In der Antwort auf meine Mündliche Anfrage vom 5. Juli 2007, in der ich u. a. fragte, wie mit den Anträgen nach Fristablauf verfahren wird, heißt es von Innensenator Körting: „Diese Anträge werden jedoch allein wegen Fristversäumnis nicht abgelehnt.“ Am vergangenen Freitag lasen wir nun in der „Berliner Zeitung“: „… es sei unter anderem bei 232 abgelehnten Flüchtlingen die Stichtagsregelung missachtet worden …“. Wie erklärt der Senat diese Widersprüche?
Herr Präsident! Herr Kollege Lehmann! Ich kann die Widersprüche nicht erklären, weil es keine Widersprüche gibt. Es gibt zwei Fristen. Zum einen gilt, dass Menschen, die bei uns bleiben wollen, obwohl sie nach der Rechtslage nicht bei uns bleiben dürften, mindestens sechs oder acht Jahre seit einem Stichtag – der Beschluss der Innenministerkonferenz am 17. November 2006 – bei uns gewesen sein müssen. Dieser Stichtag ist unveränderlich. Das heißt, wer zum Stichtag nicht mindestens sechs oder acht Jahre hier gewesen ist, hat kein Bleiberecht nach dem Beschluss der Innenministerkonferenz. Darauf bezieht sich die Mitteilung, die in der „Berliner Zeitung“ aufgrund einer Mitteilung, die ich anderswo gemacht habe, abgedruckt war.
Sie beziehen sich in Ihrer Anfrage vom Mai mit Ihrem Hinweis auf Fristversäumnis auf etwas anderes. Die Innenministerkonferenz hatte beschlossen, dass Anträge für ein Bleiberecht innerhalb von sechs Monaten gestellt werden müssen, beginnend am 17. November 2006 und endend am 17. Mai 2007. Hier habe ich gesagt, dass es den Leuten, die die Voraussetzungen für ein Bleiberecht erfüllen, nicht zum Nachteil gereichen soll, wenn ihre Anträge nicht innerhalb dieser Sechsmonatsfrist eingegangen sind. Dementsprechend ist auch verfahren worden.
Wie beurteilt der Senat die Kritik der Flüchtlingsinitiative „Hier geblieben!“, dass die Berliner Ausländerbehörde restriktiver als die anderer Bundesländer vorgeht, und inwieweit unterscheidet sich das Vorgehen der Ausländerbehörde hier von dem in anderen Bundesländern?
Herr Kollege Lehmann! Eine Antwort würde jetzt ein wenig den Rahmen einer Fragestunde der Plenarsitzung sprengen.
Wir haben bisher – wenn ich das richtig im Kopf habe – in 583 Fällen – was nicht 583 Personen bedeutet, sondern Antragsfälle, bei denen es sich teilweise um Familien
handelt – Bleiberecht zugebilligt und in 466 Fällen nicht zugebilligt. Darunter sind die von Ihnen genannten 132 Fälle von Stichtagsversäumnis. Dazu kommen 96 Fälle von Strafbarkeit oder Ähnlichem. Wir gehen hier nicht kleinlich vor, sondern handeln nach der Bleiberechtsregelung, wie sie die Innenministerkonferenz beschlossen hat.
Wir haben eine neue, die Bleiberechtsregelung der Innenministerkonferenz überlagernde gesetzliche Regelung in § 104a Aufenthaltsgesetz. Eine andere Frage ist, wie wir dieses Aufenthaltsgesetz ausfüllen. In dieser Regelung heißt es – ich zitiere aus dem Gedächtnis –, dass einem geduldeten Ausländer, der sich zum Zeitpunkt X im Juli 2007 hier mindestens sechs oder acht Jahre geduldet, gestattet oder aus humanitären Gründen gestattet aufgehalten hat, ein Bleiberecht bewilligt werden kann.
Jetzt war die Frage nach dem Zeitpunkt, zu dem der Ausländer geduldet sein muss. Das heißt, ob diese Vorschrift auch für Ausländer gilt, die sich im Asylverfahren befinden, aber zum Zeitpunkt der Entscheidung der Ausländerbehörde das Asylverfahren abgeschlossen haben. Hier hat die Ausländerbehörde in einem ersten Arbeitshinweis die Auffassung vertreten – da von einem geduldeten Ausländer die Rede ist –, dass der Betroffene im Juli 2007, als das Gesetz in Kraft getreten ist, geduldet sein musste.
Ich neige dazu – das werden wir mit den Flüchtlingsorganisationen und der Ausländerbehörde noch einmal bereden –, der großzügigeren Regelung den Vorzug zu geben und zu sagen: Spätestens in dem Zeitpunkt, wo er das Bleiberecht bekommt, muss er sich entschieden haben, ob er ein Asylrecht oder ein Bleiberecht haben will. Beides nebeneinander zu betreiben geht nicht. Das Bleiberecht gilt nur für jene, die sonst keinen Rechtsanspruch haben. Das heißt, ich gehe davon aus, dass wir nach der großzügigen Regelung verfahren werden. Dieser Sachverhalt lag der Kritik, die die Flüchtlingsräte auf einer öffentlichen Veranstaltung geäußert haben, zugrunde. Diese Kritik wird sich aber aller Voraussicht nach erübrigen.
Danke schön, Herr Senator! – Jetzt gibt es eine Nachfrage von dem Kollegen Lux von der Fraktion der Grünen. – Sie haben das Wort, Herr Lux!
Danke schön, Herr Präsident! – Herr Senator Dr. Körting! Wie bewerten Sie es, dass in vielen Fällen Antragstellerinnen und Antragsteller, die nach Antragstellung noch eine kurze Zeit Sozialleistungen bezogen, bevor sie eine Arbeit – um die sie sich kümmern müssen, um sich wirtschaftlich selbst zu versorgen – aufgenommen haben, von der Ausländerbehörde bescheinigt bekommen haben, dass das Bleiberecht automatisch erloschen ist? Stimmen Sie nicht doch der Auffassung des Kollegen Lehmann zu, dass Berlin wesentlich härter verfährt als andere Bundesländer?
Herr Kollege Lux! Das Bleiberecht nach dem Beschluss der Innenministerkonferenz sah vor, dass diejenigen, die es in Anspruch nehmen wollten, ihren Lebensunterhalt selber finanzieren. Das musste nachgewiesen werden.
Sie bekamen ja dann die Arbeitserlaubnis! – Wenn es nicht nachgewiesen werden konnte, gab es für ein Bleiberecht nach der Regelung der Innenminister keine Möglichkeit.
Das Problem hat sich durch die gesetzliche Regelung in § 104a Aufenthaltsgesetz erübrigt, weil dort der Bundesgesetzgeber – mit Zustimmung des Landes Berlin im Bundesrat festgelegt hat, dass wir den Leuten eine Frist einräumen, sich Arbeit zu suchen. Sie erhalten jetzt schon eine Aufenthaltserlaubnis und müssen bis spätestens 31. Dezember 2009 nachweisen, dass sie sich selbst unterhalten können. Insofern hat sich das Problem erledigt.
Jetzt geht es weiter mit einer Anfrage des Kollegen Pauzenberger von der Fraktion der SPD zu dem Thema
Planungen des Senats für eine Fanmeile in der Straße des 17. Juni während der Fußballeuropameisterschaft 2008
1. Plant der Senat die Einrichtung einer Fanmeile in der Straße des 17. Juni während der Fußballeuropameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz, die an die guten Erfahrungen mit der Fanmeile während der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland anknüpft?
2. Von welchen Faktoren ist die Entscheidung abhängig, und wen bezieht der Senat in seine Überlegungen ein?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Pauzenberger! Wir haben fantastische Erfahrungen mit der Fanmeile anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 2006 gemacht. Das legt es nahe, bei künftigen sportlichen Topereignissen darüber nachzudenken, ob etwas Ähnliches wieder möglich ist. Wir sind vom Grundsatz her erst einmal offen gegenüber der Frage, ob und wo das möglich ist.
Allerdings plant – im Unterschied zur Fußballweltmeisterschaft 2006 – jetzt nicht der Senat eine Veranstaltung, sondern der Senat wird sich mit Interessenten zusammensetzen und prüfen, ob und wo diese eine entsprechende Veranstaltung durchführen können.
Die Frage nach den Faktoren lässt sich relativ einfach beantworten: Man muss erkennen, dass die Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz in Berlin ein anderes Publikumsinteresse hervorrufen wird als die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland. Man muss davon ausgehen, dass internationale Gäste u. Ä. gleich in die Schweiz oder nach Österreich fahren, anstatt sich nach Berlin auf eine Fanmeile zu begeben. Deshalb müssen sich potenzielle Veranstalter, die das ohne staatliche Hilfe finanzieren müssen, genau überlegen, was möglich ist. Und wir müssen uns angesichts der Tatsache, dass es sich um eine andere Veranstaltung handelt – beispielsweise finden im Vergleich zur WM nur 31 statt 64 Spiele statt –, überlegen, ob es angemessen ist, die Straße des 17. Juni einem Monat lang zu sperren, teilweise zu sperren oder einen anderen Veranstaltungsort zu finden. Darüber finden Gespräche mit den möglichen Veranstaltern statt.
Der Kollege Pauzenberger hat keine Nachfrage. – Dann sind Sie an der Reihe, Herr Statzkowski. – Bitte!
aber ich beantworte sie trotzdem gerne. Das ist kein Problem. – Herr Kollege Statzkowski! Bei der LeichtathletikWM wird die Situation ganz anders sein. Wir haben – ich allerdings nur am Fernseher – gesehen, dass es bei der Leichtathletik-WM in Japan teilweise schon schwierig
war, die Stadien zu füllen. Deshalb muss unser Interesse im Jahr 2009 bei der Leichtathletik-WM, die ein tolles und großes Sportfest ist, darin liegen, zunächst einmal das Olympia-Stadion zu füllen und dort eine Wettkampfatmosphäre zu schaffen. Erst danach ist es angebracht, über Fanmeilen nachzudenken.
Das ist meine Grundhaltung. Man muss das noch einmal nüchtern prüfen. Momentan bin ich skeptisch, ob man einen Vergleich mit der Fußball-WM ziehen kann. Mir ist ein volles Olympia-Stadion und eine tolle Stimmung dort lieber als ein halb leeres Olympia-Stadion und eine nahezu leere Straße.
Danke schön, Herr Senator! – Nun hat Herr Kollege Birk eine Nachfrage. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Herr Körting! Trifft es zu, dass bereits die Veranstalter der Parade zum Christopher Street Day eine Route während der EM über die Straße des 17. Juni angemeldet haben und die Abschlusskundgebung – wie in den letzten Jahren – an der Siegessäule stattfinden soll? Beziehen Sie diese Anmeldung in Ihre Pläne ein?
Herr Kollege Birk! Ihre Annahme trifft zu. Das gehört zu den Dingen, die wir in unsere Überlegungen einbeziehen. Natürlich können wir traditionelle Berliner Veranstaltungen nicht aufgrund einer Fanmeile untersagen oder zu anderen Planungen zwingen. Dieser Aspekt spielt eine Rolle.
Ich betone noch einmal, dass die Fußball-WM 2006 im eigenen Land die Ausnahme bildet. Man kann diese Erfahrung nicht auf andere Sportevents übertragen.