Protokoll der Sitzung vom 27.09.2011

Es geht darum, für künftige Polizeieinsätze zu lernen. So habe ich Frau Kollegin Tausendfreund verstanden. In der Tat, jeder Polizeibeamte im Wach- und Streifendienst muss nicht nur in der Ausbildung, sondern auch danach pro Jahr 24 Stunden Einsatztraining absolvieren. In der Tat werden solche Fälle aufgegriffen und es wird überlegt, wie das in Zukunft besser laufen könnte.

Frau Kollegin Tausendfreund, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich künftig etwas differenzierter äußern würden; denn es ist ein Unterschied, ob man sagt, dass überlegt werden müsse, wie solche Einsätze besser ablaufen können, oder ob ein strafrechtlicher Vorwurf gegenüber einem Einsatzbeamten erhoben wird. In Ihren Diskussionsbeiträgen der letzten Tage geht das ziemlich kunterbunt durcheinander. Schlussendlich wird der Eindruck erweckt, dass alles ganz fürchterlich sei.

Eines will ich am Schluss doch noch sagen. Es ist geradezu hanebüchen, dass Sie noch Argumente wie Beförderungsstau und Bezahlung der Polizeibeamten anführen. Das hat überhaupt nichts mit dem Einsatz von Polizeibeamten zu tun.

(Beifall bei der CSU)

Als Rechtfertigung kann nicht gelten, dass einer gewalttätig wird, weil er nicht befördert wurde und deshalb frustriert ist. Das ist absurd. Gerade die GRÜNEN sollten so etwas nicht vortragen.

(Beifall bei der CSU)

Sie handeln nach dem Motto: Alles, was ich schon immer über die Polizei schimpfen wollte, habe ich bei

dieser Gelegenheit ausgebreitet. So kommen wir nicht weiter, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der CSU - Ulrike Gote (GRÜNE): Billige Polemik!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 a auf:

Erste Lesungen zu Gesetzentwürfen, die ohne Aussprache an die jeweils federführenden Ausschüsse überwiesen werden sollen:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Schlichtungsgesetzes (Drs. 16/9582)

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Gesetzes über Zuständigkeiten im Verkehrswesen und anderer Vorschriften (Drs. 16/9603)

Gemäß der Tagesordnung wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf der Staatsregierung auf Drucksache 16/9582 an den Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz und den Gesetzentwurf der Staatsregierung auf Drucksache 16/9603 an den Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie zu überweisen.

Gibt es hinsichtlich der Zuweisungsvorschläge Änderungswünsche? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Beschlussfassung über die Zuweisungen. Wer mit der Überweisung an die zur Federführung vorgeschlagenen Ausschüsse einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER, der GRÜNEN, der FDP und Frau Abgeordnete Dr. Gabriele Pauli (fraktionslos). Gegenstimmen? - Keine. Stimmenthaltungen? - Auch keine. Die Gesetzentwürfe werden damit diesen Ausschüssen zur Federführung zugewiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 b auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen und anderer Rechtsvorschriften (Drs. 16/9412) - Erste Lesung

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Ich erteile Herrn Staatssekretär Kreuzer das Wort. Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Aufgrund der Fälle des sexuellen Missbrauchs, die an das Licht der Öffentlichkeit gekommen sind und uns alle sehr betroffen gemacht haben, hat sich in Bayern ein Forum zur Aufarbeitung der Gewalt- und Sexualdelikte an Kindern und Jugendlichen gegründet. Gruppen aus der gesamten Gesellschaft und auch der Politik haben an einem runden Tisch zusammen gearbeitet, und ich möchte allen, die daran teilgenommen haben, dieses schwierige Thema aufzuarbeiten, ganz herzlich danken. Ich glaube, dort ist Gutes und Großartiges geleistet worden.

Der vorliegende Gesetzentwurf auf Drucksache 16/9412 zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen und anderer Rechtsvorschriften setzt für den schulischen Bereich an, die Lösungsansätze, die von diesem Forum erarbeitet worden sind, umzusetzen.

Wesentlicher Inhalt des Gesetzentwurfs sind folgende Punkte: Erstens. Es wird neu eine Meldepflicht von Privatschulen gegenüber dem Jugendamt bei Gefährdung des Kindeswohls eingeführt.

Zweitens. Wir erweitern die Anforderungen an die persönliche Eignung von Personal an Ersatzschulen. Schulaufsichtsbehörden haben im Rahmen der Unterrichtsgenehmigungen sicherzustellen, dass keine Lehrkräfte an Ersatzschulen beschäftigt werden, die wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen rechtskräftig verurteilt sind. Dies wird auch ausgedehnt auf sonstige mit erzieherischen oder pflegerischen Aufgaben betraute Personen in diesem Bereich, also nicht nur auf Lehrer. Wir erweitern die schulaufsichtliche Untersagungsbefugnis: Alle mit erzieherischen oder pflegerischen Aufgaben betrauten Personen sind davon umfasst. Anstelle konkret festgestellten Verhaltens genügt künftig ein Vorliegen von Tatsachen, welche die Annahme rechtfertigen, dass es dem Bewerber für bestimmte Funktionen oder Tätigkeiten an der erforderlichen Eignung fehlt. Die Meldepflicht des Artikels 31 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen gilt an Ergänzungsschulen genauso wie an Ersatzschulen. Das hat die Verbandsanhörung zusätzlich erbracht. Auch Kinderpfleger und Kinderpflegerinnen, die an Schulen eingesetzt werden, müssen ihre persönliche Eignung nachweisen.

Die Berufsschulpflicht wird an das am 03. Mai 2011 in Kraft getretene Gesetz über den Bundesfreiwilligendienst angeglichen. Das ist ein zusätzlicher Punkt, der hier, wenn auch in anderem Sachzusammenhang, erledigt wird.

Der Gesetzentwurf wurde in der Anhörung äußerst positiv aufgenommen. Für Staat und Kommunen entstehen keine zusätzlichen Kosten. Es entstehen lediglich in geringem Umfang Kosten für den Personenkreis, der seine Eignung nachzuweisen hat, und zwar durch Einholung eines polizeilichen Führungszeugnisses, wie das bisher schon bei staatlichen Schulen üblich war. Somit liegt auch kein Fall der Konnexität vor.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir mit diesem Gesetz diesem schwierigen, aber auch sehr wichtigen Feld gerecht werden. Wir werden durch diese zusätzlichen Maßnahmen die Gefahr des sexuellen Missbrauchs in den betroffenen Einrichtungen deutlich reduzieren können. Ich bitte Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Parlaments, den Gesetzentwurf zügig zu beraten, und ich bitte Sie letztendlich um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Als Nächste hat Frau Kollegin Dr. Strohmayr das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Papst hat auf seiner Reise einen weisen Ausspruch gemacht. Er hat davon gesprochen, dass sich die von materiellen und politischen Lasten befreite Kirche besser und auf wahrhaft christliche Weise der ganzen Welt zuwenden könne. Ich habe diese Worte an den Anfang meiner Rede gestellt, denn ich meine, was für die Kirche und ihre Einrichtungen, für ihre Schulen gilt, das sollte erst recht für alle Privat-, Ersatz- und Ergänzungsschulen gelten. Für mich ist es keine Frage: Öffentliche Schulen und Ersatz- und Ergänzungsschulen sind gerade in diesem sensiblen Bereich gleichzustellen. Darum ist es gut, dass der Gesetzentwurf jetzt vorgelegt wurde. Es ist richtig, dass die Meldepflicht, nach der öffentliche Schulen schon immer das Jugendamt informieren müssen, wenn das Wohl einer Schülerin oder eines Schülers ernsthaft gefährdet ist, nun auch für die Ersatz- und Ergänzungsschulen gelten soll. Für mich stellt sich nur die Frage: Warum erst jetzt? - Es ist traurig, dass wir so lange gebraucht haben, um zu merken, dass hier eine Gesetzeslücke vorliegt. So viele Fälle von Gewalt und sexuellem Missbrauch mussten bekannt werden, um uns hier zum Handeln zu veranlassen.

Als Juristin ist mir selbstverständlich bekannt, dass es verfassungsrechtliche Grenzen beim Eingriff des Staates in die Privatschulen gibt. Ich meine aber, der Schutz der Kinder und Jugendlichen muss immer an erster Stelle stehen.

(Beifall bei der SPD)

Daher ist es gut, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir zumindest jetzt reagieren, dass wir korrigieren, was korrigiert werden muss. Wir betrachten dies mit einem weinenden Auge, weil es aus unserer Sicht zu spät geschehen ist.

(Beifall bei der SPD - Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Als Nächster hat Herr Kollege Taubeneder das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Anlass der Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen, das haben wir vom Herrn Staatssekretär gehört, sind die in den vergangenen Jahren aufgedeckten Missbrauchsfälle. Die Aufarbeitung dieser Fälle von Missbrauch an Kindern und Jugendlichen in Schulen und in Schülerheimen muss Lösungsvorschläge nach sich ziehen. Diese bedürfen dann der gesetzlichen Umsetzung. In diesem Zusammenhang sollen jetzt auch die Privatschulen unter verschärfte Aufsicht gestellt werden. Diese Schulen werden entsprechend den Meldepflichten der öffentlichen Schulen verpflichtet, gegenüber dem Jugendamt einschlägige Vorgänge zu melden. Ohne Zweifel gab es Vorfälle, die zu verurteilen sind, und zwar auf das Schärfste. Ich möchte aber auch deutlich herausstellen, dass man nicht alle privaten Schulen über einen Kamm scheren kann. Unsere 1.221 Privatschulen mit 211.000 Schülern leisten Hervorragendes und bereichern unser Schulsystem.

(Beifall bei der CSU)

Außerdem müssen zusätzlich zu diesem Meldewesen Lehrer und sonstige mit erzieherischen Aufgaben betraute Personen an Ersatz- und Ergänzungsschulen zwingend ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Das ist selbstverständlich und besonders wichtig und soll in diesem Gesetz besonders herausgestellt werden. Damit soll sichergestellt werden, dass an Privatschulen keine Personen unterrichten oder anderweitig tätige Personen arbeiten, die wegen Missbrauchs oder Misshandlung von Kindern vorbestraft sind. Die persönliche Eignung muss in diesem Fall zwingend verneint werden.

Es sind immer wieder Vorwürfe laut geworden, dass betroffene Schulen Verdachtsfälle vertuschten, anstatt zur Aufklärung beizutragen. Das ist wohl so. Gerade das soll durch die Gesetzesänderung und die damit verbundenen schärferen Vorschriften unterbunden werden. Bisher stehen private Schulen unter weniger strenger Aufsicht als die staatlichen Schulen, an denen es diese Meldepflicht schon lange gibt. Durch

die Gesetzesänderung hat die Schulaufsicht nun mehr Möglichkeiten, Lehrern nach Übergriffen auf die ihnen anvertrauten Kinder den Unterricht zu verbieten. Ich denke, das ist eine wichtige Gesetzesänderung zum Schutz der Schüler und Jugendlichen in unserem Land. Ich denke, das wollen wir doch alle.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Als Nächste hat Frau Kollegin Eva Gottstein das Wort. Bitte schön, Frau Gottstein.

Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FREIEN WÄHLER stimmen diesem Gesetzentwurf natürlich zu. Erstens ist die Unterrichtung der Jugendämter bei entsprechenden Verdachtsmomenten eine Bürgerpflicht für alle, nicht nur für Institutionen und Schulen, sondern für alle Bürgerinnen und Bürger. Allerdings sind davon insbesondere Schulen und Institutionen betroffen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben. Sie müssen die Jugendämter informieren, das ist selbstverständlich. Wenn das jetzt auch für Ersatz- und Ergänzungsschulen explizit in das Gesetz aufgenommen wird, dann ist das nur logisch.

Zweitens stimmen wir zu, weil die Anforderungen an die persönliche Eignung von Lehrkräften nicht nur im staatlichen Schulbereich gestellt werden dürfen, sondern auch an das Personal in den Ersatzschulen und an den Ergänzungsschulen, und das muss auch ausgeweitet werden auf das sonstige Personal, von den Angestellten bis zu den Hausmeistern. Auch das ist eigentlich eine logische Folgerung, basierend auf den Geschehnissen, die wir in diesem Bereich leider feststellen mussten. Wir tragen auch mit, dass damit eine Erweiterung der Untersagungsbefugnis verbunden ist. Wir sehen das als keinen Eingriff in die Selbstständigkeit von Privatschulen.

Alles, was hier an Ergänzungen vorgeschlagen worden ist, ist aus unserer Sicht sehr sinnvoll. Deswegen stimmen wir zu.

Trotzdem muss uns allen Folgendes klar sein: Alle diese Vorgaben sind nötig, aber sie sind nach wie vor natürlich nur ein Hilfsmittel. Entscheidend beim Erkennen und bei der Prävention von Gewalt und sexuellem Missbrauch in unserer ganzen Gesellschaft, aber auch im schulischen Bereich sind genügend Personal und genügend Zeit. Schulen - da ist es völlig egal, ob es staatliche Schulen, Privatschulen, Ersatzschulen oder Ergänzungsschulen sind - brauchen Zeit für Personalgespräche, Schülergespräche, Schülerbeobachtung und Elterngespräche. Aber dafür haben wir nach wie vor zu wenig Lehrer und zu wenig pädagogisches Personal, um diesem Gesetz sicher standzuhalten.

Wir brauchen die entsprechenden Personen; das ist das Wichtigste. Wir appellieren an Sie von der Regierungsbank, auch wenn sie jetzt nur sehr dürftig besetzt ist, dass Sie uns das endlich liefern. - Danke.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Frau Kollegin. - Als Nächster hat Kollege Thomas Gehring das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bekanntwerden sexuellen Missbrauchs und der Gewalt an Schulen sowie Internaten - zunächst im Januar 2010 in Berlin, dann in anderen Ländern, nicht zuletzt in Bayern wie in Bamberg, Ettal, Regensburg und München - hat offenbart, dass die Täter Kinder und Jugendliche in einer kriminellen Weise körperlich und seelisch verletzt haben, dass sie ihre Verantwortung für diese Schutzbefohlenen verleugnet haben und dass sie ihre Position als Autoritäten und Vertrauenspersonen missbraucht haben.

Auch ist offenbar geworden eine Praxis des jahrelangen Nichthinschauens, des bewussten Vertuschens von Taten, des Verschweigens, des Schützens von Tätern und des scheibchenweisen Reagierens auf Vorwürfe und der erst allmählichen und zögerlichen Übernahme von Verantwortung.