Jetzt hat sich die EU-Kommission etwa neun Jahre lang die Zähne an der Liberalisierung der Hafendienstleistung ausgebissen. Das gilt auch für die Lotsen, auch für die Elblotsen. Die Herausforderung, jetzt von der EU-Kommission in Ruhe gelassen zu werden, bewahrt einen aber nicht davor, weitere Herausforderungen anzunehmen. Die Kollegen haben es angesprochen: Das Thema ist, dass wir in Deutschland etwa 820 Seelotsen haben, davon 270 Elblotsen, über ein Viertel der Lotsen in Deutschland sind also Elblotsen. Und von diesen 270 Elblotsen gehen 130 demnächst in Ruhestand, sodass wir hier unbedingt für Nachwuchs sorgen müssen.
Das Hauptproblem ist schon benannt worden. Das Hauptproblem ist, dass wir zu wenige Studienanfänger haben; das hat der Kollege Seeler benannt. Gleichzeitig ist es nicht so, dass jeder, der ein Studium anfängt, am Ende dann auch Lotse wird, son
dern die Menschen haben weiterhin die freie Berufswahl. Und wir haben gleichzeitig die Situation – das ist ein Thema, das Herr Hackbusch häufiger anspricht –, dass immer weniger Schiffe trotz durchaus nicht unbeträchtlicher Subventionen unter deutscher Flagge fahren und deswegen die deutschen Seelotsen oder Seemänner sich immer schwieriger ausbilden können,
Vielen Dank, Herr Dr. Tjarks. Werden Sie denn Ihren vorliegenden Antrag um die Hafenlotsen ergänzen?
Wenn Sie den vierten und fünften Absatz des Petitums lesen, dann würde ich behaupten, dass es Teil dieses Antrags ist. Wenn Sie meinen, dass das nicht so ist, Herr Niedmers, frage ich mich natürlich, warum Sie nicht in der Lage waren, einen Zusatzantrag zu diesem so wichtigen Thema zu stellen. Das haben Sie nicht getan.
Vor diesem Hintergrund glaube ich, dass wir am Ende des Tages eher die Gemeinsamkeiten betonen sollten. Denn Sie haben doch gesagt, dass es ein wichtiger Beruf ist. Ich glaube nicht, dass die Hafenlotsenbrüderschaft uns böse Briefe schreiben wird, sondern sich durch diesen Antrag eher gewertschätzt fühlen wird.
Die zentralen Lösungsmuster sind aufgezeigt worden. Ich wiederhole sie nur kurz. Es geht um die Frage des eigenständigen Hochschulstudiums, das die Lotsenbrüderschaft bereits auf den Weg gebracht hat. Beim Zugang zum Lotsenberuf müssen wir flexibler werden und auch in den Revieren ausbilden. Angesichts der Zahlen spielen die Elbe und die Weser die entscheidende Rolle. Über diese Flexibilisierung müssen wir es schaffen, mehr Menschen für diesen Beruf zu begeistern, dessen Hürde insbesondere ist, dass man sehr lange um
die Welt fahren muss, bevor man diesen Beruf ergreifen kann. Wenn man das stärker regionalisiert, haben wir eine gute Chance, genug Menschen für diesen Beruf zu gewinnen, der für den Hamburger Hafen existenziell wichtig ist. Deswegen sollten wir daran arbeiten, dass uns das gelingt. Ich habe vernommen, dass die CDU in Berlin das Problem schon fast gelöst hat. Vor dem Hintergrund freue ich mich, dass wir das gemeinsam hinbekommen, und ich freue mich über eine positive Rückmeldung aus dem Bundesministerium der CSU aus Bayern. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir führen eine erstaunliche Debatte, weil die Wertschätzung der See- und Hafenlotsen von uns allen als sehr wichtig erachtet wird. Jeder, der sich damit beschäftigt hat, weiß, dass es in den letzten Jahren – Herr Tjarks hat es eben noch einmal angesprochen – immer eine starke Auseinandersetzung um die Lotsen gegeben hat und darüber, wie teuer sie sind und ob man das nicht stärker liberalisieren sollte. Es hat immer wieder Angriffe auf diesen Berufsstand gegeben und in gewisser Weise auch auf die Brüderschaften, die das organisieren. Von daher ist es schon ein nicht unwichtiges Thema, und entsprechend ist es wichtig, es hier zu behandeln.
Aber hier ist eigentlich der falsche Ort. Wir merken an der Debatte, dass die meisten kaum verstehen, worum genau es eigentlich geht. Da sagt uns Herr Tjarks, alles sei auf einem guten Weg. Da sind wir sehr skeptisch, und zwar deshalb, weil es, wie Herr Niedmers gesagt hat, ein laufendes Verfahren gibt. Warum wird dieses laufende Verfahren nicht normal angefahren und mit Unterstützung nachgefragt, was hier ist? Wir stellen fest, dass drei umstrittene Punkte genannt werden. Erstens: Es soll ein weiterer Grundausbildungsweg gesucht werden. Darüber gibt es bei den Brüderschaften durchaus unterschiedliche Meinungen. Und bei unterschiedlichen Meinungen ist es gute Hamburger Tradition, sich damit auseinanderzusetzen und zu überlegen, was richtig ist. Hier scheint ein Weg vorgegeben zu sein.
Zweitens wird gesagt – eine sehr erstaunliche Formulierung –, dass die Akteure der Lotsenausbildung eine eigene zukunftssichere Ausbildungsfinanzierung gewährleisten sollen. Das heißt, der gesamten Finanzierung dieser Fragestellung wird in einer gewissen verschwurbelten Art und Weise eine Richtung vorgegeben, die niemandem hier im Haus völlig klar ist. Wir wissen nur, dass die Finanzierung irgendwie anders organisiert werden soll.
Und zwar wirkt es so, als solle es ein sich selbst tragendes System sein, bei dem wir nicht sicher sind, wer eigentlich die finanziellen Auswirkungen tragen soll. Das wird hier gar nicht gesagt, sondern es soll sich selbst tragen. Das heißt, die Lotsen laufen Gefahr, stärker herangezogen zu werden. Das heißt, wir haben eine Fachdiskussion, die kaum jemand im Haus versteht, die selbst in den Redebeiträgen nicht berücksichtigt werden konnte und hier verabschiedet werden soll. Ich halte die Art und Weise, wie wir über dieses Thema diskutieren, für nicht adäquat.
Vernünftig ist, das im Ausschuss zu diskutieren und sehr skeptisch gegenüber diesen Formulierungen zu sein, die nicht, wie Herr Tjarks gesagt hat, allgemein sind. Es geht darum, ein gewisses Interesse zu organisieren, und ich bin der Meinung, das ist nicht das Interesse der Hafenlotsen und der Elblotsen. Es wäre wichtig, das im Ausschuss ordentlich zu diskutieren und dann loszugehen und etwas zu machen, anstatt hier etwas zu verabschieden, das kaum jemand versteht, und dann loszuziehen und dem Senat eine Aufgabe zu geben. Das halte ich nicht für richtig, um sich in solchen Sachen adäquat einig zu werden. Deshalb ist die Überweisung das einzig Vernünftige. Das wäre die einzige adäquate Art und Weise, mit dem Hafen und den Elblotsen gut umzugehen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wieland Schinnenburg hat in seinen Abschiedsworten gesagt, dass man aus Oppositionssicht auch einmal loben soll, wenn es sich denn gehört. Insofern würde ich mit einem Lob beginnen wollen und sagen, dass das in der Tat ein wichtiges Anliegen ist. Ich finde, dass Sie das adäquat aufgearbeitet haben. Man kann sehr wohl die Fragen stellen, die Herr Niedmers zu den Hafenlotsen gestellt hat und dazu, ob sie integriert sind oder nicht. Anjes Tjarks hat gerade gesagt, dass Sie aus seiner Sicht mit dabei sind. Wir nehmen Sie beim Wort und sagen, okay, Sie integrieren sie. Sie gehen vielleicht auf sie zu und sagen ihnen, dass sie mit dabei sind. Wenn das allerdings hier nicht Konsens ist, würde ich dafür werben, dass wir diesen Antrag an den Ausschuss überweisen.
Lieber Herr Seeler, Ihre Rechnung geht nicht ganz auf. Sie sind ja noch in der Bundesregierung. Wenn Sie sagen, dazu müsse in Berlin etwas gemacht werden, dann erledigen Sie es doch schnell. Oder alternativ: Sollten wir in die Koalitionsver
handlungen einsteigen – wir haben das Thema heute debattiert, wir sind an der Stelle einer Meinung –, nehmen wir es mit. Wenn Sie es im Gegensatz überweisen oder vielleicht nachher unserem Antrag zu den Start-ups- und Kreativunternehmen zustimmen – Sie könnten uns an dieser Stelle auch einmal loben –, dann hätten wir ein rundes Paket und könnten konsensual herausgehen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Reform der Seelotsenausbildung ist für Hamburg ein wichtiges Thema. Lotsen sind extrem navigier- und revierkundige Nautiker. Sie beraten Kapitäne beim Einlaufen, gerade auch in schwierige Häfen wie Hamburg. Die fehlende Fahrrinnenanpassung und andere Unwägbarkeiten tun dazu das ihre. Die Seelotsenkenntnisse sind nicht ersetzbar durch moderne Navigationsgeräte oder elektrische Seekarten. Trotzdem hat die Branche jetzt Probleme, Nachwuchs zu generieren. Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes plant deshalb jetzt eine Lotsenausbildungsreform. Während bislang die Voraussetzung für eine Lotsenausbildung ein Patent für Kapitäne auf großer Fahrt ohne Einschränkungen ist und zudem zwei Jahre verantwortliche Positionen an Bord eines Seeschiffes absolviert werden sollen, plant die Reform jetzt eine deutliche Lockerung. Die heftigste Kritik daran kommt von den Praktikern selbst, vom Bundesverband der See- und Hafenlotsen, die einstimmig für die Beibehaltung des bisherigen Zugangs zum Lotsenberuf sind. Deutsche Lotsen gelten neben den Norwegern bislang als führend in der Welt, was ihren Ausbildungsstand angeht, der künftig auch gehalten werden muss. Die AfD nimmt aus Gründen dieser plausiblen Warnung der Praktiker und Experten diese Warnung ernst und wird den Antrag in der jetzigen Form ablehnen.
Auch von mir an dieser Stelle ein Wort des Abschieds. Nach zweieinhalb Jahren der parlamentarischen Auseinandersetzung, die alles bereithielt, was das Menschliche überhaupt nur bereithalten kann – die Fairness im Umgang miteinander, die Gleichgestelltheit von Abgeordneten zu Abgeordneten, aber auch die Konkurrenz und den parlamentarischen Kampf, dem das Ganze die Würze gibt, wenn eine gewisse rhetorische Qualität hinzukommt, all das habe ich hier in zweieinhalb Jahren lernen dürfen. Das war eine sehr spannende Zeit. Zweieinhalb Jahre sind sehr kurz; davor war ich ein Jahr in der Bezirksversammlung. Jetzt gehe ich in den Bundestag. Das könnte ich nicht ohne das, was ich bei Ihnen gelernt habe. Für die hier gesammelte Erfahrung möchte ich mich bei Ihnen al
len von Herzen bedanken, nicht nur bei meinen eigenen Fraktionsfreunden und -kollegen, sondern gerade auch bei den eifrigsten politischen Kontrahenten, von denen ich wahrscheinlich am meisten gelernt habe. – Vielen Dank dafür und auf Wiedersehen irgendwann.
Wer möchte nun also zunächst die Drucksache 21/10512 an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien überweisen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Wir stimmen über den gemeinsamen Antrag der SPDFraktion und GRÜNEN Fraktion aus Drucksache 21/10512 in der Sache ab.
Wer möchte diesen Antrag annehmen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag mehrheitlich angenommen worden.
Wir kommen jetzt zum Tagesordnungspunkt 40, Drucksache 21/10513, Antrag der CDU-Fraktion: Reformationstag soll in Hamburg dauerhaft zum Feiertag werden.
[Antrag der CDU-Fraktion: Reformationstag soll in Hamburg dauerhaft zum Feiertag werden – Drs 21/10513 –]
[Antrag der Fraktion DIE LINKE: Tag der Befreiung muss gesetzlicher Gedenkund Feiertag werden – Drs 21/10614 –]
Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 21/10614 ein Antrag der LINKEN vor. Beide Drucksachen möchten alle sechs Fraktionen an den Verfassungs- und Bezirksausschuss überweisen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vor 500 Jahren hat Martin Luther seine berühmten Thesen veröffentlicht und damit die Reformation in Gang gesetzt. Martin Luther war sicherlich nicht der einzige Reformer, aber sicherlich einer der wirkmächtigsten, und deswegen wird dieses Ereignis in diesem Jahr, wie ich finde, zu Recht mit einem Feiertag gewürdigt.
Die Reformation hat eine kulturprägende Bedeutung nicht nur in Hamburg, dort aber in besonderem Maße. Ich bin davon überzeugt, dass gerade in Zeiten des schwindenden historischen Bewusstseins, in Zeiten, in denen das Wissen um die Zusammenhänge nicht mehr selbstverständlich ist, die Besinnung auf unsere kulturellen Wurzeln wichtig ist. Ich sehe darin auch einen Beitrag gegen den Versuch, nationalistisch-völkische Vereinnahmungen und Verfremdungen unseres kulturellen Erbes vorzunehmen. Dagegen hilft nur erinnern und Bildung.