Protokoll der Sitzung vom 22.06.2012

Herr Minister!

Herr Präsident! Wir lehnen sie ab.

(Ursula Weisser-Roelle [LINKE]: Aha!)

Eine zweite Zusatzfrage stellt der Kollege Dr. Sohn.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe eine fast ungläubige Nachfrage zu Ihrer Antwort auf meine letzte Frage, in der Sie ausgeführt haben, Sie hätten keine Kontakte - mit der Begründung, der Hauptsitz liege außerhalb Niedersachsens in Baden-Württemberg. Verstehe ich Sie richtig, dass die Landesregierung zu Ketten oder wichtigen großen Töchtern oder Betriebsteilen eines Unternehmens, das seinen Hauptsitz woanders hat - Beispiel Siemens in München -, keine regelmäßigen Gesprächskontakte mit den dortigen Betriebsräten oder der entsprechenden Gewerkschaft organisiert?

Herr Minister!

Nein, und so habe ich vorhin auch nicht geantwortet.

Herr Kollege Klein stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung bei allen Schwierigkeiten einer solchen Vergleichsrechnung: Hat sie einmal den Versuch gemacht, die Aufwendungen, die durch eine 100-prozentige Pleite der Firma ausgelöst werden, zu ermitteln und den Aufwendungen gegenüberzustellen, die durch die Übernahme einer Bürgschaft entstanden wären, und welches Ergebnis ist dabei gegebenenfalls herausgekommen?

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir können diese Vergleichsrechung natürlich nur für unseren Bereich anstellen. Eine 100prozentige Einrechnung der Kosten der Insolvenz eines Unternehmens, das zwar mit Filialen aufgestellt ist, aber zentral in Baden-Württemberg sitzt, können wir nicht vornehmen.

Es ist eine ganz einfache Rechnung gewesen: Falls ein Bürgschaftsantrag gestellt worden wäre, wäre das Risiko die komplette Bürgschaftssumme gewesen. Dem hätte eine Bürgschaftsprovision, die man vereinnahmt hätte, gegenübergestanden. Bei der Nichtübernahme der Bürgschaft war das Risiko, dass man keinen Ausfall hat.

Frau Kollegin Flauger stellt jetzt ihre zweite Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war am 7. Juni auf der öffentlichen Betriebsversammlung von Schlecker, an der mehrere Hundert Schlecker-Angestellte teilgenommen haben. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die gerechtfertigte Empörung mit den Händen zu greifen war - das werden Herr Toepffer, Herr Schostok und Herr

Försterling bestätigen können -, dass auf der einen Seite dem Unternehmer Schlecker ein Vermögen von mehreren Millionen Euro verbleiben wird, während auf der anderen Seite Tausende von Angestellten von Schlecker vor dem finanziellen Aus stehen, frage ich die Landesregierung, wie sie eigentlich diese Ungerechtigkeit mit dem Anspruch einer sozialen Marktwirtschaft für vereinbar hält.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat bereits bei der ersten Beratung im Plenum zu diesem Thema gesagt, dass sie die Verantwortung der Familie Schlecker sieht, sich einzubringen und zu beteiligen, dass es der Geist und die Verpflichtung der sozialen Marktwirtschaft ist, auch in einer Krise, die mit der Insolvenz sozusagen die höchstmögliche Stufe erreicht, weiter für seine Beschäftigten da zu sein und sich weiter verantwortlich zu fühlen.

Wir haben das Verhalten der Familie Schlecker kritisiert und sie aufgefordert, das anders zu handhaben. Natürlich habe auch ich diese Empörung - am Ende ist es ja auch noch zu einer Veranstaltung vor dem Wirtschaftsministerium gekommen - gespürt und gesagt, dass auch ich erwarte, dass der Insolvenzverwalter prüft, ob es zu rechtswidrigen oder vertragswidrigen Zuständen gekommen ist, die entsprechende Vermögensverlagerungen ausgelöst haben, und, wenn ja, dass diese dann wieder rückgängig gemacht werden müssen.

(Zustimmung bei der FDP - Kreszen- tia Flauger [LINKE]: Bleibt aber schon hinter den Ansprüchen zurück!)

Frau Kollegin König von der FDP-Fraktion stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Gibt es Berechnungen darüber, wie hoch der Verlust für die SchleckerFrauen gewesen wäre, wenn sie mit einem Abschlag von 20 % - wenn ich das recht erinnere - in eine Transfergesellschaft übernommen worden wären und nach einem halben Jahr arbeitslos ge

worden wären, wenn sie also mit diesen 80 % in die Arbeitslosigkeit gekommen wären und keine Abfindung erhalten hätten?

(Zustimmung bei der FDP)

Ich möchte noch eine zweite Frage anschließen. Ich frage die Landesregierung: Ist die Arbeitsagentur eigentlich schlechter in der Lage als eine Transfergesellschaft, Menschen aufzufangen, weiterzubilden und wieder in Arbeit zu bringen?

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Ursula Körtner [CDU]: Sehr gu- te Frage! - Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau König, es ist so - das ist ja auch öffentlich dargestellt worden -, dass eine Transfergesellschaft nicht per se für jeden einzelnen Betroffenen einen finanziellen Vorteil bedeutet. Es kann durchaus auch sein, dass der andere Weg - nämlich der ohne Transfergesellschaft - für den einzelnen Betroffenen finanziell lukrativer ist. Das hängt von vielen Bedingungen ab, die man im Einzelfall auch nicht immer 100-prozentig vorhersagen kann, und zwar insbesondere vom Vermittlungserfolg und davon, wann der Vermittlungserfolg einsetzt.

Für die Landesregierung ist es allerdings ein deutlicher Hinweis, dass der Chef des IAB erklärt hat, dass die Transfergesellschaft nach Einschätzung seines Instituts keinen Vorteil für die Betroffenen in diesem Bereich gebracht hätte. So hat er es im Morgenmagazin kurz vor der Entscheidung deutlich kommuniziert. Aber man kann auch nicht sagen, dass per se jede Transfergesellschaft schlecht ist. Ich habe das am Beispiel Karmann dargestellt.

Wie war noch die zweite Frage?

(Gabriela König [FDP]: Ob die Ar- beitsagentur schlechter ist!)

Die Arbeitsagentur ist in Deutschland dezentral aufgestellt. Sie hat gerade den Bereich der Arbeitsvermittlung in den letzten Jahren sehr stark nach vorne gebracht, professionalisiert und verbessert. Für Qualifizierungsmaßnahmen und Schu

lungsmaßnahmen sind ausreichend finanzielle Mittel vorhanden. Die Agentur hat auch die entsprechende Ortskenntnis. Von daher glaube ich, dass die Arbeitsagentur der richtige Ansprechpartner ist, um diese Herkulesaufgabe zu bewältigen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Ich stelle fest: Es ist 10.16 Uhr. Damit können wir den Tagesordnungspunkt 34 - Mündliche Anfragen - beschließen. Ich weise darauf hin, dass die Antworten der Landesregierung zu den Anfragen, die hier jetzt nicht mehr aufgerufen werden konnten, nach § 47 Abs. 6 unserer Geschäftsordnung zu Protokoll gegeben werden.

Bevor wir in der Tagesordnung mit Tagesordnungspunkt 35 fortfahren, möchte ich Ihnen mitteilen, dass von Finanzminister Möllring der Wunsch an mich herangetragen worden, außerhalb der Tagesordnung das Wort zu erhalten. Das möchte ich ihm jetzt erteilen.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den Landtagssitzungen im Januar - vom 18. bis zum 20. Januar - und in den Sitzungen des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen am 25. Januar und am 1. Februar habe ich zum Nord-Süd-Dialog vollumfänglich Stellung genommen. Alle Informationen, die mir und der Landesregierung damals bekannt waren, habe ich Ihnen weitergegeben. Alle Akten, Aktenteile, Schreiben und E-Mails, die der Landesregierung vorlagen, haben wir dem Ausschuss zur Einsicht übergeben. Wir haben also den Sachverhalt nach bestem Wissen und Gewissen aufgeklärt und für die notwendige Transparenz Sorge getragen.

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)

Inzwischen liegen uns, der Landesregierung, durch die Prüfung des Landesrechnungshofs neue Erkenntnisse vor. Der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen hatte damals auf Anregung der CDU-Fraktion den Landesrechnungshof beauftragt, die haushaltsrechtlichen und haushaltswirtschaftlichen Vorgänge im Zusammenhang mit dem Nord-Süd-Dialog 2009 zu untersuchen.

Auf zwei Punkte möchte ich heute eingehen: zum einen auf die Vorgänge bei der MHH im Zusammenhang mit dem Einsatz der studentischen Hilfskräfte und zum anderen auf die Mietzahlungen an die Flughafen Hannover-Langenhagen GmbH.

Erstens zur MHH. Die MHH stellte über ihr Veranstaltungsmanagement für die Durchführung des Nord-Süd-Dialogs im Jahre 2009 44 Studentinnen und Studenten als Servicekräfte zur Verfügung. Nach den uns heute vorliegenden Informationen stellt sich der Sachverhalt folgendermaßen dar: Am 14. Oktober 2009 fand bei der NORD/LB eine Sponsorenveranstaltung zugunsten des Nord-SüdDialoges statt. Herr Dr. Tecklenburg, Vizepräsident der MHH, sagte seine Teilnahme am 8. Oktober 2009 per E-Mail ab. Ich zitiere:

„Sehr geehrte Frau Thaler,

vielen Dank für die nette Einladung. Leider bin ich schon seit einem halben Jahr mit einigen Freunden verabredet, mit einem Bus nach HH zu fahren zum Länderspiel. Gerne beteilige ich mich aber an der Ideensammlung und habe z. B. vorgeschlagen, dass wir als MHH mit unseren Servicekräften (Medizinstudent(inn)en) helfen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Andreas Tecklenburg“

Am 19. November 2009 bat dann die Manfred Schmidt Media S. L. Herrn Dr. Tecklenburg um den Einsatz von Studentinnen und Studenten. Über die Kosten wurde nicht gesprochen.

Am 27. November 2009 einigten sich Herr Danne, der Leiter des Veranstaltungsmanagements der MHH, sowie eine Mitarbeiterin der Manfred Schmidt Media S. L. auf den Einsatz von 40 bis 50 studentischen Hilfskräften. Am gleichen Tag schrieb Herr Danne folgende E-Mail an Herrn Dr. Tecklenburg. Ich zitiere:

„Lieber Herr Tecklenburg,

wir sind am Wirbeln, um für die Veranstaltung 50 Kräfte zusammenzubekommen, die man gerne haben möchte. Bei der Frage der Bezahlung sagte mir soeben Herr Glaeseker, dass das ein Sponsoring der MHH sein soll.“

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Aha!)