Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Frage ist vorhin schon in abstrakter Form gestellt worden; ich werde jetzt konkreter.
Vor dem Hintergrund der von der FDP und Teilen der CDU/CSU neu entfachten Geisterdebatte um Steuersenkungen auf Pump, die untere und mittlere Einkommen angeblich spürbar entlasten sollen, und vor dem Hintergrund, dass wir bei entsprechend sinkenden Steuereinnahmen weitere schmerzhafte Einschnitte erwarten, frage ich die Landesregierung, ob diese Entlastung unterer und mittlerer Einkommen nicht auch aufkommensneutral möglich wäre, indem parallel folgende konkrete Maßnahmen ergriffen werden: Erstens. Anhebung des Spitzensteuersatzes wie zu Zeiten der Kanzlerschaft Helmut Kohls auf 53 %. Zweitens. Erhöhung des sogenannten Grundfreibetrages auf 9 300 Euro. Drittens. Einführung eines durchgehend linear-progressiven Steuertarifs, wie von der Linken vorgeschlagen. Dazu werden Sie ja sicherlich eine Position haben.
- Natürlich kenne ich Helmut Kohl, sogar gut. Ich weiß gar nicht, was Sie wollen. Wenn wir den nicht gehabt hätten, hätten wir die deutsche Einheit nicht.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der SPD - Jens Nacke [CDU]: Ihr hattet nur Oskar Lafontai- ne! - Johanne Modder [SPD]: Klar, das waren nicht die Menschen, das war Helmut Kohl!)
Der Mann hat sicherlich Fehler, wie wir alle, weil er auch ein Mensch ist. Aber seine Leistung für Deutschland und Europa ist doch derart überzeugend, dass es daran gar keine Kritik geben kann. An ihn werden noch viele denken, wenn an uns schon gar nicht mehr gedacht wird.
Nun muss man wissen, Frau Kollegin, dass bei einer Steuersenkung nicht nur untere und mittlere Einkommen, sondern alle Einkommen entlastet würden. Denn der Eingangssteuersatz gilt für uns alle. Das heißt, es gibt zunächst einen bestimmten Steuerfreibetrag, dann kommt der Eingangssteuersatz mit 14 %, der beim Überschreiten des Freibetrages zum Tragen kommt.
Der Steuersatz steigt dann weiter auf 20 % und reicht bis zu 42 %. Das muss man wissen: Wenn man im unteren Bereich entlastet, entlastet man jeden Menschen, der Steuern zahlt. Das heißt, wenn Sie die Spitzenverdiener so belasten wollen, dass unten alles ausgeglichen wird, dann müssen Sie sehr hoch gehen. Sie kennen den Halbteilungsgrundsatz des Bundesverfassungsgerichts. Das heißt, dass der Staat nur die Hälfte eines Einkommens wegbesteuern kann. Aufgrund der inzwischen ergangenen Rechtsprechung des Bundes
verfassungsgerichts wird es meines Erachtens einen Spitzensteuersatz von 53 % nicht geben. Deshalb kann ich Ihnen diese Frage so auch nicht beantworten.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Vollkom- men richtig! - Gegenruf von Kreszen- tia Flauger [LINKE]: Nein! Das ist total falsch! - Jens Nacke [CDU]: Gebt doch auf! Das wird doch nichts mehr!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass aktuell in Berlin Steuersenkungsforderungen der FDP in einer Größenordnung von 9 bis 10 Milliarden Euro diskutiert werden, frage ich die Landesregierung, wie sie sich im Bundesrat verhalten wird, wenn diese Steuergesetzgebungen dort zur Abstimmung stehen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das kommt davon, wenn man vorgefertigte Fragen abliest und vorher nicht zuhört. Denn ich hatte schon geantwortet, dass sich die Landesregierung zu Steueränderungsplänen erst dann äußern wird, wenn sie auf dem Tisch liegen. Wir wissen gar nicht, welche Pläne im Moment konkret verfolgt werden.
(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist aber schlechte Kommunikation mit der Bundesregierung! - Markus Brink- mann [SPD]: Da wissen wir mehr als Sie!)
Ich habe in meiner Antwort bereits dargestellt, dass mir drei verschiedene Möglichkeiten bekannt sind - vielleicht werden auch vier oder noch mehr diskutiert.
Wenn Steuergesetze in den Bundestag eingebracht werden, werden wir uns - wie sich das gehört - intensiv damit auseinandersetzen und uns dann eine Meinung bilden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Besteht die Möglichkeit, dass die Absurdität der aktuellen Steuersenkungsdebatte bei unserem Finanzminister das Vier-Affen-Syndrom ausgelöst hat - nichts sehen, nichts hören, nichts wissen, nichts sagen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund von Berechnungen finanzwissenschaftlicher Institute, wonach die drei letzten Bundesregierungen seit 2001 den Reichen und auch den kapitalkräftigen Unternehmen Steuergeschenke in Höhe von insgesamt 335 Milliarden Mark gemacht haben und damit maßgeblich zur Auszehrung der öffentlichen Haushalte beigetragen haben, frage ich die Landesregierung: Wie hoch sind die Steuerausfälle für das Land Niedersachsen und seine Kommunen seit 2000 gewesen?
(Zustimmung bei der LINKEN - Dr. Stephan August Siemer [CDU]: Das waren Ost-Mark! - Wiard Siebels [SPD]: Der weiß ja sowieso nichts!)
Frau Kollegin, der Minister hat das Wort, wenn er darauf antworten will. Aber diese Frage bezieht sich nicht auf die ursprüngliche Anfrage der Fraktion der Grünen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Steuereinnahmen des Landes Niedersachsen der letzten zehn Jahre können Sie der Rechnungslegung der Landesregierung entnehmen.
Bevor ich die nächste Frage aufrufe, komme ich auf die heute Morgen bekanntgegebenen Entschuldigungen zurück. Ich möchte darauf hinweisen, dass der Minister für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung, Herr Lindemann, entgegen der Ankündigung heute ganztägig anwesend sein wird.
„Des Landes Brücken brauchen Geld!“ - Wann und wie kommen Verkehrsminister Jörg Bode und Finanzminister Hartmut Möllring ihrer Verantwortung für die Erhaltung von Brücken und Ingenieurbauwerken in der Baulast des Landes nach? - Anfrage der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/3765
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich verlese die Dringliche Anfrage meiner Fraktion. Sie trägt den Titel „’Des Landes Brücken brauchen Geld!’ - Wann und wie kommen Verkehrsminister Jörg Bode und Finanzminister Hartmut Möllring ihrer Verantwortung für die Erhaltung von Brücken und Ingenieurbauwerken in der Baulast des Landes nach?“
Der am 1. Juni 2011 vorgestellte „Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungshofes 2011 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung“ (Drs. 16/3700) widmet unter der Überschrift „Des Landes Brücken brauchen Geld!“ dem bedenklichen Zustand eines Großteils der Brücken im Zuge der niedersächsischen Landesstraßen einen gesonderten Abschnitt. Danach befinden sich von den 2 127 Ingenieurbauwerken in der Baulast des Landes ca. 66 % in einem mittleren bis schlechten Zustand. Daraufhin seien kurz- bis mittelfristig Erhaltungsmaßnahmen an Straßenbrücken dringend geboten, um den Güter- und Personenverkehr verkehrssicher bewältigen zu können.
Der Landesrechnungshof rügt die Landesregierung, dass der derzeitige Haushaltmittelansatz nicht ausreiche, um die Substanz dieser Ingenieurbauwerke zu erhalten. Er hält jährlich ca. 18,8 Millionen Euro Landesmittel und damit mehr als eine Verdopplung des jährlichen Haushaltsansatzes für die Erhaltung der Straßenbrücken für dringend geboten.