Erster Vorwurf. Es handelt sich bei dem Eingriff in Höhe von 150 Millionen Euro nicht um eine Sparmaßnahme des Landes, sondern die ansonsten notwendige Schuldenaufnahme des Landes wird durch eine Schuldenaufnahme seitens der kommunalen Gebietskörperschaften ersetzt.
Zweiter Vorwurf. Während der Bundesdurchschnitt der Anteil der Landkreise an der kommunalen Verschuldung im jeweiligen Bundesland bei 15,6 % liegt, beträgt der Anteil der niedersächsischen Landkreise an der kommunalen Gesamtverschuldung 28,7 %.
(David McAllister [CDU]: Wo war die Frage? - Gegenruf von Dieter Möhr- mann [SPD]: Ich habe gefragt, wie er mit den Vorwürfen umgeht!)
Zur ersten Frage, wie die Situation in Niedersachsen entstanden ist, habe ich bereits sehr ausführliche Darstellungen gemacht.
Wenn ich es noch einmal machen sollte, wird es sicherlich auch nicht besser für diese Seite. Deshalb möchte ich das nicht wiederholen. Das kann man aber auch nachlesen.
- Ach so, ja. - Es ist dargestellt worden, dass es die Verschuldungssituation der Kommunen selbstver
ständlich verschlechtert, wenn das Land ihnen 150 Millionen Euro entzieht. Das ist gar keine Frage. Ich habe aber doch dargestellt, dass wir nicht wie Sie einfach nur die 150 Millionen Euro weggenommen haben, sondern dass wir parallel Maßnahmen ergriffen haben, damit das kompensiert wird. Ich darf wiederholen: 70 Millionen Euro Weihnachtsgeld, 200 Millionen Euro aus der Absenkung der Gewerbesteuerumlage.
Meine Damen und Herren, selbstverständlich würde ich die 150 Millionen Euro lieber draufsetzen; das ist doch klar. Aber Sie müssen sich einmal entscheiden, ob Sie diesen Haushalt als verfassungswidrig darstellen wollen; das ist doch der Punkt. Es wäre fahrlässig gewesen, den Kommunen einfach 150 Millionen Euro zu entziehen. Das haben wir nicht gemacht, weil wir eine Verantwortung für die Kommunen haben.
Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass auch die aktuelle Entwicklung im Landkreis Lüchow-Dannenberg bestenfalls dazu führen wird, dass sich die Kassenkredite zukünftig auf einem Niveau von etwa 120 Millionen Euro stabilisieren werden, welche zusätzlichen strukturpolitischen Maßnahmen die Landesregierung den Kommunen empfiehlt, um in ihrer Kassensituation zu Verbesserung zu kommen, und welche Möglichkeiten dabei die Kommunalaufsicht hat.
Ich freue mich sehr, dass Sie mir mit der Frage noch einmal Gelegenheit geben, den Bürgerinnen und Bürgern in Lüchow-Dannenberg dafür zu danken, welchen Mut sie zu strukturellen Veränderungen gehabt haben. Wenn wir so eine Strukturreform - eine kreisfreie Samtgemeinde planen, dann ist es nicht selbstverständlich, dass es eine so hohe Wahlbeteiligung von fast 60 % gibt und
dass man eine deutliche Mehrheit von fast 1 600 Stimmen verzeichnen kann. Das ist wirklich einzigartig. Sie haben die Berichte - nicht nur aus Niedersachsen, sondern auch weit darüber hinaus gelesen. Sie sehen, dass wir nicht einfach, wie z. B. bei der Strukturkonferenz Harz, zusätzliche Bedarfszuweisungen vornehmen, ohne dass wir ein Auge darauf haben, dass sich auch strukturell etwas verändert.
Durch diese Maßnahme, wenn sie umgesetzt ist - spätestens in fünf bis acht Jahren -, werden wir dort 17 bis 20 Millionen Euro weniger ausgeben müssen. Außerdem bekommen wir in LüchowDannenberg dauerhaft 3 Millionen Euro an zusätzlichen Zuweisungen, d. h. das strukturelle Defizit kann ausgeglichen werden. Das ist eine Maßnahme, die meiner Ansicht nach nicht nur durchaus angemessen ist, sondern notwendig ist.
Sie haben Recht: Dadurch sind die Kassenkredite nicht auf null zurückgeführt. Das ist im gesamten Land selbstverständlich nicht möglich. Aber wir haben dieser Region, die tatsächlich besonders strukturschwach ist, damit eine Möglichkeit gegeben, jetzt wieder handlungsfähig zu werden, aus sich heraus wieder zukunftsfähig zu werden und soziale Infrastruktur zu erhalten. Insofern bin ich den Bürgerinnen und Bürgern ganz besonders dankbar.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Hans-Joachim Janßen [GRÜNE]: Die Frage war noch nicht beantwortet!)
Herr Minister, Sie haben vorhin auch auf Anregung von Herrn Althusmann die Notwendigkeit einer weiteren Gemeindefinanzreform thematisiert. Wir sehen das selbstverständlich als genauso erforderlich an. Sie haben die Notwendigkeiten beschworen. Ich möchte gerne wissen: Welche konkreten Maßnahmen stellen Sie sich vor? Wofür werden Sie sich einsetzen? Muss ich Ihren Ausführungen entnehmen, dass Sie z. B. die Gewerbesteuer auf null setzen wollen und dafür die Kommunen auf einen möglicherweise erhöhten Anteil an der dann auch erhöhten Mehrwertsteuer verweisen wollen?
Auch darauf habe ich schon umfassend geantwortet. Ich habe dargestellt, dass die Unternehmenssteuerreform im Jahre 2008 umgesetzt werden muss. In dem Zusammenhang muss geprüft werden, ob die Gewerbesteuer auf Dauer Bestand haben kann. Ich habe aus den genannten Gründen arge Zweifel: Sie ist eben keine stetige Einnahme. Sie ist großen Schwankungen ausgesetzt. Ein Hebesatzrecht ist eine Alternative, die aber noch optimiert werden muss; das will ich gar nicht bestreiten. Wenn es eine umfassende Unternehmenssteuerreform gibt, muss das im Gesamtpaket errechnet werden. Das können Sie noch nicht am Anfang dieser Diskussion haben, sondern Sie müssen sich auch die Parameter angucken und klären, was sich insgesamt verschieben soll. In dem Zusammenhang ist ein höherer Anteil der Kommunen an der Mehrwertsteuer sicherlich eine sehr sinnvolle Maßnahme, weil das auf jeden Fall eine sehr viel stetigere Einnahme ist.
Also: Unter dem Strich kann man ein Konzept erst darstellen, wenn auch die Unternehmenssteuerreform auf dem Tisch liegt. Es muss parallel laufen.
(Stefan Wenzel [GRÜNE]: In drei Jah- ren wollen Sie anfangen, darüber zu reden! Das ist doch unglaublich!)
- Ich habe gerade gesagt, wir müssen sofort darüber reden. Auch über die Unternehmenssteuerreform wird sofort geredet. Wenn sie im Jahr 2008 in Kraft treten soll, müssen wir jetzt die Weichen dafür stellen.
- Ich habe sofort darauf hingewiesen, dass die Gemeindefinanzreform bei den Koalitionsgesprächen auf die Tagesordnung gehört. Ich habe Beispiele dafür genannt.
Sie müssen sich einmal vorstellen: Als Sie noch an der Bundesregierung beteiligt waren - Sie sind es ja zumindest geschäftsführend noch ein paar Tage -, haben Sie überhaupt nichts erreicht. Wir sind jetzt schon dabei, Vorschläge zu machen.
Herr Minister, wann wird die Landesregierung einen Gesetzentwurf zur Änderung des niedersächsischen Gesetzes über den kommunalen Finanzausgleich einbringen?
(Uwe Harden [SPD]: Ich habe Sie ge- fragt, wann Sie das Gesetz über den kommunalen Finanzausgleich ändern werden!)
- Ich ahne, dass Sie fragen wollen, ob wir, wenn Hartz IV tatsächlich umgesetzt ist und Auswirkungen sichtbar sind, den kommunalen Finanzausgleich ändern wollen. Dann gibt es natürlich Verschiebungen; denn der kommunale Finanzausgleich hat ja eine sehr hohe soziale Komponente, bis zu zwei Dritteln. Dann muss man auf jeden Fall sehen, ob der kommunale Finanzausgleich geändert werden muss. Das werden wir tun, wenn die Zahlen auf dem Tisch liegen und wenn vor allen Dingen auch die Entlastung um die 2,5 Milliarden Euro greift. Dann können wir es genau sehen.
Schon zum jetzigen Zeitpunkt etwas zu prognostizieren, wäre verfrüht. Aber ich gebe Ihnen durchaus Recht: Es können Zahlen auftreten, die wir dann zum Anlass nehmen müssen, den kommunalen Finanzausgleich in der Struktur zu verändern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landkreis Lüchow-Dannenberg betreibt in diesen Tagen mit erheblichen Kostenausweitungen im Vergleich zur eigenen Aufgabenerledigung die Privatisierung seiner Wirtschaftsförderung. Gleichzeitig weitet er seinen Personalbestand innerhalb seiner eigenen Kreisverwaltung in diesem Aufgabenbereich aus. Herr Minister, nachdem ich hier Ihre Ausführungen gehört habe, frage ich Sie: Sie wissen ja, dass Sie persönlich und Ihre Kommunalaufsicht seit mehreren Monaten mit diesem Sachverhalt befasst sind. Wir beide haben dazu auch schon Schriftverkehr geführt. Bis heute hat es keine Antworten von Ihnen gegeben. Ich wüsste gerne von Ihnen, ob denn Ihre Duldung ein Beitrag zur nachhaltigen Entlastung der kommunalen Haushalte und z. B. der künftigen kreisfreien Samtgemeinde ist.
Wir werden konkret bei den Haushaltsgenehmigungen dazu Stellung nehmen. Es ist völlig klar: Neueinstellungen kommen überhaupt nicht in Frage; die werden wir auch nicht akzeptieren. Aber wenn man innerhalb der Verwaltung eine Akzentverschiebung macht und mehr für Wirtschaftsförderung ausgeben will, ist das wohl gerade in Lüchow-Dannenberg bei der Strukturschwäche keine schlechte Initiative.
Herr Dehde hat eine letzte Zusatzfrage. Bitte schön! Obwohl, Herr Dehde, ich sage einmal bei allem Wohlwollen: Mit der Thematik der Dringlichen Anfrage hat die ganz spezielle Frage zu Lüchow-Dannenberg wirklich nichts zu tun. Aber bitte schön, ich lasse sie zu.