Protokoll der Sitzung vom 23.06.2010

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im Übrigen möchte ich noch zur Wahlbeteiligung sagen: In Passau betrug sie jetzt über 20 %. Viele Studierende konnten nicht wählen, weil es nicht genug Wahlkabinen gab und die Öffnungszeiten der Wahllokale viel zu kurz waren, als dass Tausende von Studierenden dort hätten wählen können. Diese Probleme haben andere Hochschulen auch. Sie sollten sich das einmal vor Ort ansehen.

Ihre Argumente zu meinen Aussagen zum BachelorAbschluss muss ich wirklich dementieren. Da haben Sie mich völlig falsch wiedergegeben. Ich habe im Ausschuss ausdrücklich mehrfach gesagt, dass ich den Bachelor-Abschluss sehr wohl für einen berufsbefähigenden Abschluss halte, zumindest davon ausgehe, dass er einer sein kann, dass ich aber jeden Anschein vermeiden möchte, dass damit die Universitätsausbildung oder die Hochschulbildung abgeschlossen wäre. Ich habe gesagt, wir müssen alles tun, um deutlich zu machen, dass auch der MasterAbschluss ein Regelabschluss ist, und wir müssen alles tun, um Quotierungen, Engpässe und Kapazitätsprobleme beim Master-Studium zu vermeiden. Die Klarstellung stellt darauf ab, dass der Master-Abschluss ein Regelabschluss ist. Wir haben im Ausschuss lange darüber diskutiert, ob wir sagen sollen, dass beides, Bachelor und Master, Regelabschlüsse sind. Der Begriff des Regelabschlusses ist nicht fest definiert. So wie es im Hochschulgesetz formuliert ist und wie Sie soeben gesagt haben, sieht es so aus, als ob es für Sie mit dem Bachelor erst einmal gut ist und nur für einige wenige der Master-Abschluss kommt. Genau diesem Anschein wollten wir uns entgegenstellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin Gote. Herr Kollege, nur zur Information: Als Nächster hat sich Herr Kollege Dr. Fahn für eine Zwischenbemerkung gemeldet. Jetzt haben Sie zunächst das Wort zur Antwort auf die Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Gote. Bitte schön.

Ich hätte gedacht, jetzt kämen vielleicht ein paar Argumente, bei denen man ins Überlegen oder ins Grübeln kommt. Das war aber nicht der Fall. Ich bin ziemlich verwundert, weshalb Sie gerade Passau als Beispiel gewählt haben, wo es keine Verfasste Studierendenschaft gibt. Das will mir nicht einleuchten.

(Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

Ich halte es für ein wenig problematisch, Wahlbeteiligungen von sechs Prozent mit einer Wahlbeteiligung von zwanzig Prozent gleichzusetzen. Ich habe das honoriert und ausgeführt, dass es in der Regel bis zu zwanzig Prozent sind. Ich weiß sogar von Wahlbeteiligungen bis zu dreißig Prozent; das ist aber die absolute Ausnahme, das wissen Sie ganz genau. Durchschnittlich liegt sie bei etwa fünfzehn Prozent. Es ist auch nicht fair, das so darzustellen. Es ist auch ein Riesenunterschied zwischen einer Wahlbeteiligung von fünfzig bis sechzig Prozent und einer Wahlbeteiligung von gerade einmal einem Zehntel davon. Das können Sie hier auch nicht schönreden. - Schade, weitere Argumente sind nicht gekommen.

Danke schön, Herr Kollege Jörg. Jetzt hat Herr Kollege Dr. Fahn das Wort, bitte schön.

Herr Jörg, ich habe eine Verständnisfrage. In vierzehn von sechzehn Bundesländern gibt es eine Verfasste Studierendenschaft. Können Sie mir erklären, warum die Bundesländer diese nicht abgeschafft haben, wenn sie wirklich so negativ wäre, wie Sie es jetzt dargestellt haben? Unter diesen vierzehn Bundesländern befinden sich viele CDU-regierte Bundesländer, die offensichtlich damit zumindest keine schlechte Erfahrung gemacht haben. Warum gibt es also in vierzehn von sechzehn Bundesländern eine Verfasste Studierendenschaft? Sie nennen immer das Beispiel Nordrhein-Westfalen. Dort gab es bis vor Kurzem eine CDU/FDP-Regierung.

Danke schön. Herr Kollege Jörg, Sie haben das Wort.

Das liegt schlicht und einfach an der Länderhoheit. Wir haben beschlossen, dass wir das nicht wollen. Ich behaupte auch nicht, dass alle Ideen, die in einer Verfassten Studierendenschaft geboren werden, und alle Aktivitäten für Studierende schlecht sind. Darunter ist sicherlich viel Gutes. Ich finde es spannend, darüber nachzudenken und Überlegungen einzubringen, gerade im Hinblick auf die Arbeitsgruppe, die im Wissenschaftsministerium existiert.

Aus vielen Diskussionen der Basis und aus Gesprächen mit CSU-Mitgliedern und Studierenden im RCDS in Bayern weiß ich, dass das nicht gewollt ist, und auch ich will die Pflichtmitgliedschaft nicht, weil Pflichtbeiträge abgegeben werden müssen an ein Gremium, das die Mittel verteilt, das aber wegen der mangelnden Wahlbeteiligung nicht wirklich demokratisch legitimiert ist. Nicht einmal der Katalog der Leis

tungen ist klar. In einem Semester wird beschlossen, dass schwerpunktmäßig die Party gemacht wird,

(Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

dann eine Informationsbroschüre, die allen dient - das ist dann wieder super. Als Studierender hat man keine weitere Einflussmöglichkeit, außer auf die nächste Wahl zu warten. Ich frage mich deshalb, ob die Verfasste Studierendenschaft notwendig ist. Die Studierenden haben viele Möglichkeiten, sich einzubringen. Das können auch die bestehenden Gremien sein. Ich kann Ihnen sechs oder sieben nennen, bei denen die Studierenden einbezogen sind.

Herr Kollege Jörg, das Thema scheint weitere Zwischenbemerkungen zu provozieren. Als nächster Redner hat Kollege Dr. Goppel das Wort. Danach folgt Frau Kollegin Kohnen. Bitte schön, Herr Kollege Dr. Goppel.

Herr Kollege Jörg, wir haben in den letzten Jahren Bilanzen und lange Auflistungen zur Kenntnis genommen, wonach in den Ländern, in denen es die Verfasste Studierendenschaft gibt, daraus keinerlei Gewinn für die Qualität des Studiums gezogen werden kann.

Entscheidend an einem Hochschulstandort ist, dass eine zusätzliche demokratische Schiene, für die ich ebenso Verständnis habe wie für den Antrag, dazu führen müsste, dass die Qualität im allgemeinen Zusammenleben der Hochschulen besser ist als an den Hochschulen des Südens. Sie müssen von zwei Ländern bei sechzehn Ländern insgesamt ausgehen. Die beiden Südländer fahren die besten Ergebnisse bezüglich Wissenschaft und Forschung ein. Damit behaupte ich nicht, dass im Zusammenhang mit der Verfassten Studierendenschaft feststünde, dass die anderen schlechter sind. Sie sind aber auf keinen Fall besser. Deswegen frage ich Sie noch einmal: Glauben Sie, dass Sie mit der Ablehnung der Verfassten Studierendenschaft die Verbesserung der Verhältnisse an den Hochschulen verhindern? - Das ist die Behauptung der Kollegin.

Herr Kollege Jörg, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Kollege Staatsminister a. D. Dr. Goppel! Könnte man Zusammenhänge in der Art darstellen, dass die bereichernde Arbeit eines AStA die Qualität der Forschung und Lehre derart signifikant steigert, dass wir in Bayern neidvoll auf diese Bundesländer blicken müssen, würden sogar wir in der CSU umdenken.

Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Kohnen das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Erstens. Ich finde es spannend, Herr Goppel, woran Sie Demokratie festmachen. Meinem Verständnis entspricht es nicht, dass sich Demokratie in Party-Veranstaltungen ausdrücken würde.

Zweitens. Herr Goppel, Sie sagten, dass man dort, wo die Verfasste Studierendenschaft eingeführt ist, keinen Gewinn habe. Ist denn Demokratie dazu da, Gewinn zu machen? Wie ist denn Ihr Verständnis von Demokratie? - In Zeiten, in denen man Demokratiedistanz und daraus resultierenden Demokratieverdruss hat, ist es sträflich zu sagen, man wolle ein Instrument der Demokratie nicht zulassen, weil die schlechte Wahlbeteiligung dies nicht legitimiere. Vielmehr müssten Sie dafür kämpfen, dass die Verfasste Studierendenschaft Akzeptanz findet. Man sollte das Pferd nicht von hinten aufzäumen, indem man sagt, da die Wahlbeteiligung zu niedrig sei, brauche man ein Instrument der Demokratie nicht. Das ist sehr fragwürdig.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Jörg, Sie haben das Wort.

Demokratievorlesungen vertiefen wir hier nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen,

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Das ist aber schade!)

auch wenn Sie das sehr charmant angesprochen haben.

Warum definieren Sie nicht zuerst, was die Kompetenzfelder eines bayerischen AStAs sein sollen? Warum reden Sie nicht darüber? Warum lassen Sie das alles offen? Warum beginnen Sie nicht damit, das Thema von Grund auf zu diskutieren, und setzen nur die fette, breite Überschrift "Verfasste Studierendenschaft" darüber? - Weil Sie wissen, dass wir uns damit nicht einverstanden erklären. Wenn Sie die Demokratie stärken wollen, müssen Sie zunächst über die Rechte reden, die Sie diesem Organ beimessen wollen. Das unterlassen Sie sträflich.

Es gibt keine weiteren Wortmeldungen mehr. Herr Kollege Jörg, ich darf mich sehr herzlich bei Ihnen bedanken. Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Zacharias das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Güte, meine Kollegen aus dem Hochschulausschuss, Herr Jörg und Herr Dr. Goppel, wie dürftig Ihre Argumente zu Fragen der Demokratie sind, lässt mich sprachlos hier stehen. Ich stehe hier sprachlos.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN - Zuruf des Abgeordneten Dr. Thomas Goppel (CSU))

- Ich finde meine Sprache schnell wieder. Das kennen Sie alle von mir.

2008 haben wir Proteste gesehen. Eltern, Schülerinnen, Schüler und Studierende sind auf die Straße gegangen und haben für ihre Rechte gekämpft. 2009 war es die gleiche Gruppe mit wenigen Professoren und Wissenschaftlern aus dem Mittelbau. Sie alle sind noch einmal auf die Straße gegangen, haben in der Universität übernachtet und einige von uns haben mitdiskutiert, mitgestritten und mitgelitten. 2010 gab es dasselbe Bild wieder. Es wird demonstriert, debattiert und gestritten, und zwar konstruktiv, friedlich, ganz wunderbar.

Die SPD hat mit ihren guten Anträgen und mit ihren Stimmen den wenigen Herren und noch weniger Damen auf der rechten Seite im Dezember 2009 gesagt, dass der Bologna-Prozess Korrekturen braucht. Wir haben das mehrheitlich beschlossen. Herr Dr. Goppel, ich weiß, dass Sie dagegen gestimmt haben. Ich dachte, Wissenschaftsminister Heubisch hat die Kraft und setzt den Beschluss um, indem er Gruppen gründet und mit den Studierenden redet, weil diese wissen, wie eine Verfasste Studierendenschaft aussehen muss. Herr Jörg, bitte hören Sie mir zu, denn ich komme zu Ihrer Frage, wie eine Verfasste Studierendenschaft und die echte Partizipation und Mitsprache aussehen sollen. Ich meine, das muss den Studierenden überlassen bleiben. Das machen nicht wir.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das machen nicht Sie - Sie auf keinen Fall - und nicht wir. Das machen die, die wissen, was sie können. Das machen die, die wissen, wie Mitsprache funktioniert. Und das machen die, die wissen, wie es in den anderen Bundesländern funktioniert.

Herr Heubisch, nach dem Dringlichkeitsantrag 2009 haben Sie mir zugerufen, dass das gemacht werde. Danach kam die Gruppe der Studierenden. Frau Gote und ich waren voller Frühlingsgefühle, und jetzt zum Sommeranfang ist Winter in meinem Herzen in Bezug auf die Hochschulperspektiven. Das liegt nicht daran, dass das Wetter nicht so ist, wie ich mir das wünschte. Nein, Herr Heubisch, Sie haben die Chance ver

tan, mit einer Gruppe hoch motivierter Studierender, mit hoch motivierten jungen Leuten, die wissen, was Demokratie ist und wo es mit der Hochschule hingeht, wo man justieren kann, schrauben und verändern kann, Konkretes zu tun. Stattdessen machen Sie eine

Leitlinie "light10", ein Wischiwaschi-Ding, und verkaufen das als großartiges Papier. Herr Heubisch, ich bin enttäuscht.

Die größte Herausforderung ist Bologna; dazu sollten wir uns nichts vormachen. 1999 ist der Bologna-Prozess auf die Schiene gesetzt worden. Bologna ist eine tolle Idee. Die Ursachen kennen Sie. Ich muss keine Nachhilfestunde geben, obwohl ich das eine oder andere Mal dieses Bedürfnis habe. Bologna bedeutet Vergleichbarkeit im europäischen Hochschulraum, mehr Mobilität und mehr Visionen. Das war richtig. Was aber hat man mit der größten Reform aller Zeiten gemacht? Die größte Reform aller Zeiten ist völlig ohne Geld weitergefahren worden. Damit war klar, die größte Reform aller Zeiten wird an die Wand gefahren. Das alles passiert auf dem Rücken der Studierenden und der armen Professoren und Professorinnen, die Größtes leisten, und des wissenschaftlichen und nicht wissenschaftlichen Mittelbaus.

Wir stellen Anträge, um die chronische Unterfinanzierung der Hochschulen zu heilen. Wir versuchen, Rezepte zu erstellen. Sie lehnen ab. Das Schlimmste, was uns widerfährt, ist, dass wir Anträge, Gesetzentwürfe, Änderungsanträge einreichen und feststellen müssen, dass von Ihnen gar nichts kommt. Herr Jörg, ich habe von Ihnen noch keinen konkreten Vorschlag gehört. Wo soll es denn hingehen? Bologna 2020? Bologna 2030? Wie stellen Sie sich die nächste Zukunft vor? Herr Heubisch, wo sind Ihre großen Taten? Ich sehe gar nichts. Ich sehe nur, dass alles mit fadenscheinigen Argumenten abgelehnt wird.

Lassen Sie mich noch ein Wort zur Verfassten Studierendenschaft sagen. Herr Jörg, ich bin von den Socken oder von was auch immer. Mir zieht es echt alles aus.

(Heiterkeit)

Frau Kollegin, das haben Sie wohl nicht ganz ernst gemeint.

(Heiterkeit)

Das Vergnügen gebe ich euch hier nicht.

Dann bin ich schon beruhigt. Sie haben das Wort.

Sie unterstellen den Studierendenvertretern, zum Beispiel dem AStA, dass sie missbräuchlich mit Geld umgehen. Sie von der CSU, die uns ein Landesbankdebakel mit einem Milliardenvolumen hinlegen, wollen mir erzählen, dass junge Leute nicht mit Geld umgehen können. Sie können nicht mit Geld umgehen. Studierende können das.