Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich die Frage richtig verstanden habe, dann drückt sie Kritik daran aus, dass wir Griechenland helfen, damit Griechenland eine Volkswirtschaft behält, damit Griechenland von selber wieder auf die Beine kommt.
(Kreszentia Flauger [LINKE]: Es geht darum, wie Sie Griechenland helfen! - Ursula Weisser-Roelle [LINKE]: Das ist Ihre Interpretation dieser Frage!)
- Ja, ich habe die Frage so verstanden, dass die Frage Kritik daran ausdrücken sollte, dass diese Rettungsschirme für Griechenland und andere aufgespannt werden sollten. - So habe ich die Frage verstanden. Wenn man sie noch einmal liest, wird man sie kaum anders verstehen können.
Man kann jetzt aber nicht sagen: Griechenland ist ein Fass ohne Boden. - Griechenland wird nur wieder auf die Beine kommen, wenn sich die griechische Volkswirtschaft selber ernährt. Das ist völlig selbstverständlich. Das heißt, dass die Staatsausgaben reduziert werden müssen und die Wirtschaft mehr erwirtschaften muss. Das ist ganz logisch. Das ist Adam Riese und keine Böswilligkeit des niedersächsischen Finanzministers.
Der öffentliche Dienst in Griechenland ist nicht nur zahlenmäßig überbesetzt, sondern muss auch bei der Bezahlung und bei der Altersversorgung zurückgeschnitten werden. Das gilt auch für die Abgeordneten in Griechenland, die aber zahlenmäßig nicht so zu Buche schlagen. Wenn von 4 Millionen - wir würden sagen: - sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 1 Million im öffentlichen Dienst ist und wenn die Einkommen im öffentlichen Dienst um 10 bis 15 % gekürzt werden, wenn also bei einem Viertel der Bevölkerung das Einkommen um 10 bis 15 % zurückgeht, dann ist logisch, dass
zunächst einmal das Bruttoinlandsprodukt zusammenfällt, weil die Nachfrage zusammenfällt. Aber das ist natürlich ein Schritt auf dem Weg zur Rettung Griechenlands.
Das Gleiche gilt für die Veräußerung von Staatsvermögen. Natürlich kann man die Forderung stellen - die werden vielleicht nicht Sie stellen, aber sie muss gestellt werden -, Staatsvermögen zu privatisieren: Häfen- und andere Beteiligungen des Staates. Das kann man aber nicht von einem Tag auf den anderen machen. Das war bei uns doch auch so, als wir Vermögen des Landes Niedersachsen veräußerten. Solche Prozesse dauern eben Monate, manchmal auch Jahre, weil man den richtigen Preis erzielen muss, da man das Vermögen nicht verschleudern darf. Man kann es ja nicht bei eBay anbieten.
Griechenland ist auf einem sehr guten Weg. Dass in Griechenland noch sehr viel gemacht werden muss, ist völlig klar. Aber wir müssen Griechenland auch ein bisschen Zeit geben, und wir müssen anerkennen, was dieses Land bisher geleistet hat.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben hier ausgeführt, dass das Land Niedersachsen durch den Rettungsschirm nicht belastet sei. Stimmen Sie nicht meiner Auffassung zu, dass es natürlich Wirkungen auf der Steuerseite hätte und die Steuereinnahmen in einem solchen Fall sicherlich reduziert würden? Welche Wirkungen hätte das Ganze dann auf die Schuldenbremse sowohl im Land als auch im Bund?
Was passiert, wenn der Rettungsschirm nicht kommt und Griechenland zahlungsunfähig wird? - Dann hätte der Euroraum oder die Europäische Union sicherlich ein gewisses Problem, das aller
dings wohl überschaubar wäre. Denn wenn Florida, was wir schon hatten, oder Kalifornien pleite ist, dann sagt keiner: Jetzt zahlen wir nicht mehr mit dem Dollar. - Vielmehr hat die amerikanische Wirtschaft insgesamt das trotzdem überlebt. Griechenland hat für den Euroraum etwa die Bedeutung wie Florida für den Dollarraum. Man darf das jetzt auch nicht überbewerten.
Andererseits wäre das für das Gesamtsystem natürlich zunächst einmal ein Schaden. Wenn wir insgesamt wirtschaftlichen Schaden nehmen, wenn es in Deutschland kein Wachstum oder gar eine Rezession gäbe, dann ist rechnerisch logisch, dass Niedersachsen mit seinen 8 Millionen Einwohnern an der Entwicklung in Deutschland mit seinen 80 Millionen Einwohnern Pi mal Daumen mit 10 % beteiligt wäre.
Wenn aber Griechenland gerettet wird, wovon im Moment alle ausgehen, dann wird sich die Situation stabilisieren, und dann werden wir entsprechend mitwachsen.
Zweitens. Was passiert, wenn der Rettungsschirm kommt und die Bürgschaften in Anspruch genommen werden? - Das hat keinen unmittelbaren Einfluss auf uns. Das hat aber logischerweise Einfluss auf den Bundeshaushalt. Das hat dann natürlich wieder Einfluss auf die Nachfrage an den Kreditmärkten. Wir haben jetzt schon das Problem, dass wir an den Kreditmärkten in Konkurrenz zum Bund und zu den anderen 15 Bundesländern stehen, die auch alle Kredite aufnehmen, außerdem zum SoFFin und zu den europäischen Rettungsschirmen, die sich alle mehr oder weniger an den gleichen Märkten beteiligen. Deshalb nehmen wir auch dann Kredite auf, wenn wir im Moment liquide sind, falls sich hierfür ein Zeitfenster auftut.
Wenn aufgrund einer Bürgschaft ein Riesenfinanzvolumen abgefragt würde - ich hoffe nicht, dass das passiert -, dann - so würde ich prognostizieren - hätten wir nicht mehr solche Zinsen wie heute - 2,5 % auf sieben Jahre fest -, dann würden sie auf 3,5 %, 4,5 % oder was weiß ich steigen, also auf ein Niveau, auf dem sie im Ausland, wo es nicht die gleiche Stabilität gibt wie in Deutschland, jetzt schon liegen.
Die Schuldenbremse gilt ab 2020, für den Bund ab 2016. Beim Bund sind ab 2016 nur noch 0,35 % des Bruttosozialproduktes als Neuverschuldung zugelassen. Wenn das Bruttosozialprodukt sinken würde - was wir alle nicht hoffen -, hätte das auch Folgen für die Schuldenbremse. 0,35 % von wenig ist eben wenig, und 0,35 % von viel ist viel. Dann
Für uns als Länder bedeutet die Schuldenbremse ab 2020, dass wir, wenn wir kein Wachstum haben, uns auf der Ausgabenseite konsolidieren müssen. Dann diskutieren wir nicht darüber, ob wir fünf Ranger im Watt brauchen oder zehn. Diese Frage würde sich jedenfalls dann nicht mehr stellen.
Als Orientierungshilfe würde ich dem Hohen Haus gerne mitteilen wollen, dass wir um 15.01 Uhr begonnen haben, dass es jetzt 15.58 Uhr ist und dass noch fünf Wortmeldungen zu dieser Anfrage vorliegen.
Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Meyer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön, Herr Meyer!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem der Finanzminister entgegen seinen früheren Aussagen nun doch umfänglich zur Entwicklung in Griechenland geredet hat und leichte Bewunderung für die massiven Kürzungen im öffentlichen Dienst zum Ausdruck gebracht hat, frage ich die Landesregierung, wie sie die Auffassung der Bundesregierung zur Finanztransaktionsteuer bewertet und ob es da ein Umdenken gibt. Finanzminister Schäuble sagt, dass man sie zur Not allein auf europäischer Ebene oder nur in der Eurozone einführen könnte und nicht, wie Sie vorhin gesagt haben, auf die USA gewartet werden muss. Was ist die Auffassung der Landesregierung dazu? Kann man angesichts der Konsequenzen der Finanzkrise die Finanztransaktionsteuer nicht zur Not nur in Europa oder in der Eurozone erheben?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben recht: Einen Satz hätte ich mir sparen können. Die Anerkennung der Maßnahmen der Griechen nehme ich hiermit zurück. Ich will sie nicht bewerten.
Ihre Frage hatte ich vorhin beantwortet, als ich auf die Frage 3 einging und zu den verschiedenen Steuerarten Stellung nahm.
Wir befinden uns im Moment am Beginn der Diskussion über die Transaktionssteuer. Es kann Ihnen im Moment niemand beantworten, wie diese Diskussion ausgeht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Möllring, wollen Sie bestreiten, dass es in Griechenland momentan zur Verschleuderung von Staatsvermögen weit unter Wert und zu einem Abwürgen der Nachfrage, also des Konsums durch massive Gehaltskürzungen, zusätzliche Arbeitslosigkeit und Pleiten kommt und dass genau dies das Gift ist, von dem mein Kollege Adler gesprochen hat?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie kann ich etwas bestreiten, was ich vorhin ausgeführt habe! Wenn ich dem öffentlichen Dienst eine Gehaltskürzung auferlege, dann ist die Nachfrage natürlich geringer. Ich habe vorhin deutlich gemacht, dass das Bruttoinlandsprodukt dann, wenn ich einem Viertel der Beschäftigten das Gehalt um 10 % kürze, mangels dieser wenigen Prozente an Nachfrage natürlich geringer ist. Darauf habe ich hingewiesen.
Zur Verschleuderung von Vermögen des Landes Griechenland habe ich darauf hingewiesen, dass man im angemessenen Rahmen und natürlich auch im angemessenen Zeitrahmen verkaufen muss, damit es gerade nicht zur Verschleuderung von Volksvermögen kommt. Ich habe gesagt, dass man für die Griechen Verständnis haben muss, dass so etwas eine gewisse Zeitlang dauert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Teilt sie die Einschätzung des EU-Kommissionschefs Barroso, wonach es weiterer, zusätzlicher Maßnahmen der Haushalts- und Wirtschaftsaufsicht in Europa bedarf, um zukünftigen Krisen entgegenzuwirken, und welche Maßnahmen hält sie selbst für erforderlich?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Einschätzung zu einem Vortrag, in dem die Ansicht vertreten wurde, dass mehr erforderlich ist, als heute getan wird, kann man Ja, Nein oder Enthaltung sagen. Ich würde gerne wissen, was zusätzlich gemacht werden soll. Einfach zu sagen, dass wir noch mehr als jetzt tun müssen, sind zwar gute Vorsätze, zeigt aber noch nicht, was wir mehr tun wollen und was in diesem Mehr enthalten ist. Deshalb hat die Landesregierung naturgemäß zu den Äußerungen von Herrn Barroso noch keine Stellung bezogen.
Ich bin der Meinung - das wissen Sie, Frau Geuter; das habe ich häufig genug gesagt -, dass wir zuweilen des Guten zu viel tun. Insbesondere in Bezug auf die Bankenaufsicht haben wir hier sehr kritisch über das diskutiert, was die EBA in diesem Zusammenhang macht. Wir werden in den nächsten Tagen darüber diskutieren, was die EBA jetzt schon wieder mit ihrem Stresstest macht, der jetzt plötzlich nicht „Stresstest“ heißen soll. Das alles sind Maßnahmen, die überhaupt nicht helfen, sondern eher schädlich sind.
Es ist völlig falsch, nur aus Gründen des Aktionismus mehr zu tun. Man muss auch einmal die Ruhe bewahren und analysieren. Dann muss man sich mit - echten - Fachleuten darüber klar werden, was zu tun ist. Dies muss man dann schnell und konsequent tun. Aber einfach in Panik zu verfallen, hin und her zu rennen und zu sagen „Ich tue ja schon etwas“, wird keine Lösung sein.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister, das war eine interessante Antwort. Deshalb möchte ich nachfragen, Herr Minister: Was sind denn die drei wichtigsten Maßnahmen, die in den letzten drei Jahren versäumt wurden, und was sind die drei wichtigsten Maßnahmen, die wir jetzt angehen müssen? Ich gehe davon aus, dass Sie genügend Zeit hatten, sich mit sachverständigen Experten über diese Fragen zu unterhalten.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Frage kann ich Ihnen nicht beantworten, weil ich dafür nicht zuständig bin und gar nichts davon halte, dass jeder, der keinen Einfluss hat, dennoch immer deutlich sagt, was richtig ist. Das kennen wir vom Fußball und von der Werbung.