Protokoll der Sitzung vom 22.06.2012

Die nächste Zusatzfrage stellt die Kollegin Tippelt.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Werden Standortübernahmen von Mitbewerbern vor Ort durch die Landesregierung unterstützt, und in wie

vielen Fällen hat das gegebenenfalls schon stattgefunden?

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal steht natürlich jedem, der eine Filiale von Schlecker oder „Ihr Platz“ übernehmen will, frei, sich bei uns, bei der NBank zu erkundigen, ob es Unterstützung gibt und, wenn ja, welche. Das kann passieren, ist bisher allerdings noch nicht passiert. Ich glaube aber, aufgrund ihrer Größe brauchen die genannten Investoren, beispielsweise Rossmann, keine Unterstützung, wenn sie einige Filialen übernehmen.

Frau Kollegin Twesten stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie verhält sich die Landesregierung gegenüber den öffentlichen Vorwürfen, die wir allzeit vernehmen konnten, beim Umgang mit der SchleckerInsolvenz frauendiskriminierend agiert zu haben? - Bei Schlecker sind fast ausschließlich Frauen beschäftigt, und zwar im Beruf der Verkäuferin. Im Fall des Autozulieferers Karmann 2008 handelte es sich vor allem um Männer und um männliche Berufsbilder.

(Jens Nacke [CDU]: Wer hat wann und wo diese Vorwürfe öffentlich er- hoben? Was ist das für eine Zitierwei- se? Sie können sich neben Herrn Schostok setzen!)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, mich erinnern zu können, dass dieser Vorwurf einmal seitens der Oppositionsfraktionen erhoben worden ist. An andere kann ich mich jetzt nicht erinnern. Sie können mir das aber gerne nachliefern.

Ich will Ihnen eines sagen: Die Landesregierung und alle Minister haben nach ihrem Amtseid unabhängig von der Person entschieden. Das heißt, es wäre so entschieden worden, wenn Schlecker ausschließlich weibliche Mitarbeiter gehabt hätte, und es wäre genauso entschieden worden, wenn bei Schlecker ausschließlich männliche Mitarbeiter gewesen wären. Auch Religion hat in dieser Frage keine Rolle gespielt. Von solchen Dingen darf man sich bei der Entscheidung nicht leiten lassen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Der Kollege Wenzel stellt die nächste Zusatzfrage.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bode, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es im Drogeriemarkt mittlerweile nur noch zwei große Wettbewerber gibt, und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Ihre Verweigerung einer Bürgschaft für eine Transfergesellschaft wesentlich zu dieser Marktbereinigung beigetragen hat, frage ich Sie, ob es nach Ihrer Kenntnis Einflussnahmen des verbleibenden Wettbewerbers aus Hannover - ich meine Rossmann - auf die Landesregierung gegeben hat.

(Ulf Thiele [CDU]: Was ist das denn für eine Frage? - Jens Nacke [CDU]: Verschwörungstheoretiker, vereinigt euch!)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Wenzel, Ihre einleitenden Bemerkungen weise ich entschieden zurück. Die Gründe waren andere.

Ich habe Ihnen dargelegt, warum Schlecker gescheitert ist. Das darf man auch nicht außer Acht lassen. Wenn ein Unternehmen mit seinem Businessplan scheitert, dann ist das für alle Betroffenen sehr bedauerlich und auch ein schwerer Schlag. Aber dafür darf man nicht den anderen, der damit gar nichts zu tun hat, verantwortlich machen.

Zu der Frage Rossmann - ich meine, ich habe das auch schon einmal hier im Landtag gesagt -: Herr

Rossmann - ich glaube, er war zu diesem Zeitpunkt gar nicht in Deutschland - hat sich bei der Landesregierung, ich sage einmal, nicht eingemischt und nicht gesagt: Lasst Schlecker über den Deister gehen, das ist für mich besser. - Auf gar keinen Fall! Ich kenne Herrn Rossmann ja nun auch. Das wäre auch gar nicht seine Art und seine Einstellung zu Mitbewerbern und anderen betroffenen Menschen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Frau Kollegin Heiligenstadt stellt ihre zweite Zusatzfrage.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass der Kultusminister hier soeben ausgeführt hat, dass der Erzieherinnenberuf in Niedersachsen kein Mangelberuf sei und es lediglich einen Bedarf von 12 000 zusätzlichen Erzieherinnen und Erziehern in Niedersachsen gebe, das Deutsche Jugendinstitut allerdings von einem zusätzlichen Bedarf von 26 000 Erzieherinnen und Erziehern ausgeht, frage ich die Landesregierung, warum und auf welcher Basis sie zu diesen anderen Erkenntnissen kommt.

Ich frage das vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass am 19. Juni 2012 in den Northeimer Neuesten Nachrichten mit der Überschrift „Erzieherinnen sind Mangelware“ drei Beispiele von Einrichtungen geschildert wurden, die keine Erzieherinnen und Erzieher mehr zur Einstellung finden konnten und große Probleme bei der Vertretung haben.

Ich denke, wenn dieser Fall eingetreten ist, müsste es dem Land Niedersachsen doch möglich sein, auch das dritte Ausbildungsjahr für die Umschulung zu finanzieren.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Dr. Althusmann, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Heiligenstadt, Sie müssen schon genau zuhören, was ich sage; das hilft manchmal.

Ich habe deutlich gemacht, dass wir zurzeit in Niedersachsen 12 000 Erzieherinnen und Erzieher in

der Ausbildung haben - wir stellen jährlich knapp 2 000 Erzieherinnen und Erzieher nach einer langjährigen staatlichen Ausbildung in den Dienst ein - und ca. 700 Sozialassistentinnen und Sozialassistenten. Darüber hinaus ist im Erzieherinnenberuf - im Zuge des zunehmenden Wunsches vieler Eltern nach eher Ganztagsbetreuung in Kindertagesstätten - die hohe Anzahl der dort Teilzeitbeschäftigten ein Problem.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Die wollen doch nicht Teilzeit arbeiten!)

Von daher ist es auch nicht verwunderlich, dass deutschlandweit die Zahlen hinsichtlich eines angeblichen Erzieherinnen- und Erziehermangels variieren bzw. unterschiedlich bewertet werden. Das hängt eben davon ab, welche Betreuungszeiten man im Rahmen einer Ganztagsbetreuung festlegt: sechs bis acht Stunden oder darüber hinaus.

Also, wir haben in Niedersachsen derzeit keinen Erzieherinnen- und Erziehermangel. Wir bilden aus. Hierbei ist im Übrigen anzumerken, dass den Kommunen in dieser Frage mit Blick auf ihre Eigenschaft als Träger der Berufsschulen zukünftig eine hohe Bedeutung zukommt. Es wird darauf ankommen, in den sozialpädagogischen Fachrichtungen entsprechend auszubilden.

Nach den Zahlen des Bundes, die mir bekannt sind, werden in den nächsten Jahren bundesweit vermutlich 16 000 fehlen. Ob die vom Deutschen Jugendinstitut genannte Zahl von 26 000 stimmt oder ob die Wahrheit irgendwo dazwischen liegt, wird letztlich die Zeit zeigen. Im Moment jedenfalls kann ich sagen, dass wir an den niedersächsischen Kindertagesstätten und Krippeneinrichtungen zurzeit etwa 52 000 Erzieherinnen und Erzieher im Beruf haben. Von daher ist in Niedersachsen aus meiner Sicht derzeit auch kein Erzieherinnen- und Erziehermangel gegeben, vielleicht mit Ausnahme einzelner Regionen, in denen das möglicherweise nicht ausreichend gesteuert wurde.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN - Gerd Ludwig Will [SPD]: Wer muss denn wohl steuern? - Ge- genruf von Minister Dr. Bernd Althus- mann: Die Kommunen als Träger! Wir haben 4 000 Kindertagesstätten! Nicht das Land steuert!)

Herr Kollege Schneck stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass Herr Bode und seine Partei maßgeblichen Einfluss darauf hatten, dass die Transfergesellschaft nicht zustande gekommen ist, und vor dem Hintergrund, dass Sie hier vorhin die Einkommens- und Sozialabsicherungsstruktur bei der Firma Schlecker dargestellt und auch mit Zahlen belegt haben, frage ich Sie: Wie gestaltet sich eigentlich die Einkommensstruktur und die soziale Absicherungen in den Firmen, die Sie jetzt als Alternative im Einzelhandel anbieten?

Vielleicht können Sie uns das einmal darstellen, damit die Menschen begreifen, was ihr sozialer Abstieg, ihr Mindereinkommen und ihre zukünftig schlechtere soziale Absicherung mit dem Handeln dieser Landesregierung zu tun hat.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt ja überall Tarifverträge, und die kann man auch miteinander vergleichen. Am Ende des Tages stellt sich auch die Frage, ob jemand über Tarif zahlt. Solche Fälle gibt es wegen des Fachkräftemangels übrigens immer mehr.

(Lachen bei der SPD - Ursula Weis- ser-Roelle [LINKE]: Immer weniger!)

- Entschuldigung! Wenn Sie in Bereichen, in denen es Vollbeschäftigung gibt, nur Tariflohn zahlen wollen, brauchen Sie gar nicht erst anzutreten. Schauen Sie sich beispielsweise den Nordwesten Niedersachsens an! Herr Lies, Sie müssen das doch wissen, Sie kommen doch da rum. Wenn man eine qualifizierte Fachkraft sucht, hat man doch große Probleme.

(Olaf Lies [SPD]: Wir reden über den Einzelhandel, Herr Minister!)

Und zu dem anderen Thema, das Sie immer anführen: Wenn jemand auf 400-Euro-Basis arbeitet,

dann arbeitet er bei dem einen auf 400-Euro-Basis und bei dem anderen auch.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Das ist doch der geringste Anteil!)

Die nächste Frage kommt von Frau Kollegin Zimmermann.

Danke. - Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung: Wie geht sie mit der Forderung von ver.di und dem Gesamtbetriebsrat von Schlecker um, für die jetzt noch Beschäftigten, die dann von der zweiten Kündigungswelle betroffen sein werden, eine Transfergesellschaft einzurichten?

(Beifall bei der LINKEN)