Wie bewertet man nun die Aufklärungsquote im Land Bremen? 76 bis 79 Prozent aufgeklärte Fälle in Bremen ist eigentlich eine hohe Quote, die uns bei dieser Straftat aber nicht zufriedenstellen kann, auch weil es eine hohe Unsicherheit über die Rückfallquote gibt. Teile der Forschung gehen von 20 Prozent bei verurteilten Straftätern aus, andere Wissenschaftler rechnen gar mit 80 Prozent. Aufklärung in dieser Frage tut not.
Zur Rolle des Internets! Auch wenn weiterhin die Täter in großer Zahl aus dem Verwandten- oder Bekanntenkreis kommt, ahnt man schon, dass das Internet als Kontaktbörse eine stärkere Rolle als früher einnimmt. Ältere Männer, die sich auf eigentlich für Kinder gedachten Chatbörsen tummeln und sich dort als jung und attraktiv ausgeben auf der Suche nach Cybersex oder gar realen Kontakten, stellen eine ernste Bedrohung dar. Auch als Verbreitungsweg ist das Internet heute wichtiger denn je. Wo früher illegale Filme unter der Ladentheke gehandelt wurden, kann heute Kinder- und Jugendpornografie in geschlossenen Tauschbörsen im Internet erworben werden. Die Server stehen zumeist in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion, und das macht die Strafverfolgung um einiges schwieriger.
Es ist deswegen richtig, dass hier dem Bundeskriminalamt eine besondere Rolle in der Strafverfolgung zukommt. Es macht Sinn, und es macht auch deutlich, dass die Polizei der Länder und des Bundes hier gut vernetzt und gemeinsam agieren können. Gestolpert bin ich in diesem Zusammenhang über den Hinweis des Senats, dass bei der Polizei Bremen und bei der Ortspolizeibehörde Bremerhaven kein Mitarbeiter in diesem Bereich explizit geschult und ausgerüstet ist. So ist es zumindest der Antwort auf Frage 12 zu entnehmen. Das erstaunt uns zumindest etwas, Herr Senator. Diese Frage sollten wir noch einmal in der entsprechenden Innendeputation behandeln.
Gut aufgestellt ist das Land Bremen im Bereich der Prävention. Hier verfügen wir über ein hohes Maß an Engagement in vielen Institutionen. Wichtig erscheint uns aber, dass auch sichergestellt ist, dass die Zusammenarbeit der Behörden in diesem Bereich dauerhaft sichergestellt ist. Jugendamt, Polizei und Staatsanwaltschaften müssen in diesen Fragen Hand in Hand arbeiten.
Am Ende bleibt es dabei, dass die staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen, aber auch wir persönlich nicht nachlassen dürfen, dieses Themenfeld immer wieder in den Fokus zu nehmen und unsere Augen offenzuhalten, um Kinder und Jugendliche besser zu schützen. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen – das haben meine Vorredner schon gesagt – ist eines der schlimmsten Verbrechen, die wir haben. Das Thema geht uns alle an! Keiner darf bei diesem Thema weghören oder wegsehen. Ich danke dem Innenressort auch für die detaillierte Aufstellung auf die Große Anfrage der CDU, gibt sie doch uns einen Überblick
über die Lage in unserem Land. Erfreulicherweise sind nach Aussage dieser Antwort auf die Anfrage die Missbrauchsopferzahlen rückläufig. Aber jeder Fall, jedes Opfer ist ein Opfer zu viel.
Weiterhin ist erfreulich, dass wir in Bremen und Bremerhaven eine sehr gute Aufklärungsquote haben, wenn sie auch noch nicht 100 Prozent erreicht. Dafür darf ich allen Polizeibeamten und allen damit zu tun Habenden für die engagierte Arbeit danken.
Für mich ist immer noch erschreckend, wenn auch nicht verwunderlich, dass die Täter aus dem nahen Umfeld kommen. Herr Hinners hat darauf und auf die Trauma, die für diese Kinder daraus entstehen, hingewiesen. Diese Täter sind eben häufig verwandt und gut bekannt, was diese Fälle noch viel schwieriger macht. Auch das Internet – das haben wir auch schon gehört – spielt eine immer größere Rolle. Da müssen wir uns sagen: Hinter jedem Bild, das dort auftaucht, steht immer ein Opfer. Problematisch stellt sich an dieser Stelle dar, dass der Missbrauch, egal in welcher Form, meist mit einer zeitlichen Verzögerung zur Anzeige gebracht wird und dann leider häufig relevante Daten und Spuren schon beseitigt sind. Die Rückläufigkeit der Fälle scheint zwar einer Studie zufolge zum einen auf die Anzeigebereitschaft, und zum anderen darauf zu zurückzuführen sein, dass heute jeder Dritte mit einem Verfahren rechnen muss. Im Vergleich dazu war es in den Achtzigerjahren nur jeder Zwölfte. Man muss an dieser Stelle noch einmal sagen, dass gerade in Bremen und Bremerhaven eine gute Präventionsarbeit geleistet wird, die ihren Beitrag dazu leistet. Beispielhaft sei hier der Einsatz unseres Innensenators zu nennen, der es zusammen mit Berliner Kollegen geschafft hat, diesem Thema vor allem im Bereich des Sports eine politische Bedeutung zu geben, und dadurch das Thema in das Bewusstsein der Gremien des Sports implementiert hat. Hilfreich an dieser Stelle – das haben wir eben auch schon gehört – ist das erweiterte Führungszeugnis. In Bremen hat zum Beispiel die Bädergesellschaft ein eigenes Präventionskonzept entwickelt. Aber nicht nur im Sport, sondern auch die Präventionsarbeit der Polizei und allen anderen Behörden mit diversen Projekten und Veranstaltungen wie zum Beispiel der Besuch von Elternabenden in den Kitas, Fortbildung von Ärzten, Selbstbehauptungskurse für Kinder und Jugendliche leisten in diesem Bereich einen wichtigen Beitrag.
troffenen gibt, die gute Präventionsarbeit leisten und über die Gefahren aufklären. Meines Erachtens sind wir hier in Bremen und Bremerhaven in dem Bereich ganz gut aufgestellt. Das heißt aber nicht, dass wir uns auf dem Erreichten ausruhen können. Wir müssen weitermachen, und da sind wir alle gefordert: Eltern, Kita, Schule, aber auch jeder Einzelne von uns. Wie gesagt: Keiner darf wegsehen! – Danke schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der erste Teil der Anfrage der CDU zum sexuellen Missbrauch von Kindern und Kinder- und Jugendpornografie im Land Bremen fragt nach den Opferzahlen und den Täterzahlen. Der zweite Teil konzentriert sich auf die strafrechtliche Verfolgung. Erst die letzte Frage – 15 – zielt auf das aus meiner Perspektive Wichtigste, die präventive Arbeit.
Bei den Opferzahlen ist bekannt: Die Dunkelziffer der Opfer wird von Experten insbesondere in diesen kriminellen Fällen extrem hoch eingeschätzt. Das haben meine Vorredner auch schon gesagt. Aus diesem Grund müssen wir annehmen, dass die Opferzahlen für Bremen um ein Vielfaches höher sind, als wir es hier in der Tabelle ablesen können. Experten in diesem Feld warnen vor der leider immer noch vorherrschenden Verdrängung dieses riesengroßen Problems in den Institutionen. Diese Verdrängung, das Schweigen ist für die Täter in diesem Bereich die beste Möglichkeit, ungestört zu bleiben. Hier sehe ich das Hauptproblem. Es ist zwar lobenswert, dass sich insbesondere auf Bundesebene ein bisschen etwas tut, auch in Bremen, aber das alles ist ein Tropfen auf dem heißen Stein. Es ist, wie der unabhängige Bilanzbericht von sexuellem Missbrauch in Deutschland es beschreibt, nicht mehr als ein Türöffner.
Der gestern verabschiedete Haushalt zeigt, dass einige wichtige Organisationen, die sich in diesem Bereich engagieren, nicht einmal kleinste Summen bekommen. (Beifall bei der LINKEN)
Der Kinderschutzbund Bremen hat erst kürzlich wieder darauf hingewiesen, wie prekär seine finanzielle Situation ist und eigentlich schon immer war. Der 2010 von der Bundesregierung eingeführte runde Tisch „Sexueller Kindesmissbrauch“ konnte feststellen, dass Politik und Gesellschaft bei der Behandlung dieses Themas erst am Anfang stehen. Nach den Ergebnissen des 2012 und 2013 durchgeführten Monitorings sind wir in Deutschland weit davon entfernt, unsere Kinder vor sexuellem Missbrauch wirkungsvoll zu schützen. Statistisch gesehen gibt es durch
schnittlich in jedem Kindergarten beziehungsweise jeder Kita-Gruppe ein Opfer sexueller Gewalt. Die Kommunen wurden dringend aufgefordert, diese Bereiche in ihren Haushaltsplänen stärker zu berücksichtigen. Bremen aber macht das Gegenteil! Viele Beratungseinrichtungen in diesem Bereich in Bremen sind unterfinanziert. Aus unserer Perspektive reicht, was Bremen aktuell unternimmt, bei Weitem nicht aus.
Ziel muss es sein, dass sich insbesondere die pädagogischen Institutionen bei diesem Thema nicht verweigern und sagen: So etwas gibt es bei uns nicht. Durch die Bremer Politik muss ein Umdenken der Institutionen aktiv gefördert werden. Das Ziel muss sein, dass jede Einrichtung beziehungsweise Schule stolz auf die eigene aktive Präventionsarbeit in dem Bereich sexueller Missbrauch ist, anstatt dieses Thema von sich zu weisen. Die pädagogischen Institutionen in Bremen und die Bürgerinnen und Bürger müssen darin geschult werden, dass Prävention im Bereich sexueller Gewalt kein Zeichen für eine besonders gefährdete Institution ist, sondern ein Aushängeschild für eine besonders verantwortungsbewusste und aufgeklärte Einrichtung. Bremen muss hier nachbessern. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will noch einiges hinzufügen, insbesondere was die Kinderpornografie, auf die ich in meinem ersten Beitrag nicht eingegangen bin, angeht. Das wird häufig in der Gesellschaft doch aus meiner Sicht zu sehr verharmlost, so nach der Devise: Da guckt sich doch einer oder eine nur Bilder an, so schlimm kann es ja nicht sein. Nein, das ist viel schlimmer, weil dahinter tatsächlich der sexuelle Missbrauch steht, der von irgendwelchen perversen Menschen dann auch noch aufgenommen und zu kommerziellen Zwecken in der Welt verkauft und angeboten wird.
Herr Fecker hat darauf hingewiesen, dass diese Filme häufig in Osteuropa ins Netz gestellt werden. Dort werden sie auch angefertigt. Insofern entzieht sich das unserem unmittelbaren Zugriff. Diese Geschichten dürfen wir auf keinen Fall aus dem Fokus verlieren. Deswegen möchte ich das, was Herr Fecker vorhin gesagt hat, aufgreifen, nämlich die hier in Bremen nicht durchgeführte technische Aufklärung dieser Kinderpornografie im Netz. Immerhin hatten wir in der Zeit von 2008 bis 2012 in Bremen insgesamt 275 Tatverdächtige, davon – durchaus überraschend, finde ich – 31 weibliche. Wir sollten in der Innendeputation noch einmal darüber diskutieren, ob
bei der technischen Unterstützung und Aufklärung nicht mehr möglich ist als das, was bisher durch andere Landeskriminalämter und im Bundeskriminalamt für Bremen erledigt wird, Herr Senator für Inneres.
Einen zweiten Aspekt möchte ich aufgreifen, nämlich die Prävention. Ich halte es für ganz wichtig, gerade bei dem sexuellen Missbrauch von Kindern, dass diejenigen, die beruflich von morgens bis abends oder morgens bis mittags mit Kindern umgehen, sehr viel intensiver in die Präventionsarbeit eingebunden werden. Ich denke da an Mitarbeiter in den Kindertagesheimen, ich denke da an Lehrer in den Schulen, ich denke da aber auch an Kinderärzte, die sehr viel intensiver als bisher Auffälligkeiten bei Kindern registrieren sollten, auch unter der Bedingung, dass dort vielleicht ein sexueller Missbrauch dahinterstehen könnte.
Zu guter Letzt will ich das, was auch von der LINKEN, von Herrn Tuncel, eben schon angesprochen worden ist, auch für die CDU deutlich machen: Auch wir erwarten, dass die Einrichtungen und Vereine, die sich um Opfer sexuellen Missbrauchs kümmern, ausreichend mit Finanzmitteln ausgestattet werden! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich danke Ihnen dafür, dass dieses Thema in einer so sachlichen Atmosphäre diskutiert worden ist! Sie haben die wesentlichen Fakten zur Kenntnis genommen, die in der Tat nicht zu beschönigen sind. Wir wissen, dass 80 Prozent aller Täter aus dem unmittelbaren Umkreis der Opfer kommen. Das erklärt, warum auch die Aufklärungsquote so niedrig ist. Ich glaube, es gehört sehr viel Mut dazu, Anzeige zu erstatten. Wir können feststellen, dass sich die Entwicklung im Bereich des Anzeigeverhaltens durchaus verändert hat. Es gab Zeiten, wenn ich an die Siebziger- und Achtzigerjahre mich erinnere, in denen die Bereitschaft, bei Polizei und Staatsanwaltschaft Anzeige zu erstatten, deutlich niedriger war, und wir sehen heute, dass in der Tat die Bereitschaft, sich zu offenbaren, größer geworden ist. Es bleibt aber dabei: Es gibt ein riesiges Dunkelfeld, was wir kaum einschätzen können, weil diese Taten so eng mit Personen verbunden sind, denen Kinder und Jugendliche größtes Vertrauen entgegenbringen.
Bremen hat auf dieses Thema schon viele Jahre vorher reagiert. Ich denke an die Siebzigerjahre, als die ersten Sonderdezernate bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft eingerichtet worden sind, als sehr in die fachliche Ausbildung der Dezernenten inves
tiert wurde. Wenn man sich die Anzahl der Fälle anschaut, die dann zur Anklage kommen, stellt man fest: Es gibt hier eine sehr enge Kooperation zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz, die letztlich dazu führt, dass ein großer Teil der Täter dann auch verurteilt werden kann. Nichtsdestotrotz glaube ich, es wird eine dauerhafte Aufgabe sein, der wir uns stellen müssen. Das Internet hat diesem Thema neue Facetten beschert. Sie haben es angesprochen, das Thema Kinderpornografie. Es ist jetzt ein weltweites Problem, und wir haben deshalb in der Bundesrepublik ein System der Arbeitsteilung entwickelt. Das gilt nicht nur für den Bereich der Kinderpornografie. Auch das Thema Telekommunikationsüberwachung machen wir nicht mehr von hier aus. Zentral zuständig für unseren Bereich ist Hannover. Wir machen das in Kooperation. So erklärt sich auch dieser Satz in unserer Antwort: Wir haben keine technisch geschulten und technisch ausgerüsteten Ermittler. Es heißt dann weiter: Für das Land Bremen besteht derzeit auch kein Bedarf. Ich glaube, das ist nicht sehr klug formuliert. Was man sagen wollte, ist, dass wir eine bundesweite Arbeitsteilung haben. Das BKA recherchiert gemeinsam mit den Landeskriminalämtern Bayern, Niedersachsen und BadenWürttemberg im Internet anlassunabhängig. Das heißt, da gibt es Mitarbeiter, die nichts anderes machen, als den ganzen Tag im Internet zu surfen, um diesen Tätern auf die Spur zu kommen. Für die Ermittlung von Tätern in Bremen ist es völlig irrelevant, ob der Rechner hier oder in Hannover steht. Deswegen denke ich, dass es sinnvoll ist, arbeitsteilig vorzugehen. Wir werden, wie gesagt, von Niedersachsen hervorragend in den Ermittlungsverfahren unterstützt, die wir in Bremen führen. Ich glaube, dass es einfach notwendig ist, dass wir uns spezialisieren, weil nicht jedes Land – das gilt gerade für unsere Stadt – die gesamten Kosten dieser Recherche tragen kann. Sie haben das Thema angesprochen: Was machen wir im präventiven Bereich? Es ist schade; das sage ich auch an DIE LINKE. Wir haben gestern auch im Rahmen der Haushaltsberatungen zum Beispiel 30 000 Euro mehr für das Mädchenhaus ausgewiesen.
Im letzten Jahr sind weitere Mittel für Schattenriss und andere Projekte, die seit vielen Jahren etabliert sind, im Lande Bremen finanziert worden. Also, die Ansage, wir kümmern uns nicht um dieses Thema, wir unterstützen die privaten und freien Träger nicht, entbehrt jeder Grundlage.
sexuellen Missbrauch im Bereich der Sportvereine diskutiert. Wir haben uns auf der Sportministerkonferenz für die Einführung des erweiterten Führungszeugnisses starkgemacht. Das ist inzwischen jedenfalls in Bremen die Beschlusslage. Der Landessportbund steht dahinter. Jetzt kommt es drauf an, dass wir diese Dinge auch in die Vereine transportieren. Das ist der zweite Schritt. Allein die Beschlüsse reichen nicht aus. Es setzt voraus, dass wir in den Vereinen Beauftragte finden, die geschult werden, die einen Blick dafür bekommen, was in ihren Vereinen geht. Ich bin überzeugt davon, dass die Vereine dieses Thema ernst nehmen und man bei ihnen im Grunde genommen sagen kann: Das ist ein Qualitätssiegel für diesen Verein. Sie kennen dieses Thema, sie sind darauf vorbereitet, und sie können auch den Eltern sagen: Wir kümmern uns um eure Kinder, wenn ihr sie hier abgebt. Das ist eine ganz wichtige Sache. Auch da sind wir schon ein bisschen voran, aber es gibt noch sehr viel zu tun. Ich glaube, dass wir uns heute nicht zum letzten Mal mit diesem Thema beschäftigen werden. – Schönen Dank!
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 18/1089, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.