Protokoll der Sitzung vom 13.10.2011

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Geuter stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem heutigen Herbstgutachten für die Bundesregierung ihre Wachstumsprognosen für 2012 aufgrund der europäischen Schuldenkrise deutlich gesenkt haben, frage ich die Landesregierung, welche Auswirkungen sie aus diesen geänderten Wachstumsprog

nosen für ihre Einnahmekalkulation für die Jahre 2012, 2013 und folgende erwartet.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Minister Möllring!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das hat jetzt weniger mit Griechenland und dem europäischen Rettungsschirm zu tun, aber ich will gern darauf eingehen; denn alles hat mit allem zu tun, wie Herr Sohn soeben zu Recht gesagt hat.

Die von Ihnen angesprochene Frage haben wir bereits gestern hinsichtlich des Nachtragshaushalts diskutiert. Da kann man nicht an einem Tag einen Schnitt machen, und dann fängt das Leben von Neuem an. Genauso ist das auch hier, Frau Geuter. Wir werden die Prognose nicht von Tag zu Tag ändern, sondern warten ganz gelassen die November-Steuerschätzung ab,

(Zustimmung bei der CDU)

die gemeinsam von allen 16 Ländern der Bundesrepublik und den Fachleuten erstellt wird. Wir haben diese Diskussion bereits gehabt. Sie und Herr Schostok waren ebenso wie ich beim Staatsgerichtshof, wo wir lang und breit über den Vorwurf der SPD diskutiert haben, dass wir uns an die Steuerschätzung gehalten haben und keinen Aufschlag vorgesehen haben. Wir haben dazu immer argumentiert, dass wir vielleicht einen Abschlag vorsehen würden, uns ein Aufschlag aber zu gefährlich sei.

Ich gehe davon aus, dass die Steuerschätzung im November aufgrund der Daten, die Sie eben genannt haben, ähnlich wie die Mai-Steuerschätzung ausfallen wird, sodass wir bei der Verabschiedung des Haushaltsplans im Dezember nicht das Problem haben werden, überlegen zu müssen, was wir mit dem vielen Geld machen und welche zusätzlichen Forderungen wir erfüllen können. Vielmehr müssen wir zufrieden sein, wenn die NovemberSteuerschätzung die Ergebnisse vom Mai bestätigt und wir dann den Haushalt 2012/2013 sowie die auf diesen Zahlen basierende mittelfristige Finanzplanung genau so fahren können wie bisher vorgesehen.

Ich weigere mich aber, etwas zu tun, was in einigen Ländern getan wird. Sie wissen, dass Nordrhein-Westfalen eine globale Steuermehreinnahme von einer halben Milliarde Euro in seinen Haushalt

eingestellt hat. Das halte ich für unverantwortlich. Woher soll ein Finanzminister oder ein Parlament das Recht nehmen, einfach zu entscheiden, dass die Einnahmen höher als amtlich prognostiziert ausfallen werden?

Sie werden gelesen haben, dass sich der Kollege in Baden-Württemberg zutraute, 800 Millionen Euro global draufzulegen. Ich habe nicht die Sorge, dass wir das tun müssen. Ich hoffe, dass wir die Einnahmeerwartungen nicht noch reduzieren müssen, was Einsparungen im Haushalt zur Folge hätte, sondern dass wir mit diesem stabilen Haushaltsentwurf in der vorgelegten Form in die Verabschiedung gehen können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Emmerich-Kopatsch stellt die nächste Zusatzfrage.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Zwischenzeitlich hat die Bundesregierung aus CDU und FDP diskutiert, die Bürger um 6 Milliarden Euro steuerlich entlasten zu wollen. Für wie wahrscheinlich hält die Landesregierung diese prognostizierte Steuerentlastung vor dem Hintergrund der Euro-Schuldenkrise?

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin, die Landesregierung hat hier schon häufiger ausgeführt, dass sie zu Gesetzesvorhaben des Bundes - ganz gleich, wer dort regiert; in diesem Fall CDU, CSU und FDP - erst dann Stellung nehmen kann und nimmt, wenn entsprechende Gesetzentwürfe schriftlich vorliegen; denn ins Blaue hinein kann man keine Gesetzentwürfe bewerten. Deshalb können wir weder die Zahlen bewerten noch die Frage beantworten, wann, wie und wo es zu Gesetzesänderungen im Steuerbereich kommen kann.

(Beifall bei der CDU)

Der Kollege Adler stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Möllring, Sie haben eben in

Beantwortung der ersten Frage gesagt, dass dieser Sachverhalt keine Auswirkungen auf das Land haben wird. Zur Begründung haben Sie angegeben, die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms stellt nur eine Ausweitung des Haftungsrahmens dar, sodass gegenwärtig kein Geld fließt. Das ist selbstverständlich richtig. Aber was passiert, wenn der Haftungsfall eintritt und die Bundeskanzlerin sagt: „Was wir jetzt zur Rettung der Banken - darauf läuft es ja hinaus - zahlen müssen, ist so viel, dass wir das ohne die Solidarität der Länder nicht können.“? Was werden Sie denn dann sagen?

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister Möllring!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal ist die Vereinbarung so ausgelegt, dass der jeweilige Nationalstaat haftet. Das ist in unserem Fall die Bundesrepublik Deutschland. So ist es im Bundestag diskutiert und beschlossen worden, und so ist es von der Bundesregierung erklärt worden. Die Bürgschaften, die für die Stützung dieses Rettungsschirms erforderlich sind, hat ausschließlich die Bundesrepublik Deutschland übernommen, sodass sich diese Frage nicht stellt.

Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass der Bund auf die einzelnen Länder - Sie kennen ja unser Haushaltsvolumen von 25 bis 26 Milliarden Euro, und Sie kennen das Haushaltsvolumen des Bundes, das mit rund 350 Milliarden Euro größenordnungsmäßig rund das Dreizehnfache ausmacht - zurückgreifen kann. Diese Frage ist genauso hypothetisch wie zuvor die Frage, in welcher Weise das Steuerrecht wann geändert werden soll. Erst wenn konkrete Fragen auf dem Tisch liegen, kann man sie beantworten. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die 16 Bundesländer hier in die Mithaftung genommen werden können oder freiwillig in die Mithaftung gehen würden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Weisser-Roelle stellt die nächste Zusatzfrage.

Danke, Herr Präsident. - Die saarländische Ministerpräsidentin Frau Kramp-Karrenbauer vertritt die Position, dass wegen der Folgen der Staatsschul

denkrise im Euroraum sowie wegen der milliardenschweren, immer neuen Rettungsschirme für die Bankenrettung die Geschäftsgrundlage für die 2009 beschlossene Schuldenbremse nicht mehr gegeben sei. Ich frage die Landesregierung nach ihrer Auffassung zu der Position der saarländischen Ministerpräsidentin.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister Möllring!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir bewerten grundsätzlich keine Meinungsäußerungen anderer Landesregierungen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Klein stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem der Minister keinen Handlungsbedarf bei der Vermögen- und Erbschaftsteuer gesehen hat, frage ich die Landesregierung: Hat sie Vorstellungen, wie sie das statistisch belegte und sozial schädliche Problem angehen kann, dass sich immer mehr Vermögen in immer weniger Händen konzentriert?

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Herr Minister Möllring!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch hier liegt wieder ein Statistikproblem vor. Die einen sagen, dass der Teil der Bevölkerung mit dem oberen Drittel des Einkommens 90 % der Steuern zahlt, und die anderen behaupten, dieser Teil hat 90 % des Vermögens. Das alles ist eine Statistikfrage.

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)

Wir haben in Deutschland nur deshalb ein Armutsproblem, weil es uns relativ gut geht. Deshalb werden wir hierbei - aber für das Land Niedersachsen bestehen ohnehin keine Möglichkeiten - keine Änderung herbeizuführen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der SPD: Da kommt der Beifall aber mager!)

Ihre zweite Zusatzfrage stellt Frau EmmerichKopatsch. Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Nachdem wir im letzten Plenum darüber diskutiert haben, dass Herr Bundesminister Rösler schon die geordnete Insolvenz von Griechenland herbeigeredet hat, frage ich die Landesregierung, für wie sinnvoll sie einen Schuldenschnitt im Fall Griechenlands hält.

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erstens bestreite ich, dass Herr Rösler die Insolvenz von Griechenland herbeigeredet hat; denn sie ist bis heute, 13 Uhr noch nicht eingetreten.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Er gibt sich aber alle Mühe!)

Dass Griechenland Schulden hatte, war auch schon bekannt, bevor Herr Rösler sich dazu geäußert hatte. Er hat nur eine Tatsache erläutert.

Zweitens hat er das relativiert. Er hat erst von der Insolvenz und dann von einem Schuldenschnitt gesprochen, und da stellt sich die Frage nach dem Umfang. Diese Frage stellt sich aber immer. Sie müssen sehen, dass sich diese Frage nicht nur für Griechenland stellt.

Wenn Griechenland zahlungsunfähig würde - angenommen, aber nicht zugegeben; hier gilt das Gleiche, was ich vorhin gesagt habe; nicht, dass einer sagt, Möllring hat gesagt, die Griechen sind zahlungsunfähig; das bestreite ich -, dann könnte der Staat Griechenland seine Kredite bei den stabilen griechischen Banken nicht zurückführen. Dann hätten die stabilen Banken in Griechenland ein Problem. Da aber die stabilen Banken in Griechenland mit anderen Banken entsprechende Geschäfte machen und da es zwischen den Banken eine Versorgung mit Geldern gibt, gäbe es ein weiteres Problem, und das muss verhindert werden.