Protokoll der Sitzung vom 20.02.2020

meinsam mit Vertretern von Gewerkschaften, Polizei und Feuerwehr öffentlich vorstellen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Herr Dr. Taschner das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage den Senat, inwieweit er in seiner Funktion als Aufsichtsratsmitglied der Tierpark Berlin Friedrichsfelde GmbH in die Vorgänge zur Abschaffung des vergünstigten Familientickets und der Begründung seitens des Tierparks, dass dies Wartezeiten an der Kasse verringert, weil der Familienstatus nicht mehr geprüft werden muss, eingebunden war und diesem Vorgang zugestimmt hat.

Es antwortet Senator Kollatz. – Bitte!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich teile die in der Frage zum Ausdruck kommende Einschätzung erst einmal nicht, dass es sich dabei um das Manöver einer Preiserhöhung gehandelt hat.

Zur Frage danach, ob wir in die Abstimmung einbezogen waren: Wie Sie wissen, gibt es Gremien beim Zoo und beim Tierpark. Das ist kein klassischer landeseigener Betrieb, und es ist so, dass sich die Gremien mit dem Thema befasst haben, aber wir haben dort nicht die klassischen Interventionsmöglichkeiten, wie wir sie bei landeseigenen Betrieben haben.

Zur Sache selber ist es so, dass die Familienkarte als Tageskarte weggefallen ist, aber sehr wohl nicht als Jahreskarte. Jahreskarten haben Fotos, Tageskarten haben das nicht. Gleichzeitig wurde das Kinderticket im Preis gesenkt, das heißt, das Kinderticket kostete früher 7,50 Euro und kostet jetzt 7 Euro. Die Jahreskarte für Kinder kostet nach wie vor 55 Euro, und die Jahreskarte für eine kleine Familie kostet nach wie vor 133 Euro.

Zu dem Problem, das Sie angesprochen haben, das tatsächlich existiert: Der Tierpark und der Zoo, die eine gemeinsame Gesellschaft sind, haben sehr wohl vorgetragen, dass es in großer Zahl das Thema gab – was man auch menschlich ganz gut verstehen kann –, dass Erwachsene im Bekanntenkreis alle Kinder eingesammelt haben, mit ihnen in den Tierpark oder in den Zoo gegan

gen sind und gesagt haben: Wir sind eine Familie. – Das heißt also, wenn es so ist, dass bei Preisgestaltungen es tatsächlich massenweise und offensichtlich erkennbar zu einer Situation kommt, in der es, erstens, nicht kontrolliert werden kann und, zweitens, nicht beachtet wird, dann ist es tatsächlich so, dass auch ein solches Unternehmen darauf achten muss.

Noch das Letzte, das vielleicht für Sie auch interessant ist: Für den Zoo und den Tierpark wird es wieder – gerade auch, um ein Signal für Familien zu senden – insgesamt 5 000 Tickets im Rahmen von „Berlin sagt Danke!“ als Gratistickets gerade für Familien geben. Der übergroße Teil wird sogar für den Tierpark sein.

Vielen Dank! – Dann geht die erste Nachfrage an den Abgeordneten Taschner. – Bitte schön!

Vielen Dank! – Ich frage den Senat: Wäre es vor diesem Hintergrund eines doch für mich sehr seltsamen Familienbildes nicht günstiger, ein derartiges Ticket so zu gestalten, dass zwei Erwachsene plus eine gewisse Anzahl von Kindern reinkönnen, denn es ist unbestritten, dass auch mit der Senkung des Kindertickets Familien nun verstärkt zur Kasse gebeten werden, was auch zu sozialen Benachteiligungen führt?

Herr Senator!

Wenn es da konkrete Vorschläge Ihrerseits gibt, wie man das ausgestalten kann, dann trage ich das gerne weiter. Ich freue mich auf die Anregungen. Ich bitte nur zu berücksichtigen, dass die bisherige Lösung deswegen abgeschafft worden ist, weil es einen massenweisen erkennbaren Missbrauch gab.

Vielen Dank! – Dann geht die nächste Nachfrage an den Kollegen Daniel Buchholz. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Auch ich möchte die Frage noch einmal aufgreifen. Wie kann es denn sein, dass viele andere vom Land unterstützte Einrichtungen und Institutionen sehr pragmatische Lösungen für Familien bieten, also dass man sagt, dass zwei Erwachsene plus eine bestimmte Anzahl an Kindern mitgehen kann, und das beim Tierpark, obwohl er Subventionen

(Senator Andreas Geisel)

bekommt, nicht möglich sein soll? Ist das denn nicht anachronistisch, Herr Senator?

Herr Senator, bitte schön!

Ich hatte eben schon auf die Nachfrage geantwortet. Wenn es dazu einen konkreten Vorschlag gibt, erörtern wir das gerne mit dem Tierpark.

Vielen Dank!

Die nächste Frage geht an die AfD-Fraktion und hier an den Abgeordneten Mohr. – Bitte schön!

Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat: Wie erklärt sich der Senat die massive Personalfluktuation beim landeseigenen Klinikkonzern Vivantes – das ist in der Aktuellen Stunde angerissen worden –, die nach dem bereits erfolgten Ausscheiden der Personalchefin Jendges und der Aufsichtsratsvorsitzenden Gäde-Butzlaff sowie dem angekündigten Ausstieg der Vorstandsvorsitzenden Grebe zur Jahresmitte nun im geschlossenen Wechsel einer kompletten Abteilung zu einem privaten Mitbewerber gipfelt?

Vielen Dank! – Frau Senatorin Kalayci, bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier stehen zwei Fragestellungen im Raum. Das sind Sachverhalte, die direkt überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Einmal geht es um die personelle Neuaufstellung von Vivantes insgesamt. Sehr gerne kann ich, wie vorher auch schon im Ausschuss, detailliert über die Gründe und wie es dort weitergeht berichten. Ich denke, dass Frau Grebe auf jeden Fall die letzten sieben, acht Jahre Vivantes aus einer sehr schwierigen Zeit heraus begleitet und ihre Verdienste hat. Aber es ist ihre Entscheidung, diese Funktion nicht mehr weiter auszuüben. Dem muss man mit Respekt begegnen. Vor allem ist es aber auch eine Chance, aufgrund der Herausforderungen, die die Krankenhauslandschaften insgesamt haben, aber auch Vivantes hat, hier mit einer Neuaufstellung diese Herausforderung zu meistern.

Der zweite Sachverhalt ist der Wechsel von

27 Pflegekräften und 11 Ärztinnen und Ärzten vom AVK zum St. Joseph Krankenhaus. Ganz ehrlich: Ich verstehe überhaupt nicht, dass einige erst jetzt wach geworden sind und mit diesem Wechsel feststellen: Oh, es gibt Probleme in der Pflege. – Da kann ich nur sagen: Guten Morgen! –, denn das Thema Pflegenotstand bzw. Fachkräftemangel ist nicht vor einigen Jahren, sondern vor Jahrzehnten entstanden. Wir haben ernsthafte Versorgungsprobleme insgesamt. In der ambulanten Versorgung wird es zunehmend schwieriger, einen ambulanten Pflegedienst zu finden – nicht, weil die Unternehmen, die Dienstleister nicht wollen, sondern weil sie keine Fachkräfte finden. Aber auch in der stationären Pflege beobachten wir, dass Kapazitäten nicht bespielt werden können, weil die Fachkräfte fehlen. Auch im Krankenhausbereich haben wir die Situation von Bettenschließungen und Kapazitätseinschränkungen, nicht, weil planerisch die Betten nicht da sind, sondern weil die Fachkräfte fehlen.

Ich denke, dass dieser Wechsel jetzt noch einmal ein Anlass ist, über die Situation der Pflege zu reden, aber ich kann Ihnen nur sagen: Seit drei Jahren machen wir nichts anderes. Der Senat hat alles unternommen mit dieser Koalition, um diese Fachkräftesituation zu verändern. Wenn Ihnen eine Sache einfällt, was wir ausgelassen haben, dann bitte ich um einen Hinweis. Wir haben die Umlagefinanzierung eingeführt, die viele Jahre von meinen Vorgängern abgelehnt worden ist. Mit der Umlagefinanzierung stärken wir die Ausbildung in der Pflege. Wir haben das höchste Ausbildungsbudget bundesweit verhandelt, das heißt, Investitionen in die Schulen, Investitionen in die Praxisanleitungen, und wir haben mit einer Ausbildungsoffensive die Schulen gestärkt, gerade was Miet- und Investitionskosten angeht. Berlin hat nichts ausgelassen, um die Situation zu verbessern. Nur, dieser Mangel hat sich über viele Jahre aufgebaut. Wenn systematisch unter Bedarf ausgebildet wird, ist es absehbar, dass ein Mangel entsteht. Deswegen haben wir mit dem Berliner Pakt für die Pflege alle Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, alle Schulen an einen Tisch geholt und gesagt: Wir erhöhen unsere Ausbildungsanstrengungen, denn ohne Ausbildung fehlen uns die Fachkräfte auch morgen. Dann können wir auch morgen weiterjammern. Also nicht jammern, sondern mehr ausbilden ist unsere Devise. Alle ziehen mit. Die Rückmeldung von vielen Krankenhäusern und Schulen ist: Sie bauen drastisch ihre Ausbildungskapazitäten aus, so auch Vivantes im ersten Schritt. Sie wissen, dass Vivantes und Charité gemeinsam einen Ausbildungscampus planen. Dort werden wir die Ausbildungskapazitäten noch weiter ausbauen, und Zielrichtung und Rahmen des Berliner Paktes für die Pflege ist, bedarfsgerecht auszubilden. Es ist kein Teufelszeug, den eigenen Bedarf an Pflegekräften zu identifizieren und dann die Ausbildungskapazitäten entsprechend anzupassen.

(Daniel Buchholz)

Die These, die Jugendlichen seien nicht da, was ich sehr häufig gehört habe, wenn ich mal gesagt habe, wir müssen in die Ausbildung investieren, bestätigt sich gerade nicht, denn die Ausbildungskapazitäten, die wir ausweiten – und das ist die Rückmeldung, die ich bekomme –, werden alle besetzt. Es entstehen sogar Wartelisten. Berlin hat den glücklichen Umstand, dass wir attraktiv sind, viele junge Menschen gerne für die Ausbildung nach Berlin kommen, und wir haben auch den glücklichen Umstand – arbeitsmarkttechnisch gesehen vielleicht nicht so glücklich –, immer noch mehr Schulabgängerinnen und Schulabgänger als betriebliche Ausbildungsplätze zu haben. Das ist ein Riesenpotenzial auch für die Pflege- und Gesundheitsberufe.

Vivantes hat reagiert. Vivantes steuert um. Ja, es ist ein Verlust für Vivantes, dass Vivantes die Pflegekräfte verloren hat. Es sind 27. Vivantes hat 4 500 Pflegekräfte. Das muss man auch im Verhältnis sehen. Und, das kann ich sagen: 2020 merken wir schon, dass sich die Situation etwas verbessert, was das Verhältnis Pflegekräfte zu Fallzahlen angeht. An dieser Stelle möchte ich auch sagen: Vivantes zahlt für die Ausbildung 1 100 bis 1 300 Euro; die Vergütung richtet sich nach TVöD. Die Rahmenbedingungen stimmen also, aber natürlich muss hier noch viel mehr getan werden, damit die Pflege bei Vivantes wie auch bei vielen anderen Krankenhäusern noch attraktiver wird.

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Die erste Nachfrage geht an den Abgeordneten Mohr.

Wann ist mit einer Neubesetzung der seit Jahresbeginn vakanten Position der Personalleitung und des vom Finanzsenator kommissarisch übernommenen Aufsichtsratsvorsitzes sowie mit einer Nachfolgeregelung für den Vorstandsvorsitz von Vivantes zu rechnen? Können Sie dazu schon einen groben Zeitrahmen nennen? – Vielen Dank!

Herr Senator Kollatz, bitte schön!

Frau Präsidentin! – Bitte haben Sie Verständnis, dass ich jetzt darauf antworte. Ausgeschrieben ist die Stelle für die Nachfolge von Frau Jendges. Nach meiner Kenntnis ist Ende Februar Bewerbungsschluss. Danach wird es zügige Sichtungen und eine zügige Entscheidung geben. Bei solchen Positionen muss man allerdings damit rechnen,

dass diejenigen, die dafür infrage kommen, nicht immer unmittelbar antreten können, wenn man sich für sie entscheidet. Es ist also noch mit einigen Monaten zu rechnen. Das Verfahren ist aber eingeleitet, und die Stelle ist inseriert.

Am 27. oder 28. Februar 2020 – das kann ich Ihnen noch genauer sagen –, wird eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung von Vivantes stattfinden, wo die Agentur mit der Ausschreibung der anderen Positionen beauftragt wird. Es handelt sich um eine außerordentliche Sitzung, damit das Verfahren unverzüglich vonstattengeht. Sie sehen daran, dass wir diese Maßnahmen umgehend in Angriff nehmen.

Ich sehe meine Rolle als Aufsichtsratsvorsitzender nicht als eine permanente. In einer solchen Situation, in der die Besetzungsverfahren laufen, ist es jedoch sinnvoll, dass einer sie möglichst zügig durchführt, und das ist die Aufgabe, die ich mir gesetzt habe.

Vielen Dank, Herr Senator! – Die zweite Nachfrage geht an den Abgeordneten Schatz. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Frau Senatorin Kalayci! Sie hatten die Frage so beantwortet, dass man die 27 Kräfte im Verhältnis zu den 4 500 anderen Pflegekräften sehen muss, die bei Vivantes arbeiten. Das ist sicherlich richtig, jedoch handelt es sich hier um hochspezialisierte Pflegekräfte und Ärztinnen und Ärzte. Mich interessiert, welche Auswirkungen aus Ihrer Sicht der Weggang dieser Pflegekräfte und Ärztinnen und Ärzte auf die Versorgung von Menschen mit HIV in Berlin haben wird – darum geht es. Welche Auswirkungen wird es möglicherweise auch auf das Schöneberger Modell haben? Mir liegen Erkenntnisse vor, dass beispielsweise auch die ehrenamtlichen Angebote der Berliner Aidshilfe mit ins St. Joseph Krankenhaus wechseln. Welche Auswirkungen hat das für die Patientinnen und Patienten? Das ist die entscheidende Frage.

Frau Senatorin, bitte schön!

Die ursprüngliche Frage bezog sich auf die allgemeine Personalsituation und auf die Pflege. Insofern vielen Dank für die Nachfrage! Der Wechsel vom AVK zum St. Joseph Krankenhaus betrifft in der Tat ein inhaltliches Thema – die Behandlung und Betreuung von Patientinnen und Patienten mit HIV. Berlin hat 2016 die Initiative Fast Track Cities unterzeichnet und sich auf die Fahne

(Senatorin Dilek Kalayci)

geschrieben, Aids zu bekämpfen und zu beenden. Das Schöneberger Modell ist neben den 90/90/0-Zielen ein Kernstück der Initiative, um dieses Ziel zu erreichen. Berlin kann stolz darauf sein, dass das Schöneberger Modell entwickelt worden ist. An dieser Stelle möchte ich klar sagen, dass die Pflegekräfte, die Ärztinnen und Ärzte, um die es geht, aber auch der Chefarzt einen großen Verdienst an dem Erreichen der Fast-Track-CitiesZiele wie auch an der Entwicklung des Schöneberger Modells haben. Das muss man an dieser Stelle auch einmal würdigen.

Nun gab es beim AVK die Idee, die Infektiologie neu auszurichten; dort gab es anscheinend auch Differenzen in der Ausrichtung. Ich will aber richtigstellen: Vivantes hat sich in keiner Weise von dem Ziel verabschiedet, HIV-infizierte Patientinnen und Patienten zu versorgen. Dieses Ziel hat es immer gegeben, und es wird auch jetzt noch verfolgt. Es gab aber, was die Ausrichtung dieser Abteilung angeht, Differenzen zwischen dem Personal und der Geschäftsführung.

Wenn ich jetzt als Gesundheitssenatorin gefragt werde, so muss ich sagen, dass ich diese Differenzen nicht ganz nachvollziehen kann. Mir ist zu Ohren gekommen, dass es um zwei Punkte ging – einmal darum, die Ambulantisierung zu berücksichtigen. Das ist etwas, was heute bereits der Fall ist, und es ist ein Erfolg des Schöneberger Modells und der Initiative Fast Track Cities, dass an HIV erkrankte Menschen nicht mehr stationär, sondern ambulant behandelt werden. Der neue Checkpoint BLN hat insofern auch die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte als Partnerinnen und Partner mit im Boot. Es ist ein Erfolg, dass die Behandlung von HIV-infizierten Patientinnen und Patienten aufgrund des medizinischen Fortschrittes verstärkt ambulant geschieht, was auch in deren Sinne ist.

Der zweite Punkt, bei dem es einen Dissens gegeben hat, ist, dass die Abteilung einen Konsiliardienst hat. Die Koalition hat beschlossen, Hygiene insgesamt in den Krankenhäusern voranzubringen, insofern hat eine solche Abteilung die Aufgabe, neben dem HIV-Bereich auch die anderen Abteilungen zu unterstützen und das Thema Krankenhaushygiene voranzubringen. Auch diesen Punkt kann ich als Reformschritt von Vivantes nachvollziehen. Warum man nicht alles zusammenbringen konnte, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich bedaure diesen Schritt sehr. Ich finde, man hätte bei Vivantes eine Lösung finden können.

Neben den Verdiensten der Pflegedienste, der Ärztinnen und Ärzte sowie des Chefarztes, die alle spezialisiert sind, möchte ich aber auch erwähnen, dass das AVK über viele Jahre Ressourcen für die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit HIV bereitgestellt hat. Das gilt es auch einmal zu würdigen.

[Beifall von Melanie Kühnemann-Grunow (SPD)]