Protokoll der Sitzung vom 13.10.2011

Wenn Griechenland zahlungsunfähig würde - angenommen, aber nicht zugegeben; hier gilt das Gleiche, was ich vorhin gesagt habe; nicht, dass einer sagt, Möllring hat gesagt, die Griechen sind zahlungsunfähig; das bestreite ich -, dann könnte der Staat Griechenland seine Kredite bei den stabilen griechischen Banken nicht zurückführen. Dann hätten die stabilen Banken in Griechenland ein Problem. Da aber die stabilen Banken in Griechenland mit anderen Banken entsprechende Geschäfte machen und da es zwischen den Banken eine Versorgung mit Geldern gibt, gäbe es ein weiteres Problem, und das muss verhindert werden.

Diese Frage ist nicht mit einem Satz zu beantworten. Sie ist auch nicht mit „Basta!“ zu beantworten. Deshalb ist es die hohe Kunst unserer Bundeskanzlerin, es im europäischen Solidaritätsverbund hinzubekommen, dass sich alle gemeinsam an dieser Aktion beteiligen, damit es eben nicht schiefgeht. Denn eines ist klar - das wissen wir nicht erst, seit es Asterix gibt -: Wenn uns der Himmel auf den Kopf fällt, dann sind alle Spatzen tot. - Das muss verhindert werden. Deshalb können wir nur sagen: Das, was die Bundesregierung da im Moment macht, ist hervorragend. Das sollten wir alle unterstützen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die zweite Zusatzfrage stellt Herr Dr. Sohn für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Möllring, anknüpfend an Ihre Antwort auf die Frage von Frau Geuter, dass die Bürgschaften eng mit der Prosperität zusammenhängen, und vor dem Hintergrund, dass Sie einiges zu der Steuerschätzung gesagt haben, hätte ich von Ihnen noch ganz gerne eine Meinung zu der Schätzung des „frühen Möllring“. Der „frühe Möllring“ hat vor knapp einem Jahr in der Nordwest-Zeitung auf die Frage „Aber die Finanz- und Konjunkturkrise ist doch nicht ausgestanden, oder?“ geantwortet:

„Die Krise ist durch, es geht bergauf. Ich bin optimistisch. Allerdings wird der Rückschlag nicht in ein oder zwei Jahren aufgeholt.“

Da die zwei Jahre jetzt vorbei sind, hätte ich die Frage, wann der Rückstand aufgeholt ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister Möllring, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das habe ich Ihnen bei der Einbringung des Haushaltsplanentwurfs 2012/2013, unseres Ergänzungsentwurfs und des Nachtragshaushalts 2011 beantwortet. Damals habe ich nämlich darauf hingewiesen, dass wir - anders als bisher angenommen - bereits in diesem Jahr, also im Jahre 2011, wieder das Wirtschaftswachstum haben, das

wir 2008 hatten, und dass wir hinsichtlich der Steuereinnahmen, die wir entsprechend der Steuerschätzung vom November letzten Jahres prognostiziert hatten, erst wieder im Jahre 2012 das Ergebnis von 2008 erreichen. Wenn die letzten drei Monate noch so laufen wie die ersten neun Monate, dann erreichen wir bereits in diesem Jahr das Ergebnis von 2008. Insofern freue ich mich darüber, dass ich mich seinerzeit etwas geirrt habe. Denn wenn das Ergebnis besser wird, als man geschätzt hat, wird man immer damit fertig. Schlimm wird es immer dann, wenn man zu optimistisch schätzt und wenn das dann nicht eintritt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Klein für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das ist die zweite Frage von Herrn Klein.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu den gegenwärtigen Entwicklungen gibt es ein direktes Haftungsrisiko Niedersachsens für die erste Bankenrettung vor drei Jahren. Mich würde interessieren: Kann man dieses Risiko inzwischen auf null stellen, oder gibt es da noch Restrisiken?

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir und meinem zuständigen Referatsleiter ist dieses Risiko nicht bekannt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine weitere Zusatzfrage, und zwar ihre zweite, stellt Frau Weisser-Roelle von der Fraktion DIE LINKE. Bitte sehr!

Schönen Dank, Herr Präsident. - Vor dem Hintergrund des anhaltenden ökonomischen Niedergangs Griechenlands frage ich die Landesregierung, wie Griechenland unter diesen Voraussetzungen jemals in die Lage versetzt werden kann, seine Staatsschulden nachhaltig abzubauen und zugleich die soziale und wirtschaftliche Balance in Griechenland halten zu können.

Herr Minister, bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! So wenig wir uns zu anderen Landesregierungen oder anderen Bundesländern äußern, können wir uns auch nicht zu anderen Staaten äußern, schon gar nicht zu Griechenland; denn das ist die Aufgabe der Bundesregierung. Für Außenpolitik sind wir nicht zuständig. Es wäre schlimm, wenn sich alle 16 Bundesländer ständig eine Meinung über irgendwelche der restlichen 230 oder 300 Staaten bilden würden. Das kann nicht im Interesse Deutschlands und unserer Außenpolitik sein. Deshalb haben wir das immer so gehalten, egal, wer Außenminister ist und wer die Regierung getragen hat.

Ich muss zu meiner vorigen Antwort noch etwas sagen, weil ich Herrn Klein möglicherweise falsch verstanden habe. Beim ersten Bankenrettungsschirm, nämlich dem SoFFin, in Höhe von 400 Millionen Euro hat es eine Klausel gegeben, dass ein Bundesland mithaftet, wenn eine Landesbank, an der das Bundesland beteiligt ist, in Probleme gerät. Da wir wissen, dass die beiden Landesbanken, an denen wir beteiligt sind, nämlich die Norddeutsche Landesbank und - indirekt - die Bremer Landesbank, keine Probleme haben, ist das Risiko im Moment nicht gegeben. Ich nehme an, dass Sie das gemeint haben.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Genau! - Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Zimmermann für die Fraktion DIE LINKE. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Teilt sie die Auffassung, dass drei Jahre nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers die Bankenkrise jetzt mit voller Wucht zurück ist?

Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, die gesamte Welt hat aus der Pleite von Lehman Brothers gelernt, dass doch

alles mit allem zusammenhängt, wie Herr Sohn es hier richtig gesagt hat.

Der amerikanische Staat hat sich eben nicht hinstellen und sagen können: Wo ist Lehman Brothers engagiert, wie viel in den USA, wie viel im Ausland? Das Ausland geht uns nichts an. - Er hat uns dann eben - anders als bei anderen Banken wie Freddie Mac und wie sie alle heißen, denen er geholfen hat - bei Lehman Brothers ein Problem beschert.

Ich bin nicht der Meinung, dass wir heute eine Krise bei den Banken haben. Bankenkrise hieße ja, dass alle Banken Probleme hätten. Das haben wir in Deutschland aber gar nicht. Von den 2 080 Banken, die wir haben, haben 16 oder 17 Probleme. Das ist zwar ein verschwindend geringer Prozentsatz, aber trotzdem schlimm genug.

Wir haben nicht die Situation wie zu Zeiten der Pleite von Lehman Brothers; denn damals ist das Vertrauen zwischen den Banken an einem Tag zusammengebrochen. Bis dahin war es kein Problem, dass eine Bank von einer anderen Bank einen Kredit bekommen hat. Da stellte sich nur die Frage: Wie lange, wie viel und zu welchen Bedingungen? - Aber dass der Kredit vergeben wurde, war völlig unstreitig.

(Zuruf)

- Ja, praktisch unstreitig. Geschenkt. Wenn die Bedingungen stimmten, wurde keine große Bonitätsprüfung vorgenommen. Jeder weiß, dass dabei sauber zwischen KIs und Nichtbanken unterteilt wurde. KIs sind Kreditinstitute, und Nichtbanken sind wir alle, die wir keine Bank haben. Bei uns wurde, wenn wir einen Kredit haben wollten, mehr hingeguckt. Bei einem KI, also bei einem Kreditinstitut, wurde nur nach den Bedingungen guckt. Das hat sich in den letzten Jahren völlig geändert. Sie können das auch daran sehen: An dem Tag, als Lehman Brothers nicht mehr zahlungsfähig war, gab es kein Vertrauen unter den Banken mehr, und der Geldfluss war eingestellt. Das Tödlichste für ein Wirtschaftsystem und für die Weltwirtschaft ist, wenn das Geld nicht mehr fließt; denn das Geld ist nun einmal das Blut in den Adern. Wenn das Blut nicht mehr fließt, dann ist der Kollaps eben da.

(Beifall bei der CDU)

Die nächste Frage stellt Herr Herzog für die Fraktion DIE LINKE. Das ist seine erste Frage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Möllring, vor dem Hintergrund, dass Sie vorhin gesagt haben, wir hätten nur deswegen Armut in Deutschland, weil es uns so gut gehe, frage ich Sie: Wollen Sie ernsthaft bestreiten, dass es die Konzentration von immer mehr Vermögen in immer weniger Händen gibt?

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister Möllring, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann es nicht bestreiten, weil ich es nicht weiß. Aber ich kann es Ihnen auch nicht bestätigen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das kann man doch nachlesen!)

- Man kann vieles nachlesen. Man kann auch nachlesen, wie der Armutsbegriff zustande kommt.

Wenn man nach der Statistik weniger als ein Drittel oder zwei Drittel des Durchschnitts hat - ich weiß es jetzt nicht genau -, dann hätten wir das Problem, dass dann, wenn Schumacher und Vettel nach Deutschland zurückkämen, die Armutsschwelle nach oben gehen würde. Dann hätten wir mehr Armut.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Herr Möllring, das klafft doch immer weiter auseinander! Das ist doch völlig un- strittig! Das können Sie doch nicht ernsthaft bestreiten!)

- Das habe ich doch gar nicht getan. Aber das hat doch jetzt mit dem Bankensystem, mit Griechenland, mit dem Rettungsschirm nichts zu tun. Es hat mit der Frage gar nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie schieben dem Ganzen keinen Riegel vor!)

Die nächste Zusatzfrage kommt von Herrn Adler. Er stellt jetzt seine zweite Zusatzfrage. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Lösung der Krise wird Griechenland gegenwärtig ständig von der Bundesregierung und

von anderen ermahnt, Sparprogramme aufzulegen. Aber ist das nicht im Grunde die Verordnung von Gift statt von Medizin? - Man vergegenwärtige sich, dass die Binnenkonjunktur gegenwärtig Griechenlands völlig am Boden ist, die Arbeitslosigkeit gestiegen ist und zusätzliche Sparprogramme deshalb die Situation nur noch verschlimmern werden!

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich die Frage richtig verstanden habe, dann drückt sie Kritik daran aus, dass wir Griechenland helfen, damit Griechenland eine Volkswirtschaft behält, damit Griechenland von selber wieder auf die Beine kommt.