Protokoll der Sitzung vom 04.05.2006

[Beifall bei der SPD – Hoffmann (CDU): Als Senator waren Sie gefragt und nicht als SPD-Politiker]

Danke schön, Herr Innensenator! – Die erste Runde nach der Stärke der Fraktionen ist damit beendet.

[Gongzeichen]

Der Kollege Trapp von der CDU hat das Wort zu einer spontanen Frage. – Bitte!

Herr Senator Dr. Körting – bitte!

Herr Kollege Trapp! Es gibt bisher schon geringfügige Möglichkeiten, Zulagen zu zahlen, etwa einen früheren Aufstieg in höhere Besoldungsstufen oder etwas Ähnliches. Das ist aber nicht die Fragestellung, die hinter dem steht, was tarifvertraglich auf Bundesebene vereinbart worden ist und ggf. auch über Besoldungsrecht für die Beamten der Republik kommen wird. Da geht es nämlich darum, ob man allen das Gleiche gibt oder eine Spreizung von 100 bis 108 % hat, um den Leistungsgedanken auch in der öffentlichen Verwaltung zu fördern. Darauf bezieht sich das. Das ist zurzeit TVöD, Tarifvertrag öffentlicher Dienst, für den Bund und die Kommunen. Es ist in Berlin noch nicht so, aber ich sehe, dass auf Dauer die Reise dorthin gehen wird. Ich meine auch, dass die Reise dorthin gehen sollte. Diese Reise will ich jetzt nicht mit irgendwelchen Einzelregelungen wie z. B., dass man am Jahresende eine Prämie zahlen kann oder Ähnliches, in Übereinstimmung bringen. Es geht um die Frage, ob wir in Zukunft das Dienstrecht, das wir für den öffentlichen Dienst haben, stärker an solchen Kriterien orientieren, wie wir sie etwa auch im Bankwesen, im Versicherungswesen oder anderswo haben.

Ich bin der Meinung, dass wir das später tun werden. Aber ich bin nicht der Meinung, dass wir dies von einem Tag zum anderen tun können. Zurzeit haben wir noch eine Besoldungshoheit des Bundes in dieser Frage. Der Bundesgesetzgeber hat von seinem Besoldungsrecht bisher noch nicht Gebrauch gemacht. Man wird wohl auch mit den anderen Ländern darüber reden, ob man solche Elemente einer Leistungsbezahlung stärker auch beim öffentlichen Dienst einführen kann – mit allen Problemen, die

Herr Präsident! Frau Ströver! Der Sender heißt zwar XXP, dem Anspruch ist er aber selten gerecht geworden. Ich kann Ihnen jetzt aus dem Stand nicht sagen, welche Aktivitäten es vom Medienboard, von der Wirtschaftsverwaltung oder von der Senatskanzlei dazu gegeben hat. Wir bedauern selbstverständlich, wenn Medienunternehmen Berlin verlassen. Auf der anderen Seite waren sowohl die wirtschaftliche Situation dieses Senders wie auch das Auftreten insgesamt sicherlich ursächlich dafür, dass man sich irgendwo anders konzentriert hat. Aber ich bitte um Verständnis, dass ich Ihnen jetzt aus dem Stegreif die Hintergründe nicht erklären kann.

Eine Nachfrage von Frau Ströver – bitte!

Ich könnte Ihnen die jetzt erklären. Aber da der Sender ja gerade mit Gewinn vom „Spiegel“ verkauft worden ist, stellt sich die Frage, wie viele Arbeitsplätze von festen und freien Mitarbeitern in diesem Bereich verloren gehen. Vielleicht können Sie uns das schriftlich nachliefern, falls Sie es mir nicht jetzt beantworten können.

damit verbunden sind, mit einer Feststellung der Leistung Jahr für Jahr oder alle zwei Jahre und auch mit der Tatsache, dass jemand, der die Leistung dann nicht mehr bringt, damit rechnen muss, wieder ein, zwei Stufen heruntergestuft zu werden. Ich halte das aber durchaus – vergleichbar mit der Privatwirtschaft – für ein geeignetes Instrument. Ich glaube auch, dass der öffentliche Dienst damit zurechtkommt.

Eine Nachfrage des Kollegen Trapp. – Bitte!

Wie viele Leistungsprämien bzw. Leistungszulagen sind im Land Berlin bereits an Beamte gezahlt worden?

Herr Senator für Inneres – bitte!

Herr Kollege Trapp! Die Leistungszulagen und -prämien sind keine Regelung, die – wie das, was ich mit dem Tarifvertrag öffentlicher Dienst eben dargestellt habe – alle Mitarbeiter betrifft. Im Tarifvertrag öffentlicher Dienst werden alle Mitarbeiter diesem Raster unterworfen, während es bei den Leistungszulagen und -prämien darum geht, einzelne herausgehobene Mitarbeiter, die etwas ganz Besonderes in einer bestimmten Situation gemacht haben, dann mit einer Leistungsprämie oder -zulage zu bezahlen. Davon ist nach meiner Kenntnis im Land Berlin nur sehr behutsam Gebrauch gemacht worden. Ich schätze, es sind vielleicht 15, 20 oder 50 Fälle im Jahr, wo solche Sondersituationen auftreten, dass man eine Leistungszulage oder -prämie zahlt. Aber das hat mit der Grundfrage: Wollen wir Elemente der leistungsgerechten Bezahlung wie in der Privatwirtschaft auch im öffentlichen Dienst einführen? – nichts zu tun. Diese Grundfrage muss man beantworten.

Der Bundesinnenminister hat sie seinerzeit mit einem Tarifvertrag beantwortet: Ja, er will solche Elemente der Leistungsbezahlung für alle Mitarbeiter einführen. Ich habe das damals begrüßt. Ich erinnere mich auch, dass viele damals begrüßt haben, dass wir uns da auf einen Weg begeben, der richtig ist. Dann muss man ihn künftig, wenn die gesetzmäßigen Voraussetzungen gegeben sind, auch für die Beamten gehen. Dann muss man sich unterhalten, ob das genau das Modell ist, das Otto Schily seinerzeit mit den Gewerkschaften verhandelt hat, oder ob man das Modell – wie ich meine – noch modifizieren muss.

Jetzt geht es weiter mit Frau Ströver. – Bitte!

Danke schön! – Meine Frage richtet sich an den Regierenden Bürgermeister: Was haben Sie getan, Herr Regierender Bürgermeister, um den Fernsehsender XXP in Berlin zu halten, und warum waren diese Aktivitäten nicht erfolgreich, so dass der Sender jetzt seinen Sitz von Berlin nach München verlegt?

Herr Regierender Bürgermeister Wowereit – bitte!

Herr Regierender Bürgermeister – bitte!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Ich gehe davon aus, dass jemand Ihnen das mitteilen kann, wenn wir das wissen. Ansonsten ist es wohl nicht üblich, dass man diese spontanen Fragen auch noch schriftlich beantwortet.

Jetzt ist der Kollege Kurth mit einer spontanen Frage dran. – Bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage Herrn Senator Wolf: Herr Müntefering hat gestern im Bundeskabinett das so genannte Optimierungsgesetz eingebracht. Mich interessiert, wie die Jobcenter und Arbeitsgemeinschaften in Berlin auf die zusätzlich auf sie zukommenden Aufgaben vorbereitet werden. Sehen Sie eine Chance, dass dieses Mal die Vorbereitung rechtzeitig klappt?

Herr Senator Wolf – bitte schön!

Herr Kurth! Selbstverständlich müssen die Jobcenter die ihnen übertragenen Aufgaben erfüllen, und es gibt eine entsprechende Vorbereitung. Wir haben in den letzten Tagen die Übersicht über die vorgesehenen Regelungen in diesem Optimierungsgesetz bekommen. Wir werden das im Einzelnen auswerten. Natürlich werden wir neben der politischen Diskussion und Begleitung des Gesetzgebungsverfahrens auch dafür sorgen – soweit

Das traditionelle Straßenfest am 1. Mai verlief zunächst friedlich. Allerdings war die Stimmung innerhalb der linken Szene gereizt. Bereits bei den 1.-Mai-Demonstrationen des DGB war es zu Polizeieinsätzen gegen den Betroffenenblock gekommen. Gegen 16 Uhr wurde durch Autonome in unmittelbarer Nähe zum Straßenfest ein Streifenwagen umgeworfen. Derweil vergnügten sich die meisten Besucher weiter nichtsahnend auf dem Straßenfest. Die Polizei reagierte allerdings auf vereinzelte Störungen mit Härte und löste das Fest schließlich unter Schlagstock- und Tränengaseinsatz auf. Daraufhin errichteten Besucher des Straßenfestes Barrikaden auf mehreren angrenzenden Straßen. Die Polizei musste sich gegen 22 Uhr

endgültig aus dem Gebiet um die Skalitzer Straße zurückziehen. Obwohl der BVG-Verkehr nach Kreuzberg 36 eingestellt und weiträumige Straßensperren errichtet wurden, gelangten den ganzen Abend weitere Personen nach Kreuzberg. Im gesamten Gebiet wurden Barrikaden errichtet und angezündet, u. a. wurden dafür Baufahrzeuge und Autos auf die Straße geschoben und in Brand gesteckt. An jeder Ecke der Oranienstraße brannten große Barrikaden, die zudem von Steine werfenden Personen verteidigt wurden. Auch Molotowcocktails und Zwillen kamen dabei zum Einsatz. Löschfahrzeuge der Berliner Feuerwehr, die die Brände löschen wollten, wurden angegriffen. Bei einem dieser Zwischenfälle floh die Besatzung eines Rüstwagens, welcher daraufhin ebenfalls angezündet wurde und ausbrannte. Insgesamt wurden über 30 Geschäfte geplündert.

Die hier beschriebene Nacht war nicht die des 1. Mai 2006, es war der 1. Mai 1987, die Nacht, als „Bolle“ brannte. Ich habe Ihnen die Bilanz dieser Nacht noch einmal vorgestellt, weil nichts den Fortschritt besser verdeutlicht, als der Kontrast mit der Vergangenheit. Es gibt dafür aber noch einen zweiten Grund: das einfache Gesetz der Serie, das lautet „einmal ist keinmal, zweimal ist immer“. Bis zum Mai 2005 hat dieses Gesetz für eine krawallorientierte, längst entpolitisierte Szene gearbeitet, die sich am 1. Mai in Kreuzberg zur großen Prügelei mit Einsatzkräften aus ganz Deutschland verabredet hatte, um den Adrenalinstoß von 1987 noch einmal nachzuempfinden.

es in unserer Macht steht –, dass eine entsprechende organisatorische Vorbereitung der Jobcenter auf neue oder zusätzliche Aufgaben stattfindet.

Danke schön, Herr Senator Wolf! – Eine Nachfrage des Kollegen Kurth – bitte schön!

Vielen Dank! – Herr Müntefering plant ja mit diesem Gesetz noch im Jahr 2006 Einsparungen in einer Größenordnung von insgesamt 500 Millionen €. Mich interessiert, wie Sie die Auswirkungen auf den Berliner Haushalt einschätzen.

Herr Senator Wolf – bitte schön!

Herr Kurth! Das kann ich Ihnen noch nicht sagen, denn dazu müsste man die Vielzahl der Regelungen, die in diesem Optimierungsgesetz vorgesehen sind, im Einzelnen analysieren. Nach einer ersten groben Durchsicht habe ich den Eindruck, dass die Einsparpotentiale, die von Seiten der Bundesregierung gesehen werden, ausgesprochen optimistisch eingeschätzt werden.

Danke schön, Herr Senator Wolf! – Wegen Zeitablaufs hat nunmehr die Spontane Fragestunde ihr Ende gefunden.

Es geht weiter mit

lfd. Nr. 3:

Aktuelle Stunde

1. Mai in Kreuberg – Engagement der Anwohner und Polizeikonzept haben sich bewährt!

Antrag der SPD und Linkspartei.PDS

Jeder Fraktion steht eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung, die auf zwei Redner aufgeteilt werden kann. Für die Fraktion der SPD spricht der Kollege Dr. Felgentreu. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, mit einem etwas längeren Zitat aus Berichten der Berliner Medien zu beginnen:

Im vergangenen Jahr wurde diese Serie zum ersten Mal mit einem fast störungsfreien Festtag unterbrochen. In diesem Jahr ist das zum zweiten Mal gelungen. Wir sind berechtigt, zu hoffen, dass eine neue Serie fröhlicher, angstfreier Maifeste in Kreuzberg begonnen hat. Kreuzberg ist befriedet. Das ist wahrlich ein Grund zur Freude und auch ein Grund zur Diskussion in diesem Hause. – Sie glauben es nicht, Herr Wansner? – Seien Sie da doch etwas großzügig, springen Sie über Ihren eigenen Schatten! Ihr Kollege Henkel ist da schon weiter und meint, dass es gut gelaufen ist am 1. Mai bei uns in Berlin. – Nein, meine Damen und Herren, das ist ein Grund zur Freude, das ist ein Grund zur Diskussion in diesem Hause und ein großer Erfolg für alle daran beteiligten Kräfte der Polizei, der Politik und der ganzen Stadt.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

In unserer Bewertung dürfen wir weder unvorsichtig sein noch auf die Analyse des Erfolgs verzichten. Wir wissen noch nicht, ob der Frieden auch in den kommenden Jahren halten wird. Deshalb warne ich davor, in Selbstzufriedenheit und Bequemlichkeit zu verfallen. Vielmehr müssen wir uns sehr genau darüber klar werden, welchen Maßnahmen und Umständen wir die gute Botschaft des heutigen Tages verdanken. Ich sehe vor allem drei Gründe für die Befriedung Kreuzbergs in diesem Jahr.

Danke schön! – Für die CDU-Fraktion hat nun der Abgeordnete Herr Henkel das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Alle Jahre wieder, so könnte man meinen, debattieren wir im Berliner Abgeordnetenhaus über den Verlauf der Walpurgisnacht und des 1. Mai in Berlin. Alle Jahre wieder könnte man den Eindruck gewinnen, dass der ritualisierte Schlagabtausch zwischen Teilen der Opposition auf der einen Seite und dem jeweils verantwortlichen Innensenator sowie der ihn tragenden Koalition auf der anderen Seite der gleiche zu sein scheint. Worin also unterscheidet sich in jedem Fall die Bewertung und eventuell auch diese Debatte dieses 1. Mai im Vergleich zu den letzten Jahren? – Der Unterschied liegt unter anderem darin, dass wir uns als Union stets als konstruktive Opposition verstanden und das bei Fragen der inneren Sicherheit auch immer deutlich gemacht haben.

Erstens: Das über Jahre gereifte Konzept einer polizeilichen Begleitung der ausgestreckten Hand hat sich bewährt. Diese Hand bietet den freundlichen Händedruck der Gemeinsamkeit an, sie ist aber auch zum Zugriff fähig und bereit. Die Berliner Polizei und die sie unterstützenden Kräfte können Störer und Randalierer identifizieren und zielgerichtet aus der Menge der friedlich Feiernden entfernen. Sie tut das mit einer unaggressiven Bestimmtheit, die keine Solidarität mit den Festgenommenen aufkommen lässt. Das Ziel, diejenigen, die einfach nur feiern wollen, von denen zu trennen, die an Kreuzbergs unseliger Tradition hängen, ist deshalb uneingeschränkt erreicht worden. Allen beteiligten Polizisten, besonders den Antikonfliktteams und den Einsatzkräften in der Oranienstraße und auf dem Boxhagener Platz möchte ich im Namen meiner Fraktion herzlich danken.

[Beifall bei der SPD, der Linkspartei.PDS und den Grünen]

Sie haben sich erneut in vorbildlicher Weise um unsere Stadt verdient gemacht.

Zweitens: Wie schon im vergangenen Jahr wurde der Ablauf des 1. Mai durch die Abwesenheit eines Teils der gewaltbereiten Szene begünstigt, die den Neonazis zu ihren Auftritten nach Rostock und Leipzig nachgereist war. Ich gebe gerne zu, dass zum erfolgreichen politischen Handeln auch ein wenig Fortune gehört. Ich sehe keine Relativierung in der Feststellung, dass der Innensenator Herr Körting und der Polizeipräsident in diesem Punkt auch das Glück der Tüchtigen auf ihrer Seite hatten. Dieses Glück hat aber eine Vorgeschichte. Es ist dadurch erarbeitet worden, dass die Nazi-Szene spätestens 2005 begreifen musste, dass diese Stadt, die sie so gerne als ihre „Reichshauptstadt“ in Anspruch nehmen würde, für ihre Inszenierungen keine Geduld und keine Toleranz aufbringt. Warum gibt es denn seit zwei Jahren keine Nazis mehr am 1. Mai? – Weil diese Szene und vor allem ihr Rückgrat in der NPD noch heute von der Festigkeit traumatisiert ist, mit der die Berlinerinnen und Berliner ihr am 8. und 9. Mai 2005 nicht den geringsten Spielraum gelassen haben. Es war die Zivilgesellschaft, unterstützt von einer aufgeklärt und ruhig agierenden Polizei, die die Nazis und mit ihr auch gewaltbereites linkes Potential dieses Landes verwiesen hat.

Damit komme ich zum dritten Punkt: Diesen Berlinerinnen und Berlinern verdanken wir auch in Kreuzberg das Allermeiste. Das große, weiträumige, fröhliche Myfest hat eine ganz entscheidende Funktion. Dabei ist es gut und richtig, dass die Politik Räume geschaffen und Vernetzungen unterstützt hat. In diesem Zusammenhang danke ich ausdrücklich den Vereinen der EinwandererComunities, die auf ihre, wie man so sagt, „erlebnisorientierte“ Jugend mäßigend eingewirkt haben. Entscheidend war aber, dass Zehntausende gesagt haben: Am 1. Mai gehört die Straße uns und nicht denen, die unter Gewalt und Zerstörung Spaß verstehen. Diese Menschen haben die Gewalt aus dem Bezirk hinausgefeiert, hinausgelacht, hinausgetanzt. Wir können stolz sein auf die Berlinerin