssen wir etwas tun. Wir haben Ihnen gute Ideen vorgelegt. Unser Land braucht konkrete Politikideen. Ich fordere Sie auch als Vertreter der jungen Generation auf: Werden Sie hier aktiv, lassen Sie die guten Ideen nicht versauern! – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Heute Morgen will mal Platon frei zitieren. Er sagte schon früher in der Antike: Immer wenn sich die Sonne verdunkelt, ist dies ein Zeichen für eine Verschlechterung der Finanzlage, meine Damen und Herren.
Was ist das für ein Zeichen, das uns heute hier gesendet wird? Ich habe im Vorfeld auf die Debatte einmal im Duden das Wort Effizienz nachgeschlagen. Zur Bedeutung heißt es: Effizienz bedeutet Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit.
Ich möchte heute mit Ihnen darüber reden, was denn Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit beim so- genannten Effizienzteam der Landesregierung bedeutet. Ende 2011, vor dreieinhalb Jahren, kündigte die Landesregierung großspurig an, dass nun alles anders werde. Man versprach uns eine Institution, die Einsparmöglichkeiten im angespannten Haushalt aufzeigen sollte. Man wollte die Dinge nach Aufbruch, nach „alles wird besser“ aussehen lassen. So hat man uns dann das Effizienzteam beschert.
Seitdem, meine verehrten Damen und Herren, beschäftigt uns dieses Team, dessen euphorisch gefeierter Start nunmehr sein Ende in diesem aufgeblasenen Abschlussbericht findet.
Aber wie sieht die Bilanz aus? Das haben wir uns einmal genau angeschaut. Auf gerade einmal 240 Millionen € jährlich ab 2018 beläuft sich das über Jahre ausgearbeitete Einsparvolumen. Das sind lächerliche 0,3 % der nordrhein-westfälischen Gesamtausgaben. Bei diesen lächerlichen Summen, verehrter Herr Finanzminister, schaffen Sie die Schuldenbremse 2020 nie. Das sage ich ganz deutlich.
Das ist so – in den Medien geistern viele Beispiele umher –, als würde sich der deutsche Durchschnittsverdiener vier Jahre lang überlegen, wie er sich das Geld für einen Hausbau zusammenspart, und letztlich vollmundig verkünden, mit einmal weniger pro Monat ins Kino gehen würde die Finanzierung stehen. Ihre vorgeschlagenen Einsparungen, Herr Minister, sind pure Augenwischerei und helfen diesem Haushalt in keiner Form weiter.
Ein Teil dieses nun groß medial verkauften Einsparvolumens ist bereits in den Haushalten 2013/2014 eingepreist. Da ist keine revolutionäre Idee entstanden. Es ist insgesamt nichts Neues passiert. Wir haben uns diesen Bericht noch einmal genau angeschaut.
Das Effizienzteam hat sich bestimmte Bereiche vorgenommen.
Ich nehme einmal das Beispiel Landesbeteiligungen: Sie haben untersucht und vorgeschlagen, dass man die Anteile des Landes am Herz- und Diabeteszentrum in Bad Oeynhausen veräußern sollte. Aber Frau Ministerpräsidentin und Frau Gesundheitsministerin Steffens erteilten diesem Vorschlag kurz nach Vorlage des Berichts eine klare Absage.
Ich frage Sie: Kann man denn erwarten, dass den Vorschlägen eines Gremiums, das drei Jahre lang getagt und fast noch ein weiteres Jahr gebraucht hat, um seine Vorschläge zu veröffentlichen, sofort nach der Veröffentlichung von der eigenen Ministerpräsidentin und von der Gesundheitsministerin eine Absage erteilt wird?
Das ist unprofessionell. Das muss ich Ihnen ganz klar sagen. Das hätten Sie doch vorher besprechen können.
Ich gehe davon aus, dass Regierungsmitglieder untereinander sprechen, wenn ein solcher Bericht vorgelegt wird. Dann muss man die Frage hier auch einmal stellen dürfen.
Gehen wir weiter! Ihr konspiratives Geheimgremium untersuchte auch die Auswirkungen der demografischen Effekte auf den Landeshaushalt – das ist ja ein spannendes Thema –, aber das Gutachten von PwC zu den Demografiegewinnen macht als Anlage mit 50 Seiten den größten Teil des Abschlussberichts aus.
Verwunderlich finde ich, dass der neue Fraktionsvorsitzende, Herr Mostofizadeh, der Mitglied dieses Gremiums ist, direkt im Anschluss erklärt, die im Abschlussbericht skizzierten demografischen Effekte seien so gar nicht eingetreten.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, auch hier stellt sich mir die gleiche Frage: Wieso tauscht man sich fast vier Jahre lang über das Thema „Demografiegewinne im Landeshaushalt“ aus, um sie dann aus den eigenen Reihen öffentlich zu negieren? Was passiert da überhaupt?
Nehmen wir die Einsparungen bei der Besoldung der Beamten! Die rechnet sich das Effizienzteam
auch als Erfolg an. Aber ob hier überhaupt Einsparungen erzielbar sind, Herr Finanzminister, das werden wir doch erst beurteilen können, wenn die aktuell laufenden Tarifverhandlungen abgeschlossen sind. Das ist doch die Realität. Das ist doch die Wahrheit. Das hat nichts mit Effizienz im Landeshaushalt zu tun.
Wie realitätsfern die Vorschläge sind, das zeigt die von den Grünen so gern bemühte Polizeistrukturreform. Wir werden heute den Nachtragshaushalt gemeinsam verabschieden.
Nein, wir haben ihn auf der Tagesordnung; wir werden ihn natürlich nicht gemeinsam verabschieden. Wir sind hier gemeinsam im Plenum, um ihn zu beraten.
Aber nach Angaben der Landesregierung hat sie fundierte Kenntnisse, dass sich die Sicherheitslage seit der Verabschiedung des Haushalts deutlich verändert hat.
Ich glaube – da sind wir wieder gemeinsam, werter Kollege Mostofizadeh –, wir können nur gemeinsam feststellen, dass die Durchsetzung einer Polizeistrukturreform bei der aktuellen Sicherheitslage unverantwortlich ist. Das ist doch der Punkt, der uns hier gemeinsam beschäftigt,
und der zeigt wiederum auch, dass Ihr Effizienzteam überhaupt nichts dazu beitragen kann, wenn wir jetzt über Strukturreformen reden.
Was ist also geblieben? Machen wir einmal einen Strich darunter! Vier Jahre musste die staunende Öffentlichkeit, mussten wir warten. Wir durften als Parlamentarier in den bestimmten Bereichen nicht hineinschauen, was Sie da in Ihrem konspirativen Team gesucht haben. Wir haben auf diesen Abschlussbericht gewartet, der diesen Namen nicht verdient, weil die Arbeit des Effizienzteams nie ernsthaft begonnen wurde. Das ist mir an dieser Stelle auch noch wichtig.
Wenn man einen Abschlussbericht macht, dann muss man erst einmal anfangen. Aber Sie haben es von Anfang an streitig gestellt. Alle Themen, die Sie als Regierung als Ihr Kernthema begonnen haben, waren überhaupt nicht im Effizienzteam enthalten. Das war direkt sakrosankt gestellt. Da muss ich Ihnen ganz klar sagen – das zeigt doch die wahre Intention des Ganzen –: Sie hatten nie vor, seriös zu sparen. Sie haben Politik betrieben nach dem Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!
So geht das hier in Nordrhein-Westfalen nicht. Dafür ist unsere Lage viel zu ernst.
Frau Ministerpräsidentin, Herr Finanzminister, unter diesen Vorzeichen und mit diesen Ergebnissen hätten wir Ihnen das schneller und vor allen Dingen billiger machen können.
Ja, es war mir klar, dass Sie das sagen.
Regen Sie sich auf; das ist Frustbewältigung. Das verstehe ich völlig. Aber wenn Sie uns nicht glauben wollen,
dann hätten Sie doch einmal den Leuten im Finanzministerium glauben und die fragen können. Da sitzen doch die Leute, die wissen, wie der Landesalltag aussieht. Da sitzen doch die Leute, die wissen, welche Vorschläge es sind. Für die Fachleute sind das doch alles olle Kamellen.
Das wahre Problem ist doch, dass im Kabinett gebremst wird, dass Sie dort die Ressortabstimmung nicht hinbekommen haben, …
… dass Sie da nicht in der Lage waren, eine einheitliche Sparvorschlagsliste zu machen. Das war ineffizient, das war nicht redlich, wenn wir über Finanzpolitik reden.
Ich komme zum Schluss.
Meine Damen und Herren, 1,8 Millionen € hat diese sinnlose Veranstaltung den Steuerzahler gekostet. Außer Spesen nichts gewesen.
Als ob der Duden gewusst hätte, was passiert: Sieht man im Duden nach, was „Effizienz“ bedeutet, dann steht dort direkt das Gegenwort daneben. Das heißt „Ineffizienz“. Dieses Team hat Nordrhein-Westfalen keinen Millimeter vorangebracht. Dieses Team war wirkungslos, und es war unwirtschaftlich. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist noch mal über vieles geredet worden, zum Schluss aber leider nicht mehr über das Effizienzteam.
Herr Abel, wenn Sie den Vorwurf erheben, dass Abgeordnete Kleine Anfragen stellen, dann muss ich sagen: Das ist ein Abgeordnetenrecht. Egal, welchen Inhalt sie haben, sollten wir uns darauf berufen. Denn das fällt immer auf einen selbst zurück.
Das müssen wir an der Stelle sagen. Das ist wichtig.
(Zuruf von der SPD: Verstand ist aber er- laubt! – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])
Ich überlasse es Ihnen in der Diskussion, zu beurteilen, wer Verstand hat oder nicht. Wenn Sie das so wollen: Bitte schön!
Ich möchte jetzt gerne zum Effizienzteam reden.
Wir haben vieles gehört. Der Finanzminister hat in seiner Rede gesagt: Es war alles ein großes Missverständnis. Damit sollten gar nicht wirklich Effekte erzielt werden. Es sollte letztendlich ein Gremium sein, das Vorschläge macht. – Das war es doch.
Wir müssen mal überlegen, was das denn bedeutet. Herr Finanzminister, Fakt ist doch – da sind Sie ja Medienprofi genug –, dass Sie zu dem Zeitpunkt was brauchten, um es den Leuten zu verkaufen. Das war weiße Salbe. Es sollte irgendwas in den Raum gestellt werden, und sei es dafür, Ihren eigenen Leuten mal aufzuzeigen, wo man denn sparen könnte. Nichts anderes war es. Es war ein Placebo. Es gab keinen Effekt. Sie hatten niemals vor, konkret zu sparen. Das ist der Kern des Ganzen. Und das Ergebnis, das müssen Sie sich heute hier anhören.
Herr Börschel und Herr Abel haben uns vorgeworfen, wir würden uns nicht damit auseinandersetzen, wo man strukturell sparen kann. Ich darf Sie daran erinnern, dass wir 2013 insgesamt 86 konkrete Änderungsvorschläge gemacht haben. Die haben Sie in toto abgelehnt. Wo war denn damals Ihre inhaltliche Diskussion, Herr Börschel? Wo war die denn?
Jetzt kommen wir doch mal zum Punkt des Ganzen: Das Effizienzteam sollte sich gerieren, damit man in
der Öffentlichkeit etwas darstellen kann, etwas verkaufen kann. Um nichts anderes ging es. Das ist in die Hose gegangen; das muss man in der heutigen Debatte so sehen. Da kann man sich nicht hierhin stellen und immer mit dem Finger auf die Opposition zeigen. Denn das wahre Problem ist, dass Sie an der Stelle nicht das tun, wofür Sie gewählt worden sind, nämlich dieses Land zu regieren und es auch mit einer soliden Finanzpolitik zukunftsfest zu machen.
Wir brauchen hier keine Schaubilder, um uns davon zu überzeugen, dass wir eine vernünftigere Politik in diesem Land brauchen. Diese Debatte und dieses Effizienzteam waren ineffizient. Darum kommen Sie auch mit Ihren Verschwurbelungen nicht herum, lieber Herr Kollege. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Debatte hat gezeigt, worum es Ihnen von den regierungstragenden Fraktionen geht. Wenn Sie unseren Antrag – oder nur die Überschrift – gelesen hätten, dann wäre Ihnen klar geworden, dass Regionen in ganz NordrheinWestfalen von dieser Mautdiskussion betroffen sind. Es geht also nicht um eine generelle Diskussion, wie man Verkehrsinfrastruktur besser finanzieren bzw. mit mehr Geld ausstatten kann. Ich kann Ihnen genau sagen, woran das liegt: Ihnen steht – das haben wir gestern gehört – das Wasser bis zum Hals. Sie nutzen diese Diskussion, um Ihren Haushalt besser mit Geld versorgen zu können. An der Problematik, an den Sorgen und Nöten den Menschen in den Grenzregionen – lieber Herr Ott, das sage ich auch Ihnen – geht diese Diskussion aber vollkommen vorbei.
Sie fordern uns auf, mal den Koalitionsvertrag zu lesen. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle gerne sagen, dass wir den durchaus gelesen haben. Wir haben aber auch Ihren Antrag gelesen. Und darin ist ein Satz – da werden Sie sich jetzt wundern –, der das, was ich gerade beschrieben habe, noch einmal auf den Punkt bringt. Ich glaube, wir würden Ihnen da sogar zustimmen. Ich weiß nicht, ob der Verkehrsminister oder die Frau Ministerpräsidentin das schon gelesen haben. Da steht nämlich, dass die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsprobleme nur auf Bundesebene gelöst werden können. Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, das ist doch die Bankrotterklärung Ihrer Politik. Sie wissen nicht mehr, wie Sie das machen sollen.
Ja, genau, das ist lächerlich, Herr Kollege! Auf Bundesebene müssen Sie das lösen, weil Sie hier keine Kompetenz haben.
Ich komme jetzt zu dem Punkt, dass Sie gesagt haben, ich würde hier Quatsch reden. Wenn Sie das meinen, werde ich Ihnen das mal darlegen.
Unbestritten ist, dass wir Finanzierungsmodelle brauchen.
Aber das, worüber wir im Moment diskutieren, das, was vom Bundesverkehrsministerium vorgelegt wurde, nämlich die Pläne einer allgemeinen ausnahmslosen Infrastrukturabgabe zur Nutzung des deutschen öffentlichen Straßennetzes, ist für uns kein überzeugendes Konzept. Es ist eine falsche Lösung, und – das ist auch der Kern der Debatte, die wir hier angestoßen haben – es ist zudem Gift für ganze Regionen in Deutschland und insbesondere für uns in Nordrhein-Westfalen. Vor allem ist noch völlig offen, ob durch diese Mautpläne überhaupt ausreichend Mittel für Verkehrsinvestitionen zusammenkommen.
Unsere niederländischen Nachbarn haben dafür einen Spruch: Het soup ist de kool niet ward. – Die Brühe ist den Kohl nicht wert. Das sagen unsere niederländischen Nachbarn zu einem solchen Konzept, dessen großer Aufwand für den Ertrag viel zu hoch ausfällt. Es ist also das erste, das gesichert sein muss. Für eine Handvoll Euro lohnt sich der angekündigte bürokratische Aufwand in keiner Form.
Meine Damen und Herren, doch unsere Sorgen gehen weiter. Wir haben sie formuliert, und es hat auch etwas genutzt. Eine allgemeine Infrastrukturabgabe, die die besonderen Situationen unserer Grenzregionen und Euregios nicht berücksichtigt,
ist nach Auffassung der CDU-Fraktion regional-, wirtschafts-, verkehrs- und auch europapolitisch eine erhebliche Belastung. Ich war schon verwundert, dass Sie die Begriffe in den Mund genommen haben, die mich in dieser Sommerpause sehr aufgeregt haben. Deswegen ist es kein Sommertheater, das hier gespielt wird, es ist keine Folklore, sondern es ist richtig und wichtig, dass hier die Interessen der Grenzregion artikuliert werden.
Hören Sie zu. Ich möchte Ihnen einmal an ein paar Zahlen die Sorgen der Menschen belegen. Die Industrie- und Handelskammer hat es grob ausgerechnet. Für die Region Aachen bedeutet es allein im Einzelhandel einen Umsatz von über 300 Millionen € jährlich durch belgische und niederländische Kunden. Das bedeutet im Tourismus 2,5 Millionen niederländische und belgische Tagesgäste, die in
die Aachener Region kommen und durchschnittlich 25 € ausgeben. Das heißt, dass dieser Region über 60 Millionen € jährlich an Kaufkraft fehlen. Es ist nicht nur in Aachen so, sondern an der ganzen Grenze. Das müssen Sie doch in Ihrer Argumentation berücksichtigen. Aber kein Wort dazu. Sie nutzen das, um noch einmal die grundlegende Diskussion über den Haushalt zu führen, anstatt sich der Sorgen und Nöte der Menschen anzunehmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der „kleine Grenzverkehr“ ist eben nicht nur ein geflügeltes Wort, sondern er ist für die Regionen eine Lebensader. Hier wieder Hürden in Form von Plaketten aufzubauen, das konterkariert unserer Ansicht nach sämtliche Bemühungen der letzten Jahre, das Leben in den grenzübergreifenden Regionen zu erleichtern.
Dabei haben wir die Probleme des Arbeits- und Ausbildungsmarkts vereinfacht, wir haben Bürokratieabbau betrieben, wir haben die Vereinfachung der Besteuerung gemacht. Wir wollten das Europa der Regionen, und zwar parteiübergreifend. Mit dieser Maßnahme, die so geplant ist, konterkarieren wir alles, was wir eingeführt haben.
Meine Damen und Herren, man kann – das möchte ich an der Stelle sagen – natürlich probieren, ein sogenanntes Gerechtigkeitsproblem im Süden der Republik zu schließen, aber dann darf es nicht so sein, dass im Westen, dass bei uns mit dieser angeblichen Gerechtigkeitsproblematik neue Lücken aufgerissen werden. Das müssen wir verhindern. Wir würden uns wünschen, dass Sie unserem Antrag zustimmen.
Ich kann die Sorgen und Nöte der Menschen, die mir in der Grenzregion vorgetragen werden, nur ernst nehmen. Wir werden am Samstag – dazu lade ich jeden herzlich ein – an der Grenze in Herzogenrath und Kerkrade gegen diese Maßnahmen demonstrieren. Wir wollen ein Zeichen setzen, dass wir auf den Koalitionsvertrag achten, aber nicht in der Form, wie er die Grenzregion so nachhaltig beeinflusst. Wir wollen nicht mit vier oder fünf Plaketten herumfahren, die uns den Alltag erschweren, nicht nur wenn wir in den Urlaub ans Mittelmeer fahren. Es ist unsere Lebensgrundlage, und es kann nicht sein – wie Herr Minister gesagt hat –, dass eine Benachteiligung der Menschen in den Grenzregionen auftritt, sondern wir wollen unseren europäischen Alltag so weiterleben, wie wir ihn in den letzten Jahren aufgebaut haben.
An der Stelle muss ich erwähnen, dass hier natürlich die Bundesregierung sowie die Landesregierung gefragt sind. Wir sind nicht nur mit den Beneluxstaaten in nachbarschaftlicher Verbundenheit, sondern wir sind auch als Land NordrheinWestfalen in den Staatsvertrag eingetreten. Deshalb
kann ich nur appellieren, dass sich alle verkehrspolitischen maßgebenden Leute über die Grenzen hinaus zusammensetzen und ein Konzept entwickeln, dass über die Grenzen hinweg auch funktioniert. Das ist notwendig für uns, das ist notwendig für einen Wirtschaftsraum in einem Europa der Regionen.
Vielen Dank für den Hinweis. Das habe ich schon gesehen.
Meine Damen und Herren, ein Zurück zu dem Europa der Zollabgaben und Schlagbäume darf es nicht geben. Eine PkwMaut auf Autobahnen ist – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – vertretbar, wenn die besondere Situation und die besonderen Belange der Grenzregionen in Nordrhein-Westfalen berücksichtigt werden. Ich bitte Sie daher nachdrücklich: Stimmen Sie unserem Antrag zu und verfallen Sie nicht in die übliche Thematik, den Haushalt und die Probleme von Nordrhein-Westfalen auf die Bundesebene zu schieben, sondern arbeiten Sie mit uns an einer Lösung. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Zimkeit, das war wieder das, was wir erwartet hatten: eine ziemlich dünne Suppe, die Sie hier abgeliefert haben.
Da Sie die größten Bauskandale angesprochen haben, möchte auch ich, auch wenn es Ihnen schwer
fällt, den größten Bauskandal ansprechen. Das war in den 80er-Jahren – vielleicht erinnern Sie sich noch – der Bauskandal um das Uniklinikum Aachen. In diesem Zusammenhang darf ich daran erinnern, wer damals der Wissenschaftsminister war. Das war Johannes Rau,
der spätere Ministerpräsident. Insofern bitte ich Sie, das mit zu bedenken.
Das, was Sie zur Zukunft des BLB gesagt haben,
haben Sie auch schon in Ihrer Pressemitteilung am 1. Juli erwähnt. Sie haben wenig aufgezeigt, was Sie selbst machen. Und darin unterscheidet sich Ihre Fraktion sehr deutlich von den anderen Fraktionen: Sie können lediglich mit dem Finger auf andere zeigen.
Meine Damen und Herren, der Bau- und Liegenschaftsbetrieb beschäftigt uns hier mit gewisser Regelmäßigkeit. Das ist jetzt schon die dritte Plenarwoche in Folge, in der wir uns mit dieser Thematik auseinandersetzen. In Köln bzw. im Rheinland, sehr geehrter Herr Minister, würde man schon fast von Tradition sprechen.
Schade ist allerdings, dass der Anlass solch ein trauriges Thema ist. So muss neben der Debatte hier im Plenum auch ein Untersuchungsausschuss die vielen Auffälligkeiten beim BLB in den vergangenen Jahren aufarbeiten. Das ist ein mühsames Geschäft, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren.
An der Stelle möchte ich sagen, dass wir uns mit der Forderung, dass sich dieser Untersuchungsausschuss gleichzeitig mit den Strukturen des BLB beschäftigt, nicht durchsetzen konnten. Diese Forderung führte bei Ihnen, Herr Zimkeit, zu dem bekannten Reflex: Der Wunsch, eine Bühne für das gegenseitige Mit-dem-Finger-aufeinander-Zeigen zu schaffen, war größer als der Wunsch, endlich mal in die Problemanalyse einzusteigen. Mittlerweile steht der Ausschuss ja auch ein wenig in der Kritik, weil es nicht wirklich vorangeht. Das liegt vielleicht systemimmanent daran, dass sich der Untersuchungsausschuss eben nur mit der Vergangenheit und nicht mit der Problemanalyse beschäftigt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Zimkeit, wir als Politik sollten und müssen uns, wenn wir uns mit der einen Seite beschäftigen, auch mit der anderen Seite beschäftigten, nämlich ganz konkret mit der Zukunft des BLB.
Denn sagen Sie mir doch mal, wie es weitergehen soll mit einem Landesbetrieb, der durch im wahrsten Sinne des Wortes unglaubliche Kostensteigerungen, intransparentes, zum Teil kriminelles Handeln und finanzielle Verluste ins mediale Dauerfeuer geraten ist. Das ist doch die Frage, die wir hier beantworten müssen.
Wir, die CDU-Fraktion, aber auch die FPD-Fraktion und die Fraktion der Grünen haben durch Anträge und durch Presseäußerungen deutlich gemacht, dass sich dringend etwas ändern muss, dass der BLB nicht in seiner jetzigen Form fortbestehen kann und dass wir neue Weichenstellungen brauchen.
Ich hoffe – ganz ehrlich –, dass dies eine Erkenntnis ist, die in dieser Deutlichkeit auch mal bei der SPD gereift ist, lieber Herr Zimkeit.
So wäre zumindest hier im Plenum der politische Wille zur Veränderung vorhanden.
Denn – auch das müssen Sie zur Kenntnis nehmen – wenn ich in Richtung Landesregierung blicke, kann ich diesen politischen Willen nicht erkennen. Ich kann vielleicht mit viel gutem Willen erahnen, dass bei der Landesregierung dieser Wille besteht. Denn was hat die Landesregierung in den vergangenen vier Jahren – so lange regiert sie ja bereits – getan?
Ich möchte daran erinnern, welch klare Antwort Ihnen der Landesrechnungshof in der vergangenen Woche auf diese Frage gegeben hat: Die Landesregierung hat viel zu wenig getan, um die konkreten Probleme des BLB tatsächlich in den Griff zu bekommen, zu wenig, um den Steuerzahler, unsere Bürgerinnen und Bürger, vor weiteren Schäden zu schützen, und zu wenig, um den BLB und vor allem seine Beschäftigten endlich aus der Schusslinie zu nehmen.
Herr Minister, im vergangenen Monat habe ich Ihnen hier vorwerfen müssen, dass Sie sich seit Monaten hinter einer laufenden Ressortabstimmung verstecken. Aber auch seitdem hören wir nichts Neues von Ihnen. Erst am Freitagabend vor Pfingsten, als der mediale Druck infolge des Landesrechnungshofberichts zu den Domgärten zu groß wurde, haben Sie uns einen der BLB-Geschäftsführer als Bauernopfer präsentiert – ein Bauernopfer, weil sich am eigentlichen Problem, der Struktur des BLB, nichts ändert.
Nun steht der BLB nur noch mit einem Geschäftsführer da, der alleine die vielen Baustellen, die es beim BLB gibt, in den Griff bekommen soll.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie sehr sich die Landesregierung in Sachen BLB im Kreise dreht, das möchte ich mit Erlaubnis des Präsidenten mit einem Zitat verdeutlichen. Da heißt es:
„Wir werden alle gewonnenen Erkenntnisse auswerten: sowohl die nützlichen Hinweise des LRH als auch die Ergebnisse der beiden Sonderprüfungen. Dann werden wir die notwendigen Änderungen zügig, aber auch mit der erforderlichen Sorgfalt vornehmen …“
Meine Damen und Herren, dieses scheinbar aktuelle Zitat stammt aus einer Pressemitteilung des Finanzministers vom 13. Juli 2011. Das ist jetzt drei Jahre her – drei Jahre, in denen Sie die internen Konflikte mit den Besitzstandswahrern gescheut haben, drei Jahre, in denen Sie sich in Ihrem Kabinett nicht durchsetzen und nicht klarmachen konnten, dass es so nicht mehr weitergehen kann.
Für uns ist eines klar: Dieser Zustand, in dem sich der BLB befindet, muss geändert werden. Deswegen haben wir, die CDU-Fraktion, unsere konkreten Vorschläge bereits Anfang April in einem Antrag vorgestellt. Darin fordern wir als Erstes, dass der BLB NRW zu einer Anstalt des öffentlichen Rechts weiterentwickelt wird. Die zweite Forderung lautet, dass der bisherige Verwaltungsrat in einen parlamentarischen Beirat umgewandelt wird. In dem dritten wichtigen Punkt heißt es, dass wir einen kleinen und schlagkräftigen Aufsichtsrat gründen wollen, in den immobilienwirtschaftliches Fachwissen eingebracht wird.
Jetzt hat die FDP-Fraktion ihre Vorstellung von einer Neustrukturierung des BLB vorgelegt. Ich muss Ihnen sagen: Ich habe Ihren Antrag mit großem Interesse gelesen. Ich habe nur eine Sorge bei Ihrem Vorschlag: dass eine Zerschlagung des BLB, wie sie beschrieben wird, nicht hilft, sondern eher zu neuen Problemen führt.
Ich möchte an der Stelle noch mal daran erinnern, dass der BLB nach seiner Gründung fast vier Jahre gebraucht hat, um sein gesamtes Grundvermögen zu bewerten. Ich bin davon überzeugt, dass wir die Liegenschaftsverwaltung des Landes nicht in eine ähnliche Situation bringen sollten.
Ich habe auch noch offene Fragen zu Ihrem Antrag: Wo soll denn das Grundvermögen des Landes zukünftig angesiedelt werden? Und was machen Sie mit den Beschäftigten des BLB? Das ist eben ja schon mal angesprochen worden. Dazu möchte ich an dieser Stelle noch mal sagen, dass bei aller Kritik, die es aktuell am BLB gibt, nicht vergessen werden sollte, dass der BLB sehr viele gut ausgebildete und hoch motivierte Mitarbeiter hat.
Wir haben diesen Mitarbeitern gegenüber auch eine Fürsorgepflicht. Und wir sollten sie nicht weiter verunsichern, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Eine Zerschlagung wird meines Erachtens weder den Interessen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler noch den Interessen der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter und erst recht nicht den Interessen des Landes gerecht. Zudem besteht, wie schon angesprochen, die Gefahr, dass sich sämtliche Problemstellungen aus der Gründungsphase des BLB in dieser Form wiederholen. Dadurch wertvolle Zeit und Steuergeld zu verschwenden, das ist ein Luxus, den wir uns – da werden Sie mit mir einig sein – angesichts der hier präsentierten Haushaltspläne nicht leisten können.
Wir plädieren daher nachdrücklich für eine Umstrukturierung statt für eine Zerschlagung.