Kollege Buchholz, vielen Dank! Wie fänden Sie es denn, wenn der Kultursenator dieser Debatte beiwohnen würde?
Ja, ich werde es nicht beantragen. Ihr Kollege hat es doch gerade vorgeschlagen. Ich habe gesagt, ich fände es attraktiv. Mehr habe ich dazu nicht gesagt. Vielleicht kann ja jemand telefonieren.
Die Clubs sind durch heranrückende Wohnbebauung, exorbitante Mietsteigerungen und natürlich durch die komplette Schließung in Coronazeiten bedroht. Das heißt, das ist eben schon gesagt worden: Die Clubs mussten als Erstes schließen, und sie werden voraussichtlich die Letzten sein, die öffnen dürfen. Das sind natürlich existenzielle Bedrohungen. Darum ist es übrigens in der jetzigen Phase, wenn ich das kurz einwerfen darf, absolut wichtig, dass alle Bezirke, alle, die damit zu tun haben, dafür sorgen, dass kulturelle Veranstaltungen im Sommer jetzt noch Open Air, unter freiem Himmel stattfinden können, stattfinden müssen.
Da muss es mehr Flexibilität geben, da sollten mehr Stellen eingerichtet werden, um das zu ermöglichen. Es gibt viele Möglichkeiten, Freiräume zu nutzen, das sollten wir in allen Bezirken dringend voranbringen.
Wir sollten schauen, dass in den Planungs- und Genehmigungsvorhaben, die kommen, wenn es um neue Bebauung in der Stadt geht, Clubs und Musikstätten, die ein künstlerisches Profil haben, wie kulturelle Anlagen behandelt werden, geschützt werden. Das müssen wir auf Berliner Ebene genauso durchsetzen wie bei der Baunutzungsverordnung des Bundes, dann können Konflikte nämlich frühzeitig erkannt und beseitigt werden. Das heißt auch: Wir brauchen ein vollständiges Clubkataster für Berlin. Es gibt bereits Anfänge bei der Clubcommission, das ist sehr gut, wir brauchen aber ein vollständiges Kataster, wo alle Clubs, alle Livemusikstätten mit künstlerischem Profil verzeichnet sind, damit ich vorher weiß, wo sie sind, wo die schützenswerten Orte sind.
Wir werden natürlich unseren Lärmschutzfonds fortsetzen, da, wo es in der Praxis Konflikte gibt. Wir haben für dieses wie auch für das nächste Haushaltsjahr jeweils 1 Million Euro zur Verfügung gestellt, um zu sagen: Wenn es um neue Lärmschutzwände, um schallabsorbierende Beschallungstechnik geht – das geht heute technisch, dass der Schall und die Musik tatsächlich nur auf der Tanzfläche wirken und nicht überall außenherum –, dann müssen wir so etwas unterstützen.
Wir wollen auch dafür sorgen, dass, wenn Bebauung in der Stadt erfolgt, tatsächlich ein gewisses Agent-ofChange-Prinzip gilt. Was heißt das? – Derjenige, der etwas anbaut, muss dafür sorgen, dass die, die schon da sind, geschützt werden. Es kann doch nicht sein, dass der vorhandene Club durch die heranrückende Wohnbebauung verdrängt wird. Da werden große Umsätze, große Gewinne generiert, die Clubs aber, die da sind, werden bisher nicht wirklich geschützt. Das sollten wir ändern.
Ich komme damit zum Schluss. Mit dem Antrag „Clubkultur als Teil von Berlin anerkennen und stärken“ können wir als Landesparlament ein ganz wichtiges Signal setzen. Wir begreifen die Clubs tatsächlich als unglaublichen Schatz für diese Stadt, sie machen national wie international eine unglaubliche Anziehungskraft aus. Wir sollten dafür kämpfen, sie alle zu bewahren, denn wir wollen uns auch morgen noch nicht nur unterhalten, wir wollen nicht nur wohnen, sondern wir wollen uns auch amüsieren. Dafür sind Clubs und Livemusikstätten sehr wichtig. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ohne Frage: Die Clubszene hat am meisten unter der Coronapandemie zu leiden, darauf brauche ich hier nicht weiter einzugehen. Ob dieser Antrag dabei hilft, daran habe ich große Zweifel. Gegen die Pflege des Clubkatasters ist sicherlich nichts einzuwenden, und der Lärmschutzfonds erscheint uns als sinnvolle Maßnahme, um die Berliner Clubs zu unterstützen. In zentralen Punkten schießt der vorliegende Antrag aber über das Ziel hinaus.
Sie wollen erreichen, dass Clubs als Anlagen kultureller Zwecke eingestuft werden. Diese Forderung hat zuvor auch die CDU eingebracht. Das Problem bleibt gleich: Jeden Club ohne konkrete Definition einfach als kulturelle Anlage zu deklarieren, ist Etikettenschwindel.
Ziel Ihres Antrages soll es sein, die Baunutzungsverordnung zu novellieren, um eine Klärung des Status von Clubs als Anlagen kultureller Zwecke bzw. als nicht störender Gewerbebetrieb zu erreichen. Stillschweigend wird vorausgesetzt, dass sich alle irgendwie einig sind, was ein Club ist. Ein parlamentarischer Antrag sollte aber einen klar definierten Kriterienkatalog liefern. Das leisten Sie nicht.
Fest steht, dass Besucher Clubs in erster Linie wegen des Vergnügens besuchen. Entsprechend sind sie in den juristischen Regeln nach wie vor als Vergnügungsort deklariert. Zweifellos spielen Musik und Ambiente eine große Rolle, doch das primäre Ziel von Clubbesuchern ist nun mal tanzen, Treffen mit Bekannten und gegenseitiges Kennenlernen, also Kommunikation und Zerstreuung. All das ist eher typisch für Vergnügungsstätten als für Kulturstätten. Kulturelle Aspekte sind wünschenswert, von Club zu Club aber schwer einzuschätzen. Die Beurteilung ist eine Ermessensfrage.
Wer soll bei weit über 200 Clubs in Berlin die kulturelle Zuordnung laufend kontrollieren und rechtfertigen? Auch langjährige Clubstandorte in Wohngebieten lassen Clubs nicht in eine Art Bestandsschutz hineinwachsen. Es hilft auch nichts, wie ich es neulich in Berlin-Mitte gesehen habe, ein Großplakat mit dem sinngemäßen Inhalt aufzuhängen: Hier existiert seit 20 Jahren ein Club. Wer hierherzieht und hier wohnen will, möge das bitte berücksichtigen. – Bei einer heranrückenden Wohnbebauung muss der Club leider dulden, wenn das Baugebiet, in dem er steht, auch Wohnungsbau zulässt. Diese Fälle sind insbesondere innerhalb des S-Bahnrings in Berlin häufig, und genau dort befinden sich 90 Prozent der Clubs. Baurechtlich kommt es auf den Störungsgrad an, und der verändert sich nicht, wenn man die dort gespielte Musik im Sinne von Clubkultur umdeklariert.
Die Problematik der Clubs ist weniger ihre technische und Lärmschutzausstattung, sondern das Geschehen im Freien, also ringsherum. Die Umgebung ist schutzwürdig, insbesondere dann, wenn dort gewohnt und somit nachts geschlafen wird. – Ich danke!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem hier fast das ganze Haus, die Einheitsfront der Clubfreunde, den Antrag begrüßt hat, kam jetzt ein gewisser Einwand. Ich will jetzt nicht über den Zusammenhang diskutieren, dass offensichtlich für die AfD-Fraktion Kultur und Vergnügen auseinanderfällt. Das sind offensichtlich zwei unterschiedliche Lebensbereiche. Ich glaube, das wollen wir jetzt hier nicht diskutieren. Manchmal ist politische Kultur auch sehr freudlos.
Zu dem eigentlichen Thema: Die Clubkultur als Bestandteil der Berliner Kultur ist offensichtlich, von den meisten zumindest, unbestritten. Das ist auch die Kernaussage dieses Antrags. Das ist hier schon reichlich begrüßt wor
den. Das möchte ich jetzt nicht wiederholen. Der Antrag hat natürlich einen baurechtlichen Schwerpunkt. Er bezieht sich nicht nur darauf, aber ist ein gewisser Schwerpunkt. Da muss ich noch mal sagen: Was ist denn eigentlich die zentrale Begründung? – Die ist hier schon öfter geliefert worden, weil wir Club- und Live-MusikSpielstätten als kulturelle Einrichtungen betrachten wollen und auch erwarten, dass die Berliner Verwaltung diesem Grundgedanken folgt.
Das ist auch der Grundgedanke, warum in der jetzigen Situation, die gar nicht durch baurechtliche Probleme die Clubs gefährdet, sondern es sind ganz andere Probleme, die heute sozusagen die Existenz der Clubs gefährden. Da könnte man sagen, das ist ein bisschen aus der Zeit gefallen, aber ich denke, und das ist vielleicht ein ganz wichtiger Punkt, dass nach der Zeit der Totalschließung der Clubs, also praktisch nach der Pandemie, die Frage anderer existenzieller Bedrohungen der Clubs von besonderer Bedeutung ist, und zwar von größerer Bedeutung als heute. Man muss nicht Prophet sein, um festzustellen, dass dann, wenn das Clubleben wieder anläuft, die Nutzungskonflikte noch viel bedeutender werden. In dem Fall wird das, was wir in dem Antrag wollen, ganz wichtig werden, denn die Clubszene wird nach der Pandemie eine andere sein. Sie ist kreativ. Sie wird sich neu entwickeln. Und gerade in dieser Situation brauchen wir das, was wir hier als Koalition in diesem Antrag formulieren.
Und noch ein Wort zu Herrn Goiny: Sie sind ja jetzt auch der große Freund der Clubs. Es ist alles nicht so einfach, wie man sich das vorstellt. Natürlich macht es keinen Sinn, nur zu sagen, und das wird auch nicht passieren in der Baunutzungsverordnung, zu definieren, dass Clubs kulturelle Einrichtungen sind. Was kulturelle Einrichtungen sind, steht auch nicht in der Baunutzungsverordnung und wird auch zukünftig nicht darin stehen, sondern es kommt darauf an, dass wir ein anderes Herangehen an die Typisierung, die in der Baunutzungsverordnung für Gebiete und Vorhaben gilt, grundsätzlich brauchen, und da haben wir noch viel rechtliche und politische Arbeit vor uns. – Danke!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke vor allem auch den letzten beiden Rednern, die es geschafft haben, meinen Puls wieder auf 80 herunterzubringen, denn es ist schon erstaunlich, Herr Buchholz und Herr Kössler, wie Sie es
Sie haben genau das Richtige angesprochen. Sie sprechen an, welche Probleme die Clubs durch die Pandemie haben und wie wichtig es wäre, den Clubs jetzt zu helfen, aber dieser Antrag sagt überhaupt nichts darüber aus. Sie haben hier am Thema vorbeigesprochen. In der Schule wäre es eine Sechs gewesen, weil: Thema verfehlt. Die Clubs hätten Antworten von Ihnen erwartet, wie es weitergeht.
Es ist bezeichnend, dass der Kultursenator bei dem ersten Thema hier im Plenum zu einem kulturellen Thema fünf Minuten vor Feierabend erst hereinkommt. Das ist nämlich genau das, wie Sie mit der Kultur hier in der letzten Zeit umgegangen sind und wie sie auch mit den Clubs umgegangen sind.
Es wäre hier eine gute Gelegenheit gewesen, den Clubs Antworten zu geben, wie sie eventuell unter freiem Himmel unter bestimmten Hygieneauflagen wieder spielen können, was Sie mit den Clubs gemeinsam erarbeiten wollen, dass endlich ein Normalbetrieb oder zumindest einigermaßen ein Normalbetrieb wieder möglich ist.
Da kommt hier überhaupt nichts Sie erzählen nur, wie wichtig es wäre. Dann kommen wir mal zu Ihrem Antrag, wie gesagt: Sechs, Thema verfehlt.
Genau! – Herr Neuendorf, Ihre Frage: Was sind eigentlich Clubs? – kann ich Ihnen beantworten. Das hat RotRot-Grün aufgeschrieben für alle Berlinerinnen und Berliner. Es heißt immer, Politiker würde man nicht verstehen. Ich kann es verstehen. Ich erkläre Ihnen mal, was laut Rot-Rot-Grün Clubs sind:
Clubs sind schützenswert, wenn sie einen regelmäßigen Spielbetrieb und ein anerkanntes künstlerisches Profil aufweisen, das durch ein kuratiertes Programm, musikästhetischem Anspruch und ein raumgestalterisches Konzept gekennzeichnet ist.
Diese Clubs stellen Kulturstätten dar, die eine kreative und kollektive Form der Transzendierung des Alltags erlauben.
Also auf gut Deutsch: Sie möchten jede Tabledance-Bar als Kulturstätte ausweisen. Herzlichen Glückwunsch! Aber, so traurig wie es ist, Ihr Antrag enthält viele wich