Protokoll der Sitzung vom 10.04.2008

Ich verspreche, es dauert nicht mehr lange. – Der Kollege Lederer hat ausführliche Rechtsdarlegungen vorgetragen, die muss ich nicht wiederholen, sie waren richtig. Ich kann mich darauf beschränken, Sie alle noch einmal aufzufordern: Lassen Sie uns gemeinsam ans Werk gehen! Lassen Sie uns als Parlament des Landes Berlin ein deutliches Zeichen setzen, dass wir bestehende Diskriminierung beseitigen. Ich hoffe, dass wir dieses Gesetz nach den Ausschussberatungen einvernehmlich verabschieden können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die Fraktion der Grünen hat der Kollege Birk das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Trapp! Ihr Beitrag hat mich sprachlos gemacht. Sie sollten sich einmal bei Ihren Kolleginnen und Kollegen in Hamburg erkundigen. Sie sind dort schon ein Stückchen weiter.

[Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den Grünen – Bravo! von der SPD]

Ich bin erstaunt, dass die Berliner CDU hier noch nicht weiter ist als vor 20 Jahren. Erschreckend!

[Beifall bei der SPD]

Die rechtliche Gleichstellung von Lesben und Schwulen in eingetragener Lebenspartnerschaft mit heterosexuellen Eheleuten ist ein mühsames Geschäft – wir haben es gerade wieder erlebt –, aber heute kommen wir ein Stückchen voran. Von Bremen lernen heißt siegen lernen. Nur wenige Monate nach Gründung der rot-grünen Koalition wurde dort im November ein Artikelgesetz verabschiedet, das die völlige Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften im Beamtenrecht einführt, sowohl bei der Besoldung als auch bei den Beihilfen und der Versorgung. Die Initiative ging dabei von den Grünen aus. Man sieht: Wenn man etwas wirklich will, kann es ganz schnell gehen.

Berlin hätte die Chance auch schon früher nutzen können, denn die Föderalismusreform ist seit Sommer 2006 in Kraft und damit die Regelungshoheit für die Landesbeamtinnen und -beamten weitestgehend abgeschichtet.

[Dr. Fritz Felgentreu (SPD): Ganz ohne Mäkeln geht’s einfach nicht!]

Nun müssen wir uns ranhalten, dass wir bei der Gleichstellung wenigstens als Zweite durch das Ziel gehen, denn andere Bundesländer sind auch schon auf dem Sprung.

Es war sicher nicht so klug von Rot-Rot, die Gleichstellung bei der Besoldung mit der Einführung der neuen Besoldungsstufen in einem Gesetzentwurf zu verbinden. Der Gesetzesantrag liegt seit November vor, aber still ruht der See. Bei der hier vorliegenden Gleichstellung für die Versorgung haben Sie aus diesem Fehler gelernt und keine anderen Fragen damit verknüpft. Nun wäre es allerdings absurd, wenn die Gleichstellung in der Versorgung vor der Besoldung verabschiedet würde.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Wir machen das schon zusammen!]

Die Lesben und Schwulen müssen also vermutlich noch warten, bis die Konflikte hinter den Kulissen zum Besoldungsrecht ausgefochten sind. Das werden Sie hoffentlich bis zur Sommerpause schaffen. Wir werden Ihnen den nötigen Druck machen, Herr Lederer!

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Wie bisher im Bildungsausschuss, wo nichts passiert ist!]

Da stellt sich umso mehr die Frage – das haben Sie zu Recht angesprochen, Herr Lederer! –, ob die Regelungen zur Gleichstellung im Beamtenrecht nicht rückwirkend gelten sollten. Das wegweisende Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 1. April, das einem Witwer die Hinterbliebenenversorgung des verstorbenen eingetragenen Partners aus der Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen zugesprochen hat, hat der Bundesrepublik eine klare Lektion erteilt.

Die Richter machten deutlich, dass die Bundesrepublik versäumt hat, die Richtlinie zur Gleichbehandlung in Be

schäftigung und Beruf bis zum Stichtag 2. Dezember 2003 umzusetzen. Nun war das Land Berlin damals in diesem Punkt noch nicht in der gesetzlichen Verantwortung für Berliner Beamtinnen und Beamte, aber dafür können die Beamten nichts. Deswegen wäre der 3. Dezember 2003 zum Beispiel unserer Ansicht nach ein angemessenes Datum für die rückwirkende Anwendung der Gleichstellung im Beamtenrecht. Ich habe vorhin gesehen, dass die SPD da applaudiert hat. Wenn wir da Konsens hätten, wäre das wunderbar.

Wir halten es allerdings für untragbar, dass es nun zu einem Flickenteppich der Ungleichbehandlung im Bundesgebiet kommen wird. Wir fordern deswegen die anderen Länder, aber vor allem den Bund auf, die Konsequenzen aus dem besagten Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu ziehen und die Gleichstellung von eingetragenen Partnerschaften im Beamtenrecht endlich zu vollziehen.

[Beifall von Thomas Kleineidam (SPD)]

Das gilt vor allem für das Dienstrechtsneuordnungsgesetz im Bund. Hier muss sich die CDU endlich bewegen, aber nach dem Beitrag eben habe ich da wenig Hoffnung.

Die Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe bleibt für uns weiterhin Thema. Das gilt auch beim Thema Versorgung durch die berufsständigen Kammern, Herr Lederer hat es angesprochen. Ich kann Ihnen, was die Ärztekammer in Berlin angeht, nur in voller Gänze zustimmen. Das gilt aber auch für das Steuerrecht und genauso für das Familienrecht; das Stichwort Adoption ist vorhin auch gefallen. Gleichen Pflichten müssen endlich auch gleiche Rechte folgen.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion und bei der FDP]

Der Kompromiss bei der Erbschaftsteuer, wo es einen Steuerfreibetrag von 500 000 €, aber unterschiedliche Steuersätze, geben soll, ist zwar ein Teilerfolg der breit getragenen parteiübergreifenden Kampagne, aber er reicht uns nicht aus. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion! Hören Sie auf die Lesben und Schwulen in der Union – LSU –, die es ja gibt! In Ihren Reihen ist sogar ein Mitglied. Erkennen Sie endlich an, dass Lesben und Schwule genauso führsorgende und verantwortliche Lebenspartnerinnen und Lebenspartner sind wie Ehepartner und deswegen die gleichen Rechte verdient haben wie heterosexuelle Paare! – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen, der SPD, der Linksfraktion und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege Birk! – Das Wort für die FDPFraktion hat der Abgeordnete Jotzo.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss zugeben, diese Debatte ist doch facettenreicher geworden, als man sich das im Vorhinein vielleicht vorgestellt hat. Herr Dr. Lederer, es hat mich überrascht, dass Sie sich hier in Ihrer Begründung fast ausschließlich auf legalistische Aspekte, gesetzgeberische Notwendigkeiten und europäische Urteile zurückgezogen haben. Das ist bei diesem Thema aus meiner Sicht und der der FDP-Fraktion ein wenig schade. Es ist uns auch zu dünn.

[Beifall bei der FDP – Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Dann haben Sie nicht zugehört!]

Ich kann Ihnen nur sagen, Herr Dr. Lederer, wir von der FDP-Fraktion werden uns diesem Gesetzesvorhaben nicht verschließen, nicht aus legalistischen Gründen, sondern weil wir die Gleichstellung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft wollen.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Lesen Sie es im Protokoll nach!]

Wir wollen diese Gleichstellung politisch. Deswegen werden wir sie auch mittragen und in den Ländern, in denen wir hier und andernorts etwas zu sagen haben durchsetzen, Herr Lederer.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Heidi Kosche (Grüne) – Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Das ist auch das Mindeste!]

Wir wollen es deshalb politisch, weil es dort, wo zwei Menschen Verantwortung füreinander übernehmen, keine Rolle spielen darf, ob es Männlein und Weiblein sind oder eben nicht. Das ist kein Kriterium, nach dem man diese Maßstäbe ansetzen kann. Deswegen bedarf das Berliner Beamtenversorgungsgesetz einer Überarbeitung. Diese haben Sie in einem Entwurf vorgelegt. Wir werden diesen Beratungsvorgang konstruktiv begleiten und bieten Ihnen dabei unsere Mithilfe an, denn das Ansinnen tragen wir mit. Es ist richtig, wichtig und gut, dass dieses Thema von Ihnen aufs politische Tapet gehoben wurde, denn da können wir immerhin hier in Berlin sichergehen, dass wir mit diesem wichtigen Vorhaben Erfolg haben werden. Ich freue mich, dass insoweit – jedenfalls bei den meisten Fraktionen – Konsens besteht, dass wir in einer konstruktiven Art und Weise dieses wichtige Thema gemeinsam bewältigen werden. Ich bin mir auch sicher, dass der Erfolg uns im Endeffekt recht geben wird, hier, heute und auch in der Ausschussberatung das Richtige zu tun. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Genau, aus politischen Gründen!]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung federführend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung

sowie mitberatend an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung und an den Hauptausschuss. Ich höre hierzu keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 7:

I. Lesung

Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens in der Öffentlichkeit (Nichtraucherschutzgesetz – NRSG)

Antrag der FDP Drs 16/1319

Ich eröffne die I. Lesung. Die Reden werden zu Protokoll gegeben.

Während der vergangenen Monate haben wir uns hier im Abgeordnetenhaus intensiv mit der Frage beschäftigt, auf welche Weise Bürgerinnen und Bürger effektiv vor Passivrauch geschützt werden können. Für meine Fraktion ging es hierbei vor allem um die Frage, wie weitreichend ein solcher Schutz sein muss, um positive Effekte zu erzeugen, und wie man dies umsetzen kann, ohne die Rechte vor allem von Gastwirten unzulässig einzuschränken. Denn bei diesem Personenkreis hatten wir von Anfang an rechtliche Bedenken und die Befürchtung, dass sie massive wirtschaftliche Einbrüche erleiden müssen.

Wir sind uns einig, dass dort, wo der Staat in besonderer Weise Verantwortung trägt, wie in Krankenhäusern oder in der öffentlichen Verwaltung, ein konsequenter Nichtraucherschutz verfolgt werden muss. Deshalb erübrigt sich eine erneute Grundsatzdebatte. Ich möchte aber daran erinnern, dass es die FDP-Fraktion war, die sich des Themas sehr frühzeitig angenommen und schon im April 2007, lange vor dem Senat, einen Gesetzentwurf zum Nichtraucherschutz eingebracht hat, der dem gebotenen Nichtraucherschutz in der Öffentlichkeit Rechnung trägt, die Gastwirte in ihrer Berufsausübung aber nicht einschränkt. Wir haben uns von Anfang an für eine entsprechende Kennzeichnungspflicht eingesetzt. Dieser Gesetzentwurf wurde von Rot-Rot, den Grünen und einem Großteil der CDU abgelehnt.

Stattdessen setzen Sie durch Ihre Zustimmung zum grundsätzlichen Rauchverbot in Gaststätten gerade die Wirte von Einraumkneipen und -cafés einer massiven Wettbewerbsbenachteiligung aus, die einige bereits die wirtschaftliche Existenz gekostet hat. Da gerade für Wirte von Einraumgaststätten der Fortbestand ihrer Lebensgrundlage von dieser irrsinnigen Regelung abhängt, gehen sie mit Klagen vor Landes- bzw. Bundesverfassungsgericht dagegen vor. In den Ländern Rheinland-Pfalz, Sachsen und Saarland ergingen sogar einstweilige Anordnungen zum Aussetzen der jeweiligen Regelungen zum Nichtraucherschutz für Einraumgaststätten, da den Wirten

die Nachteile, die sie bis zur Entscheidung in der Hauptsache erleiden könnten, nicht zugemutet werden können. Es ist davon auszugehen, dass die Gerichte auch in der Hauptsachenentscheidung bei ihrer Rechtsmeinung bleiben.

Zu meiner großen Freude hat auch die SPD in Person von Herrn Kohlmeyer erkannt, dass die Berliner Regelung nicht unbedingt mit unserem Grundgesetz vereinbar ist. Auch die CDU kann sich Lockerungen beim Rauchverbot vorstellen, nachdem Sie wohl festgestellt haben, dass Sie auch Wähler haben, die Eckraumkneipen besitzen. Die Erkenntnis allein lockt aber auch nicht zahlende Gäste in die Eckkneipen.

Die von Grünen und PDS propagierte Lösung der Problematik, nämlich ein generelles Rauchverbot in Gaststätten zu verhängen, kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein. Mal abgesehen davon, dass nicht geklärt ist, ob das verfassungsgemäß ist und es trotz einer sozialistischen Regierung keine Gleichheit im Unrecht gibt, haben viele Wirte bereits Investitionen getätigt, um Raucherräume abzutrennen. Wenn diese nun nicht als solche genutzt werden können, stürzen Sie die nächsten in den finanziellen Ruin – Ihr persönliches Geschenk an diejenigen, die sich an rot-rote Gesetze halten.

Wir Liberalen wollen weiteren wirtschaftlichen Schaden von Einraumkneipen und -cafébetreibern abwenden und rechnen vor dem Hintergrund des begonnenen Kneipensterbens und bereits ergangener Anordnung mit einer großen parlamentarischen Zustimmung im Sinne der Berufsfreiheit.

Ich will ehrlich sein: Eigentlich finde ich es erschütternd, dass ich hier schon wieder zum Thema Nichtraucherschutzgesetz reden darf, denn als wir im November vergangenen Jahres das Gesetz endlich verabschiedeten, war dies nach fast einem Jahr der Diskussion.

Und ganz ehrlich: Was hat sich denn verändert seit November? Haben wir wirklich neue Erkenntnisse, die es erforderlich machen, dass wir das Gesetz gut drei Monate nach Inkrafttreten bereits wieder ändern müssen? Ja, sind wir denn in Bayern, wo die CSU erst die strengste Regelung in der ganzen Bundesrepublik durchsetzt, um sie dann sogleich nach einer verlorenen Kommunalwahl im Hinblick auf die Landtagswahlen wieder aufzuweichen? Nein!