Protokoll der Sitzung vom 14.11.2008

Herr Minister Schünemann!

Dazu verweise ich auf das, was ich seit etwa einer Dreiviertelstunde sage. Genau die Konzepte, die ich dargestellt habe, gelten auch in dem Bereich.

Ihre zweite Zusatzfrage stellt die Kollegin Modder von der SPD-Fraktion.

Herr Minister, Sie haben darauf hingewiesen, dass es in diesen Gegenden zu Strukturveränderungen kommen muss und Sie dort beratend und begleitend zur Seite stehen. Einem Bericht in der Nordsee-Zeitung entnehme ich, dass ein Ministeriumsvertreter in der Samtgemeinde Hagen diesen Weg „mit Nachdruck“ - so heißt es in dem Artikel - aufgezeigt hat. Er hat seine Aussage mit einem Angebot des Landes verbunden, 75 % der Haushaltsfehlbeträge zu übernehmen. Gilt das für alle fusionswilligen Kommunen?

Herr Minister Schünemann!

Der Vertreter der Kommunalaufsicht hat aus dem Bedarfszuweisungserlass zitiert, in dem das so steht. Wir haben das in einem Fall auch entsprechend dargelegt. Das wurde mit den kommunalen Spitzenverbänden besprochen. Es handelt sich hier einfach nur um ein Zitat aus dem Erlass.

Eine weitere Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Herzog von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Minister, zur Haushaltskonsolidierung gibt es ja außer Fusionen auch noch andere Möglichkeiten wie kommunale Zusammenarbeit, Verwaltungsgemeinschaften etc. Was tut das Land, um die offenen Rechtsfragen im Bereich Vergaberecht und Umsatzsteuer so zu klären, dass die Kommunen an dieser Stelle auch wirklich weiterkommen?

Herr Minister Schünemann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass Sie auf die weitreichende Unterstützung der Kommunen im Bereich der interkommunalen Zusammenarbeit zu sprechen kommen. Wir haben dort seit drei Jahren einen sehr erfolgreichen Prozess in Gang gesetzt. Im gesamten Land gibt es nicht nur sehr viele Projekte, sondern sogar schon Umsetzungen. Wir haben eine Datenbank aufgebaut, aus der ersichtlich wird, was im ganzen Land schon passiert ist. Wir führen über die Regierungsvertretungen regelmäßig Veranstaltungen durch. In diesen Tagen finden wieder Beratungsgespräche mit der kommunalen Ebene statt. Das ist auf jeden Fall schon ein Erfolgsmodell.

Alles das, was wir im Land selber lösen können, und das, womit wir Erleichterungen für eine kommunale Zusammenarbeit erreichen können, haben wir schon auf den Weg gebracht. Aufgrund der NGO-Änderung kann die interkommunale Zusammenarbeit auch zwischen Landkreis und Gemeinde, also vertikal, organisiert werden. Das war bisher nur im Bereich Lüchow-Dannenberg aufgrund des entsprechenden Gesetzes möglich. Es ist aber ein Erfolgsmodell für das ganze Land.

Auf europäischer Ebene gab es tatsächlich teilweise Unsicherheiten, gerade in Bezug auf die Umsatzsteuer. In einem Großteil der Beratungsgespräche konnten wir auf die sehr eindeutige Auffassung des Bundesfinanzministers verweisen, sodass wir insofern Rechtssicherheit haben. Sofern es nicht irgendwann irgendwelche Urteile auf europäischer Ebene gibt, können wir zum jetzigen Zeitpunkt sehr optimistisch sein, dass es keine Hemmnisse durch die Europäische Union geben wird. Dazu ist auch das Bundesfinanzministerium sehr klar in seiner Aussage.

Sollte es allerdings tatsächlich notwendig werden, werden wir versuchen, über Bundesratsinitiativen noch Verbesserungen zu erreichen. Für entsprechende Initiativen sehe ich aber im jetzigen Stadium keine Notwendigkeit, weil das Bundesfinanzministerium hier bisher eine klare Linie vertritt, gerade was die Zusammenlegung von Bauhöfen und anderen Institutionen angeht.

Der Kollege Krogmann von der SPD-Fraktion stellt eine weitere Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Innenminister, ich habe am Montag an einer Veranstaltung in der Regierungsvertretung Hannover teilgenommen, in der es um die Themen Kooperation und Fusion ging. Dort hat ein Mitarbeiter der Regierungsvertretung beiläufig erwähnt, der Bevölkerungsrückgang in Niedersachsen entwickle sich offenbar schlimmer als bislang prognostiziert. Wenn das stimmt, welche Auswirkungen hat das auf diese Diskussion?

Herr Minister Schünemann!

Mir liegen keine Hinweise vor, dass es noch schlimmer kommt als befürchtet. In einigen Regionen wird es tatsächlich schwierig. Das ist aber bekannt. Zum Beispiel erwarten wir im Harz einen Bevölkerungsrückgang von zum Teil 15 % in den nächsten zehn Jahren. In meinem Wahlkreis, im Weserbergland, ist das ähnlich. Hier wird also keine neue Entwicklung prognostiziert. Es ist bekannt, dass wir von einem regional unterschiedlichen Bevölkerungsrückgang ausgehen müssen. Das sind also keine neuen Erkenntnisse.

Herr Kollege Möhrmann stellt seine zweite Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich glaube, das Problem liegt tiefer, als Sie hier zugeben wollen. Der ehemalige Oberbürgermeister von Cuxhaven hat mir in einem Brief vorgerechnet, dass wir selbst bei einer völligen Entschuldung im Cuxland in zehn Jahren wieder die gleiche Situation haben werden, und das vor dem Hintergrund, dass seit Jahrzehnten dort touristische Infrastrukturmaßnahmen gefördert worden sind. Meine Frage: Wie wollen Sie mit diesem Problem umgehen? Das ist nämlich nicht nur im Cuxland so.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Herr Minister Schünemann!

Sie haben hier nur die Instrumente, die ich dargestellt habe. Auf der einen Seite gibt es den kommunalen Finanzausgleich. Auf der anderen Seite können Sie versuchen, neue zukunftsfähigere Strukturen aufzubauen, Verwaltungskosten zu reduzieren und die Einnahmesituation zu verbessern. Das werden Sie - das muss man offen sagen - aber nicht erreichen, wenn Sie nur auf Tourismus setzen. Wir haben die Probleme insbesondere in den Regionen, in denen ausschließlich auf Tourismus gesetzt wurde. Der Harz ist ein Musterbeispiel dafür. Ich will das gar nicht kritisieren, weil es oft gar keine Alternativen gibt.

Deshalb halte ich es für völlig richtig, dass z. B. die Stadt Cuxhaven seit längerer Zeit eben nicht mehr ausschließlich auf diesen Bereich setzt, sondern gerade in den Bereichen Hafenausbau und Logistik sehr große Anwerbungsaktionen gestartet hat. Wenn Sie jetzt nach Cuxhaven hineinfahren, sehen Sie, dass dort große Hallen entstehen. Da passiert etwas, und das ist meiner Ansicht nach durchaus ein positives Signal.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist aber - das muss man einfach offen sagen - ein sehr langfristiger Prozess. Sie können nicht den Schalter umdrehen und erwarten, dass damit die Probleme im Bereich Cuxhaven oder im Harz gelöst sind. Wer das verspricht, der sagt schlichtweg nicht die Wahrheit. Dasselbe gilt für den strukturellen Veränderungsprozess. Auch wenn es zu Fusionen kommt, wird sich die finanzielle Situation erst nach einiger Zeit positiver darstellen. Sie können beispielsweise das Personal, also die Personalkosten, nur sozialverträglich abbauen. Auch die Infrastrukturmaßnahmen, die jetzt auf den Weg gebracht worden sind, wirken sich erst nach fünf oder vielleicht sogar zehn Jahren aus. Wenn jetzt Firmen investieren, werden die Kommunen nicht schon im nächsten Jahr höhere Gewerbesteuereinnahmen haben, sondern das entwickelt sich über einige Zeit.

Es gibt keine anderen Möglichkeiten als diese Instrumente, die ich Ihnen gerade dargestellt habe, und zwar ganz unabhängig von der jeweiligen Regierung und von den kommunalen Mehrheiten. Sie haben nur die Instrumente in der Hand, die ich Ihnen dargestellt habe. Es kommt aber darauf an, ob Sie die Instrumente, die Ihnen zur Verfügung stehen, wirklich konsequent nutzen. Sie können sicher sein, dass die Landesregierung ihren Teil

dazu beiträgt. Ich habe im Moment den Eindruck, dass gerade auf der kommunalen Ebene die Zeichen der Zeit erkannt worden sind, Infrastrukturmaßnahmen in Gang gesetzt werden und vor allen Dingen die Konsolidierung nachhaltig betrieben wird.

Ihre zweite Zusatzfrage stellt die Kollegin Emmerich-Kopatsch von der SPD-Fraktion.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich frage die Landesregierung, welche Maßnahmen sie eingeleitet hat, um das Fördergefälle zwischen Ost- und Westharz abzumildern, und ob sie bereit ist, die höchstmöglichen EU-Fördersätze im Harz anzuwenden.

Herr Minister Schünemann!

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Ich würde einmal eine deutliche Antwort geben! Was ist in 50 Jahren in Cuxhaven?)

Das betrifft die Förderkulisse aus dem Bereich des Wirtschaftsministeriums. Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich im Moment aus dem Wirtschaftsministerium keine Informationen habe. Herr Hirche ist ja entschuldigt. Ich kann momentan nicht sagen, welche Förderkulisse es dort gibt. Dies müssen wir nachreichen, weil Herr Hirche zurzeit leider nicht an der Sitzung teilnehmen kann.

Seine zweite Zusatzfrage stellt der Kollege Tanke von der SPD-Fraktion.

Herr Minister, Sie haben von den strukturellen Unterschieden zwischen den Regionen in Niedersachsen gesprochen. Wir sind uns ja darüber einig, dass strukturelle Unterschiede zu ungleichen Lebensbedingungen führen. Sie haben gesagt, dass der kommunale Finanzausgleich diese Strukturunterschiede nicht ausgleichen kann. In Ihren Eingangsbemerkungen haben Sie allerdings ausgeführt, dass durch die Ausgleichswirkung des kommunalen Finanzausgleichs gleiche Lebensgrundlagen geschaffen werden. Würden Sie ange

sichts Ihrer späteren Ausführungen diesen ersten Satz zurücknehmen, oder wie bringen Sie diese Aussagen zueinander?

Herr Minister Schünemann!

Ich habe nichts zurückzunehmen; denn selbstverständlich berücksichtigt der kommunale Finanzausgleich strukturelle Unterschiede. So ist er ja angelegt. Dies ist eine Möglichkeit, aber natürlich nicht die einzige. Dies habe ich ja dargestellt. Man kann nicht alles über den kommunalen Finanzausgleich regeln. Darauf habe ich hingewiesen, und dies habe ich nicht anders gesagt. Strukturelle Unterschiede werden im kommunalen Finanzausgleich durchaus mitberücksichtigt.

Insofern brauchen Sie die anderen Instrumente, die ich dargestellt habe, genauso, nämlich Wirtschaftsförderung, Infrastrukturverbesserung und bessere Verkehrsanbindungen. Das sind genau die Dinge, die Sie ebenfalls mit im Blick haben müssen. Wie gesagt: Sie können nicht alle Probleme der Region über den kommunalen Finanzausgleich lösen; dies ist völlig klar. Das war nie so, und das werden Sie nie hinbekommen.

Seine zweite Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Herzog von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Minister, wenn im Bereich Cuxhaven mögliche Fusionen von Samtgemeinden ins Haus stehen, so gibt es ja entsprechende „Vorbilder“, z. B. in Lüchow-Dannenberg mit den Fusionen der dortigen Samtgemeinden. Ich frage Sie jetzt gar nicht, ob Sie diese als erfolgreich ansehen; ich glaube nämlich, dass Sie sie als erfolgreich ansehen. Ich frage Sie stattdessen, warum Sie sie als erfolgreich ansehen, und zwar im Sinne von Bürgernähe, Finanzen und zusätzlicher Belastung des Verwaltungspersonals.

Herr Minister Schünemann!

In Lüchow-Dannenberg haben wir die Zahl der Samtgemeinden von fünf auf drei reduziert. Ich halte dies jedoch für noch nicht ausreichend. Das habe ich ja dargestellt. Ich hätte mir einen weiter reichenden Zusammenschluss gewünscht. Gleichwohl hat es schon Verbesserungen gegeben.

Die Gemeindestruktur selbst hat sich überhaupt nicht verändert, sondern lediglich im Bereich der Samtgemeinden hat es Zusammenschlüsse gegeben. Dies hat sich zwar durchaus finanziell positiv ausgewirkt, aber nicht in dem Maße, dass man sagen könnte, wir hätten in Lüchow-Dannenberg den Durchbruch erreicht. Meiner Ansicht nach wird man noch weiter darüber nachdenken müssen.

Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, haben wir dort insgesamt rund 30 Millionen Euro an Struktur- bzw. zusätzlichen Bedarfszuweisungen zur Verfügung gestellt. Davon ist noch nicht alles abgeflossen, weil die Einsparmaßnahmen, die notwendig sind, bisher leider Gottes noch nicht umgesetzt sind. Deshalb gibt es aktuell eine Runde unter der Moderation der Kommunalaufsicht und der Kommunalabteilung in Zusammenarbeit mit der Regierungsvertretung, um zusätzliche Einsparmöglichkeiten zu errechnen und dann möglichst umzusetzen. Die Auszahlung der Strukturhilfemittel ist an diesen Einspareffekt gebunden. Dies hat bisher aber noch nicht so geklappt, wie wir uns das vorgestellt haben.

Ich kann Ihnen sagen: Durch die Zusammenlegung der Samtgemeinden gibt es zwar erste positive Entwicklungen. Aber einen wirklichen Schritt nach vorne, sodass man sagen könnte, wir hätten die Probleme ansatzweise im Griff, haben wir in Lüchow-Dannenberg noch nicht gemacht. Von daher muss noch weitergearbeitet werde. Wahrscheinlich muss sogar noch über weitere Zusammenschlüsse auf der kommunalen Ebene nachgedacht werden.

(Unruhe)

Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, den Geräuschpegel deutlich zu reduzieren.

(Kurt Herzog [LINKE]: Können Sie noch etwas zur Bürgernähe sagen?)

Entschuldigung, Herr Präsident! - Ich habe vergessen, etwas zur Bürgernähe zu sagen. Die Bürgernähe bleibt absolut gewahrt. Dabei gibt es überhaupt keine Probleme. Das Personal ist nicht in dem Maße reduziert worden, dass es in irgendeiner Weise zu besonderen Belastungen vor Ort kommt. Das heißt, diese Zusammenlegung ist sozialverträglich gemacht worden, und sie hat nicht zu stärkeren Belastungen geführt. Ich wünschte mir, dass noch sehr viel mehr Verdichtung im Bereich der Verwaltung erreicht werden könnte.

Seine zweite Zusatzfrage stellt der Kollege Dr. Sohn.