Protokoll der Sitzung vom 30.01.2020

(Bernd Schlömer)

Anspruch zu nehmen. Wenn wir das alles geschafft haben, dann können wir LoRaWAN machen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Dann hat für die CDU-Fraktion der Kollege Lenz das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist ein echter SchlömerAntrag. Aber gut! Spannend ist es auf jeden Fall. Mit dem Internet der Dinge eröffnet sich einem eine geradezu unbegrenzte Möglichkeitenwelt. Grenzenlose Effizienzen, Optimierungsmöglichkeiten und Synergien, all das ist bald vorstellbar – wir wissen nicht genau wie, aber dass sich diese Optionen öffnen werden, glauben wir schon alle. Das wird in Zukunft sicher irgendwann Normalität. Hier liegen in Zukunft gigantische Potenziale.

Aber kommen wir zum heutigen Berlin: Berlin befindet sich leider noch nicht in dieser Phase des digitalen Feinschliffs, wenn wir mal ehrlich sind. Im Moment beschäftigt und eher die Umstellung von Windows 7 auf Windows 10. Wir beschäftigen uns mit der Inbetriebnahme der Dokumentenprüfgeräte.

[Stefan Ziller (GRÜNE): Ja, Bingo!]

Die sind ja tatsächlich geliefert worden, aber sie sind immer noch nicht im Einsatz. Wir beschäftigen uns damit, dass die E-Akte zum 1. Januar 2023 kommen soll, und wir haben alle die gleiche Befürchtung, dass es schon beim Ausschreibungsverfahren scheitern könnte, dass es also nicht einmal gelingt, einen geeigneten Softwarelieferanten, einen geeigneten Realisierungsdienstleister zu binden. Und wir kämpfen mit digitalen Sicherheitsfragen, die alles andere als banal sind. Wir haben es ja heute breit erörtert. Beim Berliner Kammergericht ist ein Datenschutz-GAU eingetreten, der kaum schlimmer denkbar ist. Das war heute schon Gegenstand der Beratung.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Luthe?

Bitte schön!

Lieber Kollege Lenz! Das, was Sie gerade zu allem, das nicht funktioniert, ausgeführt haben, stimmt mich traurig. Aber sind Sie nicht mit uns der Meinung, dass es schön wäre, wenn wir mal in einem wichtigen IT-Thema voranschreiten würden statt hinterherzulaufen?

Doch, da bin ich natürlich Ihrer Meinung. Ich freue mich auch nicht darüber, dass diese ganzen Dinge, die ich genannt habe, nicht funktionieren. Ich würde mich eher freuen, wenn sie funktionieren würden. Das eint uns ja im Ausschuss. Wir sind da bei allem politischen Streit konstruktiv und haben das gleiche Ziel. Dazu gehört auch, mal groß zu denken, wie es der Kollege Schlömer heute mit uns tut. Das sollten wir machen. Das Thema ist eher Kür als Pflicht, aber wir sollten mal frei denken.

LoRaWAN soll einen Standard setzen, der über vernetzte Sensoren ein Internet der Dinge schafft. Technisch habe ich das verstanden, aber es gibt auch andere Anbieter, die ein ähnliches Projekt verfolgen, soweit es meine Recherche ergeben hat. Jetzt ist die Frage: Ist es sinnvoll, sich jetzt festzulegen, oder sollten wir nicht erst einmal eine Weile grundsätzlich offen nachdenken?

[Marcel Luthe (FDP): Nein!]

Wir sollten erst einmal das Ziel diskutieren, bevor wir uns in die eine oder andere Richtung festlegen. Wir sind uns mit der FDP einig: Eine moderne Großstadt braucht ein leistungsfähiges mobiles Datennetz.

[Beifall bei der FDP]

Dies ist Grundvoraussetzung, um zukunfts- und wettbewerbsfähig zu sein und zu bleiben. Nur so können wir den Berlinern ein vernetztes Leben und Arbeiten in Zukunft ermöglichen. Es ist also die Grundvoraussetzung zu schaffen. Wie wir für Berlin ein funktionierendes Datennetz schaffen, ist erst einmal unklar. Auch die FDP lässt offen, ob ein solches Funknetz vom Land Berlin oder privat betrieben werden soll. Das kann man so oder so regeln. Das müsste man klären. Was die Übernahme durch das Land angeht, ist die CDU skeptisch. Der Ausbau des öffentlichen WLAN lief schon ziemlich schleppend. Jetzt ist die Frage, ob wir ein so viel anspruchsvolleres Projekt überhaupt stemmen können. Ich habe da Zweifel. Das ITDZ hat jedenfalls andere Aufgaben. Dem sollten wir keine neuen aufbürden. Die Aufgaben, die es jetzt hat, sind schon sehr herausfordernd, und wir haben in der Vergangenheit auch keine guten Erfahrungen mit kommunalisieren Netzbetreibern gemacht. Da mache ich eher ein Fragezeichen, denn es geht im wahrsten Sinne des Wortes um die Anschlussfähigkeit Berlins an die moderne Welt. Ob dabei der Einsatz der Netzwerkarchitektur LoRaWAN in Betracht kommt oder nicht, werden wir sehen. Das sollten wir diskutieren.

(Sven Kohlmeier)

Vor diesem Hintergrund, Herr Kollege Schlömer, freue ich mich auf die Debatte. Wir sollten uns wirklich Sachverstand einladen, der uns ganz genau erklärt, welche Chancen damit verbunden sind, uns vielleicht aber auch rechtzeitig aufzeigt, wo die Probleme liegen könnten, die es sicher geben wird. Es gab bisher noch nichts, was ohne Probleme zu verwirklichen war. Wir werden das sehen. Wir sollten uns bei der Digitalisierung nicht überfordern, schon gar nicht den Senat. Der hat ja eine Menge abzuarbeiten. Das sollte er erst einmal tun, aber ich freue mich trotzdem auf die Fachberatung. Es ist immer gut, mal frei in die Zukunft zu gucken. Dabei können wir alle etwas lernen, und das werden wir tun. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat der Kollege Schulze jetzt das Wort.

Danke schön, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich dachte, heute reden alle, die vorher schon wussten, was LoRaWAN ist, aber der Kollege Kohlmeier hat vorhin zugestanden, dass er es nicht wusste. Na gut, dann ist es so. – Noch einmal dazu, was das Besondere, das Spezifikum an diesem Netzwerk ist. LoRaWAN ist ein Mobilfunknetzwerk, das mit sehr niedrigem Energieverbrauch arbeitet, sodass Sensoren mit Batterien über Jahre hinweg arbeiten und Daten funken können. Sie brauchen kein Stromanschluss. Das Zweite ist: Das Netzwerk kann in Gebäuden und in unterirdischen Schächten und Ähnlichem funken, weil es ein niedrigfrequentes Netzwerk ist. Es ist deswegen supergut geeignet, um zum Beispiel aus Abwasserschächten mit Sensoren zu funken. Es ist zudem sehr kostengünstig. Es müssen keine großen Masten aufgestellt werden, es muss keine große Infrastruktur gebaut werden. So etwas kann im Prinzip jeder auch in seinem eigenen Haus installieren. Es ist, ähnlich wie Freifunk, ein Graswurzelnetzwerk. Die Anwendungen, die ein solches Netzwerk hat, sind vielfältig denkbar, und sie werden auch schon in Berlin ausprobiert. Wir sind nicht ganz hinten; das muss man sagen. Wir haben das LoRaWAN-Netzwerk Berlin, wo sich viele Akteure damit beschäftigen.

Ich habe mich mit den Digitalisierungsleuten der BSR und der Berliner Wasserbetriebe getroffen. Die beiden Unternehmen haben ein gemeinsames Projekt. Sie probieren zum Beispiel im Moment aus, auch Müllcontainer nach deren Füllstand abzuschätzen, mit Sensoren auszustatten und sie nur dann zu leeren, wenn sie voll sind. Das spart Wege; es ist auch ökologisch und effizient. Es lohnt sich nicht für jeden kleinen Müllcontainer, aber auf jeden Fall für die großen Unterflurcontainer.

Die Berliner Wasserbetriebe beispielsweise testen derzeit, ob man Abwasserkanäle über LoRaWAN-Sensoren steuern kann, damit, wenn etwa Starkregen fällt, sie ganz schnell die entsprechenden Tore und Schleusen öffnen können, um den Starkregen abzuleiten. So etwas kann man über LoRaWAN-Sensoren steuern.

Eine dritte gute Anwendung ist beispielsweise, dass Rettungszufahrten freigehalten werden, dass man dort Sensoren einbaut, die an die entsprechenden Stellen weiterfunken, wenn eine Rettungszufahrt zugeparkt ist und dann die Abschlepper holt. – Das sind alles Anwendungen für dieses Netzwerk. Es ist sehr preisgünstig. Wir brauchen gar nicht die große Lösung über das ITDZ; wir müssten einfach nur das Go geben, dass unsere öffentlichen Betriebe so etwas machen können, denn diese haben das Know-how und die Sensorik. Wir sollten diese Partner, die wir schon haben, unterstützen.

Die Vorbilder sind vielfältig. Es ist nicht nur Heidelberg, sondern es sind auch Wien und viele weitere Städte wie Koblenz und viele kleinere Städte, die da viel weiter sind als wir. Die Technologiestiftung Berlin ist da dran; dort trifft sich der LoRaWAN-Stammtisch im Land Berlin. Wir als Politik sollten einfach die Akteure, die wir schon haben, unterstützen.

[Beifall von Katalin Gennburg (LINKE) – Beifall bei der FDP]

Dann bekommen wir im Ergebnis auch eine Smart City von unten, wie wir sie uns im Gemeinwohlinteresse wünschen. Da hat der Kollege Schlömer recht: Im Gemeinwohlinteresse sollten wir die Smart City bauen. – Und da ist LoRaWAN ein super Instrument, das wir nach vorne bringen wollen; da sind wir an Ihrer Seite. Ich denke, wir werden da auch eine gemeinsame Lösung finden. – Danke schön!

[Beifall von Katalin Gennburg (LINKE) – Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Gläser das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie wäre es, wenn die Müllabfuhr nicht mehr morgens am Mittwoch um 7.30 Uhr kommt, sondern dann, wenn der Müll voll ist? Oder wie wäre es, wenn uns der Parkplatz schon in dem Moment angezeigt wird, in dem losfahren? – Mit LoRaWAN ließen sich solche Sachen verwirklichen. LoRaWAN eignet sich für den Aufbau von Messnetzen und die Übertragung kleiner Datenmengen. Die Vorteile davon liegen auf der Hand. Positiv an einer solchen Netzinfrastruktur ist, dass sie auch im Notfall als Kommunikationsträger für eine Kurznachrichtenkommunikation

(Stephan Lenz)

benutzt werden könnte, und das bei einem niedrigen Energieaufwand.

Meine Fraktion wünscht sich ein solches Netz in der ganzen Stadt. Auch der Open-Data-Ansatz der FDP ist richtig. Trotzdem gibt es hier einige offene Fragen, die noch geklärt werden müssen. Da ist zunächst die Frage des Antennenbetriebs. Der soll, so steht es im Antrag, gegebenenfalls durch den Staat erfolgen. – Da möchte ich klar widersprechen. Wenn das der Müller-Senat macht, dann wird es nie was. Hier sollten besser Private vorgehen und den Antennenbetrieb übernehmen.

Das Gleiche gilt für Pilotprojekte in den Bezirken auf Kosten der Steuerzahler. Das erinnert mich an die laut Ronald Reagan zehn schlimmsten Worte in der englischen Sprache. – Kennen Sie diese? Kennen Sie nicht? – Ich sage sie Ihnen:

Hi, ich bin von der Regierung und komme, um Ihnen zu helfen.

Wenn Sie diese Worte hören, müssen Sie schnell Reißaus nehmen als Bürger.

[Beifall bei der AfD – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Heiterkeit bei der AfD]

Es gibt in unserer Stadt so viele Tüftler, laufende Initiativen und offenbar viele Industrieunternehmen, die bereit sind, mit LoRaWAN zu arbeiten. Da brauchen wir keine staatliche Hilfestellung und auch keine neuen Subventionsfonds. Für Unternehmer sind zwei Dinge wichtig: sofortige Verfügbarkeit der Daten und die Flexibilität, eigene Geräte einschalten und benutzen zu können. – Das erfordert eine Klärung, welche Geräte genau benutzt werden können, und wer für die Standardisierung der Daten zuständig ist.

Weiterhin zum Datenschutz: Wenn Unternehmen und Bürger überall Sensoren aufbauen können und die Daten nach sonst wo weitergeleitet werden und das alles öffentlich ist, dann müssen wir schon fragen, wie wir dem Missbrauchsrisiko begegnen. Was ist, wenn jemand Sensoren aufstellt, um zu gucken, ob ein anderer aus seiner privaten Garage herausfährt oder einen Kilometer entfernt jemand sein Licht eingeschaltet hat? – Das ließe sich alles messen, und diese Daten könnten alle öffentlich zugänglich sein. Das können wir nicht wirklich wollen. Außerdem muss geklärt werden, was mit Elektroschrott passiert. Wenn diese Sensoren an vielen Stellen angebracht werden – da sind Batterien drin –, und irgendwann braucht der Betreffenden das nicht mehr, dann haben wir bald so viel Elektroschrott in der Stadt, wie wir E-Roller auf den Straßen zu stehen haben.

[Beifall bei der AfD]

Fazit: Die Idee ist gut, wenn Unternehmen und Bürger das für ihre eigenen Zwecke benutzen können. Aber wir

wollen kein Geld versenken. Alles andere müssen wir im Ausschuss genauer unter die Lupe nehmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Bernd Schlömer (FDP)]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Ziller das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Letzter ist es immer schwer, weil vieles schon gesagt wurde. Deswegen will ich ein paar Punkte einordnen und ergänzen. Das Spannende an dem Antrag ist, dass er zeigt, wie weit Berlin von der Smart City oder von einer Smart-City-Strategie entfernt ist. Es zeigt, dass man Detail- und Spezialthemen hier diskutieren muss, weil es keine Einbettung in einen Rahmen oder eine Entwicklung gibt, wohin Berlin will.

[Beifall von Marcel Luthe (FDP) und Bernd Schlömer (FDP)]

Wir haben einzelne gute Aktionen: Das CityLAB funktioniert, die BVG macht mit – Jelbi –, wir haben Wissenschaft und Forschung in Berlin, der Sozialhelden e. V. organisiert, dass wir wissen, welcher Fahrstuhl funktioniert und welcher nicht, wir haben Freifunker in Berlin wie auch Aktivistinnen und Aktivisten, die verschiedene digitale Dinge machen, sowie vorletztes Jahr die Konferenz „Bits & Bäume“ gehabt. Im Bereich Smart City haben wir in Berlin also eine ganze Menge, aber so richtig zusammengebunden ist das alles nicht.

Insofern glaube ich, dass der Antrag ein Baustein ist. ich denke auch nicht, dass es das Ziel sein sollte, dass der Senat ein flächendeckendes LoRaWAN-Netz in ganz Berlin aufstellt; das ist nicht das erste Ziel. Ich glaube aber – das ist ein Punkt aus Ihrem Antrag, über den man reden sollte, auch im Ausschuss –, die Frage ist: Wie sind Genehmigungsverfahren für innovative Projekte im Bereich Smart City? – Klammer auf: Da kann man auch einmal darüber reden, wie die Genehmigungen für 5GStandorte sind mit unterschiedlichen Genehmigungsverfahren in zwölf Bezirken; in einem Bezirk muss die Antenne senkrecht, im anderen waagerecht sein. Da kann man also eine ganze Menge darüber diskutieren, wie man ein Klima ermöglicht, damit sich die Smart City von unten so entwickeln kann, wie wir uns das vorstellen.

Ich kenne noch die Freifunkdebatte, die uns alle sehr lange beschäftigt hat, bei der, wenn man ehrlich ist, am Ende auch nicht viel herausgekommen ist, als dass das Land genommen und einen Anbieter für ein städtisches WLAN-Netz bezahlt hat. Auch das hätte man anders machen können; da ist es uns nicht gelungen. Vielleicht