Herr Minister, vor dem Hintergrund dieser interessanten Bemerkungen aus dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD frage ich Sie: Was sind denn aus heutiger Sicht die drei wichtigsten Regulierungsmaßnahmen, die jetzt getätigt werden müssen, um wieder Vertrauen in den Markt zu bringen?
(Beifall bei den GRÜNEN - Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Punkt 1 ist der Fortbestand der Koalition von CDU und FDP in Niedersachsen!)
Das Wichtigste ist sicherlich Transparenz. Wenn ich es mir einfach machen wollte, könnte ich darauf verweisen, dass ein alter Sparkassendirektor einmal gesagt hat: Es gibt drei Grundsätze, die man einhalten muss: Solidität, Solidität, Solidität. - Ich gebe zu, das ist ein bisschen zu einfach.
- Nein, das sind keine Allgemeinplätze. Nur wer solide mit dem Geld umgeht, das ihm anvertraut worden ist, macht ordentliche Bankenpolitik.
- Welche Instrumente? Wir haben die Aufsicht der BaFin, wir haben die Staatsaufsicht. Was wollen Sie denn noch haben?
- Ich habe doch gesagt, dass wir die Aufsicht und die Regeln internationalisieren müssen. Die deutschen Regeln sind zwar scharf, aber es kann bei jeder Prüfung einmal etwas durchgehen. Es nützt nichts, die Zahl der Prüfungstage zu verdoppeln. Zunächst muss jede Bank bei sich selber intern prüfen. Die Aufsicht muss dann darauf schauen, ob die Prüfung auch funktioniert hat. Sie werden auch bei einem TÜV-geprüften Fahrzeug möglicherweise hinterher das Problem haben, dass etwas übersehen worden ist. Dann ist der Schaden groß.
Ich bin nicht der Meinung - das habe ich auch deutlich gemacht -, Bürokratieabbau ist grundsätzlich richtig. Man muss es eben mit Augenmaß machen. Deshalb kann ich Ihnen jetzt hier nicht den Königsweg zeigen. Nach jeder Prüfung, in der man Auffälligkeiten feststellt, wird man das Prüfverhalten ändern. Prüfungen müssen ständig angepasst werden. Sie müssen sozusagen aus sich selbst heraus lernen.
Herr Präsident! Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Landesregierung und auch der Finanzminister immer betont haben, dass ein Neuverschuldungsverbot natürlich nicht für Jahre mit Naturkatastrophen wie z. B. Erdbeben gelten kann, frage ich die Landesregierung: Können die Auswirkungen dieser Finanzmarktkrise, die sich auch auf die Konjunktur auswirkt, die Dimension eines Erdbebens für den Landeshaushalt erreichen?
Frau Kollegin Geuter, der Landeshaushalt steht nicht auf tönernen Füßen und hat deshalb nichts mit Erde zu tun.
Auch wenn der Minister eben gesagt hat, das Land habe kein Geld zum Anlegen, möchte ich die Landesregierung fragen, ob sie Anlagen in risikobehafteten Produkten auch für die Beteiligungen des Landes ausschließen kann. Falls sie das nicht ausschließen kann, hätte ich doch gerne etwas über die Verlustrisiken gewusst, die sich dahinter verbergen.
Ich möchte zunächst meine Antwort auf die Frage von Frau Geuter ergänzen. Ich hatte ja dargelegt, dass ein Zurückbleiben des Wirtschaftswachstums hinter den Vorhersagen um einen Prozentpunkt mit 200 Millionen Euro angesetzt wird. Wenn 200 Millionen Euro nicht kommen, ist das sicherlich kein Erdbeben. Wenn uns der Himmel auf den Kopf fällt, sind allerdings eh alle Spatzen tot. Deswegen müssten wir das mit Annahmen unterlegen, was ich hier nicht tun will.
Frau Kollegin Helmhold, selbstverständlich gibt es in den Unternehmen, an denen wir beteiligt sind, auch Risikoanlagen. Die Hannoversche Beteiligungsgesellschaft hat die Anlagen, die Sie kennen. Das sind keine Risikobeteiligungen: VW, Salzgitter, Flughafen, Messe und einige kleinere Beteiligungen, die Sie im Geschäftsbericht nachlesen können.
- Zur NORD/LB wollte ich jetzt kommen. Über die NORD/LB sind wir - wir alle, das Volk von Niedersachsen - an der Bremer Landesbank und an der Deutschen Hypothekenbank beteiligt. Dass in Banken auch Risikogeschäfte getätigt werden, ist selbstverständlich. Deshalb ist das da nicht auszuschließen.
Wir haben eine Beteiligung an der Messe AG zu 49 %. Weitere 49 % gehören der Stadt Hannover. Den Rest teilen sich das Land oder die Stadt Bremen und - ich glaube - Laatzen, wenn ich das richtig sehe. Dort gibt es, glaube ich, ein CrossBorder-Leasing. Aber das ist ja kein Risiko. Die Frau Kollegin hatte vorhin mit Bezug auf die Kommunen danach gefragt. Die Messe steht wirtschaftlich nicht so gut da, dass sie spekulieren könnte. Sie hat in den letzten Jahren auch durch Abschreibungen Verluste gemacht, sodass sie im Moment nicht spekulativ tätig ist.
Mehr ist mir im Moment nicht erinnerlich. Sonst müssten Sie genau nach dem einen oder anderen Institut fragen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die privaten Banken sind ja der Meinung, dass es keine öffentlichen Banken mehr geben sollte, also Banken in öffentlicher Trägerschaft. Teilt die Landesregierung diese Auffassung?
Herr Kollege, ich habe schon gesagt, dass ich mich ausdrücklich dafür ausspreche, uns in Brüssel dafür einzusetzen, dass das deutsche Bankensystem mit dem Dreisäulenmodell - öffentlichrechtliche Säule, privatrechtliche Säule und genossenschaftsrechtliche Säule - so erhalten bleibt. Angesichts dessen, was in anderen Ländern läuft, wo zum Teil Banken verstaatlicht werden - z. B. Fannie Mae, Freddie Mac und die AIG-Versicherung in den USA, Northern Rock in Großbritannien oder eine weitere Bank in den Beneluxstaaten -, meine ich, dass Brüssel seine bisherige Haltung völlig überdenken und im Interesse des Wettbewerbes gerade dafür eintreten müsste, einen möglichst breiten Wettbewerb zu erhalten und ihn nicht auf private Banken zu beschränken.
Herr Präsident! Liegen der Landesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob die Kreditmittelvergabe an mittelständische Unternehmen in unserem Bundesland von der Finanzmarktkrise betroffen sein könnte?
Ich möchte eine zweite Frage anschließen: Wie bewertet die Landesregierung die Diskussion über die Einrichtung einer europäischen Ratingagentur vor dem Hintergrund, dass sich die in der Regel bekannten Ratingagenturen international zurzeit relativ ruhig verhalten?
Es wäre sicherlich wünschenswert und sollte jetzt auch angefasst werden, dass wir in Europa eigene Ratinginstitute bekommen.
Wir haben uns den drei amerikanischen Ratinginstituten unterworfen, ausgeliefert, wir haben uns damit zufriedengegeben - wie immer man das nennen will. Das bewirkt natürlich, dass wir sehr
von der amerikanischen Sichtweise abhängig sind. Deshalb wäre es gut, ein europäisches Ratinginstitut zu haben. So etwas ist einmal versucht worden, aber dann stecken geblieben. Das müssen die Europäer gemeinsam anpacken, damit die hiesigen Marktgegebenheiten in den Ratings abgebildet werden.
Zu der Frage, ob Mittelständler schon spüren, dass sie weniger Kredite bekommen: Davon ist uns nichts bekannt. Ich habe heute in der Zeitung gelesen, dass in einer Umfrage - ich glaube, vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag - festgestellt wurde, dass es noch keine Kreditklemme gibt, dass also die Mittelständler noch mit Krediten versorgt werden. Das schließt natürlich nicht aus, dass in dem einen oder anderen Einzelfall die Hausbank die Linien reduziert oder auch ganz aussteigt. Dann könnte es schwierig werden, eine neue Bankverbindung zu finden, weil alle Banken jetzt natürlich erst einmal versuchen, den Kunden Kredite zu geben, mit denen sie langjährige Geschäfte gemacht haben, die also treue Kunden des Hauses sind. Aber solche Einzelfälle sind uns noch nicht bekannt.
- Das ist sicherlich kein typischer Fall. Darüber sollten wir nicht in der Öffentlichkeit diskutieren.